Lektüre am Pool

Text

von  Mondscheinsonate

So eine Erzählung, es ist so gewesen, mitten in Ägypten, ich las, nein, lese immer Literatur, die ins Ambiente passt, auf den vielen Reisen fühlte ich mich dann doppelt mit dem Buch verbunden, also ich las "Das Geheimnis des Kalligraphen" von Rafik Schami, wohl spielt dies in Syrien, aber da wollen wir nicht so kleinlich sein, es war passend, spannend, herrlich, wunderbar und das Buch ermöglichte mir den friedvollen Stuhlgang. 

Wie das kam, hier erzählt, kurz und bündig, so las ich bereits im Flieger im Baedeker, dass man in Hotels besser Trinkgeld dem Reinigungspersonal hinlege, da man dann besser durch die Woche käme. So oder so ähnlich stand es. Dass Ägypten das Klischee im Tourismus auskostet, dürfte hier jedem bekannt sein, schlussendlich ist es, neben Mallorca, das zweite Badezimmer der Deutschen und Österreicher (Oh! Die bösen Araber! Besuchen tu' ma's aber gern!). Auf Schritt und Tritt wird Geld erbettelt, wir sagen "erschnorrt". Ein Unerträgliches, daher bleibe man lieber in der Hotelanlage, dort gibt es sicherlich einen lustigen Folkloreabend (natürlich um 25 Euro pro Person). Auf jeden Fall, ich vergaß das mit dem Trinkgeld für das Zimmerservice, wir hatten volle zwei Tage kein Toilettenpapier, trotz Beschwerde. 

Am dritten Tag, die Taschentücher gingen langsam zur Neige, vergaß ich mein Buch auf dem Bett. Die Schrift am Cover war zwar auf Deutsch, jedoch hatte es arabische Schriftzeichen als Hintergrund, ein wundervolles Buch, bereits magisch, wenn man es nur ansah. Ab diesem Tag hatten wir Toilettenpapier. Ich dachte nicht an den Zusammenhang, dachte, unsere Beschwerde hätte endlich Gehör gefunden, aber es war doch das Buch, denn einen Tag später flogen wir einen Tagesausflug nach Kairo, wieder ließ ich das Buch auf dem Bett liegen. Als wir am Abend zurückkamen, lag es auf dem Nachttisch und eine Blume war daraufgelegt, mein Lebensgefährte hatte nichts liegen. Das fand ich seltsam. 

In der Früh sagte ich zu meinem Lebensgefährten, er solle schon zum Pool gehen, ich möchte noch im Zimmer bleiben. So lauerte ich dem Herren auf, es war keine Dame. Es war ein junger Mann, Mitte 20, ich fragte ihn auf Englisch, ob er das Buch gerne hat? Da lächelte er derart herzlich, es ging mir durch die Seele, sagte fast flüsternd auf Deutsch, dass er Germanistik an der Al-Azhar in Kairo studiere, hier nur Geld für das Studium verdiene, er habe Schami unglaublich gerne, das Buch kennt er noch nicht, hat aber, ich möge es verzeihen, hineingelesen, es verzaubert ihn. Ja, er sagte "verzaubert", das war reizend. 

Jetzt war alles klar, ich lachte, sagte:"Daher das Klopapier!" Beinahe schämte er sich, meinte, anders kämen sie nicht wirklich zu Geld, Touristen können geizig sein. 

Als wir das Zimmer und Ägypten verließen, ließ ich das Buch, bereits ausgelesen, ganz unabsichtlich, wie vergesslich (!) ich doch bin, am Nachttisch liegen.


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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 Quoth (19.01.24, 01:25)
So können Bücher verbinden ... Schöne Erinnerung an die Macht eines wunderschönen (und lehrreichen!) Buchs.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.01.24 um 01:27:
Du hast es auch gelesen? Es ist wahrlich bezaubernd!

 Quoth antwortete darauf am 19.01.24 um 01:45:
Muss es unbedingt wieder lesen.

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 19.01.24 um 01:48:
Ich auch... aus der Bibliothek ;)

 Quoth äußerte darauf am 19.01.24 um 01:55:
In der Du den jungen Ägypter als Bibliothekar wiedertriffst!

 Mondscheinsonate ergänzte dazu am 23.01.24 um 21:24:
Ich glaub, der ist sicher schon Prof. :)

 AchterZwerg (19.01.24, 08:28)
Hmm.
Ist Lektüre nicht immer zum Lesen da? Leselektüre also eine Dopplung? ;)

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.01.24 um 09:08:
😂Ja, Danke.

 Saira (19.01.24, 18:45)
Ach Moon und ich dachte zunächst, ich hätte mich verlesen:
 

… wunderbar und das Buch ermöglichte mir den friedvollen Stuhlgang.
 
 
Deine Erzählung hat mich mitgenommen und an Urlaube in Nordafrika erinnert. Das Trinkgeld nicht zu vergessen, ist mir stets sehr wichtig, da ich sonst selber zu putzen anfangen würde. Was für eine schöne Geste von dir, dem jungen Mann dein Buch dazulassen.
 
„Das Geheimnis des Kalligraphen" von Rafik Schami habe ich noch nicht gelesen, werde es aber auf meine Bücherwunschliste schreiben, da mich die Geschichte (eben gegoogelt) interessiert.
 
Liebe Grüße
Sigrun

 Mondscheinsonate meinte dazu am 19.01.24 um 22:04:
Ich hab's halt vergessen. :)

 Dieter_Rotmund (21.01.24, 19:05)
am Nachttisch -> auf dem Nachtisch.

Bitte, sonst muss sich der nette junge Mann bücken.

 Regina meinte dazu am 21.01.24 um 19:16:
Du liebe Zeit, Dieter, den Nachtisch kann man essen, der Nachttisch ist ein Möbelstück und die Österreicher reden so, mit "am". Ich verteidige deine Korrekturen ja, aber es muss heißen:

"auf dem Nachttisch"

LG Gina

 Mondscheinsonate meinte dazu am 21.01.24 um 19:17:
Wir drehen auch das große Licht auf :D

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 21.01.24 um 19:26:
Da hat Regina natürlich vollkommen recht.

 Dieter Wal (23.01.24, 21:10)
Herzlichen Dank für die Anregung, Rafik Schami zu lesen. Erhielt heute seinen Roman "Sophia" und den Novellenband: "Die Frau, die ihren Mann auf dem Flohmarkt verkaufte" und freue mich sehr auf die Lektüre.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 23.01.24 um 21:13:
Es ist so schön in seine Geschichten einzutauchen. Dadurch, dass momentan meine Augen wieder schlechter geworden sind, lasse ich mir seine Geschichten über Audible vorlesen, manche liest er auch selbst. Wunderschön!
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