Im Nachhinein

Text

von  Mondscheinsonate

... denke ich, dass die Zeit mit Karin, den Zwillingen Thomas und Jürgen, Niki, Hans-Peter und vielen mehr, die schönste Zeit in meinem Leben war. Wir fühlten uns vogelfrei, hatten nur wenige Regeln, zum Beispiel pünktlich zum Essen erscheinen, nicht mit Fremden mitgehen und das Schauen, wenn man über die Straße ging, das war es eigentlich auch schon, streiften durch Wald- und Flur, saßen stundenlang im hohen Gras und schwiegen auch manchmal im Kollektiv faul und sattgefressen nach dem Mittagessen in der prallen Sonne. In Wahrheit gab uns der Wald Kraft, was Kinder noch nicht begreifen, der Ruf der Vögel, er packte uns ganz, ließ unsere Phantasie wachsen und gedeihen, die dann auch voll erblühte. Wir bauten uns Baumburgen, verteidigten diese mit Beerengeschossen, so dass Oma und die anderen Mütter schimpfen mussten, denn die Flecken in den Shirts waren eine Katastrophe, liefen vor den Füchsen davon, wohl eher sie vor uns, aber taten wir das, waren wir Helden, denn "Wir haben das GERADE NOCH überlebt!", bauten im Winter Iglus, spielten Eskimos, alles in Gemeinschaftsproduktion. 

Die Knie und Ellbogen blutig, ein Indianer kannte keinen Schmerz, doch, erst später, nachts im Bett, wenn das Jod brannte. 

Erste Liebesgeschenke, eine Heuschrecke im Glas oder ein Strauß Gänseblümchen, die Oma schrie:"Iiih! Raus aus dem Haus mit dem Getier!", Streitereien:"Mit dir rede ich NIE WIEDER!", am nächsten Tag:"Du bist meine beste Freundin!", Oma sagte:"Ihr seid deppert!"

Immer auf Achse, wir waren die Könige und Königinnen der Siedlung, heirateten auch, ganz amtlich, die Cora, der Schäferhund, war Standesbeamtin, die wir aber anbinden mussten, sonst lief sie davon, hatte keinen Anstand während der Zeromonie. Oma sagte zu Frau Prohaska, die das Spektakel beobachteten:"Wie oft war meine Kleine schon verehelicht?" Da lachte die Frau Prohaska, sagte, "Ich glaube schon fünfmal!" Oma schlug die Hände über den Kopf zusammen, sagte:"Wie mein Sohn!" Da sagte die Prohaska trocken:"Na, der muss Geld haben."

Das erzählte die Oma dem Opa während des Abendessens, der lachte, sagte:"Das zahlen eh immer wir." Ich strahlte wieder mal, frisch verheiratet, vor Glück, aber am nächsten Tag waren wir eh wieder geschieden, Buben sind blöd, das sagte ich zur Oma. "Endlich ein g'scheiter Satz!", sagte die Oma. 



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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Redux (18.01.24, 19:54)
Davon ausgehend, dass es autobiographisch ist, sind solche Erlebnisse und Erinnerungen nicht das Wesentliche? Sehr schön.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 18.01.24 um 19:55:
Das Allerwesentlichste überhaupt!
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