Die Welt der Trampeltiere

In Eugène Ionescos „Die Nashörner“ verwandeln sich die unbescholtenen Bürger einer Kleinstadt nach und nach zu diesen dickhäutig-aggressiven Trampeltieren, die die Errungenschaften einer aufgeklärten Zivilisation radikal niedertrampeln. Ionescos Held, Bérenger, sieht nacheinander seine Kollegen, seinen Chef und auch die von ihm verehrte/begehrte Daisy das menschliche Kleid ablegen, um los zu stampfen, hassgeleitet brüllend.

Am Ende ist Bérenger allein, und fast schon bereut er, sich nicht auch der Horde dieser so mächtig erscheinenden Monster anschließen zu können…. um letztlich doch zu erkennen „Nein, ich kann es nicht, ich kann es einfach nicht.“

Mir fällt diese Schullektüre just heute ein, und unwillkürlich taste ich mich ab. Nein, noch keine Veränderung der Haut, kein Drang, laut los zu brüllen, die hervorstechende Nase zum Angriff gesenkt.

Ionesco hat in einem Interview einmal erläutert, dass für ihn Widerstand nicht „aus dem Kopf kommt“, also nicht den Intellektuellen vorbehalten sein kann. Die vermeintlich Klugen nehmen allzu geschickt ihre Vorteile wahr. Die Kraft zum Widerstand kommt irgendwo anders her.

Wie viele Bérengers gibt es in dieser zertrampelten Welt noch?