Liebe

Text

von  Mondscheinsonate

"Du riechst nach frisch geschnittenem Holz, du riechst so gut," ich lächelte ihn an.

Er lachte, sagte:"Ich bin der große Baum und fress dich mit Haut und Haaren auf! Wahhhh!" 


Später... verträumt. Leo sagte:"Du bist still, das ist richtig ungewohnt." Er lachte. Michael sah mich an, dann sagte er zu Leo:"Die Kleine ist verliebt. Schau sie dir an, die ist geistig gar nicht da." 

Leo grinste, fragte:"Hat er Recht?" 

Ich antwortete:"Soooo viiiiieeellll!"

Michael beugte sich zu mir herunter, das fiel ihm in der viel zu engen Lederjacke schwer, flüsterte mir ins Ohr:"Das macht hübscher."

Ich strahlte ihn an. 

"Wer ist denn der Glückliche?"

Michael antwortete ihm:"Unser Hausbesitzersohn." 

"Na! Echt?" fragte Leo.

"Ja! Der volle Öko, schlimm," antwortete Michael.

"Na ja, wo die Liebe hinfällt...", sagte Leo.

Ich sagte:"Ihr wisst schon, dass ich euch hören kann?"

Leo und Michael lachten. 

"Hast du gewusst, dass der Dauerstudent jetzt im B. als Türsteher anfangen wird? Der ist ja so gut mit dem Freddy (Anmerkung: Besitzer)." ,sagte Michael.

"Jetzt wird der unser Kollege? Na, Servus!"

"Ich kann euch noch immer hören," sagte ich.

Andi kam die Straße herauf, gab Michael und Leo die Hand, zu mir beugte er sich hinunter, flüsterte mir ins Ohr: "Schönheit, geht es dir gut?"

Ich nickte. 

Andi sah mich an, sah mir von nächster Nähe in die Augen, ich lächelte, änderte seinen krummen Rücken, stellte sich gerade, sagte forsch:"Irgendetwas stimmt nicht mit der Kleinen!" 

Leo sagte:"Unser Puppi ist verliebt."

Andi grinste:"In wem?"

"In die Bohnenstange," sagte Michael. Leo drehte sich weg, lachte. 

"In den Hausbesitzersohn?!" sagte Andi entsetzt, "In den Trottel?"

Leo lachte noch mehr. 

Ich sprang auf, protestierte:"Wieso ist das ein Trottel? Ihr seid so gemein!", drehte mich um und ging über die Straße, hinüber ins andere Lokal, setzte mich an die Bar, wo Charly, Andis Kollege bediente. Als ich kam, beugte er sich über die Bar für zwei Küsschen. "Schönheit, warum schaust' denn so zwider?" Ich erzählte ihm warum.

Da sah mich Charly ernst an, sagte:"Mausi, das ist echt ein Trottel. Da hast ein Bier." Er schob mir ein Seidl hin. Ich fragte patzig:"Warum ist das ein Trottel?" Er sah mich ernst an, meinte:"Das musst du selbst herausfinden." Charly sah traurig drein. Ich trank mein Bier, sah ihm zu, dann ging ich wieder zurück zu Leo und Michael, die mich umarmten, sich entschuldigten, jedoch nun auch traurig aussahen. 

Andi hatte ihnen in der Zwischenzeit etwas erzählt, aber das wusste ich noch nicht. 

Leo fragte noch:"Deine erste große Liebe?" Ich schüttelte den Kopf, antwortete:"Meine erste große Liebe, die ich ausleben darf." Leo nahm einen Schluck weißen Spritzer, Michael tätschelte mir meinen Kopf. Ich bekam ein ungutes Gefühl, Leo trank nie während des Dienstes. 

Für diesen Abend war das Thema beendet, bedrückende Stimmung. 


Einige Wochen später...

Nun arbeitete mein Holzduft im dritten Lokal dieses Grätzels, das Freddy gehörte, ich musste nur um die Ecke gehen. Zuerst kam ich aber immer zu Leo und Michael. Leo stand um 23:00 alleine, ich war vorher bei R. fernsehen und plaudern, fragte, wo Michael sei, da antwortete Leo im B., er kommt gleich. Kaum ausgesprochen, kam Michael langsamen Schrittes die Straße hinauf, er sah mich und grüßte, zog Leo von mir weg, die beiden gingen weiter weg, ich hörte nicht, was sie sprachen, aber Leos Miene verfinsterte sich, er drängte Michael zur Seite und ging sichtlich wütend an mir vorbei, hinunter die Straße, um die Ecke. Ich sah Michael verdutzt an, fragte, was los sei? Michael sagte:"Bitte setz dich, ja?"

Ich setzte mich. Michael zündete sich eine Zigarette an, nahm tiefe Züge, sah mich traurig an, dann sagte er:"Mausi, wir sagten, das sei ein Trottel, weil wir ahnten, der verarscht dich nur. Eigentlich dachten wir, das wäre ein Gerücht, daher sagten wir es nicht konkret, aber als ich vorhin ins B. ging, erwischte ich den Trottel, innig knutschend, halb verkehrend im Eck. Es ist eh die, die wir damals schon hörten." 

Ich sah ihn sprachlos an. Nein, wusste nicht, was ich sagen sollte. 

Fragte:"Mit wem?'

Michael sagte es mir. In mir brach eine Welt zusammen. Ich fragte:"Wo ist Leo hin?"

Michael sah mich betroffen an. Ich wusste Bescheid. Sprang auf, Michael wollte mich aufhalten, ich entzog mich, rannte hinunter, um die Ecke, ins Lokal, da stand Leo wütend im Vorraum, sein Kontrahent blutete aus der Nase. Ich hörte:"Komm ihr nie wieder zu nahe, ich schwör dir, ich drehe dann durch!" Ich sah dem Blutenden und einer hysterisch Plärrenden neben ihm in die Gesichter, ohne Emotion, zog Leo wie ein kleines Mädchen ein paar mal am Ärmel, sagte:"Du? Du? DUUUU!" Er sah mich verstört an. "Komm, gehen wir, ja?" 

Mein Schmerz über den Betrug verwandelte sich innerhalb von Sekunden in pure Liebe, aber keine sexuelle, sondern warme, liebevolle, herzliche, schwesterliche Liebe. 

Draußen sah ich ihn an, lächelte, sagte:"Gehen wir einen Schnaps trinken?" Er nickte, noch immer etwas unentspannt. Wir gingen über die Straße ins andere Lokal. Andi und Charly hatten Dienst, es waren weniger Gäste da als sonst. Leo erzählte, wir stellten uns zu einem Stehpult, Andi sagte:"Prost, Prinzessin! Prost Leo! Prost Charly, jetzt bist du den los!" Was gut war. 

Ich spürte noch mehr Liebe, die ich an diesem Abend auch körperlich auslebte, aber nicht mit Leo und das tat gut. 

Ach, der Trottel kündigte. 






Anmerkung von Mondscheinsonate:

Leo vermisse ich. Aber, manchmal denke ich, dass er doch noch da ist und am Leben.

Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Verlo.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram