Während ich Chopin höre, das Tempo verinnerliche, ich muss ihn heute bei Emilia spielen, sehe ich fasziniert eine Frau an, die vermutlich denkt, sie sei Sophia Loren. Eine Vorstadtkopie. Sie hat eine Christian Dior Tasche, die jetzt gerade modern ist, ich sage immer ein Stricktäschchen, so sieht es aus. Ihre hell geschminkten, mit dünklerem Lippenkonturenstift umrandeten Lippen hängen nach unten. Ich lächle, das mahnt, so will keiner aussehen, nämlich frustriert. Ich sehe weg. Es ist noch dunkel. In Gedanken spiele ich auf den Tasten. Es gibt nichts Schöneres, das denke ich, während ich tatenlos sitzen muss ohne Klavier.
Gestern rief mich K. weinend an, sie hat einen Hasen erwischt, sagte:"Das ist sooo schrecklich!" Ich fragte, ob ihr etwas passiert sei? Da sagte sie:"Nein! Aber dem Auto (neuer Mercedes) und dem Hasen!" Und später schrieb sie, dass der Jäger meinte:"Aber, hören's auf zu weinen, es is ja nur a Has'!" Da weinte sie noch mehr, es ist eben ein Hase! Ich gebe zu, sowas hätte ich auch nicht gebraucht, eben, weil es schlimm ist.
Eine Frau mit einem gelben Ball in der Hand steigt ein, an der Leine führt sie einen Hund. Auf der Brücke sehe ich mir den glutroten Horizont an, der sich in Glasfronten spiegelt. Der Liz -Verschnitt steigt aus, besser rollt, sie kam kaum hoch in ihrem Mantel, der übertrieben warm ist, der Klimawandel lässt einen Wollmantel zu, in dem ich mich gerade aufsetze. Sonst ist es leer im Waggon, Ferien sind angenehm, da haben Träume Platz. Ich finde es schade, dass die Frau ausgestiegen ist, sie erinnerte an Glamour.
