Bärentraum (Neufassung vom 10. 3.07)

Märchen zum Thema Freude

von  tastifix

Es war einmal ein kleines, vierjähriges Mädchen mit dem schönen Namen Sofie. Anstatt wie die meisten Kinder in diesem Alter übermütig und fröhlich durch den Tag zu hopsen, lief Sofie meistens traurig und unglücklich herum. Ihr Herz bedrückte ein schwerer Kummer, über den sie weder mit einem anderen Menschen zu reden wagte noch da einen Ausweg wusste.

Sofies Mutter war sehr böse und ungerecht zu ihrer Tochter. Sie schimpfte oft heftig ohne jeden Grund mit ihr. Zeigte Sofie Angst, lachte sie die Kleine sogar aus, anstatt sie liebevoll zu unterstützen. Nur allzu selten fühlte sich Sofie in ihrer Nähe sicher und geborgen. Ihr Vater war beruflich viel unterwegs und hatte kaum Zeit für seine Tochter. Zuhause wollte er seine Ruhe haben und sagte darum nichts gegen die Launen seiner Frau.

Als liebevolle Puppenmutter und auch Freundin für ihren Bären Benjamin hatte das kleine Mädchen jede Menge Arbeit, die viel Zeit in Anspruch nahm. Denn sowohl Puppenkinder wie auch Stofftiere möchten umsorgt und verwöhnt werden. Dafür konnte sich Sofies 13-jähriger Bruder natürlich nicht begeistern, ging gänzlich anderen Interessen nach und hing meistens mit seinen Freunden herum.

Ausschließlich, wenn die Kameraden keine Zeit hatten, spielte er mit seiner Schwester. Für Tischfußball und zum gemeinsamen Blödsinnmachen war sie ihm gerade recht. Was das Letztere anging, verstanden sich die Geschwister zum Ärger ihrer Eltern hervorragend, die sie mit ihren Streichen regelmäßig auf die Palme brachten. Aber davon abgesehen, kümmerte sich der ältere Bruder nicht allzu viel um die Kleine. So lebten sie beide jeder für sich. Sofie verschloss sich zusehends. Selbst den Freundinnen vertraute sie ihren Kummer nicht an.


Auch an diesem Tag sprang die Mutter wieder einmal besonders herzlos mit ihr um. Wehren konnte Sofie sich dagegen nicht. Sie war ja nur ein kleines, völlig abhängiges Kind und dem Geschehen schutzlos ausgeliefert. Niemand schien es zu merken, wie unglücklich Sofie war, am aller wenigsten leider ihre Mutter.

Sofie sollte ihr Zimmer aufräumen. Alles lag kreuz und quer verstreut. Der Schrank stand sperrangelweit offen, auf dem Boden flogen Kleider herum, unterm Bett zerknüllte Unterhemden sowie einzelne Strümpfe und dazwischen fanden sich sowohl Buntstifte als auch jede Menge anderer Krimskrams.
„Bis heute Abend hast du dein Zimmer in Ordnung gebracht!“
Ein letzter strenger Blick, die Mutter verließ den Raum.

Sofie stampfte mit dem Fuß auf. Guckte sie auf das Durcheinander ringsum, hatte sie so gar keine Lust, mit dem doofen Aufräumen überhaupt erst anzufangen. Als ob ihre Puppenkinder Ute und Peterchen erraten hätten, was im Kopf des Mädchens vor sich ging, brüllten sie plötzlich wie am Spieß nach ihrer Mama. Zumindest bildete Sofie sich das nur zu gerne ein.
„Die lasse ich doch nicht weinen. Aufräumen tue ich später.“

Schließlich war sie eine gewissenhafte Puppenmutter. Sie badete ihre Kleinen, zog sie hübsch an und fütterte sie. Das dauerte eine ganze Weile und Sofie hatte längst das Ordnungmachen vergessen. Stattdessen spielte sie mit Ute und Peterchen auf dem selbst gebauten Puppenkinderspielplatz aus Legosteinen und Bauklötzen. Das machte weitaus mehr Spaß als Strümpfe suchen und Kleider aufhängen. Sofie war froh und Ute und Peterchen weinten nicht mehr, sondern lachten zufrieden ihre Mama an.

Stunde um Stunde verging, der Abend nahte. Plötzlich, die Drei spielten gerade Verstecken hinter den Bauklötzchenbergen, erschien Sofies Mutter im Zimmer. Nach einem prüfenden Blick schrie sie Sofie wütend an:
„Du hast ja immer noch nicht aufgeräumt. Jetzt reicht` s!“
Sofie bekam einen festen Klaps auf den Po. Dann riss die Mutter ihr die Puppe aus dem Arm:
„Die siehst du heute nicht wieder, Strafe muss sein!“
Lieblos klemmte sie Puppe Ute unter den Arm, die bei dem heftigen Hin- und Herschlenkern erneut zu weinen begann. Aber nicht nur sie.

Sofie kauerte zitternd in der Ecke und schluchzte herzzerreißend.
„Bitte, nicht mein Püppchen, Mama. Ich leg` auch sofort alles weg!“
Sie schluckte und schniefte. Große Tränen kullerten über das Kindergesicht. Die Kleine hob die Arme und streckte sie ihrer Mutter flehend entgegen. Aber diese blieb hart.
„Das hättest du dir eher überlegen müssen. Ab ins Bett!“
Gehässig grinsend verschwand sie, unterm Arm immer noch das Puppenkind.

Wie schon so oft lag Sofie auch an diesem Abend todunglücklich im Bett und weinte.
„Mama ist so gemein!“
Außerdem vermisste sie schmerzlich ihre Puppe.
„Meine arme Ute!“
Das kleine Mädchen drückte das tränennasse Gesicht ins Kopfkissen, im Arm seinen treuen Teddy Benjamin. Ihm erzählte es alles, was es so bewegte. Leider war es nur selten Fröhliches. Wieder einmal ging es heute darum, dass ihre Mutter so fies zu ihr war.

Wenigstens Benjamin hatte Mitleid, unterbrach Sofies Redeschwall nicht, sondern hörte einfach nur zu. Um sie zu trösten, schmuste er innig mit ihr. Benjamins Zottelpelz fing geduldig all ihre Tränen auf.
„Mich hat niemand richtig lieb!“, schluchzte Sofie. „Mama wär` bestimmt froh, wenn ich gar nicht da wäre!“
Die Kleine zitterte am ganzen Körper.

Aber in dem Gefühl, vielleicht ihren Teddy gekränkt zu haben, verbesserte sie sich hastig:
„Doch... du! Benjamin, du bist mein einziger Freund!“
Teddy Benjamin schwieg zu all dem. Sein Kopf aber lag fest an Sofies Wange.
Nach ein paar Minuten flossen keine Tränen mehr. Stille Hilflosigkeit hielt Sofie gefangen. Erschöpft drehte sich das Kind noch fester in seine Decke, schloss die Augen und fiel endlich in einen barmherzigen Schlaf.

2. Kapitel

„Sofie, ich hab dich total lieb. Mir darfst du immer alles anvertrauen!", redete jemand sie zärtlich an.
Sofie schrak aus dem Tiefschlaf hoch, fuhr sich mit der Hand benommen durchs Gesicht, gähnte kurz und blinzelte angestrengt ins Dunkle. Unheimlich wurde es ihr. Hatte da gerade irgendwer mit ihr gesprochen?
"Keine Bange!", brummelte Benjamin ihr ins Ohr.
Ungläubig starrte das Mädchen seinen Teddy an.
„Du bist doch ein Stofftier. Wieso kannst du denn plötzlich was sagen... ?“

"Glaubst du an den lieben Gott?"
Tapfer schluckte Sofie ein paar aufsteigende Tränen herunter und nickte eifrig.
"Der liebe Gott will, dass du wieder richtig fröhlich wirst. - Übrigens möchte ich das auch und werde alles tun, um dir zu helfen!", beendete der Teddy seine Rede.

"Aber, wie soll ich denn... ?", stotterte das kleine Mädchen geknickt. "Außer dir ist doch niemand richtig für mich da. Mama ist so böse und Papa hat fast nie Zeit!“
Schon wieder wurden die Kinderaugen feucht.
"Nicht weinen. Du wirst sehen... ", lächelte Benjamin geheimnisvoll.
Das Mädchen drückte ihn eng an sich. Seine lieben Worte hatten es ruhiger werden lassen.

Ein wenig später forderte ihr Teddy sie auf:
"Sofie, gib mir deine Hand und halt meine Tatze ganz fest. Du darfst sie nur nicht los lassen, verstanden?"
Ohne weiter zu fragen, gehorchte Sofie dem Bären. Sofort fühlte sie sich noch ein bisschen mehr getröstet und gleich nicht so allein.
"Und jetzt schließe die Augen!"
Obwohl sie ja sehr aufgeregt war, folgte Sofie auch da. Schließlich war Benjamin ihr Freund und sie vertraute ihm vollends.

Nanu, was war denn das?
Zunächst ganz leise, dann zunehmend lauter erklang aus der Ferne ein lustiges Kinderlied.
„Das kenn` ich doch aus dem Kindergarten!“
Das Lied tröstete Sofie und machte sie sogar ein bisschen froh. Wo vor kurzem noch Tränen kullerten, zeigte sich nun ein zaghaftes Lächeln. Denn Lächeln konnte Sofie auch mit geschlossenen Augen.
"So gefällt du mir schon viel besser!", meinte Benjamin zufrieden.

Sofie fühlte sich plötzlich so leicht wie eine Feder. Neugierig klappte sie die Augen wieder auf und riskierte einen noch etwas scheuen Blick.
"Wir fliegen ja!", staunte sie.
Verwundert guckte sie umher. Da war nicht mehr ihr Kinderzimmer mit all den Spielsachen, nicht mehr das Haus ihrer Eltern noch der Garten mit der Schaukel, auf der sie so gerne wippte, sondern nur noch der weite, nachtschwarze Himmel. In dieser Schwärze aber blinkten Abermillionen von kleinen und größeren Sternen. Wie die Straßenlaternen die Wege auf der Erde beleuchteten, so malten diese hell strahlenden Himmelslichter auf dem dunklen Firmament ein zauberhaftes Bild.

Es bot einen solch tollen Anblick, dass Sofie gar nicht wusste, wo sie zuerst hinsehen sollte. Ihr wurde es wohlig warm ums Herz.
"Wohin fliegen wir eigentlich?", löcherte sie ihren Bären.
"In meine Heimat, zur Teddybärenstadt."
"Ihr habt eine eigene Stadt?", erkundigte sich Sofie verwundert.
"Die wird dir gefallen. Meine Verwandten sind schon gespannt darauf, dich kennen zu lernen", verriet ihr Benjamin.

Sofies Herz klopfte.
„Da freut sich jemand auf mich!“
Das war ein wunderschönes Gefühl für das kleine Mädchen.
"Wie weit ist es denn noch?", fragte sie ihren Freund.
Fröhlich entgegnete Benjamin:
"Nicht mehr lange, dann sind wir da!"
Sofie beschloss, geduldig zu warten. Er sagte ihr bestimmt rechtzeitig Bescheid.

3. Kapitel

Wortlos schwebten sie weiter durch das Sternenmeer. Ab und an schielte Sofie zu Benjamin. Der schien irgendwie mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein, jedenfalls nicht bei den blitzenden Sternen.
„Benjamin kennt das alles hier ja auch schon!“, gestand sie ihm zu.
Sie dagegen konnte sich nicht satt sehen an all dem Schönen und schaute hingerissen ringsum.

Plötzlich schrie sie erschrocken auf. Irgendetwas gleißend Helles sauste auf sie zu.
„Pass auf, Benjamin, duck dich. Dahaah... !“
Aus seinen Träumereien gerissen, brauchte der Bär kurz, um in die Wirklichkeit zurückzufinden. Dann aber starrte auch er entsetzt auf den Himmelskörper, der sich bedrohlich rasch näherte. Gerade noch rechtzeitig zog der Bär den Kopf ein, denn schon flog jenes Etwas knapp über ihnen hinweg. Noch einmal Glück gehabt!
„Was w... war das?“, stotterte Sofie.

Keine Antwort. Bange sah Sofie ihren Teddy an und erschrak ein zweites Mal. Benjamin war ganz weiß um die Nasenspitze herum, in seinem braunen Fell wimmelte es plötzlich von komischen weißen Flecken und obendrein  schlotterten ihm sichtlich die Beine.

„Benjamin...??“, hakte sie eindringlicher nach.
Der riss sich am Riemen:
„Sofie, d... das war eine S... Sternschnuppe!“
„Ja, aber die sind doch schön. Papa hat immer gesagt, sieht man eine Sternschnuppe, darf man sich was wünschen.“
„Stimmt, aber kommt man denen hier oben zu nahe... !“

Stammelnd setzte er hinzu:
„Wenn d... du mich nicht g... gewarnt hättest... , wären wir vielleicht gerade gekocht worden!“
„Ge... gekoocht??“
„Sterne sind unheimlich heiß, Kleines!“
Sofie lief es eiskalt den Rücken runter, so schockiert war sie. Prompt sah sie ihren Teddy und auch sich selbst in einem an der Sternenzacke baumelnden Kessel sitzen, vor sich Mama Stern und neben der zwei gierige Sternenkinder:
„Wir haben Hunger!!“
Allein, wenn sie sich das nur vorstellte, grauste es ihr beträchtlich.

Zusätzlich aber machte sie sich Sorgen um ihren Teddy.
„Der hat gerade eine schreckliche Angst gehabt, armer Benjamin!“
Weiter grübelte sie:
„Er sieht mit seinem ´Weiß im Pelz` fast so aus wie die Hunde mit den dunklen Tupfen, nur eben genau andersrum!“, grübelte sie. „Ob das wieder weg geht?“
Das wünschte sie sich wirklich sehr.

Wenig später drückte Benjamin, wieder gefasster, ganz fest Sofies Hand:
„Sofie, danke für eben. Du hast uns das Leben gerettet. Du bist ein tolles Mädchen!“
Seine kleine Freundin freute sich riesig. Wie sie dann in den nächsten Minuten beruhigt feststellte, verblassten nach und nach auch die weißen Flecken in Benjamins Fell und es war wieder braun wie Schokolade.

Weiter und weiter ging es durch das glitzernde Himmelsmeer. Wieder einmal warf Sofie ihrem Bären einen kurzen Blick zu. Aber was war das? Sie hielt nicht länger die Tatze eines kleinen Teddys, sondern die eines riesigen Bären

„Benjamin... ?“, fragte sie eingeschüchtert.
Der Bär lächelte sie aufmunternd an.
„W... wieso bist du denn p... plötzlich so groß... !?
„Ach so!“, lachte Benjamin fröhlich. „Weißt du, Sofie, klein sind wir Teddybären nur auf der Erde. In unserer Welt sind wir so groß wie die Braunbären in euren Zoos.“
Kurz überlegte Sofie, dann meinte sie:
„Dann seid ihr bei uns so klein, damit wir euch auch tragen und mit ins Bett nehmen können, stimmt`s?“
„Genau!“, bestätigte Benjamin.

4. Kapitel

Etwas später entdeckte Sofie in der Weite des Himmels etwas Wunderschönes, das schnell größer wurde. Als unsere Beiden noch näher kamen, entpuppte sich jenes Etwas als ein richtiges Märchenschloss.
"Ooh!", entfuhr es Sofie. „Es sieht ja fast aus wie das von Dornröschen!“
Benjamin lächelte. Wie schön, endlich war sie wieder fröhlich!

Das Eingangstor zierten knallbunte Gummibärchen in allen Farben. Rechts seitlich der Türe hing an einer bunten Kordel eine goldene Glocke. Benjamin zog kurz daran. Es bimmelte hell. Alsbald öffnete sich das Tor und heraus trat ein Teddy.

"Der ähnelt Benjamin. Ob das ein Bruder von ihm ist?", grübelte Sofie.
Weil sie einen guten Eindruck machen wollte, knickste sie höflich. Der Bär, Zottel mit Namen, verneigte sich mit einem leichten Diener und hieß sie herzlich willkommen.
"Komm mit, Sofie. Ich zeig` dir alles!"

Sofie wunderte sich langsam über gar nichts mehr, nicht einmal darüber, dass dieser Bär ihren Namen kannte. Zuerst hatte Benjamin begonnen, in der Menschensprache zu reden, danach der tolle Flug am Himmel entlang und nun dies...

Zottel führte sie stolz herum. Die Säle des Schlosses waren wunderschön eingerichtet und mit tollen Bildern aus dem Bärenleben geschmückt. Längs der Wände standen Sofas. Auf den Tischen vor den Sofas luden goldene Schalen mit Süßigkeiten zum Knabbern ein.
"Nimm` dir, soviel du willst!", bot ihr Zottel an. Sofie ließ sich das nicht zweimal sagen und probierte als erstes die verlockenden Plätzchen. Hm, die waren köstlich!

Sie hätte gerne noch Stunden dort zugebracht, doch Zottel drängte zum Aufbruch. Allzu viel Zeit blieb nicht mehr. Sie mussten sich beeilen, denn er wollte ihr unbedingt die ganze Bärenstadt zeigen.
"Dort erwartet sie eine große Überraschung!", brummelte er leise vor sich hin.

Ein wenig wehmütig blickte Sofie zum Schloss zurück. Das kleine Mädchen hatte sich schon als Prinzessin gesehen, natürlich mit einer wunderschönen Krone auf dem Haar.
"Die setze ich dann nie mehr ab, auch nicht beim Schlafen. Zum Spielen lade ich meine Freundinnen aus dem Kindergarten ein. Wenn die mich dann begrüßen, knicksen sie tief vor mir. Schließlich bin ich ja ihre Prinzessin!", entschied sie, ausnahmsweise in energischem Tonfall. 
„Bis es soweit ist, dauert es bestimmt noch etwas. Aber ich habe Zeit genug. Ich bin ja noch klein!", tröstete sie sich und stapfte trotz Wehmutsgedanken brav hinter ihrem Teddybärenführer her.

Vor ihnen lag ein dichter Wald. Da wuchsen Laubbäume und sehr viele Tannen.
"Die werden bestimmt einmal Weihnachtsbäume", sagte sich Sofie.
"Zohottel?" wandte sie sich an ihren Begleiter. "Kommt eine von denen  Weihnachten zu mir nach Hause?"
"Ja", erklärte Zottel freundlich, "aber bis dahin müssen sie noch tüchtig wachsen, damit all die bunten Kugeln und die Kerzen Platz genug finden."
"Und das Lametta!", ergänzte Sofie stolz.
Was Lametta war, wusste sie von ihrem Papa.
"Stimmt, auch das Lametta!", grinste Zottel.
Sich mit diesem kleinen Mädchen zu unterhalten, machte ihm einen Riesenspaß.

"Wo ist denn eure Stadt?“, fragte Sofie. „Ihr wohnt im Wald, oder?"
Da mischte sich Benjamin ein:
"Ja, tief drinnen auf einer riesengroßen Wiese."
"Nicht in Höhlen?", merkte Sofie verblüfft an. "Meine Kindergärtnerin hat uns erzählt, Bären wohnen in Höhlen!"
Zottel und Benjamin schmunzelten:
"Sofie, das war früher mal so. Aber moderne Bären wie wir leben in richtigen Häusern so wie ihr Menschen."
"Dann haben eure Bärenkinder einen Kindergarten und eine Schule?"
"Genau!"
"Zottel und Benjamin gucken ja so stolz!", dachte das kleine Mädchen.
Das machte es nur noch neugieriger.

5. Kapitel

Weiter und immer tiefer ging es in den dichten Wald. Für Sofie zogen sich die Minuten, die sie so dahin marschierten, wie Stunden.
„Hier sieht`s aus wie im Rotkäppchenwald!“, überlegte sie. „Ob der böse Wolf irgendwo herum läuft?“
Heftig erschrocken bei diesem unheimlichen Gedanken, dachte sie lieber schnell an etwas anderes und regte sich wieder ab:
„Ich hab` ja meine starken Teddyfreunde bei mir. Wenn der mir was Schlimmes antun wollte, verhauten Zottel und Benjamin den bestimmt ganz feste!“

Wieder munterer genoss sie das blitzende Sternenlicht, das sich seinen Weg durch das Laub der Baumkronen gebahnt hatte, den Wanderpfad in ein schwach rotgoldenes Licht tauchte und so ein wenig die Finsternis verdrängte. Das Rot kam von den vielen, herbstlich bunt gefärbten Blättern, die in kleinen Haufen über dem Weg verstreut lagen.
„Nur noch um diese Baumgruppe herum. Dann sind wir da!“, verkündete Benjamin.
Ob es Sofie bei ihnen wohl gefiele?

Die Neugierde machte dem Mädchen arg zu schaffen. Die letzten Meter des Weges hopste es ungeduldig voraus. Diese Zeit nutzte Benjamin und berichtete Zottel schnell über das Abenteuer mit der Sternschnuppe:
„Wäre Sofie nicht gewesen, lebte ich jetzt wahrscheinlich nicht mehr!“
„Siehst du, sie ist die Richtige... !“, antwortete Zottel freudig.

Ein paar Minuten später traten unsere Drei hinaus ins Freie. Zum wiederholten Male war Sofie ziemlich verblüfft. Statt der Dunkelheit, wie sie sich doch für eine anständige Nacht gehörte, umgab sie urplötzlich freundliches Tageslicht. Einen Moment lang blinzelte sie mit halb geschlossenen Augen ins Helle, riss sie dann aber weit auf vor lauter Staunen und blieb wie angewurzelt stehen.

Vom blitzblauen Himmel brannte da tatsächlich die Sonne und streichelte mit ihren wärmenden Strahlen Mensch, Tiere und Pflanzen. Sofie, Zottel und Benjamin standen am Rande einer riesigen, in allen Farben prächtig leuchtenden Blumenwiese. Sofie war begeistert. Am Himmel flatterten die Vögel im übermütigen Spiel umeinander und zwitscherten der Sonne ihr schönstes Lied. Überall summten Bienen im emsigen Flug vor Lebensfreude laut vor sich hin. Andere Insekten surrten von hier nach da, ließen sich kurz auf einer Blüte nieder, um dann eilig zur nächsten zu starten. Am Boden zirpte ein Grillenorchester stolz seine feine Melodie.

„Ooh, ist das schöön!“, rief die Kleine.
Zottel und Benjamin tauschten einen verschwörerischen Blick. Die Beiden hüteten ein Geheimnis, von dem Sofie nichts ahnte. Als sie das fröhliche Gesicht ihrer Freundin beobachteten, munkelten die Bären hinter ihrem Rücken:
„Heute Abend wird sie noch viel mehr strahlen... !“
Allein die Vorfreude darauf munterte sie noch zusätzlich auf.

Sofie beschäftigte derweil ein völlig anderer, ihr enorm wichtiger Gedanke:
„Hier gibt es aber viele Bienen. Sind auch Biene Maja und der Willi dabei?“, forschte sie nach.
Biene Maja war nämlich Sofies Lieblingssendung im Fernsehen. Die verpasste sie fast nie. Benjamin lächelte sie zärtlich an. Welch drollige Fragen sie doch stellte... ! 
„Na klar!“, gab er Antwort.
Diese Auskunft war so richtig nach Sofies Geschmack. Damit hatte die Bärenwelt vor ihren Augen die erste Prüfung mit ´Toll!` bestanden.

Zottel, Benjamin und das kleine Mädchen wanderten einen schmalen Spazierweg längs der Wiese. Nach einer Weile deuteten die Bären stehen nach vorne:
„Dort drüben hinter den Sträuchern liegt unsere Heimatstadt.“

Kurz darauf erreichten unsere Drei ihr Ziel. Das kleine Mädchen blickte auf mindestens zwanzig farbig gestrichene Holzhäuser. Jedes von ihnen stand in einem kleinen Garten. Die niedrigen Zäune, die die Gärten von einander trennten, waren ebenfalls bunt gestrichen. Alles wirkte freundlich und heiter.

Vorwitzig lugte Sofie in einen der Gärten hinein. Zufrieden stellte sie fest:
„Eine Schaukel und ein Klettergerüst. Bestimmt für die Bärenkinder, nicht?“
Sie wartete gar keine Antwort ab, sondern hopste auf den Nachbarzaun zu.
„Die haben sogar ein richtiges Planschbecken aufgestellt, toll!“
Ja, die Tante im Kindergarten hatte mal erzählt, dass Bären gerne baden. Immerhin das hatte die richtig gewusst. Deshalb stieg ihre Kindergärtnerin in Sofies Achtung wieder enorm.

Sie schlenderten gemächlich durch die Straßen. Zottel und Benjamin zeigten und erklärten Sofie alles, was sie über die Stadt wissen wollte. Da war diese gar nicht bescheiden, sondern im Gegenteil überhaupt nicht zu bremsen. Sie löcherte ihre Freunde geradezu mit Fragen:
"Wo sind denn der Kindergarten und die Schule, wo arbeitet ihr Erwachsenen?“ 

Zu Sofies Vergnügen kamen sie bald an einem Polizeihaus vorbei. Damit jeder es sofort fand, war es grellgrün gestrichen. Drei Häuser weiter stand sogar ein kleines Feuerwehrhaus. Direkt davor parkte das zugehörige Feuerwehrauto, das Sofie sofort an seiner langen Leiter erkannte. Das Haus war knallrot und das Auto natürlich erst recht. Die große, schwarze Hupe, die an keinem richtigen Feuerwehrauto fehlen durfte, fand Sofie dann links neben dem Steuerrad. Sie konnte es einfach nicht lassen:

´Tööt!` machte es und weil es so schön war, gleich noch einmal ´tööt!`. Ein bisschen schlechtes Gewissen hatte das kleine Mädchen denn doch deswegen. Aber anscheinend waren die Feuerwehrleute woanders arbeiten oder sie hielten gerade ihren Mittagsschlaf. Jedenfalls blieb zu Sofies Glück alles ruhig. Niemand außer Zottel und Benjamin hatte ihre Schandtat bemerkt. Doch die kniffen beide Augen fest zu.

Sie bummelten weiter. Sofie sollte noch staunen...

6. Kapitel

„Bitte, bitte!“, quengelte Sofie...
Ja, sie quengelte und war fast gar nicht mehr schüchtern. Das hatte sie Zottel und Benjamin zu verdanken, denn die beiden Teddys waren stets lieb zu ihr und schimpften nie.
„Dem lieben Gott sei Dank!“, brummte Benjamin. „Es war ja einfach schrecklich, wie bedrückt Sofie zuhause ´rum lief!“

„Na, wohin möchtest du jetzt gehen?“, fragte Zottel nach.
„Zur Bärenschule, ach ja, bitte?!“
Sofie machte bettelnde Kulleraugen, so ähnlich wie Hunde das tun, wenn sie auf ein besonders tolles Leckerchen hoffen. Sofies Leckerchen hieß eben ´Schule`.
„Schuule??“, grinst Ihr ungläubig. „Wie kann sie die denn gut finden?“

Ja, Sofie konnte das, denn sie musste ja noch nicht tagtäglich da hin. Fürs erste Schuljahr war Sofie noch viel zu jung. Zuhause bekam sie zwar öfters mit, dass ihr älterer Bruder ziemlich sauer über die Schule und über die Lehrer meckerte. Aber dessen schlechte Laune erklärte sie sich dann so:
„Er hat bestimmt nicht richtig aufgepasst, als der Lehrer eine Geschichte erzählt hat. Der hat das denn gemerkt und war furchtbar traurig. Deshalb die Schimpfe.“
Nur so konnte es Sofies Meinung nach gewesen sein.

„Ich passe immer auf!“, lobte sie sich.
Aber ihre Kindergärtnerin war ja auch eine ganz besonders nette Kindergärtnerin, die immer irre tolle Geschichten erzählte. Die waren dermaßen spannend, dass Sofie stets gebannt zuhörte.
„Und in der Schule ist das bestimmt genauso!“, entschied sie.
Weil Sofie das so sah, ließ sie sich durch keine noch so schaurige Schulgeschichte von ihrer Meinung abbringen.

„Einverstanden, besuchen wir die Kleinen!“, meinten die beiden Bären wie aus einer Schnute auf Sofies Bitte. „Allerdings dürfen wir sie beim Lernen nicht stören. Aber vielleicht sind die Fenster ein wenig geöffnet, damit frische Luft ´rein kommt. Dann kannst du ja zuhören, was sich in der Klasse tut.“
„Au ja!“
Begeistert trat Sofie aufgeregt von einem Bein aufs andere. Später gäbe sie zuhause vor ihrem Bruder tüchtig damit an, sie sei ebenfalls in der Schule gewesen.

Schon von weitem erspähte das kleine Mädchen das Schulgebäude. Es war gar nicht zu übersehen, riesengroß und außerdem kunterbunt angemalt.
„Bestimmt, damit die Bärenkinder sich morgens nicht verlaufen,, wenn sie halbmüde dahin marschieren...“, vermutete Sofie.

Wenig später stand Sofie mit glänzenden Augen vor dem Haus, das doch noch soo viele Geheimnisse für sie barg.
„Guckt mal, da sind ja Aschenputtel, Dornröschen und auch sogar Schneeweißchen und Rosenrot mit ihrem Teddyprinzen drauf gemalt!“
„Ob die etwa den ganzen Schultag lang Märchen vorlesen?“, dachte sie dazu und seufzte: „Wäre ich doch bloß schon sechs Jahre alt. Dann dürfte ich auch hier rein.“
Gut nur, dass das Zottel und Benjamin nicht mitgekriegt hatten. Die hätten sicherlich sehr gelacht.

Zum Glück hatten die großen Schwingfenster außen eine zweite, so niedrig angebrachte Fensterbank, dass sich unsere Drei gemütlich niedersetzen konnten. Selbst Sofie schaffte es gänzlich ohne Hilfe, da drauf zu klettern. Kaum war sie oben, drückte sie sich bereits neugierig an der Scheibe die Nase platt und spitzte angestrengt die Ohren. Nichts sollte ihr entgehen.

„Eure Kleinen sind aber süüß!“, meinte sie.
Über diese Bemerkung freuten sich Zottel und Benjamin beträchtlich, denn sie waren sehr stolz auf all die niedlichen Kinder der Stadt, den hübschesten Bärennachwuchs weit und breit. Das dem so war, braucht Euch allerdings nicht zu wundern, denn da gab es in weitem Umkreise keine einzige andere Bärensiedlung, demnach auch keine fremden Bärenkinder. Doch das verrieten die Beiden Sofie denn doch nicht.

7. Kapitel

„Benjamin, was tun die grade?“, wollte Sofie jetzt wissen.
„Sie sind vor kurzem erst in die Schule gekommen“, erklärte der. “Sie haben Rechnen und lernen, etwas zusammen zu zählen“, erklärte er. 
„Und was rechnen die?“, bohrte Sofie weiter.
Schließlich wollte sie es genau wissen, um zuhause alles haarklein berichten zu können.
„Zählen sie vielleicht Schäfchen zusammen?“, lag sie Zottel in den Ohren.
„Wiiee?“, meinte der verdattert.
Mit solch` einer Frage hatte er wahrlich nicht gerechnet.

Jetzt war es an Sofie, das ihrem großen Freund  besonders geduldig zu erklären, damit der es dann wirklich verstand:
„Manchmal zähle ich auch Schäfchen, bevor ich einschlafe. Dann geht das viel leichter: Ein Schäfchen, zwei Schäfchen, drei... !“
„Genug, genug!“, bremste Zottel lachend. “Ich hab`s ja schon begriffen."
Dann wurde er wieder richtig ernst.
„Sofie, ich glaube eher, die zählen Bienen zusammen!“
„B... Bienen... ?“
Sofie dachte, sie hätte sich verhört.
„Ja, Bienen. Denn die gehören zum Bärenleben wie Kühe zu euch Menschen.“
„Genau,“ mischte sich Benjamin ein. „Ihr bekommt von den Kühen die Milch und wir von den Bienen den Honig.“
Das leuchtete Sofie ein.

Doch in den nächsten Minuten beachtete sie ihre beiden Freunde kaum mehr, sondern sah gespannt zu, was in der Klasse los war. Auf der einen Seite saßen  die kleinen Bärenmädchen, angetan mit roten Kittelschürzen und ihnen gegenüber die Jungen mit blauen.
„ Die tragen sie, damit ihr Pelz sauber bleibt,“ sagte sie sich. „Und da die Bärenjungen bestimmt schlimmer kleckern als die -mädchen, sind deren Kittel dunkler. Auf denen sieht man nicht alles sofort.“
Diese Überlegung war mal wieder typisch für Puppenmama Sofie. Ute und Peterchen plemperten beim Essen nämlich genauso gern wie Menschenkinder oder eben diese kleinen Bärchen.

Gerade erhob sich eines der Bärenmädchen.
„Brummeli, wie viel ist ein Bienchen und noch ein Bienchen?“
„Ein niedlicher Name!“, dachte Sofie.
Brummeli tat sich offensichtlich schwer mit der Antwort. Stumm stand es da und guckte geknickt den Lehrer an. Ringsum hoben sich viele Pfoten in die Luft. Das hieß, dass jene Mädchen und Jungen bereits fertig gerechnet hatten und dem Lehrer das Ergebnis sagen wollten.
„Der kann so was Schweres nicht rechnen und fragt deshalb die Kinder!“, folgerte Sofie.
Auch davon war sie felsenfest überzeugt.

„Brummeli, komm einmal zur Tafel. Wir rechnen es gemeinsam!“
Das kam vom Lehrer. Vor der Tafel hing ein großes Bild. Oben war eine einzelne Biene gemalt, darunter zwei Bienen, dann drei und immer eine mehr, bis es zehn Bienen waren.
„Ist ja schon fast ein ganzer Bienenschwarm!“, staunte Sofie.

„Brummeli, schau ´mal. Wie viele Bienen siehst du?“
Das Bärenmädchen weinte fast, weil es sich so sehr vor den Anderen schämte, dass es mit der Aufgabe nicht klar kam. Um seiner kleinen Schülerin zu helfen, tippte der Lehrer mit dem Zeigestock zuerst auf das erste Bienchen und dann aufs zweite.
„Zwei Bienchen!“, murmelte Brummeli so leise, dass es kaum zu hören war.
„Richtig, Brummeli!“, sagte der Lehrer.

Erleichtert trabte das Bärenmädchen schnell wieder auf seinen Platz zurück und senkte den Kopf möglichst tief über sein Schulheft. Es hoffte wohl, so sah man seine roten Teddyohren nicht.
Offensichtlich tat es den anderen Kindern sehr leid, weil es da so unglücklich saß. Keines lachte es aus oder machte gar eine gemeine Bemerkung. Das Kind neben ihm hob seine Tatze und strich ihm vorsichtig lieb über die Bärenwange. Das tröstete und Brummeli lachte wieder.
„Wie lieb die zueinander sind“, sagte sich Sofie. 

Im nächsten Moment aber sprang sie auf den Boden, stampfte super wütend mit dem Fuß auf und beschwerte sich lauthals bei Zottel und Benjamin. Die Beiden würden sie verstehen, da war sie sich sicher:
„Ist der Lehrer so dumm? Wenn zwei Bienchen sich zusammen tun, kriegen die ganz viele Bienenbabys. Das hat mein Papa mir gesagt und der ist ganz schlau. Wenn mein Papa was sagt, dann stimmt es!“
Einen Moment war Stille. Dann prusteten Zottel und Benjamin los.
„Du weißt ja schon gut Bescheid!“

Als sie sich wieder beruhigt hatten, nahm Zottel Sofie an seine Seite:
„Ihr habt beide recht. Der Lehrer hat recht und du ebenfalls.“
Das wiederum verstand Sofie nun nicht mehr. Wenn sie sich zuhause mit dem großen Bruder stritt, hatte am Ende jedes Mal nur einer recht. Und hier??
„Abaa... ?“, setzte sie an.

Zottel unterbrach sie:
„Pass auf: Der Lehrer hat die Bienen wie du sonst die Äpfel zusammen gezählt. Du dagegen hast daran gedacht, was überall im Tierreich und auch bei euch Menschen passiert, wenn sich Zwei fest in den Arm nehmen. Verstehst du, was ich sagen will?“
Mit gerunzelter Stirn hatte Sofie zugehört. Langsam glätteten sich die Wutfalten wieder. Sie guckte nachdenklich zu Zottel hoch und nickte dann zustimmend.
„Jahaah!“
Dennoch war ihr endgültig die Lust vergangen, dem Unterricht in der Schule weiter zuzuhören.

8. Kapitel

Sofie schüttelte den Kopf. Nein, von der Schule hatte sie jetzt erst einmal genug, brr! Sie war kein bisschen mehr traurig, noch kein Schulkind zu sein, wo da alles soo sehr durcheinander ging. Und doch... :
„Hm, die haben so tolle Bücher. In denen steht viel drin und wenn ich das alles weiß, kann ich später Lokomotivführer, Feuerwehrmann, Polizist oder auch eine Kindergärtnerin wie meine werden. Denn dann bin ich ganz schlau.“
Jedoch wollte Sofie sich das alles noch in Ruhe überlegen. Und... schlau war sie ja eigentlich jetzt schon.

„Zohottel?!“, bettelte sie.
„Na?“, war dessen fröhliche Gegenfrage.
„Zeigt ihr mir jetzt eure Fabrik? Darf ich dort zugucken?“
Die beiden Bären lächelten. Sofie würde Augen machen... !
Zottel und Benjamin nickten.
„Ist das weit weg?“
Das erschien Sofie sicherer, da nachzufragen. Nicht, dass hinterher ihre Beine nicht mehr mit konnten und die Beiden sie dann tragen müssten... Nee, das fände sie ausgesprochen doof und einer Fast-Prinzessin nun wirklich nicht würdig.

Zottel und Benjamin versicherten ihr, das dem nicht so war, sie im Gegenteil in wenigen Minuten in die Fix-Strasse einbögen.
„Warum heißt die denn Fix-Straße?“
„Dort steht unsere Fabrik und in der wird immer ganz fix gearbeitet!“, erklärte Benjamin.
„Ooh!“, entfuhr es Sofie. 
Wenn sie es recht überlegte, musste das ja auch so sein.
Es waren wirklich nur noch ein paar Meter, Sofie brauchte auch nicht getragen zu werden:
„Schließlich bin ich schon vier Jahre alt.“

Kurz darauf standen sie endlich vor einem wahnsinnig langen Haus.
„Das ist nooch größer als unseres!“, stellte sie beeindruckt fest.
Was ihr dann als nächstes auffiel, war dessen Farbe. Das war nicht etwa schwarz oder traurig grau, sondern braun:
„Es sieht aus wie ein riesiger Honigklecks!“
Zottel und Benjamin zwinkerten sich zu.
„Na,“ meinte Benjamin zu seiner kleinen Freundin. „Warte ab, bis wir drinnen sind. Du wirst staunen.“

Durch ein Tor, auf dessen beide Hälften je ein großer Teddy mit Kittelschürze gemalt war, marschierten die Drei munter auf die Fabrik zu. Rechts davor lag noch ein breiter Parkplatz. Auf dem standen viele Autos, kleiner als Lastwagen, aber doch größer als das Auto von Sofies Papa. Die gefielen unserer Kleinen unheimlich gut. Sie waren nämlich ebenfalls hübsch bunt bemalt, jedes in einer anderen Bonbonfarbe.

„Guckt ´mal!“, rief Sofie. „Da vorne steht ja ein rosa Barbie-Auto!“
Neugierig linste Sofie durch dessen Fenster. Saßen da vielleicht Barbie und ihr Freund Ken drin? Nein, da war niemand. Empört schimpfte sie:
„Die haben ihr Auto einfach allein gelassen!“
Prompt hatte sie eine Idee:
„Ob ich das arme Ding wohl nachher mit nach Hause nehmen darf?“
Doch davon sagte sie ihren Bärenfreunden lieber nichts. Zottel und Benjamin fänden diese Idee bestimmt unmöglich.

Entschlossen wandte sich Sofie zur Fabrik um.
„Kommt, wir gehen endlich rein!“, drängte sie, fasste ihre beiden Freunde an den Tatzen und zog sie zum Eingang.
Sie betraten eine Halle, die so hoch war wie die Tannen aus dem Wald und so groß, dass Sofie sie gar nicht überblicken konnte. Für einen Moment stand die Kleine sprachlos da und kriegte den Mund nicht mehr zu. Nein, mit so etwas Tollem hatte sie nicht gerechnet.

Die Halle war eine weiträumige Backstube. An den beiden Längsseiten standen dicht an dicht riesige Backöfen. In jedem brannte Licht und das bedeutete... Sofie erinnerte sich:
„Wenn Mama Kuchen backt, ist im Ofen auch Licht an. Aber dieses hier ist viel heller!“
Darüber jedoch wunderte sich unsere Kleine nun gar nicht. Schließlich waren die Öfen hier noch viel größer und die Lampen da drinnen natürlich tüchtiger als die in dem Herd zuhause.

An einem langen, breiten Tisch in der Mitte des riesigen Raumes arbeitete eine Gruppe von Bäckerteddys. Jeder von ihnen machte seine Teigkugel mit einer Kuchenrolle so platt wie ein Frühstücksbrett. Das fertige Kuchenteig-Brett besaß dann zwei lange und zwei kurze Seiten genau wie die Halle, nur nicht so groß.
„Das muss ja kleiner sein!!“, erklärte Sofie mit wichtigem Gesicht ihren Freunden.
Da die ja sehr kluge Bären waren, verstanden sie sofort. Ein solch riesiger Kuchenteig wie die Halle selber passte dann nicht mehr in den Raum und zum anderen hätten all die fleißigen Teddybären keinerlei Platz mehr zum Hin- und Herlaufen. Wie Sofie beobachtete, trabten die emsigst kreuz und quer von einer Seite zur anderen.

„Was backen die denn?“, wollte Sofie wissen.
„Geh ruhig näher!“, meinte Benjamin.
Das ließ sich Fräulein Neugierde nicht zweimal sagen. Vorne am Tisch angekommen, reckte sie sich hoch auf die äußersten Zehenspitzen, um einem der Teddys über die Schulter gucken zu können. Dabei stellte sie sich aus Versehen auf dessen eine Tatze. Anders als die Bären trug Sofie ja Schuhe an den Füßen und die hatten leider harte Sohlen.

9. Kapitel

„Au!“, stöhnte der Bär.
Doch sobald er erkannte, wer ihn da getreten hatte, jammerte er nicht länger, sondern war sofort wieder freundlich und lieb. Von Benjamin wusste er nämlich bereits einiges über dieses kleine Mädchen und natürlich auch von dessen großem Kummer. Deshalb benahm er sich eben so, wie man sich das von einem richtigen Teddy vorstellte:

„Hallo Sofie, ich heiße Petz!“, brummte er gutmütig und legte ihr zur Begrüßung tatsächlich sogar eine Tatze auf die Schulter. Allerdings nicht seine Hintertatze, denn die schmerzte noch ganz gehörig. 
Sofie schämte sich. Verlegen druckste sie herum:
„Entschuldige, Herr Teddy Petz. Ich wollte dir bestimmt nicht wehtun!“
Ihre Fröhlichkeit war auf einmal verflogen. Scheu sah sie ihn von der Seite an. Die alte Angst kroch in ihr hoch:
„Mama wäre jetzt sehr böse auf mich,“ dachte sie bedrückt.

Dem Bären war es sofort aufgefallen, wie traurig das kleine Gesicht da vor ihm plötzlich aussah.
„Ach du meine Güte!“, meinte er herzlich. „Sofie, was glaubst du, wie oft ich schon jemanden aus Versehen angerempelt habe!“
Das Mädchen hielt den Kopf gesenkt, versteckte beide Hände auf seinem Rücken und stotterte:
„Zu... Zuhause krieg ich jedes Mal Ä... Ärger!“

Der Bär bemühte sich angestrengt, sie noch zu verstehen, so leise war ihre Stimme geworden. Sofie aber fühlte sich erleichtert, denn endlich hatte sie außer ihrem Benjamin tatsächlich auch einem Fremden über ihr trauriges Geheimnis erzählt. Das tat richtig gut.

Deshalb etwas mutiger, beschäftigte sie eine unheimlich wichtige Frage:   
„Machen eure Kinder Fehler, kriegen die dann auch Schimpfe?“
„Nur ein bisschen Schimpfe!“, versicherte ihr Petz lachend.
„Lieber sagen und zeigen wir ihnen, wie man es besser macht.“
„Die haben es gut!“, meinte Sofie traurig und ein wenig neidisch.

„Wie nur kann ich sie jetzt am besten ablenken?“, zerbrach sich Petz mitleidig den Kopf.
Gleich fiel ihm das Passende dazu ein:
„Sofie, magst du selber einen Teig rollen?“
Sofie war selig und sofort all das Traurige vergessen. Sie griff sich eine Handvoll Teig, legte ihn auf den Tisch und bearbeitete ihn mit der Kuchenrolle – hin und her und zurück. Puuh, war das anstrengend! Strahlend, mit hochroten Wangen vor Eifer war sie da zugange als die bestimmt jüngste Bäckerin in dieser Riesenhalle.

Von Zeit zu Zeit hielt sie inne und begutachtete kritisch ihr Werk.
„Toll sieht der aus!“, murmelte sie stolz. „Petz, was ist da alles drin?“
„Probier` doch mal. Vielleicht errätst du`s ja!“
So schnell konnte Petz gar nicht gucken, wie Sofie ihren Arm ausstreckte, sich mit der Hand ein Stückchen Teig abbrach (natürlich kein ganz kleines!) und es sich in den Mund stopfte.
„Und? Was glaubst duu... ?“

Der Teig schmeckte dermaßen gut, dass Sofie laut schmatzte, obwohl sich das  nun wirklich nicht gehörte, schon gar nicht für eine zukünftige Prinzessin. Doch im Moment war das dem Schleckermaul total egal. Sie machte ´hmm` und ein zweites Mal ´hmmm`, diesmal aber sogar eins mit drei `Ms`:
„Der ist süß. Ist da Honig drin?“
„Donnerwetter, hast du das fix ´raus bekommen!“, staunte der Bär.
Jetzt fielen Sofie noch eine Menge anderer Backzutaten ein, die bestimmt ebenfalls in dem Teig waren:
„Da sind Eier drin, Nüsse, Butter, ´ne Menge Zucker und...“
„Primaa!“
„Macht ihr Plätzchen daraus?“ wollte Sofie nun wissen. „So mit richtigen Förmchen und so... ?“
Auf diese Frage hatte Petz nur gewartet:
„Komm, ich hol dir eines und dann backst du selber ein Plätzchen, einverstanden?“
„Der ist richtig lieb!“, fand Sofie. „Ab jetzt ist Petz mein Freund wie Zottel und Benjamin! Das hat er verdient, weil er mir sogar das Plätzchenbacken erlaubt!“

„Peheetz!“, strahlte sie ihn an. „Bin ich eines Tages eine Prinzessin mit einem richtigen Schloss, dann wirst du mein königlicher Hofoberoberbäckermeister!“
„Es wird mir eine außerordentliche Ehre sein, Sofie!“, erwiderte Petz mit ernster Miene, obwohl genau das ihm da ziemlich schwer wurde.
Sofie bohrte hartnäckig weiter. Schließlich war es wichtig:
„Krieg ich dann jeden Morgen leckeren Honigkuchen?“
„Aber selbstverständlich, Hoheit! Wenn du willst, sogar zwei!“
Sofie grübelte:
„Eigentlich müsste er Hofoberoberoberbäckermeister werden. Nee, erst warte ich ab, ob ich wirklich zwei Honigkringel kriege.“

10. Kapitel

Petz drückte Sofie eine kleine Form in die Hand.
„Das ist ja ein Bienchen... bestimmt, weil das gut zum Honig passt, oder?“
Ihr großer Freund konnte sich ein Grinsen kaum mehr verkneifen:
„Eher gehört der Honig zur Biene, Sofie!“
„Ist doch dasselbe!“, behauptete Sofie.
Alles wusste Petz anscheinend doch nicht.
„Er ist ja nur ein Bär!“, dachte sie nachsichtig. „Ich wird` ihm noch eine Menge beibringen. Denn die Hofoberoberbäckermeister in den Märchen sind immer sehr klug.“
Wenn sie es so recht überlegte, war sie selber auch schon recht schlau, sogar manchmal schlauer als die großen Bären.

Mit aller Kraft presste sie die Form in den Teig.
„Jetzt futtert das Bienchen den Honig!“, machte sie dem verdutzten Bären klar.
„Dann pass nur auf, dass es uns den nicht ganz weg frisst!“, riet Petz.
Sofie nickte mit todernstem Gesicht, denn das Aufpassen war ja auch eine ernste Angelegenheit. Petz könnte sich vollkommen auf sie verlassen.
„So, jetzt schieben wir Bienchen in den Ofen. Da friert es nicht und wird ein tolles Plätzchen!“, kommandierte Sofie.
„Ein Sofie-Superplätzchen!“, ergänzte Petz zärtlich.
Zur Belohnung dafür erntete er einen sehr lieben Blick aus blitzenden Kulleraugen.

Jetzt hieß es leider warten. Sie warteten und warteten. Gerade wurde Sofie ungeduldig, da war es soweit.
„Sieh` mal, wie lecker dein Plätzchen aussieht!“, lobte Petz.
„Da müssen noch gelbe Smarties drauf. Ein Bienchen hat doch ´Gelb im Fell`!“, forderte Sofie.
Wie Petz daran deutlich sah, war Sofie eine sehr aufmerksame Bäckerin. Die bestand sogar auf ´Gelb im Fell`. Er fand das so putzig, dass er sie diesmal nicht verbesserte.

Doch es kam noch besser:
„Das Bienchen braucht noch ein Auge. Sonst kann es doch die Blumen nicht sehen!“, entschied Sofie.
Wie gut, dass es auch schwarzbraune Smarties gab. Sie drückte ihm vorsichtig ein dunkles Smartie an der Stelle auf, von der sie dachte, dass da ein Auge hin gehörte.
„Lass es dir gut schmecken!“, meinte der Bär.
„Du kriegst auch was ab!“
Darauf bestand Sofie, denn sie hatten ja gemeinsam gearbeitet. Deshalb bekamen sie jetzt jeder eine Hälfte. Allerdings schnappte sich unsere Kleine den vorderen Teil, weil auf dem nicht nur viel ´Gelb im Fell`, sondern zusätzlich noch das dunkle Augen-Smartie war. Das wollte sie sich auf keinen Fall entgehen lassen. 

Zu Sofies größter Zufriedenheit buken die Bären nicht allein Bienen, sondern alles, was sie sich so vorstellen konnte. Da gab es zum Beispiel Teddys, die weiße Mäntel aus Zuckerguss mit roten Smartie-Mantelknöpfen trugen.
„Die sind wichtig. Hat ein Bär für das Teddy-Plätzchen aus Versehen zuviel Teig genommen, kriegt Teddy einen zu dicken Bauch und dann muss man sein Mäntelchen aufknöpfen können, damit der Bauch Platz genug hat. Sonst platzt der nämlich!“
Petz hörte die ganze Zeit belustigt zu. Soo hatte er das eigentlich noch nie betrachtet.

Sofie guckte sich fast die Augen aus dem Kopf wegen all des bunten Schluckerzeuges. Da wanderten ganze Zoos mit Tieren und Bäumen in die Backöfen.
„Wohnen die Bienen eigentlich bei euch in der Stadt?“, wollte sie plötzlich wissen.
„Nein, sondern direkt hinter dem großen Feld. Wir gehen gleich hin. Sollen wir schon aufbrechen??“
Eifriges Nicken war die Antwort.
„Tschüss, Teddys, es war schön bei euch!“, verabschiedete sie sich von all den Bären mit einem letzten, strahlenden Blick in die Runde, denn sie hatte sich bei denen sehr wohl gefühlt. Dann verließ sie mit Petz Hand in Tatze die Fabrik.
Auf zu einem neuen Abenteuer!

11. Kapitel

Sofie war bester Laune. Übermutig hampelte sie herum und trällerte vor sich hin:
„Alle Vögel sind schon da, aalle Vögel, alle...“
Petz schmunzelte und fiel ein:
„Welch ein Singen, Musizieren, Pfeifen, Zwitschern, Tirilieren, Frühling will nun einmarschieren, ...“
Stolz hing Sofie an:
„... kommt mit Sang und Schahle! - Petz freut sich jetzt bestimmt, dass ich so ein langes Lied kann!“, lobte sie sich selber, aber nur sehr leise, denn laut tat man das nicht.

Dass sie zum Schluss etwas Wichtiges verwechselt hatte, ahnte unsere tüchtige Sängerin nicht. Petz jedoch hatte aufmerksam zugehört:
„Sofie“, begann er behutsam, um seine Freundin nicht zu kränken, denn er wusste schließlich, wiiee stolz Sofie auf ihren Gesang war.
„Du, das heißt nicht Schale, sondern Schalle.“
Sofie sah ihn verwirrt an:
„Wieso?? – Nüsse haben doch Schalen!“
Geduldig erklärte Petz:
„Sofie, der Frühling ist aber keine Nuss! – Die Nüsse des Waldes gibt es übrigens erst im Herbst!“

Er grinste:
„Pass auf: Hast du schon einmal ganz laut in den Wald hinein gerufen?“
Sofie nickte und betonte:
„Das kam dann schrecklich laut zurück, noch lauter, als ich gerufen hab`.“
„Siehst Du... und das nennt man ´Schall`!“
Sofie war tief beeindruckt.
„Du bist aber klug!“
Petz schrieb sich dieses Kompliment seiner Freundin nur zu gerne hinter die Teddyohren. Dort war es gut aufgehoben.

Die Zwei verstanden sich prima. Nachdem das Lied zuende gesungen war, erzählte Petz über die Bärenstadt und Sofie über ihr Zuhause und Mama und Papa. Während sie dahin wanderten und so toll miteinander quasselten, hielt Sofie plötzlich inne und sah sich forschend um:
„Wo bleiben denn Zottel und Benjamin? Hoffentlich verlaufen die sich nicht!“
„Da mach` dir keine Sorgen. Sie sind hier zuhause und kennen jede Straße.“
„Sogar die Wege hier am Feld?“
„Ja, auch die.“

Sofie war sie sehr besorgt um die Beiden. Sie wäre todtraurig gewesen, wenn denen etwas zugestoßen wäre. Nachdem aber Petz versichert hatte, dass Zottel und Benjamin sich bestimmt gut wehren konnten, dachte das kleine Mädchen dazu:
„Sie sind ja auch sehr kräftig. Mindestens soo stark wie Elefanten oder sogar... wie mein Papa!“
Damit waren die trüben Gedanken wie weggeblasen. Unbekümmert genoss die Kleine den schönen Spaziergang an Petz` Seite. Der Bär lächelte in sich hinein:
„Welch knuffige Vergleiche Sofie immer einfallen... !“

So marschierten sie bestimmt eine halbe Stunde an dem herrlichen Blumenfeld entlang.
„Sind wir bald da?“, fragte Sofie.
Allmählich taten ihr vom langen Laufen die Beine weh. Aber das verriet sie um nichts in der Welt. Sie wollte ja unbedingt die Bienenstadt sehen.
Kurz darauf überquerten sie eine schmale Straße.
„Auf der fahren bestimmt die Trecker zum Feld. Vielleicht aber haben die Bienen hier ja sogar Autos... Ob die dann knallgelb sind?“, überlegte Sofie. „Ja, bestimmt leben hier Flugbienen und Autobienen.“
Damit war für sie alles klar. Sie war sehr stolz auf sich. Dass sie das so alleine ´raus gefunden hatte... !

Auf der anderen Straßenseite entdeckte Sofie ein großes, buntes Schild, auf dem mitten in einem Blumenmeer eine besonders hübsche Biene ihres Weges flog. Am unteren Rande des Schildes stand mit schwarzen Buchstaben etwas geschrieben.
„Was steht da, Petz?“, wollte Sofie wissen.
Da Petz ein kluger Bär und seine Freundin ja noch nicht lesen konnte, sagte er ihr Buchstabe für Buchstabe langsam vor:
                                 
                „B..i..e..n..e..n..s..t..a..d..t!“

Sofie jubelte so laut los, dass es bestimmt sämtliche Blumen auf dem Feld und auch alle umstehend wachsenden Sträucher und Bäume mitbekamen:
„Juhuuh, wir sind da. Wir sind in der Bienenstadt!!“
Stürmisch umarmte sie den überraschten Petz und wirbelte ihn wild im Kreise herum.

12. Kapitel.

Strenggenommen brauchten sie das Straßenschild überhaupt nicht, um zu wissen, wo sie jetzt waren. Überall um die Beiden her summte und brummte es in der Luft, manchmal sogar ganz dicht am Ohr. Dann jedoch wich Sofie etwas zurück.
„Vielleicht vertut ein Bienchen sich und glaubt, mein Ohr ist der Eingang zum Bienenhaus.“
Sofie schüttelte sich. So sehr sie die Biene Maja und deren Freund Willi ja mochte, aber ins Ohr gehörten die nun wirklich nicht rein.
„Keine Sorge, Sofie, die kennen ihr Zuhause genau!“, sagte Petz.

Im selben Moment sauste eine große Biene gegen Sofies Arm.
„Huuch!“, machte Sofie erschrocken.
„Was, wenn die auch einen Schrecken kriegt und mich sticht?“, wandte sich die Kleine ein wenig eingeschüchtert an Petz.
„Die tut dir nichts. Bienen stechen nur, wenn sie meinen, du willst ihnen etwas Böses!“
„Genau!“, summte die Unglücksbiene Sofie an. „Entschuldige, aber... bist du denn keine Blume? Du bist so hübsch bunt angezogen.“
Sofie riss die Augen auf.
„Die kann ja was sagen!“

Sie nahm sich vor, sich besser über nichts mehr zu wundern. Sonst müsste sie sich wahrscheinlich dauernd wundern und das wäre anstrengend.
„Ich heiße Sofie!“, stellte sie sich vor. „Bist du die Maja von dem Willi?“
„Nein, ich bin Streifchen, die Oberarbeiterbiene. Ich pass auf unsere Arbeiterinnen auf, damit die fleißig sind. Das ist vielleicht schwierig, kann ich dir sagen. Die sind jaa soo viele!“, stöhnte Streifchen.
„In ´Biene Maja` sind alle Bienchen ganz doll tüchtig!“, tröstete Sofie die Biene, die geknickt ihre Fühler hängen ließ.

„Ach... und außerdem macht unser Nachwuchs noch so viel Quatsch. Der spielt lieber Nachfliegen als sich um die Blumen zu kümmern!“, seufzte Streifchen schon wieder.
Es war aber nicht mehr ganz so traurig und die Fühler hielt es schon fast wieder oben.
„Tja“, meinte Petz dazu. „Kinder sind überall gleich, bei den Menschen wie bei uns Tieren.“

„Streifchen, wo ist denn die Biene Maja?“
Streifchen lachte.
„Heute dürfen wir sie leider nicht stören. Sie bringt unseren Kleinen das Fliegen bei.“
„Die haben doch bestimmt Angst beim ersten Mal, oder?“, fragte Sofie mitleidig.
„Manche ein bisschen, aber Maja stupst sie vorsichtig an und summt ihnen ein lustiges Liedchen vor. Da werden sie gleich mutiger und schwirren einfach hinter ihr her durch die Luft. Sehen sie dann die bunten Blumen, ist alle Angst vergessen.“

„Aber, warum nehmt ihr denn keine Flugleinen für eure Kleinen?“, forschte Sofie nach.
„Suhumm, Flugwas...??“, summte Streifchen.
Davon hatte es wahrlich noch nie gehört, obwohl es sich doch zu den klügsten der Oberarbeiterinnen zählte.
„Ja, bei uns tragen Kinder, die gerade laufen lernen, so Leinen. Da und da und da herum...“, machte Sofie klar und zeigte zuerst auf ihre Schultern, die Brust und schließlich auf ihren Bauch. „Dann können die weder auf die Straße - noch einfach weglaufen und wenn sie stolpern, fängt sie die Mama mit der Leine auf, so dass sie sich nicht wehtun.“
„Und was ist...“, überlegte die Biene angestrengt, „wenn eine Mutter mehrere kleine Kinder hat?“
„Dann nimmt sie zwei Leinen“, erwiderte Sofie.
„Komisch“, so sagte sie sich im Stillen, „manchmal sind Mamas wirklich tüchtig.“

Laut schlug sie vor:
„Macht es doch bei euren Kindern genauso. Dann fürchten die sich beim Fliegen bestimmt nicht mehr und ihr könnt sie sofort zurückziehen, wenn sie mal ausreißen wollen... !“
„Das ist wirklich eine tolle Idee, Sofie! Ich werde auf jeden Fall darüber nachdenken“, lobte sie die Oberarbeiterbiene bereits recht nachdenklich. „Du bist ein kluges Kind!“
Sofie glaubte, sich verhört zu haben.
„Mama hat das noch nie zu mir gesagt!“, dachte sie traurig.
Doch den Gedanken an ihre Mutter verdrängte sie schleunigst und freute sich lieber über dieses große Lob.
„Ich bin nicht dumm. Streifchen hat gesagt, ich bin klug!“
Gleich fühlte sie sich etwas größer.

13. Kapitel

„Streifchen, gehst du mit uns durch eure Stadt?“
Stolz hob die Biene ihren Kopf. Ihre Fühlerchen zitterten aufgeregt:
„Klar mach` ich das. Da werden die Anderen aber gucken!“

Vor Übermut und Freude malte sie Kreise in die Luft, schlug Purzelbaum wie ein Flugzeug und flitzte im Zickzackflug vor ihnen dahin. Sie war so fix, dass sich ihre beiden Gäste Mühe geben mussten, sie nicht aus dem Auge zu verlieren. Sofie rannte hinterher und Petz folgte seiner Freundin in super schnellem Teddygalopp.

Schon von weitem sahen sie die ersten Häuser. Je näher sie kamen, umso mehr staunte das Mädchen, obwohl es sich doch eigentlich vorgenommen hatte, sich über nichts mehr zu wundern.
„Hier ist alles so anders als zuhause!“
Da standen nicht etwa nur drei oder vier Gebäude, sondern ein ganzes Häusermeer.
„Petz, sind die aber klein!“, stellte Sofie fest.
„Es sind ja auch Bienen- und keine Menschenhäuser!“, erklärte Petz.

So winzige Häuschen hatte Sofie noch nie in ihrem Leben gesehen. Nur so groß wie Schuhkartons, hatten sie ein Dach, so braun wie Schokolade, Wände so weiß wie die Blütenblätter einer Gänseblume und jedes von ihnen hatte eine knallrote, sechseckige Tür mit sechs Ecken. Alle Häuser zierten zwei klitzekleine Fenster mit braunem Fensterrahmen und Gardinen dahinter so gelb wie Zitronen, auf denen sich bunte Blumen tummelten. 
„Schön sieht das aus!“, rief Sofie begeistert.
„Klar müssen das so viele Häuser sein, denn es lebt immer eine Menge Bienen zusammen und die brauchen doch alle Platz!“, klärte Sofie ihren Freund Petz auf.

Der nickte, sagte aber weiter nichts dazu:
„Sofie hat vor Aufregung tatsächlich vergessen, dass ich hier zuhause bin und die Bienenstadt selbstverständlich wie meine eigene Hosentasche kenne“, schmunzelte er insgeheim.
Die Bären gaben natürlich genauestens Obacht, dass es den Krabbeltieren gut ging und in deren Stadt alles in Ordnung war. Schließlich lieferten ihnen ja die Bienen jeden Tag den leckeren Honig.

„Hat eure Königin ein richtiges Schloss für sich alleine?“, überfiel Sofie Streifchen mit Fragen.
Streifchens Antwort darauf ging in einem fröhlichen Gelächter hinter Sofies Rücken unter.
„Ich hab doch gar nichts Dummes gesagt. Warum lacht denn da jemand?“, wollte sie gerade ein beleidigtes Gesicht ziehen, als sie plötzlich aufmerksam wurde.
Diese Stimmen, dieses Lachen kannte sie!
„Zottel, Benjamin!“
Sofie umarmte die Beiden stürmisch. Vor allem ihren Benjamin, weil sie den ganz besonders lieb hatte.

„Wo wart ihr soo lange?“, fragte sie nach.
Benjamin strahlte, drückte seiner Sofie ein Teddyküsschen auf die Nase und erwiderte:
„Zottel und ich haben uns mit ein paar Musikbären getroffen. Es gab noch irre viel wegen heute Abend zu besprechen!“
Sofie zupfte Zottel am Pelz:
„Was ist denn heute Abend, Zottel?“
„Das wird nicht verraten, Sofie. Sogar Teddys haben manchmal Geheimnisse.“
Das kleine Mädchen sah ihn prüfend an.
„Nein, so wie der guckt, sagt der mir bestimmt nichts!“
Enttäuscht seufzte sie.
Hätte Sofie geahnt, was ihr dieser Abend bringen sollte...

„Suhumm, summ!“, machte es da neben ihr.
„Ach, entschuldige, Streifchen. Weißt Du, Teddy Benjamin gehört mir nämlich.  Ich hab` ihn sehr lieb!“
Streifchen schwirrte vor Freude aufgeregt mit den Flügeln.
„Benjamin, du bist ein richtiger Glücksbär!“
Das gab Benjamin nur zu gerne zu.

14. Kapitel

Sofie war glücklich, ihren Benjamin und natürlich auch den Petz wieder bei sich zu haben. Doch als die Wiedersehensfreude sich ein wenig gelegt hatte, vertraute sie der Biene an:
„Streifchen, schade, dass ich so groß bin.“
„Wiiee?“, wunderte sich die Oberarbeiterbiene. „Menschenkinder sind da anscheinend völlig anders als unsere Jüngsten. Die warten furchtbar quengelig auf den Tag, an dem sie endlich ins tolle Bunte-Welt-Abenteuer da draußen starten dürfen. - Wenn sie daran dachte, welch eine Mühe es kostete, deren Ungeduld zu bremsen... !“

Sofie blieb hartnäckig:
„Streifchen, ich möchte mir soo gerne ein Häuschen von innen angucken. Aber ich pass doch da nicht rein“, erklärte Sofie geknickt.
„Außerdem ...“
Zu ´außerdem` müsst Ihr wissen, dass in jedem dieser Häuser ein Bienenbaby mit seiner Kinderschwester wohnte und Sofie regelrecht darauf brannte, die Beiden kennen zu lernen.

Benjamin und Petz hatten aufmerksam zugehört. Sie überlegten und überlegten. „Verflixt!“, entfuhr es gerade Benjamin. „Es muss doch irgendwie möglich sein, Sofie diesen Wunsch zu erfüllen. Schließlich soll sie heute den ganzen Tag und den Abend lang nur, nur glücklich sein und kein bisschen mehr traurig.
„Vor allem heute Abend!“, flüsterten sie sich zu.
„Brumm, wie lang sich doch ein Tag hinziehen kann... ! “
Das kam von Petz.
Obwohl die Zwei schon erwachsen waren, warteten die beiden Teddys vor Vorfreude da fast genauso ungeduldig wie die Bienenkinder auf deren ersten Flug.

„Du, Benjamin,“ stieß Petz seinen Freund mit der Pfote an, „ich hab`s!“
„Waas??“
Benjamin war so verdattert, dass ihm mehr dazu nicht einfiel.
„Erinnerst Du Dich an die Traumfee... und daran, was sie gesagt hat?“
Keine Antwort, noch nicht einmal ein kurzes ´Brumm`.
„Hm, dachte Petz. „Tut er wohl nicht. Da muss ich mal etwas nachhelfen.“
„Benjamin?“
„Jahaah?“
„Die Traumfee hat damals versprochen: Wünscht sich hier in unserer Stadt jemand etwas sehr, dann soll es in Erfüllung gehen. Sag`, woran denke ich wohl... ? “

Benjamin guckte erst entgeistert und dachte ein paar Sekunden angestrengt nach. Danach hatte er begriffen und tanzte begeistert im Kreise herum:
„Brumm brumm, Petz, genau das tut Sofie ja. Also kann sie...“
Petz fiel ein:
„..das in dem Haus da vorne wohnende Bienenkind besuchen.“

Beide riefen wie aus einem Munde:
„Soofiiee!!“
„Weshalb schreit ihr denn so?“
„Wir wollen Dir etwas Wichtiges sagen“, betonte Benjamin.
Als Sofies Teddy und damit ihrem engsten Vertrauten stand allein ihm das Recht zu, Mitteilungen von solcher Wichtigkeit an seine Freundin weiter zu geben.
„Was ist denn?“, bohrte Sofie.
„Ja also“, räusperte sich Teddy Benjamin und nahm eine soldatische Haltung an, wie es in einem so bedeutenden Moment nur selbstverständlich war. „Du möchtest doch gerne das Bienenbaby sehen, nicht?“
„Ach ja!“

Sofie guckte sehnsüchtig in Richtung des nächststehenden Hauses.
„Vor vielen Jahren hat uns die Traumfee Lumi besucht und uns beim Abschied noch ein schönes Geschenk gemacht:
´Wünscht sich jemand in dieser Stadt etwas von ganzem Herzen, dann soll es in Erfüllung gehen!`
„Boah!“, machte Sofie baff.
Benjamin sagte sich:
„Diese modernen Wörter klingen so verrückt. Sofie kennt sie schon alle. Zu meiner Zeit, als ich so jung war... Ja, was hätte ich denn da gesagt? Bestimmt nur ´Brummelbrumm!`“
„Ich wünsch mir das wirklich ganz doll!“, bestärkte Sofie eilig.
Hoffentlich reichte dieses ´Ganz doll` auch aus!

15. Kapitel

Sofie hatte da nicht übertrieben. Je länger sie nämlich darüber nachdachte, wie schön es wäre, ein Bienenbaby zu sehen, umso sehnlicher wünschte sie sich das. Und außerdem:
„Erzähle ich dann später meinen Freundinnen davon, beneiden die mich bestimmt. So etwas Tolles wie ich heute hat von denen noch keine erlebt!“

Damit das mit dem Wünschen wirklich klappte, kniff Sofie so fest wie möglich die Augen zu und drückte sich selbst die Daumen, bis deren Nagelköpfe rot anliefen. 
„Ach bitte, liebe Lumi!“, bettelte sie und das, obwohl sie doch die Fee gar nicht kannte. „Bitte hilf mir. Ich möchte so schrecklich gerne das Bienenbaby sehen! “

Sie verharrte mucksmäuschenstill und spitzte die Ohren.
„Ob mir die Fee wohl antwortet?“, fragte sie zaghaft.
Die drei Bären standen neben ihr und schmunzelten.
„Typisch Sofie!“, flüsterte Benjamin seinen Kameraden zu.
„Unsere Sofie!“, betonten Zottel und Petz.
Das musste unbedingt einmal gesagt werden, fanden sie.

Sofie bekam davon überhaupt nichts mit. Dafür war sie in Gedanken viel zu sehr mit der lieben Fee und dem Bienenkind beschäftigt.
„Meldet Lumi sich nicht bald, dann fallen unserer kleinen Freundin noch die Daumen ab vor lauter Drücken!“, grinste Zottel.
Petz und Benjamin grinsten mit.


Das Feenland lag mindestens drei Milchstraßen von der Teddybärenstadt weit entfernt. Jedoch spielten Entfernungen für Feen, erst recht für eine Traumfee, keine Rolle. Es brauchte also nur ganz kurz, bis deren Herz ihr sagte, dass sich wieder einmal jemand um Hilfe an sie gewandt hatte. All die sehnsüchtigen Bitten der Erwachsenen als auch die der Kinder landeten als Briefchen in ihrem Postkasten. Da Feen besonders kinderlieb sind, behielten sie vor allem deren Wünsche fest im Auge. 

Lumi, die Traumfee, hatte einen anstrengenden Vormittag hinter sich. Sie unterrichtete die Feenschulkinder, die alle später mal richtige Feen werden sollten.
„Ja, die kleine Amelie muss noch fleißig üben!“, seufzte sie gerade. „Aber unsere Zaubersprüche sind ja wirklich recht schwierig.“
Sie tröstete sich damit, dass Klein-Amelie erst zweihundertfünfzig Jahre alt war und also fürs Üben noch mehr als fünfzig Jahre Zeit hatte. Feen werden nämlich erst mit ungefähr dreihundert Jahren erwachsen. Zuvor dürfen sie nicht ohne Aufsicht zaubern. Falsche Zaubersprüche brächten nämlich großes Unglück. Feen jedoch möchten alle glücklich sehen. - Dies und vieles anderes ging Lumi durch den Kopf.

Doch nach einer Weile schob sie die Grübeleien beiseite und träumte lieber in der Sonne vor sich hin. Lumi träumte am liebsten auf der gemütlichen Gartenbank. Es war ihre Lieblingsgartenbank, weil sie der aus dem Märchen ´Dornröschen` ähnelte. Die Fee genoss den Anblick der herrlichen roten und gelben Traumblumen und lauschte dem fröhlichen Gezwitscher der bunten Paradiesvögel, die hoch oben in den im Winde rauschenden Baumkronen munter herum hüpften. Die Sonne bahnte sich ihren Weg durch das dichte Laub und verzauberte den Garten mit ihren goldenen Strahlen in einen verwunschenen Märchenpark wie in einem wunderschönen Traum. 

Schon fast eine ganze Stunde lang hatte Lumi dort gesessen, als sie plötzlich aufmerkte: Da, da war doch etwas... Alamiert unterbrach sie das erholsame Träumen und eilte mit hastigen Schritten zu dem goldenen Briefkasten, der direkt seitlich neben dem Schlosstore angebracht war. Der stand deshalb genau da, damit die Fee über all der Arbeit ja nie vergaß, nach ihrer Post zu schauen.

Diesmal fand Lumi einen winzigen, roten Briefumschlag.
„Ich ahnte es ja!“, murmelte sie. „Da braucht mich ein Kind.“
Die roten Umschläge hüteten nämlich immer Kinderbitten. Gerührt las sie Sofies Worte:
„Bitte, liebe Traumfee, hilf mir. Ich möchte so gerne das Bienenbaby sehen!“
Hinten auf der Rückseite des Briefes hatte die Himmelspost den Absender vermerkt:
                                  S O F I E  BEI  DEN  TEDDYS

16.Kapitel

Einen Moment lang unentschlossen stand Lumi da:
„Nehme ich das Planetenflugzeug oder doch besser mein Lumimobil?“
Eigentlich bevorzugte unsere Traumfee für Himmelsreisen das gemütlichere Planetenflugzeug. Es war winzig und nur für Lumi allein gedacht. Deshalb stand im Passagierraum auch nur ein einziger Sessel. Er hatte eine hohe Rückenlehne und ein mit Sternen übersätes, dunkelblauen Polster. Ein richtiger Sessel zum Träumen also.

Unsere Flugzeuge auf Erden brauchten immer einen Piloten. Der saß dann vorne im Cockpit vor einem riesigen Pult voller großer und kleinerer Hebel und Schaltern und passte auf, dass sich die Maschine ja nicht verflog. Lumis Himmelskugel dagegen kam ohne Piloten aus. Die Fee murmelte einen kurzen Zauberspruch und schon ging die Reise los. Am Himmel verirrt hatte sich ihr Flugzeug noch nie, denn Lumi war eine Meisterin im Zaubern. Allerdings hatte sie früher in der Zauberschule stets fleißig gelernt. 

„Nein, heute muss es schnell gehen, zumal ja abends...“, überlegte sie. Eilig lief sie ins Schloss zurück:
„Piri!“
Nichts rührte sich.
Ungeduldig geworden, rief Lumi ein zweites mal, dann schon energischer:
„Pirii, wo steckst du denn?“
Endlich tat sich etwas. Lumi hörte ein unruhiges Flattern.
„Huihwi, huihwi!“, machte es.
„Na, da bist du ja!“

Zu ihren Füßen saß eine Eule mit riesengroßen Kulleraugen und braunem Gefieder. Sie schien ein ziemlich schlechtes Gewissen zu haben und kratzte sich verlegen mit der rechten Kralle hinter ihrem rechten Ohr. Da konnte sie lange kratzen, denn Eulen haben sehr lange Ohren.
„Lumi, nicht böse sein. Wir haben so schön Stöckchenziehen gespielt, die Paradiesvögel und ich. Da habe ich dich gar nicht rufen hören.“

Piri war ein Eulenjunge und noch ziemlich jung. Stöckchenziehen war sein Lieblingsspiel, mit dem er sich von morgens bis abends hätte beschäftigen mögen. Außerdem war es recht einfach zu erlernen: Einer seiner Paradiesvogelfreunde hielt das eine Stockende im Schnabel und Piri hängte sich mit seiner ganzen Kraft an das andere. Wer von den Beiden das Holzstück zuletzt noch festhielt, der hatte gewonnen. Heute war Piri der Sieger und deswegen ausgesprochen gut gelaunt.

„Sag`, womit kann ich Dir helfen? Du guckst so nachdenklich“, stellte das Eulenkind fest.
Das hatte es klug erkannt, aber Eulen sind ja auch sehr kluge Vögel.
„Ich muss dringend zur Teddybärenstadt!“
Dabei sah die Fee Piri so ernst an wie nur sehr selten in dessen bisherigem Kinderleben.
„Huihwilewi!“, stotterte er aufgeregt.

So neugierig er da auch war, traute er sich nicht, noch weiter nachzufragen. Außerdem: Bei seiner verrückten Stammelei hätte Lumi ihn sowieso nicht verstanden.
„Was ist bloß los? So kenne ich meine Fee überhaupt nicht“, grübelte er.
„Die kleine Sofie braucht meine Hilfe!“, deutete Lumi an. „Piri, du holst jetzt möglichst fix das Lumimobil aus seiner Milchstraßengarage. Na los!“
„Sie nimmt tatsächlich das Lumimobil!“, flüsterte Piri und hüpfte ungewöhnlich hektisch von einem Bein aufs andere. „Dann handelt es sich wirklich um einen Notfall!“
„Bin schon unterwegs, Chefin Lumi!“, versicherte er ihr und schwang sich lautlos in die Luft.

Jenes Lumimobil war noch viel schneller als das Planetenflugzeug, nämlich genau so schnell wie das Licht. Deshalb hatte es die Fee Lumimobil getauft. Allerdings auch noch aus einem zweiten Grund. So wussten alle anderen Traumfeen, dass es Lumi gehörte. Es war etwas ganz Besonderes, das besonderste Fahrzeug am Himmel überhaupt. Eigentlich bestand es nur aus einem dicken Lichtstrahl. An seinem hinteren Ende jedoch klebte ein heller Stern. Auf dem stand in großer Himmelsschrift:
                               
                    LUMIMOBIL VON  LUMI

Die Fee hatte gedrängt, er sollte sich beeilen.
"Ich fahr` besser mit meinem Himmelsbobbycar!", beschloss Piri.
Mit dem war er dermaßen fix, dass Lumi echt staunen würde, nämlich so schnell, wie ihn seine Flügel niemals tragen konnten.

17. Kapitel

Der Eulenjunge jagte dahin. Sein Bobbycar stand nämlich nicht etwa in der Nähe des Schlosses geparkt, sondern tief im Wald direkt unter Piris Höhle. Bis er die erreichte, musste er noch eine weite Strecke fliegen.

Jenes Mini-Auto war Piris ganzer Stolz. Damit es ja nicht geklaut wurde, hatte er es mit einem riesigen Fahrradschloss an seinem Baum gesichert. Den Schlüssel trug unser Eulenjunge gut versteckt unter seiner schönsten Brustfeder stets bei sich. Dort nämlich vermutete den niemand und dran kam da sowieso keiner.

Na, so ganz stimmte das nicht: Es gab ein einziges Wesen in seinem noch jungen Leben, das ihn dort krabbeln durfte. Wer das war... ? Obwohl noch recht jung, hatte sich Piri bereits zum ersten Male verliebt. Wenn er sich daran erinnerte, wie er sie kennen gelernt hatte... Ach, war das schöön!

Es war vor ungefähr einem halben Jahr in einer warmen Sommernacht. Im Forst war alles still und schlief. Allein die Eulen, Mäuse, Spinnen und Ratten huschten auf Nahrungssuche im Wald herum. Piri hockte am Eingang seiner Höhle:
„´Ne leckere Maus wäre jetzt eigentlich gar nicht schlecht. Huihwi, hab `ich Kohldampf!“

Der Mond meinte es gut mit ihm und tauchte den sonst stockdunklen Wald in ein fahles Licht, so dass den scharfen Eulenaugen so schnell nichts verborgen blieb.
„Da raschelt doch etwas hier in meiner Nähe!“, krächzte Piri, plötzlich ganz Ohr, vorsichtshalber super leise, damit das, was sich da gerade gerührt hatte, ihn bloß nicht bemerkte.
Im nächsten Moment erspähte er am Fuße des gegenüber stehenden Baumes eine kleine Maus, die mit ihren Vorderpfoten fleißig einen Blätterhaufen durchwühlte. Dabei zitterte ihre Nase hin und her, so angeregt war sie bei der Arbeit.
„Diesen Leckerbissen lass ich mir nicht entgehen!“

Wie ein Pfeil schoss Piri auf den Winzling zu. Wie er dann festellte, war er leider nicht der einzige, der sich die Maus zum Abendbrot wünschte. Beinahe hatte er sein Opfer schon erreicht, da flatterte es plötzlich über seinem Kopf und dann direkt neben ihm. Erschrocken machte unser Eulenjunge eine Vollbremsung und landete auf dem weichen Waldboden. Gleichzeitig mit ihm setzte dort noch jemand auf, der so ähnlich aussah wie er selbst.

Verblüfft riss Piri seine riesigen Augen weit auf.
„W... wer bist denn du?“, quietschte er.
„Und d... du?“, quietschte das Etwas zurück.
Noch ein wenig schüchtern musterten sich die Beiden und stellten jeder für sich insgeheim fest:
„Ist ja toll: Noch eine Eule!!“

Die andere war ein wenig kleiner als Piri, hatte fast schwarzes Gefieder und unter langen Schneckenwimpern dunkelbraune Kulleraugen, in die Piri dann guckte und guckte... Er hörte überhaupt nicht mehr auf damit. Sein Vogelherz klopfte plötzlich wie wild.
„Wie heißt du?“, brachte er so eben noch stockend heraus.
Dabei blieb es aber auch. So sehr hatte es ihm die Sprache verschlagen und das wiederum hieß für einer Eule schon wirklich allerhand.

„Lizzi!“, klimperte sein Gegenüber mit den Augen.
Anscheinend erging es ihm genauso wie dem Eulenjungen.
„Ein Mädchen. Huihwi, ist die süß!“, dachte Piri.
Noch mehr zu denken war nicht drin. Es hatte ihn gründlich erwischt. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Doch dann erinnerte er sich seiner guten Erziehung und stellte sich vor:
„Ich bin Piri! Ich hab` dich noch nie gesehen. Woher kommst du, wohnst du in der Nähe?“
Das waren zwei Fragen auf einmal. Die brauchten zwei Antworten und Lizzi dann sehr lange Zeit dafür. Die beiden Eulenkinder vergaßen völlig, weshalb sie eigentlich da auf dem Boden saßen; im Gegensatz zu der kleinen Maus, die sie inzwischen sehr wohl bemerkt und sich in Todesangst eiligst aus dem Staub gemacht hatte.
„Hoffentlich verliebt die nächste Eule sich auch, bevor sie mich erwischt!“, piepste sie im Wegrennen.
Noch einmal davon gekommen, puuh!

Derweil erzählte Lizzi und erzählte. Piri`s Blick hing gebannt an ihrem Schnabel.
„Ich bin ja auch nicht von hier... !“, hub sie an.
„Wiiee?“, warf Piri ein.
„Tja...“, sagte Lizzi verschämt, „ich bin nämlich aus einem Zoo entflogen. Der Wärter hatte schrecklich viel Arbeit an dem Tag und aus Versehen meine Käfigtür nicht richtig verschlossen. Da ich es im Zoo sowieso furchtbar langweilig fand, hab` ich flugs Reißaus genommen!“

„Du hast in einem Käfig leben müssen?“, fragte Piri mitleidig.
Selbst wenn man da umsorgt wurde... Was war das denn wert gegen die Freiheit? Nichts.
„Es ist ja vorbei. Hach, ist das schön im Wald!“
Da stimmte Piri aus ganzem Herzen zu. Überhaupt gab er ihr meistens recht. Je länger sie miteinander quasselten, umso lieber mochte er sie und einem Mädchen, dass er mochte, gab er eben sehr oft recht. Aber trotzdem besser nicht immer. Schließlich war er ja ein Mann.

Als sie endlich ihren Bericht beendet hatte, war dann Piri an der Reihe. Er schwärmte ihr von seinem Leben mit der Fee Lumi und seinen Paradiesvogelfreunden aus dem Park vor. Lizzi hörte fasziniert zu.
„Darf ich da mal mit hin?“, bettelte sie und klimperte mit den Augen. 
„Ooh“, dachte Piri nur.
Vor lauter ´Ooh!` vergaß er ganz zu antworten. Lizzi hätte gar nicht bitten müssen. Mittlerweile war Piri ohne weiteres dazu bereit, ihretwegen selbst auf die leckerste Maus der ganzen Welt zu verzichten. Hauptsache, seine süße Freundin litte keinen Hunger. Was störte es einen verliebten Eulenjungen denn, ob sein Magen knurrte?!

„Wo ist denn deine Höhle?“, forschte er nach.
„Dahinten, wo dort die zwei Bäume so nah beieinander stehen!“, war die Auskunft.
Wie schön, sie wohnte also in seiner Nähe. Das hieß, sie könnten sich sehr oft sehen. Er wäre nicht länger allein!

18. Kapitel

Von da an unternahmen sie jeden Tag gemeinsame Flatterausflüge und jagten Nagetiere. Abends kurz vor dem Einschlafen träumten sie eng aneinander geschmiegt den Mond an und zupften sich vor lauter Zuneigung gegenseitig Nackenfedern aus. Das ziepte manchmal richtig feste, aber das war den Beiden total egal, weil sie sich so sehr mochten. 

Vor ein paar Tagen war dann etwas Tolles passiert:
Piri kehrte hungrig, erschöpft und traurig, da ohne Erfolg, von der Mäusejagd zurück. Leider war jenes kleine Ding zu schlau gewesen, hatte blitzschnell Haken geschlagen wie ein Hase und sich in einem Erdloch versteckt.
„Die kommt bestimmt nicht raus. Da kann ich warten, bis ich schwarz werde. So ein Mist!“
Sauer flog er zu seiner Höhle zurück.

Dort eingetroffen, wurde er gleich noch saurer. Gerade ordnete er sein vom Fliegen arg zerzaustes Federkleid, da hupte ihm der Bobbycar keck entgegen:
„Wie, schon wieder zurück, ist wohl schief gegangen, nicht?!“
„Boxy, halt bloß die Tröte!“, fauchte Piri beleidigt.
Spott vertrug er jetzt wahrlich nicht, schon gar nicht die Hänselei dieses Mini- Autos.
„Bin ja schon still!“, lenkte Boxy fix ein.
Schließlich war er auf Piri angewiesen. Wer fütterte ihn wohl sonst mit dem köstlichen Himmelsbenzin? Na ja, vielleicht Lumi, aber so völlig sicher war er sich da nicht.

„Übrigens, während du auf der Jagd warst, hattest du Besuch!“, brummte er betont sanft.
Dabei versuchte er seine winzige Stoßstange zum Grinsen zu kräuseln. Leider saß die einfach zu fest. Zum Ersatz blitzte er ein paar Mal kurz hintereinander mit seinen Scheinwerfern. Das war doch auch schon was.
„Besuch?“
Piri war platt. Ihm war die Überraschung anzusehen. Aufgeregt hopste er vom Eingang der Höhle auf den nächst bequemen Ast des Baumes näher zu seinem Auto und starrte es von oben ungläubig an.
„Ja, und der hat dir sogar etwas mitgebracht... !“
Boxy genoss es, Piri zur Strafe für das „Tröte halten“ ein wenig zappeln zu lassen.
„Huihwi!“, rutschte es Piri heraus.
Er platzte fast vor Neugierde.
„Wer...?“, fing er an.

Doch Boxy war schon wieder kecker und gab ihm eins über den Schnabel:
„Nix da. Guck doch nach!“
Danach hüllte sich dieser Bengel wieder in Schweigen und spielte erneut das brave Auto. Treuherziger Miene stand es dort, als ob es doch wirklich niemals wagte, seinem jungen Herrn gegenüber etwa frech zu werden.
Auffällig langsam Kralle vor Kralle setzend, stelzte Piri auf seine Höhle zu.
„Boxy geht` s nichts an, wie sehr gespannt ich auf mein Geschenk bin!“, sagte er sich.

Gottlob waren es nur wenige Trippelschritte und unser Eulenjunge verschwand in seiner gemütlichen Eulenwohnung. Deren Wände waren mit einer schicken Laubtapete geschmückt, den Boden hatte er mit einem weichen, rotgelben Blätterteppich hübsch ausgelegt. An der linken Seitenwand stand ein aus Stöcken gezimmerter, niedriger Tisch und auf dem lag...

Einen blütenweißen Brief entdeckte er dort. Vorne darauf stand in großen, sorgsam gemalten Buchstaben:
„Für meinen Piri“
Rasch wendete er den Umschlag. Da las er:
„Von seiner Lizzi“
Aufgeregt öffnete Piri den Brief. Ein feuerrotes Kastanienblatt fiel ihm entgegen. Mit etwas Spucke hatte Lizzi zwei schmale Stöcke darauf geklebt, deren obere Enden sich berührten. Piri schaute sie an, dann wieder auf das rote Blatt, nochmals auf die Stöcke. Plötzlich fiel ein Tropfen auf das Blatt. Ja, unser Eulenjunge weinte und der Tropfen war eine Träne. Die hatte er da nicht zurückhalten können. Weshalb denn bloß?

Wisst Ihr, manchmal weint man auch, wenn man glücklich ist und Piri war da sogar überglücklich. Als ein kluger Eulenjunge hatte er doch die Nachricht seiner Lizzi sofort verstanden. Die beiden Stöcke, die da so eng zusammen waren, sollten Lizzi und er sein. Seine kleine Freundin sagte ihm damit:
„Ich hab dich lieb!“

Nachdem Piri das Kastanienblatt wieder und wieder betrachtet hatte, suchte er sich einen besonders schönen Platz aus, an dem er es aufbewahren wollte.
„Das hänge ich mir oben ans Kopfende meines Bettes. Dann habe ich bestimmt immer schöne Träume!“

Sprach` s, steckte es zurück in den Umschlag und bohrte mit dem Schnabel vorsichtig an dessen oberen Rand in der Mitte ein klitzekleines Loch. Dadurch schob er den Stiel eines aus seiner Laubtapete vorwitzig heraus guckenden Blattes und knickte den an seinem Ende ein wenig nach oben. So hatte er sogar einen richtigen Bilderhaken. An dem baumelte dann, bereits vom Eingang seiner Höhle aus sichtbar, dieser wichtigste aller seiner Schätze. 

Am nächsten Tag überraschte Piri seine Lizzi mit einer leckeren Maus. Als er ihr den kleinen Nager vor die Krallen fallen ließ, guckte Lizzi ihrem Freund total verliebt in die Augen.
„Piri ist der liebste Eulenjunge der Welt!“, dachte sie.
Lizzi war selig über den Leckerbissen und noch mehr darüber, dass ihr Freund nicht vergessen hatte, wie gerne sie Mäuse fraß. So waren sie alle beide froh.

19. Kapitel

Doch das war gestern gewesen. Heute hatte Piri ausnahmsweise keine Zeit für seine Freundin. Er war in Eile. Er sollte ja für die Fee das Lumimobil aus
dessen Milchstraßengarage holen. Das verlangte sie nur von ihm, wenn eine Reise blitzschnell gehen musste.

Da die Milchstraße aber weit, weit entfernt lag, stand er schon bei Sonnenaufgang auf, ordnete sein Federkleid, frühstückte noch fix und weckte Boxy, seinen Bobbycar. Dazu rüttelte er ein bisschen an dessen Autotür. Prompt brummelte der ungnädig:
„Tuut, ich bin noch müde. Musste mich unbedingt so früh wecken?“
„Hab` s doch geahnt!“, sagte sich Piri. „Wieder mal beleidigt!“
Laut erklärte er:
„Ja, geht nicht anders. Die Fee braucht ihr Lumimobil. Du weißt, was das für uns bedeutet. Die Milchstraße liegt nicht gleich hier um die Ecke. Wir haben eine weite Fahrt vor uns.“
„Auch das noch!“, meckerte Boxy, schon etwas wacher, los.

Aber neugierig war er doch:
„Wo muss sie denn hin, ist etwas passiert?“
„Lumi reist zur Teddybärenstadt. Von da hat sie den Hilferuf eines Kindes bekommen.“
„Dann ist es wirklich ernst!“, meinte sein vierrädriger Kamerad dazu und sagte doch tatsächlich zur Abwechslung mal etwas Nettes:
„Piri, Lumi und die Kinder… Die gehören einfach irgendwie zusammen, findest du nicht auch?“
Piri traute seinen Ohren nicht und das, obwohl Eulenohren doch ausgesprochen gute Ohren sind.
„Hm!“, machte er zustimmend.
Doch dann fragte er hastig:
„Sag` mal, Boxy, haste denn noch genug Benzin oder soll ich noch schnell ´nen Eimer nachgießen?“
„Bloß nicht, ich bin pappsatt. Satter geht` s gar nicht!“, stöhnte der.
„Gut, dann los!“

Zwar kennt Ihr alle Bobbycars, aber Eulenbobbycars waren doch etwas ganz Anderes. Sämtliche Hebel und Knöpfe, die man so zum Fahren brauchte, wie zum Beispiel das Gaspedal und die Bremse, steckten direkt neben dem Lenkrad. Das war unbedingt notwendig, denn die Eulen waren ja viel kleiner als wir Menschen und konnten mit ihren Krallen gar nicht bis zum Autoboden hinunter reichen.

Die Flattertiere hockten nicht etwa auf Sitzen, wie Ihr sie aus dem Wagen Eures Papas kennt. Das wäre für sie einfach zu unbequem gewesen. Nein, so wie alle Himmelseulen bestand auch Piri stattdessen auf einer schönen Sitzstange. Auf der machte er es sich dann so richtig gemütlich. An deren einen Ende baumelte ein schmales Lederband. Das band er sich als Sicherheitsgurt unter seinen Flügeln durch quer um den Bauch und knotete es am anderen Ende der Stange fest. Diese Schnur verhinderte, dass Piri während der rasenden Fahrt wohlmöglich aus dem Auto geschleudert wurde.

Da oben zwischen den Sternen bedeutete ´Rausfallen` den Tod, denn erstens hätte sich Piri nicht an den Zacken der Sterne festklammern können, weil die einfach zu heiß waren und zweitens gab es dort auch ansonsten nichts, um ihn dann noch aufzuhalten. Er wirbelte schließlich als winziger Punkt immer weiter und für ewig dort oben hilflos durch die Gegend. Mit viel Glück würde Piri vielleicht dann irgendwann einmal ein Eulenengel, aber auch nur mit sehr viel Glück.


20. Kapitel

„Starten wir endlich?“, tutete Boxy.
Da er ja jetzt wusste, worum es ging, war er ganz bei der Sache.
„Ja, auf zur Sternenallee!“, kommandierte Piri.

Boxys Motor heulte einmal laut auf und schon schoss das Auto hinauf zum Himmel und zu den Sternen. Bald bogen sie auf die Sternenallee ein, eine der vielen Himmelsautobahnen. Sie rasten in einem solchen Tempo dahin, dass dem Eulenjungen beinahe Hören und Sehen verging.
„Au!“, schimpfte er, denn bei dem Geschaukel hatte er sich gerade am Lenkrad heftig den Schnabel gestoßen. „Hast du ´nen Knall? Ich möchte eigentlich sehr gern heile auf der Milchstraße ankommen!“

Boxy ließ sich davon gar nicht beeindrucken. Dafür gefiel ihm gefiel das Dahinflitzen viel zu gut.
„Tuut, ist das herrlich!“, rief er Piri zu. „Ich fühl` mich wunderbar!“ 
„Und mir wird gleich schlecht, wenn das so weiter geht!“, protestierte unser Eulenjunge schwach. Sein Schnabel tat verflixt weh. Bestimmt gab das da an dessen Spitze eine ordentliche Beule. Was wohl seine Lizzi dann dazu sagte?

„Pass bloß auf, dass du bei diesem Tempo nicht die Abfahrt zur Milchstraße verpasst!“, ermahnte er das Auto.
Das allerdings hätte er sich sparen können. Hier brauchten sie keine Straßenkarte. Erstens kannte Piri die Strecke ganz genau und zweitens leuchtete vor jedem dritten Stern am linken Fahrbahnrand ein auf einem kleinen Lichtstrahl fest geklebtes, rotes Herz. Solange sie diesen Herzen folgten, fuhren sie richtig. Ab und an aber war da auch eine Kreuzkarte, die aussah wie die aus dem Kartenspiel. Das hieß dann, bald kamen sie an eine Kreuzung und mussten dann in eine der Sternenalleenebenstraßen einbiegen.

„Wie heißt diese Straße hier eigentlich?“, fragte Boxy kurz darauf.
Er war unbekümmert drauflos gerast und hatte dabei kein bisschen auf die Straßennamen geachtet. Da es von Fahrwegen nur so wimmelte, trug jede Straße eine Nummer, damit man sie mühelos fand.
„Wir sind auf dem Leuchtweg Nr. 20“, klärte Piri ihn auf.
„Leuuchtweg? Seehr lustig!“, knurrte Boxy. „Siehste, wie dunkel der ist?“
„Die Sternenallee war natürlich besser beleuchtet!“, gab Piri zu.
Für sich im Stillen dachte er:
„Gottlob ist das hier dunkler. Dann muss Boxy wenigstens endlich langsamer fahren. Mir reicht es nämlich!“

Sie fuhren noch durch die Strahlstraße 17, ebenfalls dunkel, den Lichtweg 35, sogar noch finsterer und landeten schließlich in der Nebelstraße 1. Die hieß wirklich zu Recht so. Es wurde stetig nebliger und schließlich sogar richtig milchig, bis Piri und selbstverständlich auch Boxy kaum mehr etwas erkennen konnten. Der Eulenjunge zwinkerte angestrengt mit den Augen und sein Bobbycar schaltete verzweifelt seine Scheinwerfer auf „Super-hell-Blitzen“, was aber leider nicht viel nutzte.

Boxy blieb nichts anderes übrig als noch langsamer als langsam zu fahren. Ein Fußgänger hätte keine Schwierigkeiten gehabt, neben ihm her zu laufen.
„Ich hab` keine Lust mehr auf diese Trödelei“, maulte er. „Sind wir nicht schon fast da?“
„Gott sei dank ist es nicht mehr weit!“, verdrehte Piri die Augen.
Vom langen Sitzen taten ihm nämlich schon ganz gehörig die Krallen weh.

Kurz darauf rief Piri plötzlich:
„Boxy, guck` doch. Da vorne ist ja schon die Milchstraße!“
„Schoon ist gut!“, kniff das Auto leicht angesäuert seine Scheinwerfer zusammen.
Boxy wäre ja auch nicht Boxy gewesen, hätte er selbst da nicht noch etwas herum gemeckert.
Sie fuhren noch ein paar Meter die Milchstraße entlang und hielten dann endlich vor der Garage des Lumimobils.
„Geschafft!“, atmeten unsere Beiden auf.

21. Kapitel

Piri löste seinen Lederbandsicherheitsgurt, streckte erst die linke, dann die rechte Kralle zur Seite, rappelte sich hoch und hüpfte aus dem Auto. Draußen schüttelte er sein Federkleid. Das machte ihn wieder munter. Rasch trippelte er auf die Garage zu. Boxy beobachtete seinen jungen Herrn aus den Scheinwerferwinkeln:
„Puuh, wie kann der denn jetzt so quicklebendig daher laufen? Ich bin total kaputt. Am liebsten machte ich jetzt einen ausgiebigen Mittagsschlaf. – Doch daraus wird wohl nichts werden!“, seufzte er.
Stattdessen starteten sie gleich garantiert zu einer Blitzheimreise. Lumimobils waren schließlich aus Lichtstrahlen gebaut und nichts war schneller als das Licht.

Piri dagegen hatte gegen eine schnelle Rückkehr absolut nichts einzuwenden. Beim Gedanken an die bevor stehende Raserei tröstete es ihn ja doch gewaltig, dass er so wieder ganz fix daheim bei Lumi und seinen Freunden aus dem Park, vor allem aber bei Lizzi eintraf, die bestimmt sehnsüchtig auf ihn wartete. Da war er sich ganz sicher. Ihm fehlte seine Freundin sehr.

Während sein Auto noch vor sich hin grübelte, hatte Piri bereits mit dem Schnabel die Türklinke des Garagentores herunter gedrückt und dieses weit geöffnet. Drinnen schimmerte ein schwaches Licht, denn die Garage war ja die Wohnung eines Lumimobils. Das Fahrzeug stand in der hintersten Ecke und war offensichtlich aus festem Tiefschlaf aufgeschreckt.
„Huch, was i... ist denn l... los?“
„Hallo, Lumimobil!“, grüßte Piri artig.

“Ach d... du bist es!“, bemerkte das Lumimobil, noch immer nicht richtig wach.
Nur allmählich fand es in die Wirklichkeit zurück, denn es hatte immerhin wie das Dornröschen aus dem Märchen beinahe hundert Jahre geschlafen. Je wacher es wurde, umso kräftiger leuchtete es. Schließlich strahlte es so hell wie die Sonne:
„Hat wieder ein Kind Lumi um Hilfe gebeten?“
Einen anderen Grund für Piris Besuch konnte es sich einfach nicht vorstellen und es behielt Recht damit.
„Genau!“, lächelte Piri und setzte hastig hinzu: „Schnell, draußen wartet Boxy. Wir müssen sofort los, damit wir rechtzeitig zurück sind.“
Gutgelaunt glitt das Fahrzeug aus der Garage. 
„Hallo, Boxy!“
„Halloo!“, gab der freundlich zurück.

„So, Boxy, nimm mal ein wenig Anlauf und hops` dann hoch auf seinen Rücken!“, kommandierte Piri.
„Du bist gut!“, jammerte Boxy. „Wie soll ich das denn schaffen?“
Schließlich war es ja ein Dornröschenschlaf lang her, dass er so ein Kunststück fertig gebracht hatte.
„Stell dich nicht so an. Los!“

Piri schob von hinten, damit sein Auto genug Schwung bekam, Boxy stellte sich auf seine Hinterräder und sprang tatsächlich.
Das Lumimobil zuckte ein wenig zusammen. ´Rums!` knallte es laut.
Gleich darauf meckerte das Fahrzeug leise:
„Kannste denn nicht etwas vorsichtiger sein? Meine armen Lichtstrahlen... !“
Entsetzt sah es an sich herunter und blitzte dann fassungslos den geknickten Bobbycar an:
„Gekrümmte Lichtstrahlen!“
Dazu muss ich Euch erklären, dass so etwas für ein Lumimobil das Schlimmste war, was ihm überhaupt passieren konnte, denn Lichtstrahlen hatten gerade zu sein. Das galt schon immer: Bereits vor hundert Jahren und erst recht heutzutage.

Boxy wusste nicht, was er zu seiner Entschuldigung vorbringen sollte und stotterte: „D... das wollte ich w... wirklich nicht!“
Aber, wie er seinen Fehler wieder gut machen konnte, wusste er auch nicht. Zum Glück aber Piri: Der schnappte nach einem der jämmerlich zugerichteten Strahlen und fuhr mit seinem Schnabel ganz langsam über dessen ganze Länge. So glättete er ihn. Behutsam legte er ihn zurück an seinen Platz. So machte er es mit allen dieser leuchtenden Unglücksraben.

Das Lumimobil beobachtete ihn dabei sehr genau. Als alles wieder völlig gerade da lag, wo es hin gehörte, bedankte es sich mit einem tiefen Seufzer:
„Danke, Piri! Das war wirklich Rettung aus größter Not.“

Der Eulenjunge schnallte noch fix den beschämt klappernden Boxy mit dem Riesenfahrradschloss, dass er vorsichtshalber von zuhause mitgenommen hatte, an dem Namensschildstern des Lumimobils fest, kletterte dann schnell auf seine Sitzstange und befahl:
„Auf geht` s, zurück zu Lumi!“

Sowohl Piri als auch Boxy ahnten, was sie erwartete. Piri kniff seine Augen und das Autochen seine Scheinwerfer fest zu. Das Lumimobil startete, flitzte als super schnelles Lichtbündel über die Milchstraße zurück zur Nebelstraße, raste den Lichtweg entlang, bog in die Strahlstraße ein und erreichte kurz darauf schon die Sternenallee.
„Hui!“, machte es.
„Haltet euch nun gut fest!“, ermahnte das Lumimobil da seine beiden Fahrgäste. „Gleich landen wir!“ 

Piri umklammerte mit seinen Krallen ganz fest die Sitzstange und Boxy drückte seinen Kofferraum möglichst nah an den Namensschildstern hinter ihm. Das Lumimobil flog eine enge Kurve, bis seine Lichtnase in die Richtung des Schlosses zeigte und düste nach unten. Erst erkannten sie nur Boxys Heimatwald, dann die Straßen und letztendlich Lumis Zuhause, das Feenschloss.

Mit elegantem Schwung blitzte das Lumimobil über den schmalen Zufahrtsweg zum Schloss und bremste sanft ab, bis es schließlich genau vor dessen wunderschönen Eingang stoppte. Piri half seinem Boxy vom Rücken des Lumimobils hinunter und führte die Beiden in die Schlossgarage. Dort durften sie sich von der Reise ausruhen.

Eilig machte sich Piri auf den Weg zu Lumi, mit der er unbedingt noch etwas sehr Wichtiges besprechen wollte.

22. Kapitel

Piris Herz klopfte. Ob Lumi wohl einverstanden war? Unser Eulenjunge war doch soo verliebt und wünschte sich nichts sehnlicher, als Lizzi endlich der Fee vorzustellen. Weil die Zeit drängte, trippelte er nicht etwa im Bummeltempo ins Schloss, sondern rauschte direkt bis vor Lumi`s Wohnzimmer. Auf dem Boden gelandet, ordnete er noch einmal kurz sein Gefieder.
„Die freut sich, wenn ich nicht so zerzaust bin!“, dachte er.
Seine Überlegung ging aber noch weiter:
„Dann ist sie sicher guter Laune und ich darf Lizzi hierhin holen, bevor es auf die Reise zur Teddybärenstadt geht!“
Allein, wenn Piri nur daran dachte, guckten seine großen Augen ganz verträumt.

Er pickte mit seinem Schnabel dreimal kräftig gegen die Türe:
„Poch, poch, poch!“, machte es.
Da hier im Schloss alle Räume so riesig waren, dröhnte das ziemlich laut.
„Das kann Lumi gar nicht überhören!“, dachte Piri.
Aufgeregt hockte er da und lauschte.
„Komm nur herein!“
Das war unverkennbar Lumis Stimme, die da sehr fröhlich klang.
Piri flatterte hoch zur Klinke, setzte sich kurz drauf und öffnete so die Tür.

Drinnen im Wohnzimmer hockte er sich vor der Fee auf den Boden und blickte sie mit runden Eulenaugen innig an:
„Piri, da bist du ja. Das ging aber fix. Gut gemacht!“, lobte ihn die Fee.
„Lumi, Boxy und das Lumimobil stehen zum Ausruhen in der Garage.“
„Sehr gut. Dann ist mein Lumimobil nachher wieder fit.“
„´Nachher` sagt sie!“
Piris Herz machte einen Sprung.
„Das heißt ja, dass sie noch nicht gleich weg fährt. Toll, jetzt frag` ich sie!“, entschied er.

Lumi hatte sehr wohl bemerkt, wie nachdenklich Piri aussah.
„Was ist los, Piri? Du hast doch etwas auf dem Herzen. Willst du es mir nicht anvertrauen?“
Richtig zärtlich sah sie ihn dabei an. Aber auch das war kein Wunder, denn sie hatte ihn sehr lieb. Piri riss sich zusammen:
„Lumi, also ich, ... ääh, ja... hm!“, stotterte er.
Verflixt, war das schwer.
„So kenne ich dich gar nicht. Nun ´mal raus mit der Sprache!“

Piri holte noch einmal ganz viel Luft. Die würde er jetzt dringend brauchen, so durcheinander, wie er es im Moment war.
„Ja, es ist nämlich so: Ich hab` eine Freundin. Sie ist ja so süß.“
„Uff, jetzt ist es raus!“, sagte sich Piri erleichtert.
„Du hast dich verliebt, Piri? Wie schön für dich!“, lächelte Lumi und kraulte ihren Eulenjungen hinter seinem rechten Ohr.
Piri schloss vor Wonne die Augen und legte den Kopf schief.
„Das dürfte sie gerne den ganzen Tag lang machen!“, seufzte er. “Nur meine Lizzi kann das noch besser.“

„Wie heißt sie denn, wohnt sie hier in der Nähe?“, forschte Lumi weiter.
„Sie hat ihre Höhle gar nicht weit von meiner“, erklärte Piri.
Plötzlich sprudelte es nur so aus ihm heraus:
„Lizzi heißt sie und sie ist das netteste Eulenmädchen der ganzen Welt. Wir erzählen uns alles, jagen gemeinsam, spielen immer zusammen und...
Piri fand und fand einfach kein Ende. Die Fee hörte gerührt zu.

„Lerne ich denn deine kleine Freundin mal kennen?“, fragte sie doch da tatsächlich.
.Piri starrte sie ungläubig an. Bei ihren Worten klopfte ihm sein Herz bis zum Halse, seine Augen strahlten vor Freude und seine Flügelspitzen zitterten regelrecht ein bisschen.
„Lumi, darf ich sie jetzt gleich holen? Ich beeil mich auch ganz doll, bitte-bitte!“, bettelte er und machte seinen schönsten Augenaufschlag.
Den beherrschten nämlich nicht nur die Eulenmädchen, sondern auch die Jungen und Piri besonders gut. Das jedenfalls fand immer Lizzi.
„Na, dann aber fix!“. lachte die Fee. „Du weißt ja, nachher...“
„Huihwihi!“, jubelte Piri.
Er hopste auf Lumis Schulter und knabberte kurz an ihren Haaren. Das war seine Art, ´Dankeschön!` zu sagen. Die Fee streichelte ihn.

Danach aber flatterte Piri in die Höhe, flog wie der Blitz aus dem Zimmer, durch die Schlossgänge und dann nach draußen. Dort schwang er sich in die Lüfte und schoss in irrem Tempo zum Feenwald. Unterwegs entdeckte er auf dem Waldboden einen wunderschönen Stock.
„Der ist für Lizzi!“
Im Sturzflug sauste Piri nach unten, bremste kräftig ab, pickte sich hastig das Holzstück und setzte dann eilig seine Luftreise fort. Den Stock trug er dabei stolz im Schnabel vor sich her.

23. Kapitel

Bald schon landete er vor Lizzis Eulenwohnung.
„Wiwi!“, kündigte er sich an.
Das war mit einem Stock im Schnabel gar nicht so einfach.
„Wihih!“, kam die Antwort.
Im nächsten Moment erschien Lizzi, sah ihren Piri und zupfte ihm vor lauter Liebe zur Begrüßung eine kleine Feder aus.
„Ziepziep!“, machte es, aber Piri war selig.
Er übergab ihr sein Geschenk, das Lizzi sofort in ihrer Höhle dort versteckte, wo sie all das  aufbewahrte, was Piri ihr so mitbrachte.
„Lizzi, mach` schnell. Wir fliegen zu Lumi. Sie möchte dich sehen.“

„Ich darf wirklich ins Schloss kommen... ?“
Lizzi flatterte aufgeregt hin und her, dann zu der kleinen Wasserpfütze am Fuße ihres Baumes und prüfte ihr Spiegelbild. Hastig zupfte sie sich ihre Brustfedern zurecht.
„Seh` ich ordentlich genug aus?“, war ihre besorgte Frage.
„Du bist einfach wunderschön!“, versicherte ihr Piri. Das sagte er nicht nur, damit jetzt alles schnell ging, sondern weil er das wirklich so meinte. Lizzi war glücklich.
„Rasch! Die Fee wird gleich verreisen. Da hat sie ein Menschenkind um Hilfe gebeten!“, drängelte ihr Freund.

Die Beiden starteten. Mit kräftigen Flügelschlägen düsten die beiden Eulenkinder am Himmel dahin. Nichts lenkte sie ab, weder eine huschende Maus auf dem Waldboden und erst recht kein noch so hübscher Stock.

Geschickt setzte Piri auf dem Weg vor dem Feenschloss auf. Ihm war beinahe feierlich zumute.
„Hoffentlich verstehen sich die Beiden!“, dachte er.
Die letzte Flugkurve lang war er ganz in Gedanken versunken gewesen und hatte gar nicht mehr auf seine Freundin geachtet.
Prüfend drehte er seinen Kopf zur Seite, aber da war keine Lizzi!
„Huih!“, erschrak er und drehte seinen Kopf noch weiter nach hinten.
Eulen können das besser als wir Menschen. So musste Piri sich nicht einmal umwenden, um trotzdem genau sehen zu können, was sich hinter seinem Rücken so tat.

Aus den Augenwinkeln entdeckte er Lizzi, die viel weiter vom Schloss entfernt als er selber ebenfalls auf dem Boden hockte. Überhaupt nicht mehr fröhlich wirkte sie, sondern eher ein wenig ängstlich. Mit ein paar Flatterschlägen war Piri bei ihr:
„Was ist mit dir denn so plötzlich los?“
„Ich hab` irgendwie Bammel!“, flüsterte Lizzi und kratzte sich verschämt mit der linken Kralle hinter ihrem linken Ohr.

„Quatsch!“, tröstete Piri sie. „Erstens ist Lumi die netteste Traumfee, die ich kenne und zweitens bist du das niedlichste Eulenmädchen weit und breit.“
„Das ist wieder typisch Piri. Soo lieb!“, sagte sich Lizzi, strahlte ihn dankbar an und guckte gleich schon ein wenig mutiger.
„Außerdem bin ich doch bei dir!“, ergänzte Piri fürsorglich.
„Versuchte jemand, Lizzi auch nur eine einzige Feder zu krümmen, verteidigte ich sie mit Schnabel und Krallen. Der würde sich wundern, wie heftig ich dann zuhackte!“, schwor sich Piri.

24. Kapitel

Langsam führte er seine Freundin auf das Schloss zu. Im Schneckentempo und mit winzig kurzen Schritten trippelte Lizzi neben ihm her. Sie war zwar inzwischen schon mutiger, aber soo ganz mutig immer noch nicht.
„Wi, ist das schön!“
Vor Begeisterung vergaß die kleine Eule prompt, dass sie sich eigentlich ja noch ein bisschen unsicher fühlte. Hingerissen starrte sie auf das auf allen Seiten von bunten Blumen umrankte Haus.
Auf einmal war sie es, die Piri ungeduldig zur Schlosstür zog. Ihre Scheu war wie weggeblasen.
„Endlich ist sie wieder fröhlich!“, freute sich Piri.
Da Piri ein gut erzogener Eulenjunge war, wusste er auch, wie er sich einem Mädchen gegenüber zu benehmen hatte und hielt Lizzi höflich die Türe auf. Gar nicht mehr schüchtern, hopste sie hinein. Noch ein paar Schritte und sie erreichten Lumis Zimmer.

Zum zweiten Male an diesem Tage pickte Piri dreimal kräftig gegen die Tür. Diesmal öffnete die Fee selber.
„Hallo, da seid ihr ja. Kommt rein! - Du bist also Lizzi?“, lächelte sie das Eulenmädchen an.
Lizzi musterte die Fee neugierig.
„Die ist nett!“, dachte sie sofort und nickte eifrig.
„Piri hat mir schon viel von dir erzählt“, begann Lumi.

´Klapp` machte es. Lizzi hatte die Augen niedergeschlagen und sogar noch die Flügelspitzen darüber gelegt, so verlegen war sie.
„Er hat mir gesagt, dass er dich sehr lieb hat!“
Da klappte Lizzi ihre schönen Augen ganz schnell wieder auf und wurde putzmunter.
„Ich hab` ihn auch lieb! Wir erzählen uns alles, können ganz toll miteinander spielen und jagen auch gemeinsam!“, verriet sie stolz. „Einmal, da...
Lizzi war einfach nicht mehr zu bremsen, lachte unentwegt und redete fast pausenlos.
Lumi unterbrach die Kleine nicht, ließ sie erzählen und hatte ihren Spaß an diesem lebhaften Eulenmädchen.
„Sie ist wirklich besonders süß!“, flüsterte sie ihrem Piri ins Ohr.
Der strahlte übers ganze Gesicht.
„Ich hab` s ja geahnt, dass Lumi sie mag!“
Piri war da bestimmt der glücklichste Eulenjunge der Welt.

25. Kapitel

Die Drei unterhielten sich noch lange. Plötzlich meinte die Fee:
„Kinder, es wird dringend Zeit. Ich muss los! Ihr wisst ja, diese kleine Sofie in der Teddybärenstadt hat mich gerufen... !“
Piri und Lizzi guckten sie aus großen Bettelaugen an:
„Düürfen wir mihit?“
So drollig, wie Piri und Lizzi das fragten, fiel es der Fee unheimlich schwer, ihnen das abzuschlagen. Leider ging es aber nicht anders.
„Seid nicht traurig, ihr Zwei, aber ich reise allein.“

„Schaade!“, krächzten Piri und Lizzi enttäuscht wie aus einem Schnabel.
Piri schluckte kräftig und Lizzi kämpfte sogar mit einer Träne. Damit weder die Fee und erst recht nicht ihr Freund das bemerken sollten, fuhr sie sich verstohlen mit der Flügelspitze über die Augen. So, jetzt sah niemand mehr etwas und dass ihre Feder jetzt ein wenig feucht war, störte Lizzi nicht weiter. Die trocknete von alleine wieder.

Lumi taten sie sehr leid. Sie überlegte rasch, wie sie die Beiden wieder aufmuntern könnte. Da kam ihr eine Idee:
„Hört mal zu!“
Piri und Lizzi spitzten die Ohren.
„Ob wir vielleicht doch... ?“
Doch Lumi hatte an etwas ganz anderes gedacht:
„Ich kann euch tatsächlich nicht mitnehmen, aber... Ich habe eine wichtige Aufgabe für euch.“
„Eine Aufgabe?“, forschte Piri.
„Ja, es muss doch jemand auf das Schloss aufpassen, während ich weg bin“, antwortete die Fee sehr ernst.

„Stellt euch vor, die Paradiesvögel, die sowieso nur Unfug im Kopf haben, ziehen meine Feenkleider an und hüpfen darin in den Bäumen herum. Bei ihren wilden Spielen reißen sie hässliche Löcher in den Stoff und ich kann dann die schönen Sachen nur noch wegwerfen. Denn zur Himmelsschneiderin darf ich sie nicht bringen. Die hat mit den Engelsgewändern schon mehr als genug Arbeit.“
Bei der Vorstellung, auf ihre hübschen Kleider verzichten zu sollen, seufzte die Fee laut.

Aber es gab noch viel größere, so wertvolle Schätze im Schloss, dass sie sogar in Glaskästen aufbewahrt wurden.
„Ja“, sprach die Fee sehr eindringlich. „Es handelt sich um die Zauberbücher. Nicht auszudenken, wenn sie geklaut würden!“
Das verstanden Piri und selbst Lizzi sofort. Eine Fee ohne ihre Zaubersprüche? Das ging überhaupt nicht.
„Seht ihr, deshalb müsst ihr hier bleiben!“, sagte Lumi. „Piri, ab heute wohnt ihr Zwei hier im Schloss. So seid ihr immer zusammen und ich kann beruhigt verreisen.“
„Für so tüchtig hält sie uns!“, flüsterte Piri stolz seiner Freundin ins Ohr. Alle Traurigkeit war vergessen.

Lumi führte Lizzi durchs ganze Schloss. Piri begleitete sie. Zuletzt betraten sie ein besonders hübsches Zimmer. Lizzi traute ihren Augen nicht.
„Das ist euer Schlafzimmer. Gefällt es euch?“
„G... Gefallen?“
Lizzi war begeistert. Das Zimmer war fast so eingerichtet wie ihre Eulenhöhlen zuhause. Die Wände waren mit einer Tapete geschmückt, auf der viele Bäume und Wiesen mit bunten Blumen zu sehen waren. Auf dem Boden lag ein riesiger, flauschiger Teppich, fast so braun wie die Erde draußen. Mitten im Raum stand ein gewaltiger Blumentopf mit einem Minibaum. Der hatte beinahe so viele Kletteräste wie die Laubbäume im Feenwald.

Aber das Schönste überhaupt entdeckten die Beiden dann in der hintersten Ecke des Zimmers. Dort hatte die Fee ein riesiges Eulennest gebaut, genau passend für zwei verliebte Eulen wie Piri und Lizzi mit einer weichen Kuscheldecke darin, damit es ganz doll gemütlich sein sollte. Diesmal war es Lizzi, die mit einem jubelnden ´Huihwiwi` auf Lumis Schulter landete und voller Dankbarkeit an deren Haaren zupfte. Und wieder gab es ein Antwortstreicheln.

Als dann eine kurze Weile später die Fee auf ihrem Lumimobil von dannen fuhr, winkten ihr zwei super glückliche, super stolze Eulenkinder hinterher.
„Lumi, und grüß` Sofie von uns!“
Dann meinte Piri zu seiner Lizzi:
„Jetzt bin ich der Schlossherr!“
Und, vor sich hin träumend, meinte Lizzi dazu:
„Und ich deine Prinzessin!“

26. Kapitel

Noch immer stand Sofie dort in der Bienenstadt, hielt die Augen fest zugekniffen und presste aufgeregt die Hände zu Fäusten zusammen, wobei sie sich selbst ganz doll die Daumen drückte. Die waren mittlerweile schon rot angelaufen vom vielen Drücken. Sofie beachtete das aber gar nicht, denn sie dachte angestrengt an die Traumfee und noch angestrengter an das Bienenbaby. Doch das Haus war sehr klein und sie einfach zu groß. Sofie hoffte, dass die Fee ihr half.
„Schließlich können Feen zaubern!“, versicherte sie sich.

Ihre Bärenfreunde Petz, Zottel und natürlich Sofies Benjamin beobachteten das kleine Mädchen gerührt.
„Lumi wird doch unsere Sofie nicht vergessen haben?“, sah Benjamin seine Freunde besorgt an.
„Sie ist bestimmt schon auf dem Weg zu uns“, beruhigte ihn Zottel.
Er war der Älteste der drei und ganz besonders klug.
Benjamin war erleichtert.
„Wenn Zottel das sagt, dann wird es wohl so sein!“
Petz suchte derweil den Himmel ab, ob er irgendwo vielleicht schon Lumis Lumimobil entdeckte. Die drei Bären wünschten sich nichts mehr, als dass Sofies Wunsch in Erfüllung ginge, denn sie hatten sie sehr lieb. Vor allem natürlich Teddy Benjamin.

Sofie war ganz geknickt. Soo lange stand sie jetzt schon hier, hatte sie nur noch an die Fee und das Bienenbaby gedacht... und nichts passierte. Enttäuscht öffnete sie wieder die Augen, in denen es verdächtig schimmerte. Schwammen da etwa sogar Tränen?
„Vielleicht hat die Fee mich gar nich gehöart?“, flüsterte sie Benjamin mit zittriger Stimme zu.
Wie sollte er sie denn bloß trösten? Er verstand es ja selbst nicht, weshalb Lumi sich nicht meldete. Das passte so gar nicht zu der netten Fee. Weil ihm seine Sofie so schrecklich leid tat, drückte er sie einfach an sein Bärenherz.
„Wie gut, dass ich meinen Benjamin habe“, dachte da Sofie. „Der lässt mich nie im Stich!“

War da nicht etwas auffallend Helles dort oben am Himmel? Petz gab sich große Mühe, um das, was er da zu sehen glaubte, auch wirklich richtig zu erkennen.
„Seht doch mal!“, rief er laut, zupfte Sofie am Arm und zeigte aufgekratzt nach oben.
Wie auf Befehl starrten alle Vier in den Himmel. Jenes Etwas näherte sich blitzartig und wurde schnell größer. Vor Staunen fielen Sofie fast die Augen aus dem Kopf. Das Fahrzeug, das da heran sauste, war gelb wie die Sonnenstrahlen und sein Licht machte im weiten Umkreis den Himmel richtig hell.
„Das Feenauto!“, jubelte Sofie los und hopste vor Freude in die Luft.

Sie hatte noch nicht zuende gejubelt, da setzte das Lumimobil auch schon auf der Erde auf und heraus stieg eine schöne junge Frau, die Fee Lumi. Es fiel Sofie sehr schwer, abzuwarten, bis die Fee die drei Bären begrüßt hatte und sie dann an der Reihe war. Ungeduldig trat sie von einem Fuß auf den anderen.

Endlich wandte sich die Fee ihr zu:
„Hallo Sofie, ich bin Lumi!“
„Woher weiß die, wie ich heiße?“, überlegte Sofie kurz und gab sich dann selbst die Antwort:
„Weil sie ja eine Fee ist, darum!“
Aber nicht allein deshalb. Sofie vergaß in ihrer Aufregung nämlich völlig, dass sie der Fee ja selbst ihren Namen verraten hatte, als sie sie damals um Hilfe gebeten hatte.

„Du bist aber hühübsch!“. staunte sie die Fee an.
Lumi lachte und strich ihr zärtlich über das Haar. Sofie umarmte sie zutraulich.
„Hilfst du mir?“, kam die Frage.
„Deshalb bin ich ja gekommen!“, antwortete Lumi lächelnd.
„Also hat sie mich doch gehört!“, sagte sich Sofie.
Vor Freude kriegte sie ganz rote Wangen.

„Wie denn, zauberst du dann?“, wollte Sofie von Lumi wissen.
„Warte ab. Du möchtest zum Bienenkind, stimmt` s?“
Das kleine Mädchen nickte.
„Abaa ich bin doch viel zu groß, um... !“
„Hör zu, Sofie: Wenn du ganz fest daran glaubst, das etwas geht, dann geht es auch. Vertrau mir!“
Zunächst guckte Sofie sie ja doch ein wenig verdutzt an, aber sie mochte Lumi und deswegen glaubte sie ihr.

„Kommt ihr denn nicht mit?“, drehte sie sich zu ihren Freunden um.
„Nein, Sofie, dort hinein darfst nur du. Das ist Lumis Geschenk an dich.“
Benjamin setzte lachend hinzu:
„Grüß` das Bienenkind von uns!“
„Wenn ich wieder komm`, bist du dann noch hier?“, fragte Sofie die Fee.
„Ich bleib` heute den ganzen Tag bei euch“, erwiderte Lumi.
Sofies Augen strahlten.
„Tschüss und viel Spaß!“, riefen Zottel, Petz und Benjamin wie aus einem Maul und winkten ihrer Freundin mit ihren Tatzen aufmunternd zu.
„Na, ich bin ja mal gespannt... !?“, lachte Benjamin.

Aber das hörte Sofie schon nicht mehr. Mit raschen Schritten lief sie zum Bienenhaus. Sie hatte es fast erreicht, da zögerte sie denn doch:
„Ich darf nicht allein in ein fremdes Haus gehen. Mama hat mir das immer streng verboten.“
Was sollte sie jetzt tun? Sie hatte sich doch schon so sehr gefreut. Umkehren und das Bienenkind einfach vergessen... ?

Aber Sofie war ja ein schlaues, kleines Mädchen. Fix rannte sie zur Fee zurück:
„Lumi, ich trau mich nicht da rein. Meine Mama sagt immer, man geht nicht einfach in fremde Häuser.“
„Ja, was machen wir denn da?“
Lumi zwinkerte Sofie zu.
„Kennst du denn hier schon jemanden?“

Sofie dachte kurz nach. Dann sagte sie stolz:
„Die Oberarbeiterbiene Streifchen. Die ist so lieb gewesen und hat uns in die Bienenstadt geführt.“
Wenn sie es recht bedachte, war Streifchen darum eigentlich schon beinahe ihre Freundin.
„Na, prima. Rufen wir sie einfach herbei!“
„Die hat aber bestimmt Arbeit. Dürfen wir sie denn dabei stören?“, gab Sofie zu bedenken.
Sie erinnerte sich, dass ihr Papa, wenn er fleißig sein musste, es überhaupt nicht mochte, wenn man ihn unterbrach.
„Mir ist sie bestimmt nicht böse. Vielleicht ist sie ja sogar froh, ein paar Minuten Ruhe zu haben.“

27. Kapitel

Ein zweites Mal wartete Sofie voller Ungeduld. Diesmal allerdings kniff sie nicht die Augen zu, sondern guckte prüfend ringsumher. Es hätte ja sein können, dass Streifchen bereits in der Nähe war. Damit hatte Sofie übrigens gar nicht so Unrecht.

Als die Oberarbeiterbiene Streifchen Lumis Zauberspruch vernahm, war sie gerade dabei, einer übermütigen Gruppe von Bienenkindern Benehmen beizubringen. Anstatt das Schlürfen von Nektar zu üben, saßen die kleinen Schlingel faul auf den Blütenblättern und machten Musik. Jedes von ihnen hielt zwischen seinen Vorderbeinen ein hauchdünnes Blatt und strich immer wieder mit seinen Fühlern über dessen zarte Aderseiten.

´Ping, pingping` war da zu vernehmen, wieder und wieder. Das klang zwar schon recht nett, aber den Bienenkindern immer noch nicht gut genug. Irgendwie fehlte da noch etwas. Ausnahmsweise nahmen sie die Fühler vom Blatt und kratzten sich am Kopf. Nachdenken war schließlich nicht so einfach, schon gar nicht für ein kleines Bienenkind.

„Ich weiß was, wir summen dazu. Das wird toll!“, meinte eines von ihnen.
Sofort stimmten sie ein richtiges Summkonzert an und da es eine sehr große Gruppe war, wurde es ein tüchtig lautes Konzert. Es dröhnte nur so über die ganze Wiese, bis zu den Bienenwohnungen und sogar auch bis zum Bienenschloss. Dort hatte die Königin gerade ganz viele Kinder bekommen und sich erschöpft zum Schlafen hin gelegt. Doch daraus wurde nichts. Ununterbrochen klang es von draußen:
„Pingping, summ, summ, pingsumm!”
Die Oberarbeiterin Streifchen stöhnte entsetzt:
„Seid bloß still, eure Mutter braucht dringend Ruhe!“

Bei sich dachte sie:
„Hätte ich nur nicht diesen Kindergarten übernommen. Das hat man davon, wenn man einer kranken Schwester hilft!“
Aber was hätte sie denn tun sollen? Die Schwester hatte viel zu viel gefuttert und lag mit Bauchweh zuhause im Bett.
„Schließlich konnte ich sie doch nicht im Stich lassen und irgendwer muss doch auf diese Bande aufpassen, seufz!“, stöhnte sie nochmals, diesmal allerdings noch viel lauter.

Deshalb war sie mehr als froh, als Lumi nach ihr rief, atmete auf, übergab die kecke Kinderschar einer Arbeiterbiene, die zu deren Pech gerade da an ihr vorbei brummte und stieg mit fröhlichem Flügelschwirren in die Luft.
„Nichts kann so schlimm sein wie Flohbienenkinder zu hüten!“, brummelte sie vor sich hin.

Es war gottlob nur ein kurzer Flug. Schon sah sie Lumi, die Bären und Sofie vor einem der Bienenhäuser stehen und nach ihr Ausschau halten.
„Summsumm, hier bin ich!“, machte sie sich bemerkbar, flog noch zwei hübsche Kreise über deren Köpfen und landete dann genau zwischen der Fee und der kleinen Sofie.

Zuerst begrüßte sie natürlich die Fee. Sie neigte ihren Kopf und rieb die Fühler aneinander.
„Wie schön, dass du da bist, Lumi!“
„Ich freue mich auch, dich wiederzusehen!“, entgegnete die Fee und pustete liebevoll leicht über Streifchens Rücken.
Streifchen hielt ganz still und genoss das sehr.

Danach unterhielt sich die Biene kurz mit den drei Bären und wandte sich dann aber fix an Sofie:
„Sofie, Lumi hat mich nicht ohne Grund gerufen. Du brauchst meine Hilfe?“
„Ich geh` nicht allein in das Haus. Das darf ich doch gar nicht. Ich bin doch hier fremd.“
„Ach, und da soll ich dich wohl begleiten, stimmt`s?“, summte Streifchen belustigt.
„Ja, bitte!“, bettelte Sofie.

Natürlich brauchte Sofie nicht zweimal darum zu bitten. Die Oberarbeiterbiene tat nichts lieber als das, denn sie hatte Sofie sofort gut leiden können.
„Es wird mir ein Vergnügen sein!“, lächelte sie. „Komm mit.“
Die Biene flog voraus und Sofie marschierte hinterdrein. Am Haus angekommen, dachte Sofie noch einmal an Lumis Worte:
„Wenn du daran glaubst, dass etwas geht, dann geht es auch!“

28. Kapitel

Neben der Haustüre hing eine gelbe Klingel. Streifchen schellte und gleich wurde geöffnet.
„Das ist Sofie. Sie möchte das Baby besuchen. Lumi schickt uns!“, stellte Streifchen der Babyschwesterbiene das Mädchen vor, die dies erstaunt musterte.
„Oh, ihr kennt Lumi! Dann kommt herein.“
Zögernd machte Sofie einen Schritt. Ihr Herz klopfte heftig und gleich darauf noch viel heftiger, denn sie fand sich in einer winzigen Diele wieder. Ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen: Sie war tatsächlich im Bienenhaus.

Drinnen gab es zwei Räume. In dem größeren der beiden wohnte die Babyschwester. Direkt hinter der Zimmertüre stand ein kleiner Tisch, auf dem eine Trinkflasche stand. An dem klebte ein Zettel:
„Zuckerwasser!“, las Streifchen vor.
„Das Baby kriegt Zuckerwasser?“, fragte Sofie verblüfft.
„Ja, das mögen unsere Babys sogar ausgesprochen gern“, erklärte ihr die Babyschwester.
„Hm!“, dachte Sofie. „eigentlich gar nicht so komisch. Ich lutsche schließlich auch ab und zu ein Zuckerstückchen, weil das so lecker ist!“
„Was isst das denn sonst noch?“
„Nichts, nur das!“
„Nuur das??“
Sofie dachte, sie hätte sich verhört.
„Also, damit wäre ich aber nicht zufrieden, wenn ich zuhause nur Zucker bekäme und sonst gar nichts!“, empörte sie sich.
„Du bist ja auch keine Biene!“, lächelte Streifchen sanft.
„Möchte ich dann auch bestimmt nicht sein. Immer nur Zuckerwasser...!“
Sofie schüttelte fassungslos den Kopf.

Um die Kleine abzulenken, meinte Streifchen:
„Na, was hältst du davon, wenn wir uns jetzt das Baby ansehen?“
Sofort war Sofie wieder bester Laune und strahlte.
„Au ja!“, meinte sie dazu.
Streifchen und die Babyschwesterbiene lachten. Sie betraten das zweite Zimmer. Das war viel kleiner als das andere.
„Ein Babybienchen braucht ja auch nicht so viel Platz wie eine erwachsene Biene!“, sagte sich Sofie. - Ist das aber schön!“

Die Wände schmückte eine lustige Tapete. Die zeigte Babybienen in ihrer Wiege, Bienenkinder im Kindergarten und auf dem Spielplatz und sogar auch fleißigen Krabbelnachwuchs in der Schule.
„Genauso fleißig wie die Kinder in der Bärenschule!“, dachte Sofie.

Vor der einen Wand war ein Regal aufgestellt. Im obersten Fach saßen Stoffbienen und bunt schillernde Schmetterlinge. Ein Brett tiefer standen kleine Vasen mit leuchtenden Wiesenblumen, daneben lagen einige besonders schöne Blätter und im untersten Fach standen Bilderbücher. Auf einem von denen war ein riesiges, lachendes Bienchen abgebildet.
„Euer Baby hat aber schönes Spielzeug!“, strahlte Sofie.
Die Kinderschwester lachte:
„Ja, noch ist es ja zu klein, um damit spielen zu können. Aber Bienenkinder wachsen sehr schnell und dann freut es sich.“
Streifchen und Sofie nickten.

Aber jetzt wanderte Sofies Blick natürlich sofort zu der hübschen, weißen Wiege, die neben dem Fenster stand. Über deren Kopfende drehten sich an farbigen Bändern Bienen, Schmetterlinge und Blumen aus Holz. Jedes Mal, wenn die Bienen vor Babys Augen her schaukelten, nickten sie eifrig mit dem Kopf. Das sah sehr lustig aus. Besonders niedlich fand Sofie den Stoffhimmel der Wiege mit den vielen rosa, blauen, roten und gelben Blumen.
„Meine Puppenwiege zuhause hat auch einen Himmel. Da sind lauter Teddys und Püppchen drauf!“, erzählte sie stolz.
Streifchen und die Schwester schmunzelten.

„Na, geh` schon hin!“, ermunterten die Beiden Sofie.
Das allerdings brauchten sie ihr nicht zweimal zu sagen. Mit glänzenden Augen trat sie auf Zehenspitzen leise an die Wiege, um den Winzling ja nur nicht zu wecken.
„Babys brauchen noch ganz viel Schlaf !“, betonte sie mit wichtiger Miene, gerade so, als ob das Streifchen oder gar erst die Babybienenkinderschwester etwa nicht selber wussten.

Nach einen raschen Blick in die Wiege murmelte sie enttäuscht:
„Da liegt ja nur eine Kuscheldecke!“
Die Schwester stellte sich neben Sofie:
„Zieh` sie mal ein wenig zur Seite. Dann kannst du unser Jüngstes sehen.“
Sofie war sehr gespannt auf das Baby.
„Ob das schon wie eine richtige Biene aussieht?“, grübelte sie.
Sachte fasste sie die eine Ecke der weichen, weißen Kuscheldecke und hob sie ein bisschen an.
„Oh, ist das süß!“, flüsterte sie.
Vor ihr lag eine Mini-Mini-Biene mit großen Kulleraugen, einem wohl gerundeten Babybauch, zwei zarten Fühlern und genau so dünnen Beinen.

Plötzlich stampfte Sofie mit dem Fuß auf. Entrüstet meckerte sie im Brustton der Überzeugung los:
„Mein Papa hat immer gesagt, die Bienenbabys sehen fast aus wie Würmer. Das ist ja gar nicht wahr. Papa ist doof!“
Und da sie so sehr entrüstet war, tat sie das super laut, ohne da an das schlafende Etwas in dem Bett vor ihr zu denken.
„Aber Sofie!“, lachte Streifchen. „Dein Papa ist bestimmt recht klug. Er kann doch nicht alles wissen!“
Da war diese aber ganz anderer Meinung. Eltern hatten einfach alles zu wissen. Dafür waren sie schließlich die Eltern!

29. Kapitel

Noch halb mit dem Gedanken beschäftigt, wieso ihr Papa so dumm sein konnte, wurde sie zum Glück urplötzlich in ihren Überlegungen gestört.
Ein eigenartiges Geräusch ließ Sofie aufmerken:
„Flirr!“
Das war ganz zart und leise.
„??“
Sofie guckte verwirrt im Raum umher. Nein, die Babyschwester und Streifchen standen da ganz still. Die waren es nicht gewesen. Die Bienen und Schmetterlinge auf dem Regal selbstverständlich auch nicht. Die waren ja nur Stofftiere. Sofie blickte kurz prüfend zum Baum vor dem Fenster. Aber auch  draußen war alles ruhig.
„Flirrflirr!“
Die Kleine sah zuerst Streifchen, dann die Babyschwester forschend an. Nein, die rührten sich immer noch nicht.
„Haben die das vielleicht gar nicht gehört? Hat da vielleicht gar nichts gepiepst?“
Mittlerweile war sie völlig durcheinander und traute ihren eigenen Ohren nicht mehr.

Ein weiteres Mal:
„Flirr, fliirr!“
Es klang überhaupt nicht mehr leise, sondern eher ziemlich laut.
„Das ist doch ganz nah!?“, runzelte Sofie die Stirn.
Erleichtert stellte sie fest, dass die beiden Bienen es jetzt auch mitbekommen hatten.
„Oh, Summeli ist aufgewacht!“, bemerkte nämlich die Babyschwester.
„´Summeli` heißt das Baby also. Wie niedlich!“, dachte Sofie.
Laut stotterte sie:
„Ich wollte es bestimmt nicht wecken!“
Mit rotem Kopf stand sie da. Sie schämte sich. Es tat ihr schrecklich leid, dass sie so` n Lärm gemacht hatte.
„Ist nicht weiter schlimm“, tröstete sie die Babyschwester. „Es ist ohnehin Zeit fürs nächste Fläschchen.“

Inzwischen bewies die Mini-Mini-Biene, dass selbst solche Winzlinge schon eine kräftige Stimme hatten:
„Fliirr, fliirri!“, brüllte sie und hielt sich dran.
„So laut, wie das Baby schreit, hat es ganz doll Hunger“, meinte Sofie mitleidig.
„Hättest du Lust, Summeli zu füttern, Sofie?“, fragte die Babyschwester.
„Darf ich das denn... !?“, kam die entgeisterte Frage zurück.
Damit hatte Sofie nun wirklich nicht gerechnet.
„Oh bitte, jaa?“, hopste sie aufgeregt hin und her.

Streifchen hob das Baby behutsam aus seiner Wiege und legte es Sofie in den Arm. Dann zeigte sie ihr, wie sie die Flasche halten musste. Summeli schnappte danach und trank gierig.
„Schluck, schluck!“
Es hörte nicht eher wieder auf zu schlucken, bis die Flasche leer war.
„Jetzt musst du noch ein Bäuerchen machen!“
Streifchen und die Babyschwesterbiene schmunzelten.

„Unsere Babys  machen das auch immer. Sonst bekommen die Bauchweh!“, erklärte Sofie ernst.
Sie legte sich Summeli an ihre Schulter und klopfte sanft seinen Rücken, aber nur ganz sanft, denn es war doch so ein zartes, winziges Etwas und sie wollte ihm ja um Himmelswillen nicht weh tun.
„öh!“
Das war das Bäuerchen. Offensichtlich fühlte Summeli sich jetzt richtig doll wohl. Es sah aus, als ob es ein wenig lachte. Sofie war sehr stolz. Sie hatte ganz ohne Hilfe ein Bienenbaby gefüttert. Da würden ihre Freundinnen im Kindergarten aber staunen, wenn sie denen das erzählte. So etwas hatte noch keine von denen gemacht.

Kurz danach gähnte das Bienenbaby einmal kräftig.
„Ich glaub`, Summeli ist müde!“, bemerkte Sofie fürsorglich.
„Komm, du musst jetzt schlafen. Ich bring dich ins Bett!“, flüsterte sie dem Bienchen ins Babyohr.
Zärtlich wickelte sie den Winzling in die weiche, weiße Kuscheldecke und legte ihn super vorsichtig zurück in die Wiege. Dann stupste sie mit dem Zeigefinger die Holzbienen und Schmetterlinge über dem Bett leicht an, damit die Biene sich über die im Kreise tanzenden Tiere freuen sollte.

„So, Sofie“, gab Streifchen zu bedenken. „Jetzt braucht es seine Ruhe. Es wird Zeit, dass wir aufbrechen.“
Doch Sofie wollte sich unbedingt noch von Summeli verabschieden und streichelte mit ihrem Zeigefinger ein letztes Mal die zarten Fühler. 
„Mach`s gut, Summeli und wachs schön!“

Ein wenig traurig wandte sich Sofie zur Babyschwesterbiene:
„Am liebsten ginge ich gar nicht wieder weg!“
Um Sofie zu trösten, sagte diese:
„Summeli hat dich sofort gemocht. Sonst schreit es nämlich immer, wenn Fremde zu Besuch kommen!“
Da strahlte Sofie stolz.
„Sofie, draußen warten Lumi und die Bären auf uns!“, drängte Streifchen.
Artig sagte Sofie der Babyschwesterbiene auf Wiedersehen und folgte der Oberarbeiterbiene ins Freie.

Lumi und die Bären platzten ja fast vor Neugierde.
„Wie war` s?“
Das kam von Benjamin.
Eigentlich brauchte es diese Frage gar nicht. So, wie Sofies Gesicht leuchtete, war dieser Besuch im Bienenhaus für seine Freundin einfach wunderschön gewesen. Jubelnd berichtete das kleine Mädchen:
„Lumi, Zottel, Petz, Benjamin: Das Baby ist ja soo süß. Es hat riesengroße Augen... Ich hab` es sogar ganz allein gefüttert!“
„Brumm!“, machte Benjamin, „Ist ja toll!“
„Ja“, dachte er. „Meine Sofie ist eben tüchtig!“
Zottel und Petz setzten bewundernd hinzu:
„Was du alles kannst, Sofie... !“

Sofie hatte nicht vergessen, dass sie ohne Lumis Hilfe nie das Bienenbaby kennen gelernt hätte. Sie lief zu ihr und umarmte sie stürmisch:
„Danke, Lumi. Das war soo schön!“
Lumi lächelte und freute sich für Sofie mit.

„Tschüss, ich muss zurück an die Arbeit!“
Die Oberarbeiterbiene hatte es sehr eilig. Sie war schon länger weggeblieben, als sie es eigentlich geplant hatte. Hoffentlich hatten die Kleinen nur in der Zwischenzeit keinen Blödsinn angestellt!
„Bis heute Abend!“
Zum Abschied flog sie noch zwei hübsche Kreise und schwirrte in Richtung Wiese davon.
„Heute Abend, was ist eigentlich heute Abend?“, bestürmte Sofie die Bären.
„Das wird nicht verraten. Warte ab... !“, lachten die nur.

Der Vormittag in der Bärenstadt und der Besuch beim Bienchen waren doch sehr aufregend und anstrengend für Sofie gewesen, denn sie selbst war ja auch noch recht klein. Als sie endlich alles erzählt und alle Fragen beantwortet hatte, fühlte sie sich plötzlich richtig müde. Sie gähnte. Die Beine taten ihr vom langen Laufen scheußlich weh.
„Sofie, ich glaub, jetzt bringen wir dich ins Bett!“, lachte Benjamin.

Lumi, Zottel und Petz wanderten zum Teddybärenschloss, um sich dort auszuruhen. Benjamin nahm seine Sofie auf den Arm und trug sie in sein Bärenhaus bis in sein eigenes Bett. Nachdem er sie gut zugedeckt hatte, setzte er sich zu ihr und brummte ihr ein Schlaflied vor:
                        „Schlaf, Kindlein, schlaf,
                        Dein Vater ist ein Schaf,
                        Deine Mutter ist ein Trampeltier,
                        Alle Englein lieben dir,
                        Schlaf, Kindlein, schlaf.“

Anstatt einzuschlafen, prustete Sofie laut los. Benjamin war ganz verwirrt:
„Das ist doch ein Schlaflied. Wieso lachst du denn so?“
„Ben... ja... min...“, kam es da gedehnt unter Bettdecke hervor, „daas geheet gahaanz anders... !“
Aber wie anders das ging, erfuhr Benjamin da nicht mehr. Immer noch lachend, war Sofie endlich eingeschlummert.

30. Kapitel

„Sofie! Aufwachen!“
Sofie rekelte sich, öffnete die Augen und guckte verwundert um sich. Einen Moment lang wusste sie gar nicht, wo sie war. Vor dem Bett sah sie dann Streifchen und ihren Benjamin stehen, der sie belustigt angrinste:
„Na? Sag` bloß, du bist immer noch müde? Du hast den halben Nachmittag verschlafen!“

Da fiel Sofie alles wieder ein. Richtig: Den ganzen Morgen waren sie unterwegs gewesen und dann hatte sie mittags sogar noch das Bienenbaby besuchen dürfen. Hinterher war sie so müde gewesen, dass ihr Teddy Benjamin sie ins Bett gebracht hatte.
„Du musst jetzt wirklich aufstehen. Sonst kommen wir noch zu spät!“, mahnte Streifchen.
„Zu spät - aber wohin gehen wir denn?“
Sofie verstand überhaupt nichts mehr.

Benjamin und Streifchen zwinkerten sich zu:
„Sollen wir es ihr jetzt verraten?“
„Etwa ein Geheimnis?“
Sofies Augen fingen an zu glänzen. Geheimnisse waren immer sehr aufregend, weil man nie wusste, was dahinter steckte.
„Sofie, wir geben heute Abend ein großes Fest.“
„Ein richtiges Fest?“
Sofie staunte.
„Ja, wir feiern, dass du bei uns bist!“

Bei diesen Worten verflog auch der letzte Rest Müdigkeit. Putzmunter sprang Sofie aus dem Bett, umarmte zuerst Streifchen, dann Benjamin stürmisch und hüpfte wie toll durchs Zimmer.
„Ein Fest für mich, für mich ganz alleine!“, trällerte sie vor sich hin.
„So fröhlich möchte ich meine Sofie immer sehen“, flüsterte Benjamin Streifchen zu.
Die nickte nur. Sagen konnte sie da vor Rührung nichts, so freute sie sich mit Sofie.

„Hilfst du ihr beim Ankleiden, Streifchen?“, bat Benjamin die Biene. „Dann kann ich im Schloss noch etwas bei den Vorbereitungen helfen.“
„Das wird mir großen Spaß machen. Geh` nur!“, lächelte die Biene.
„Bis nachher, Sofie!“
Benjamin verließ hastig sein Bärenhaus und eilte zum Teddybärenschloss. Es war ja noch so viel zu tun, bevor es dann endlich los gehen konnte.

Nun waren die Biene und Sofie allein.
„Aber was zieh ich denn an, ich hab` doch gar kein Kleid und ohne kann ich doch nicht auf das Fest?“, sagte sich Sofie und war fast schon wieder etwas traurig.
„Keine Sorge!“, lachte Streifchen fröhlich und zog Sofie zu einem breiten Kleiderschrank, der etwas versteckt hinter der Zimmertür stand.
Deshalb hatte die Kleine ihn auch bisher nicht bemerkt.

Streifchen öffnete die Schranktür. Sofie fielen fast die Augen aus dem Kopf.
„Ooh, sind die schön. Die sind ja noch viel schöner als Aschenputtels Kleid!“
Sofie war hin und weg und futsch. Da hingen Kleider mit Schleifen und Rüschen in den schönsten Farben und mit ganz tollen Mustern. Manche hatte bunte Blumen drauf, andere viele kleine Punkte. Süß sah das aus. In einem der Fächer lagen Hüte und unten im Schrank standen viele Schuhe.
„Muss ja auch so sein, damit alles zum Kleid passen!“, erklärte sie Streifchen.
„Puuh, bin ich froh, dass da auch Schuhe stehen“, sagte sich Sofie, „sonst müsste ich vielleicht noch Regenstiefel tragen und das sähe doof aus!“
Ja, auch kleine Mädchen von vier Jahren möchten schön sein, erst recht auf einem so tollen Fest!

„Such` dir ein Kleid aus!“, forderte Streifchen Sofie auf.
Fassungslos guckte diese sie an:
„Wirklich, und ganz egal, welches?“
„Ja, nimm das, das dir am besten gefällt.“
Das aber wiederum war gar nicht so leicht zu entscheiden, fand Sofie.
„So viele Kleider und alle so hübsch!“, seufzte sie.

Aber dann gefiel ihr doch eines besonders gut. Das war pink wie das Kleid ihrer Barbiepuppe zuhause, hatte Schleifen an den Trägern und ging fast bis zum Boden. Fix griff sich das Mädchen noch den passenden Hut mit der breiten Krempe und zum Schluss noch die Schuhe mit der kleinen Schnalle oben drauf. Die blinkte so schön im Licht und das gefiel Sofie. Fertig angezogen, eilte sie vor den großen Siegel, der im Zimmer hing und staunte.
„Das steht dir sehr gut!“, lächelte Streifchen.
Sofie drehte sich ganz fix im Kreise, denn dann schwang das Kleid so toll.

Plötzlich nachdenklich geworden, krauste sie die Stirn und sagte kleinlaut zu Streifchen:
„Ich kann aber doch gar nicht tanzen!“
Streifchen lachte:
„Natürlich kannst du das. Komm, wir üben!“
Streifchen hielt Sofies Hände mit ihren Vorderbeinen fest und zählte:
„Uund eins, zwei, drei uund eins, zwei, drei, und... !“
Bei der ersten Drehung wäre Sofie fast über die eigenen Beine gestolpert, aber dann klappte es besser und besser. Sofie strahlte vor Stolz.

„So, jetzt noch eine kleine Handtasche für dich...“
Streifchen holte ein Täschchen aus dem Schrank. Das war auch pink und trug eine Menge Glitzersteine, die wunderschön funkelten, sobald sie die Tasche bewegte.
„Ich werde dieses hier nehmen!“, meinte Streifchen und zeigte Sofie ein schwarzgelb gestreiftes Kleid.
„Das passt gut zu Streifchens Fell. Das ist ja auch schwarz und gelb gestreift!“, stellte Sofie zufrieden fest.
Dazu wählte Streifchen noch einen schwarzen Hut und schwarze Schuhe. Anschließend bewunderten sich unsere große und die kleine Dame nochmals im Spiegel, erst gegenseitig und dann sich selbst.
„Ja, jetzt kann das Fest beginnen!“, versicherten sie sich.

31. Kapitel

Inzwischen war Benjamin im Schloss angekommen und betrat den bereits festlich geschmückten Saal. Überall an der Decke hingen Lampions. Ein paar von denen ähnelten Gummibärchen, manche bunten Smarties, aber auch Samson und das Krümelmonster schaukelten da in der Luft. An den Wänden kringelten sich Luftschlangen entlang und auf dem Boden lagen Unmengen bunter Papierschnipsel verstreut.

In der Mitte des Saales war ein purpurroter Teppich ausgerollt. An dessen einen Ende standen drei wunderschöne Sessel mit roten Polstern. Neben jedem dieser Sessel war ein hoher Kerzenleuchter mit einer roten Kerze aufgestellt. Zottel kam Benjamin entgegen:
„Brumm! Gut, dass du kommst. Wir müssen noch mehr Sofas an die Wände stellen und die Stühle an den Tischen zurecht rücken, Tischtücher auflegen und die große Tafel mit all den Leckereien decken.“

„Na, dann mal fix!“, meinte Benjamin dazu. „Wir haben nicht mehr viel Zeit. Ist Petz eigentlich schon da? Ich seh` ihn gar nicht?“
„Der ist in der Küche!“, antwortete Zottel und grinste.
„Au weia!“, sagte Benjamin. „Hoffentlich schluckert er uns nicht alles weg.“
„Dazu fehlt ihm die Gelegenheit, denn Lumi ist auch dort.“
„Zum Glück ist die dort!“, betonte sein Freund. „Sonst hätten wir nämlich nachher nichts mehr zu futtern!“
Beide lachten.

Wenn so tüchtige Bären am Werke sind, dann klappt alles ganz schnell. Bald standen die Tische dort, wo sie hin sollten und die Tafel war wunderschön mit Blätterranken und Blumen geschmückt. Doch diese waren natürlich längst nicht so wichtig wie die Köstlichkeiten, die auf den hübschen Tellern angeboten wurden. Plätzchen, Honigkuchen, Baumkuchen und Marmeladenbrezel in Massen. Aber es wurden ja auch sehr viele Gäste erwartet.

Dann war es endlich soweit. Die Kerzen in den Lampinions tauchten den Saal in ein märchenhaftes, warmes Licht. Immer mehr junge Bienen strömten in den Saal und setzten sich an die Tische. Nur die jüngsten Bienenkinder durften noch nicht mitfeiern. Sie mussten schlafen.

Kurz darauf erschienen auch sämtliche Bewohner der Bärenstadt. Sie alle trugen festliche Kleidung, die Bärenmänner einen dunklen Anzug und einen hohen Hut auf dem Kopf und die Bärenfrauen elegante Kleider. Sogar die Bärenkinder hatten sich chic heraus geputzt. Die kleinen Mädchen trugen verspielte Schürzen und die Buben kurze Lederhosen mit Trägern dran. Sie alle nahm auf den gemütlichen Sofas Platz.

Die Gästeschar brummte und summte aufgeregt durcheinander, denn sie  warteten voller Ungeduld auf die Hauptperson des heutigen Abends.
„Sie müsste jetzt eigentlich recht bald da sein!“, wisperten sich die Bärenfrauen zu.

Damit hatten sie ausgesprochen recht, aber, wie es bei Frauen oft so ist, fiel Sofie immer  noch wieder eine Kleinigkeit ein, die noch in die Handtasche sollte. Einmal war es das Taschentuch, dass sie vergessen hatte und ein anderes Mal ein bestimmtes Bonbon, dass sie auch zuhause stets bei sich trug. Es war eines, das nach Zitrone schmeckte. Ohne ihr Zitronenbonbon ging Sofie nämlich nirgendwohin.

Allzu lange musste die Festgesellschaft denn doch nicht mehr warten. Zottel und Lumi hatten sich neben die Sessel gestellt. Lumi klatschte in die Hände und Zottel in seine Tatzen. Sofort war alles mucksmäuschenstill und sah die Beiden erwartungsvoll an.
„Liebe Bewohner der Bärenstadt, liebe Bienen! Heute feiern wir ein großes Fest zu Ehren von Sofie, der Freundin meines Freundes Benjamin. Wie ihr wisst, werden wir Sofie eine große Überraschung bereiten. Doch, bevor Sofie gleich hier ist, möchte ich euch noch schnell etwas Wichtiges berichten.“

Sofort herrschte Ruhe im Saal. Verwirrt und neugierig blickten alle Bären, die Bärenkinder wie auch die großen Bienen samt deren Kinderschar Zottel aufmerksam an.
„Ja!“, begann Zottel. „ Sofie und Benjamin haben auf dem Weg zu uns ein schlimmes Abenteuer bestanden. Wäre Sofie nicht gewesen, die Benjamin rechtzeitig gewarnt hat, wäre Benjamin jetzt nicht mehr am Leben. Da ist eine glühend heiße Sternschnuppe ganz knapp über seinem Kopf hinweg gezischt.“

Prompt war es mit der Ruhe vorbei. Erschreckte Gesichter, erschüttertes Raunen:
„Nein, wie entsetzlich!“, meinte ein Bärenmann.
Die zugehörige Bärenfrau war ganz blass um die Nasenspitze.
„Nicht auszudenken, wenn... !“, flüsterte sie ihrer Freundin zu.
Diese hatte den ersten Schrecken schon überwunden:
„Wie gut, dass es unsere Sofie gibt... !“
Die Umstehenden nickten eifrig.
„Ja, Sofie ist ein sehr mutiges Mädchen!“
Darin waren sich alle einig. Mit nun froherer Miene tuschelten die Bären untereinander, die Bienen summten aufgeregt.

Dann aber meldete sich eine zweite Bärenmama zu Wort:
„Wer hätte es also mehr verdient als sie... ?“
Alle klatschten Beifall. Währenddessen rissen sich die Bären- und die Bienenkinder gewaltig am Riemen, um trotzdem gehorsam auf ihren Stühlen sitzen zu bleiben und nicht etwa ungezogen durch den Saal zu rennen. Schließlich war dies ein wichtiger Abend für die Bärenstadt und da wollten sie ausnahmsweise einen guten Eindruck machen.

32. Kapitel

„Da sind sie ja endlich!“, rief Petz und schritt der Oberarbeiterbiene und Sofie entgegen, die gerade den Saal betreten hatten. Sofort war wieder alles still, die Bären brummten nicht länger durcheinander, die Bienen surrten flugs an ihren Platz zurück und der Nachwuchs setzte sich besonders gerade hin.

Sofie erkannte ihren Freund Petz in dem schönen, dunklen Anzug fast nicht wieder.
„Petz, du bist aber chihic!“, bewunderte sie ihn.
„Ihr seht einfach toll aus!“, schwärmte Petz daraufhin.
Die Oberarbeiterbiene kratzte sich verlegen vor Freude am Kopf und vergaß dabei völlig, dass da doch der hübsche, schwarze Hut thronte. Gerade rechtzeitig noch fing sie ihn auf, damit er nicht auf dem Boden landete. Dann hätte sie sich sehr geschämt.

Sofie dagegen gab Petz lieb die rechte Hand zur Begrüßung. Die hielt der Bär für einen Augenblick fest und hauchte dann einen richtigen Kuss darauf. Sofie wurde ganz verlegen und versteckte die Hände auf dem Rücken. Allerdings, als Petz bereits weiter gegangen war, schielte sie ab und zu auf ihre rechte Hand. Das mit dem Kuss war doch zu toll gewesen! Deshalb schwor sie sich:
„Die wasch ich jetzt nie mehr!“
Wer bekam auch schon einen Handkuss von einem echten Bären?!

Dann jedoch sah sie aufmerksamst in die Runde. Ihr Herz klopfte ganz laut. Da vorne neben Zottel stand Lumi und lächelte ihr entgegen. Die ganze Bärenstadt hatte sich versammelt und auch die meisten Bienen waren gekommen.
„Wie fein sie alle angezogen sind“, dachte Sofie.
Fast hätte sie vergessen, welch ein tolles Kleid sie selber trug.

Nur Benjamin, wo blieb bloß ihr Benjamin?
„Streifchen, wo ist denn Benjamin?“, fragte sie die Oberarbeiterbiene.
„Keine Bange, der wird gleich kommen. Und dann...“, lächelte sie geheimnisvoll.
„Was haben die bloß alle?“, grübelte Sofie. „Heute Morgen waren die auch schon so koomisch...“

Da entdeckte sie endlich Benjamin zwischen all den Anderen. Aber... wie sah der denn aus? Ihr Teddy trug den schönsten schwarzen Anzug, denn Sofie je gesehen hatte und dazu einen echten Zylinder auf dem Kopf.
„Benjamin sieht aus wie ein richtiger Zauberer!“, stellte Sofie stolz fest.

Benjamin schritt auf sie zu und nahm sie bei der Hand. Allerdings bei der linken, denn die rechte hielt Sofie immer noch gut versteckt. Sämtliche Gäste hatten sich von ihren Sitzen erhoben. Die Frauen machten einen Hofknicks und die Männer zogen die Hüte vom Kopf. Sofie war völlig verwirrt und dennoch genoss sie das sehr.
„Warum machen die denn alle einen Knicks vor mir, Benjamin?“, flüsterte sie ihrem Teddy zu.
Der sah sie besonders liebevoll an:
„Das wirst du gleich erfahren, Sofie!“

Inzwischen waren sie am anderen Ende des roten Teppichs angekommen, wo die Fee schon auf sie wartete. Lumi tat ein paar Schritte auf Sofie zu und nahm sie in den Arm:
„Sofie, wir alle haben dich sehr, sehr lieb und freuen uns, dass du bei uns bist!“
Sofie musste denn doch ziemlich schlucken, um nicht vor Freude zu weinen. So schön war das. Alle Bären und auch die Bienen klatschten laut Beifall.

32. Kapitel

„Benjamin, wo bleibt denn eure Prinzessin?“, fragte Sofie.
Ein Schloss wie dieses und... keine Prinzessin? So etwas gab` s einfach nicht. Nicht im Märchen und auch nicht hier in der Teddybärenstadt.
Statt einer Antwort fragte er zurück:
„Darf ich dich bitten, mit mir zu tanzen?“
„Ja, abaa, ich meine, eigentlich... tanzt doch immer die Prinzessin als Erste?“, gab Sofie zu bedenken.

Benjamin schien das gar nicht gehört zu haben und wiederholte seine Frage:
„Magst du tanzen?“
„Au ja!“, rutschte es Sofie heraus und sie war plötzlich wieder das kleine Mädchen, dass so gerne herum hüpfte.
„Jetzt ist es gleich soweit... !“, dachte ihr Bärenfreund.
Er führte sie zur Mitte des Raumes und dann ging es los. Genauso hatten es Streifchen und Sofie geübt:
„Eins, zwei, drei... eins, zwei, drei... !“
Sie drehten sich schneller und schneller. Sofies Wangen hatten sich vor Begeisterung gerötet. Benjamin, der Bär und Sofie waren ein wunderschönes Paar.

Die Musik war verklungen. Alle setzten sich wieder, nur Sofie stand mit ihrem Benjamin da mitten im Raum.
„Und jetzt?“
Da trat die Fee ein zweites Mal auf Sofie zu. Lumi guckte ganz feierlich. In ihrer Hand hielt sie eine zierliche Krone. Ehe Sofie überhaupt etwas sagen konnte, drückte die Fee ihr das Krönchen aufs Haar und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Ja, Sofie, wir haben eine Prinzessin. Du bist unsere Prinzessin, die Herrin über die ganze Teddybärenstadt und auch über das Bienenvolk!“
Lumi hatte kaum zuende gesprochen, da jubelte alles los. Die Bärenfrauen umarmten sich, die Männer wirbelten ihre Zylinder durch die Luft und die Bärenkinder kreischten übermütig durcheinander. Die Bienenkinder summten fröhlich dazu.

Das Fest war wunderschön. Alle waren fröhlich und ausgelassen, lachten und sangen fast unentwegt. Ab und zu, wenn Sofie eine Kicherpause einlegte, was sie eigentlich nur tat, um ja keine Bauchschmerzen zu kriegen vor lauter Lachen, hopste sie zu der großen Speisetafel und verputzte eine der köstlichen Marmeladenbrezeln oder auch ein Stück Honigkuchen.
„Hmm!“, machte sie dann und hätte vor Wonne zu gerne laut geschmatzt. Aber als Prinzessin durfte sie sich das nicht mehr erlauben. 
„Das ist eben das Doofe daran, ´Prinzessin` zu sein!“, seufzte sie.
Andererseits war es natürlich etwas Tolles.
„Ich darf in einem Schloss wohnen, schöne Kleider tragen und niemand darf mir Widerworte geben.“

Das Letztere gefiel ihr denn ausgesprochen gut und außerdem brachte es sie auf eine sehr gute Idee. So marschierte sie entschlossen zu ihrem Thron – denn da würden alle Gäste sie sehen können – und rief ganz laut durch den Saal:
„Seid ihr mal bitte alle still?!“
Sofort verstummte die Musik, die Bären und auch sämtliche Bienen schwiegen und selbst deren Nachwuchs hörte auf, übermütig zu summen.
„Ich bin ja jetzt eure Prinzessin und ich sage euch jetzt etwas ganz Wichtiges.“

Alles spitzte die Ohren und machte ein ernstes Gesicht.
„Ab heute darf in der Bären- und auch in der Bienenstadt mit keinem Kind mehr böse geschimpft werden und wer ein Kind feste haut, kommt sofort ins Gefängnis!“

Das war eine richtige Rede gewesen, die Sofie da gehalten hatte. Prüfend sah sie in die Runde, in jedes einzelne Gesicht.
„Ob das wohl alle verstanden haben?“, zweifelte sie.
„Das war eine sehr gute Ansprache!“, lobte die Fee Lumi sie. „Du bist ja auch ein schlaues Mädchen.“
Sofie wurde richtig verlegen und ganz still vor Freude.

Zottel setzte noch eins drauf:
„Brumm! Ihr habt ja gehört, was unsere Prinzessin befohlen hat. Also richtet euch danach!“
Eine Bärenmama fing an zu klatschen, andere taten es ihr gleich, schließlich klatschte der ganze Saal.
„Bravo, Sofie! Hoch lebe unsere Prinzessin, dreimal hoch!“
Teddy Benjamin nahm Sofie auf seinen Arm und wirbelte sie einmal im Kreis herum. Er war sehr stolz auf seine Freundin. Noch fröhlicher als vorher feierten sie weiter. 

33. Kapitel

Die Hälfte des Abends war schon verstrichen, da bat Prinzessin Sofie ein zweites Mal um Aufmerksamkeit.
„Bitte, seid mal leise!“
Wieder wandten alle Augen sich ihr zu, verstummten die Gespräche und selbst die übermütigen Bären- sowie Bienenkinder unterbrachen ihr lustiges Spiel und schauten Sofie gebannt an.
„Petz war so lieb. In eurer Fabrik hat er mir alles erklärt, was da so gemacht wurde und dann hat er mir sogar erlaubt, ganz allein ein Plätzchen zu backen. Ich hab` mich so schrecklich darüber gefreut. -  Petz, kommst du mal her?“

Sofie bückte sich zu einem der Bärenkinder und flüsterte ihm kurz etwas ins Ohr. Das nickte eifrig und verschwand flugs in die Schlossküche. Inzwischen hatte sich Petz von weit hinten im Saale nach vorne zu seiner Prinzessin durch gedrängelt und stand mit verdutztem Gesicht vor ihr.
„Was will Sofie wohl von mir... ?“

Während er noch überlegte, kehrte das Bärenkind aus der Küche zurück. Mit vor Stolz glänzenden Augen und vor Aufregung zitternden Ohren tappste es über den roten Teppich zu Sofie. Die Anwesenden starrten ungläubig auf das, was das Bärenkind da im Maul heran schleppte. Es war ein Knethaken, fast halb so groß wie der kleine Bär selber.
„Außer dem lag nichts mehr in der Schublade!“, brummelte es verlegen.
„Macht nix. Damit geht das auch!“, urteilte Sofie gütig und nahm ihm das schwere Ding ab.
Mit hoch gestreckter Nase trabte das Kleine zurück zu seinem Platz. Es hatte tatsächlich der Prinzessin helfen dürfen...

Sofie wandte sich ihrem Petz zu und strahlte ihn an.
„Petz, ich hab` dir etwas versprochen. Wenn ich etwas verspreche, dann halte ich das auch. Knie dich mal hin!“
Petz gehorchte sofort. Schließlich war Sofie ja seine Prinzessin.

Das Mädchen griff sich den Knethaken, tippte Petz damit einmal auf die rechte Schulter, dann auf die linke. Dabei rief sie sehr laut, damit es auch wirklich alle hören sollten:
„Jetzt bin ich eure Prinzessin und habe ein richtiges Schloss und weil das so ist, ist Petz ab heute mein Hofoberoberoberbäckermeister!“
Der Bär sah Sofie an. In seinen Augen schimmerten Freudentränen.
„Dafür kriegst du mindest drei Honigkringel jeden Morgen, Hoheit!“, brummte er.
All die Bären und Bienen lachten fröhlich, klatschten und freuten sich mit ihm. Ab jetzt hatten sie nicht nur eine eigene Prinzessin, sondern sogar einen Hofoberoberoberbäckermeister.

Weiter ging das Fest, es wurde später und später. Die Bärenkinder und erst recht die kleinen Bienen tobten schon längst nicht mehr munter umher, sondern saßen ruhig und mit müden Gesichtern auf ihren Stühlen. Ein kleines Bärenkind hatte sich sogar einfach auf dem Boden neben dem Stuhl seiner Mama zusammengerollt und war eingeschlummert.
„Das hat heute Nachmittag bestimmt keinen Mittagschlaf gemacht!“, sagte sich Sofie.
Auch damit hatte sie wahrscheinlich Recht.
„Ich glaube, Sofie“, meinte da Lumi zu ihr, „unsere Gäste werden so langsam müde. Vielleicht sollten wir...

Prinzessin Sofie wusste sofort, was die Fee damit meinte. Sie selbst war inzwischen auch total erschöpft, doch als Prinzessin musste sie ja Haltung bewahren. Doch es stimmte, was Lumi sagte. Es war an der Zeit, mit dem Feiern aufzuhören, damit alle in dieser Nacht noch genug Schlaf bekämen. Denn morgen mussten die Erwachsenen wieder arbeiten, die Schulkinder wieder fleißig sein und die Jüngeren hatten wieder einen anstrengenden Kindergartentag vor sich.

Sofie klatschte in die Hände und bat ein drittes Mal um Ruhe:
„Es hat mir ganz doll Spaß gemacht bei euch. Ihr wart alle so lieb zu mir. Dankeschön! Aber jetzt ist das Fest zu Ende. Ich muss zurück nach Hause. Bitte, vergesst mich nicht! Ich werd` oft an euch denken und komme bestimmt bald wieder. Das verspreche ich euch ganz fest. Tschüüss!“
Wie es sich für eine Prinzessin gehörte, machte sie zum Schluss noch einen tiefen Knicks.

Die eine Bärenmama nahm ihr Kleines vom Boden hoch und trug es nach draußen, die anderen Bärenmütter riefen ihre Kinder zu sich und machten sich mit ihnen auf den Heimweg. Die Bärenväter blieben noch im Schloss, um beim Aufräumen zu helfen.

Die Oberarbeiterbiene Streifchen nahm Sofie und Benjamin zum Abschied fest in den Arm. Danach wandte sie sich ganz schnell den Bienenkindern zu, damit Sofie nicht sehen sollte, dass ihr eine Träne übers Gesicht kullerte. Sie war nämlich sehr traurig, dass das kleine Mädchen und Benjamin die Bärenstadt wieder verließen.

Sofie erging es nicht sehr viel besser, als sie dann ihre Bärenfreunde Zottel und Petz umarmte.
„Ich vergesse euch bestimmt nicht!“, schluckte sie tapfer.
Petz und Zottel brummten ganz lieb. Das war da ihre Antwort. Sagen konnten sie nichts, denn auch ihnen fiel der Abschied verflixt schwer.

Wenigstens der Fee mussten Sofie und Benjamin noch nicht ´Auf Wiedersehen!` sagen. Lumi würde die Beiden fix mit ihrem Lumimobil nach Hause bringen.

34. Kapitel

Einer nach dem Anderen verabschiedeten sich die Gäste und der riesige Saal blieb verlassen zurück. Da standen nur noch die Fee Lumi, Sofie und natürlich deren Teddy Benjamin. Zottel und Petz waren ja auch schon fort. Sofie fühlte sich irgendwie so verloren in der plötzlichen Stille. Ziemlich bedrückt guckte sie kreuz und quer im nun so leeren Raum herum. Eigenartig war es ihr zumute.

„Vorbei!“, murmelte sie. „Ob ich all die Bären und auch die Bienen mal wiedersehen werde?“
„Ganz bestimmt, Sofie, wann immer du Lust dazu hast! Du brauchst mich nur zu rufen, dann hol` ich dich ab.“
Das kam von Lumi.
„Liebe Lumi!“, dachte Sofie getröstet, wurde sofort wieder fröhlicher und setzte nachdrücklich hinzu:
„Aber Benjamin muss dann mit!“
„Na klar!“, versicherte ihr Lumi lachend.
So war Lumi froh, Sofie war froh und ganz besonders Benjamin, weil seine kleine Freundin da auch an ihn gedacht hatte.

„Tja, was haltet ihr davon, wenn wir so langsam aufbrechen?“, schlug Lumi vor.
Sie war inzwischen ein wenig unruhig wegen Piri und Lizzi, die ja in ihrem großen Schloss im Feenland ganz allein waren und wollte jetzt schnell nach Hause.
„Ich muss doch noch das schöne Kleid, die Handtasche und die Schuhe wieder zurückbringen!“
Sofie achtete stets darauf, sich ordentlich zu benehmen und schließlich war ihr dies alles doch nur geliehen worden.
„Nein, Sofie“; lächelte Lumi.
„Ja, abaa...“, wandte Sofie ein.
Was bedeutete das denn jetzt bloß wieder?

„Sofie, die Sachen schenken wir dir. Wenn du das Kleid dann trägst, wirst du immer an uns erinnert.“
„Das und die schönen Schuhe und die Tasche sollen mir gehören, wirklich?“
„Ja, sogar ganz wirklich! – Und Benjamin behält seinen tollen Anzug.“
Benjamin brummte selig und gab der Fee zum Dank einen richtigen Bärenkuss auf die Wange.
„Ach Lumi, du bist ja soo lieb... !“, jubelte Sofie.
Sie stutzte, denn Benjamin guckte plötzlich ein bisschen traurig: 
„Uund ich... ?!“
„Du bist natürlich der tollste Bär, den es gibt und außerdem meiner!“, betonte Sofie besonders zärtlich.
Das hatte Benjamin hören wollen. Er strahlte übers ganze Bärengesicht.

35. Kapitel

„Ihr Beiden, jetzt aber fix zum Lumimobil“, drängte die Fee.
Damit es noch ein wenig fixer ging, trug Benjamin seine Sofie bis vor die Garage. Bären können ja noch viel schneller rennen als Menschen. Das Lumimobil hatte wunderbar geschlafen und begrüßte die Drei fröhlich:
„Na endlich! Ich dachte schon, ihr würdet hier übernachten!“
Das hätte diesem Auto nun doch nicht so gut gefallen, denn auch Autos schlafen, wie Menschen in ihren eigenen Betten, in der eigenen Garage doch am besten.

„So, Sofie und Benjamin, klettert drauf und haltet euch gut fest. Dann seid ihr gleich ganz schnell daheim.“
Der Bär kletterte als Erster nach oben und schnallte sich mit dem Lichtstrahlsicherheitsgurt an. In alle Ewigkeit als Punkt irgendwo zwischen den Milchstraßen herumzugondeln, hätte er nämlich so gar keine Lust gehabt. Sofie stieg hinter ihm auf und umklammerte mit beiden Armen seinen Bauch.
Zu guter Letzt setzte sich Lumi vor die Beiden und gab das Kommando:
„Los, Lumimobil, schnell. Wir machen einen kleinen Umweg und bringen Sofie und Benjamin zur Erde zurück!“
„Keine Sorge, ich rase wie ein Blitz!“, antwortete das Lumimobil.

Mehr allerdings sagte es die ganze Reise lang nicht mehr, denn in seinen Gedanken stand es bereits in seiner geliebten Garage. Zu so später Stunde waren zum Glück keine weiteren Lumimobils unterwegs. Nur ein paar Schutzengel begegneten ihnen. Die waren auf dem Weg zu ihren Kindern auf der Erde, denn dort erwachte bereits der Morgen.

Das Lumimobil hielt Wort. Es wurde nur ein sehr kurzer Flug und schon erkannte Sofie ihre Heimatstadt, dann ihren Garten und schließlich das Haus ihrer Eltern. Damit ihre Mama und ihr Papa bloß nicht merkten, dass sie ohne deren Erlaubnis einen so weiten Ausflug, und den auch noch des Nachts, gemacht hatte, setzte Lumi die Zwei direkt in Sofies Zimmer ab.

Wieso ging das überhaupt... ? Lumi hatte zum dritten Male an diesem Tag einen Zauberspruch gemurmelt. Das Fenster öffnete sich ganz weit und das Lumimobil konnte ohne Schwierigkeiten einfach durchfliegen. Drinnen stoppte es direkt vor Sofies Schlafstatt. Die Fee nahm Sofie wie auch Benjamin auf den Arm und ließ die Beiden sanft ins Bett sinken. Bevor Lumi dann zur Heimreise zum Feenland startete, drückte sie ihnen einen besonders lieben Feenkuss auf die Stirn. Dann erinnerte sie Sofie noch einmal an das, was sie ihr geraten hatte:
„Vergiss nicht, Kleines: Schimpft Deine Mutter mit Dir, lächele sie an und du wirst sehen... !“
Lumis Worte zauberten ein glückliches Lächeln auf das Gesicht des kleinen Mädchens. Es drückte seinen Teddy noch schnell fest an sich, rollte sich in seine Decke und schlief ein.

Die Fee bestieg ihr Lumimobil. ´Hui!` machte es und schon war sie nicht mehr zu sehen. Das Fenster aber war wieder verschlossen wie zuvor.

35. Kapitel

„Sofiiee!!“
Die Zimmertüre wurde aufgerissen und Sofies Mutter trat ein.
„Kind, du hast dich verschlafen. Ganz schnell jetzt, sonst kommst du zu spät in den Kindergarten.“

Erschreckt blinzelte Sofie ins Helle. Von ´ganz schnell jetzt` konnte aber da nicht die Rede sein.
„W... wo bin ich, bin ich nicht mehr bei den Teddys?“, fragte sie sich dann in den nächsten Minuten, blieb aber zu ihrem Glück weiterhin bis zur Nasenspitze eingemummelt unter der Bettdecke versteckt, denn sie trug ja noch das schöne Kleid, dass ihr Lumi zum Abschied geschenkt hatte.

„Hörst du nicht? Jetzt aber fix raus aus dem Bett!“, meinte die Mutter schon etwas strenger.
„Au weia! Entdeckt Mama gleich das Kleid und Benjamins Anzug, dann wird sie bestimmt furchtbar böse!“
Erstens durfte Sofie natürlich nicht in einem Kleid schlafen und zweitens erst recht nicht Teddy Benjamin in einem Anzug. Sofie wusste, Anzüge mochten das nicht und waren dann hinterher ganz zerknittert.
„Mein Kleid dann allerdings erst recht!“, gab sie sich geknickt zu.

Es blieb dem kleinen Mädchen ja nichts anderes übrig. Mit ängstlichem Gesicht schlug Sofie zögernd die Decke zurück. Ärgerlich stierte die Mutter auf das Kleid.
„Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass...“, begann sie.
Im selben Moment entdeckte sie Benjamins Anzug, runzelte misstrauisch die Stirn und wurde ärgerlich:
„Sofie, woher hast du diese Sachen... ?“

Schrill schrie sie ihre kleine Tochter an, die sich voller Angst am Bettdeckenzipfel festklammerte und es noch nicht einmal wagte, ihre Mutter anzusehen. Sofie beichtete ihr auf keinen Fall, dass diese schönen Sachen ihr eine Fee geschenkt hatte.
„Sag` ich Mama das, wird sie nooch wütender!“
Nein, ihr nächtliches Abenteuer blieb ein Geheimnis zwischen ihr und Benjamin. Da war sie sich sicher: Der Teddy verriet sie nicht, niemals würde er das tun!

„Du sagst mir jetzt sofort die Wahrheit, ooder... !“
Sofies Mutter war derweil schrecklich wütend. In ihrer Verzweiflung dachte Sofie ganz innig an die Fee und ihre letzten Worte:
„Sofie, schimpft deine Mutter mit Dir, lächele sie an und du wirst sehen...“
Das kleine Mädchen hatte großes Vertrauen zu Lumi, denn diese hatte immer all ihre Versprechen gehalten. Im Gedanken daran schon ein wenig mutiger, setzte sich Sofie im Bett auf und lächelte ihre Mutter sanft an.

Diese war kurz davor, Sofie einen festen Klaps auf den Po zu geben. Aber die Mutter sah dieses Lächeln auf dem Gesicht ihrer Tochter, das allen Zorn verfliegen ließ und sie verzauberte. Anstatt Sofie zu hauen, lächelte auch sie:
„Sofie, das ist sehr ein hübsches Kleid. Wie süß du darin aussiehst!“
„Lumi hat nicht gelogen. Sie hat ihr Versprechen gehalten!“

Sofies Angst war plötzlich verflogen. Froh griff sie sich ihren Teddy und zeigte der Mutter stolz den kleinen Anzug.
„Sie fragt ja noch nicht einmal mehr, wo ich den her habe!“, freute sie sich.
„Ach, ist der niedlich. Benjamin sieht richtig chic aus!“, lachte die Mutter.

„Mama, darf ich wohl das Kleid in den Kindergarten anziehen?“
„Weißt du was, Sofie? Ich bügele dir das. Dann führst du es morgen deinen Freundinnen vor. Was hältst du davon?“
Sofie traute ihren Ohren nicht und konnte es kaum glauben, wie nett ihre Mutter zu ihr war.
„Danke, Lumi!“, schickte ihr Herzen ein großes Dankeschön zum Feenland.
Doch es kam noch viel schöner für Sofie. Ihre Mutter nahm sie nämlich ganz lieb in den Arm und meinte:
„Sofie, ich werd` nie mehr so böse zu dir sein. Dafür freue ich mich viel zu sehr, wenn ich dich lachen sehe!“
Juchzend fiel Sofie ihrer Mutter um den Hals.

36. Kapitel

Wenige Tage darauf war es dann soweit. Zum ersten Male in ihrem jungen Leben bekam Sofie tatsächlich etwas Taschengeld.
„Kleines, davon darfst du dir einen Wunsch erfüllen. Viel Spaß dabei.“
Sofie freute sich. Doch dann geriet sie ins Grübeln. Was denn sollte sie sich von dem Geld kaufen? Sie beschloss,  ausgiebigst im großen Spielwarengeschäft der Stadt in Ruhe zu stöbern. Bestimmt fiel ihr dann schon das Richtige ein. Sofie griff sich ihre kleine Handtasche und steckte die Münze in das Reißverschlussfach, damit sie nicht verloren ging.
„Tschüss, Mama!“, rief sie ausgelassen ihrer Mutter zu, die am Fenster stand und winkte.
„Ich bin ja gespannt, was du dir aussuchst!“, war die Antwort.

Im Spielwarengeschäft gab es  Dutzende von Spielen, Puppen und auch Stofftieren. Als Sofie vor den kleinen, großen und ganz großen Teddys stand, sagte sie zu denen:
„Wisst ihr was? Ihr seid alle längst nicht so süß wie mein Benjamin!“
Da sahen die Teddys plötzlich richtig traurig drein. Doch das bekümmerte Sofie nicht weiter, denn auf einmal war ihr klar, was sie haben wollte.

Sie spazierte zu dem Regal mit der Puppenkleidung. Dort entdeckte sie niedliche Kleider und Hosen. Die Kleider für die Puppenmädchen und die Hosen für die Jungen. Selbstverständlich schwebten die nicht einfach so in der Luft herum, sondern hingen, wie Sofies Sachen zuhause, ordentlichst auf  Kleiderbügeln. Genau dies war Sofie eingefallen:
„Ich kaufe einen Puppenkleiderbügel für Benjamins Anzug, damit der immer schön glatt bleibt.“
Sofie wählte einen blauen, denn die roten passten nicht zu einem Jungen und ihr Teddy war ja ein Junge.

„Den schenke ich meinem Teddy!“, verriet sie mit leuchtenden Augen der Verkäuferin.
Die lachte herzlich.
„Da freut er sich bestimmt sehr. Wie heißt denn dein Bär?“
„Benjamin, und er ist der liebste Teddy der ganzen Welt!“
Das stand für Sofie felsenfest fest. 

Glückstrahlend kam sie daheim an:
„Mama, guck` mal, was ich mitgebracht habe!“, rief sie, kaum, dass sie im Haus war.
„Einen Kleiderbügel! Das ist aber eine tolle Idee. Da wird sich Benjamin freuen!“

Sofie nickte stolz. Sie flitzte in ihr Zimmer und hob Benjamin aus dem Bett:
„Sieh ´mal, der ist für dich!“, zeigte sie ihm den Bügel.
Zwar leuchteten Teddys Augen ein wenig mehr als sonst, aber davon abgesehen, blieb er ganz gelassen.
„So sind Jungen nun mal!“, tröstete sich Sofie.
„Also“, wandte sie sich an Benjamin, „abends hängen wir deinen Anzug jetzt immer auf den Bügel, damit der immer schön aussieht, wenn du ihn anhast.“
Da Teddy Benjamin nichts dagegen brummte, war er wohl einverstanden.

An diesem Abend, als Sofie und Benjamin im Bett waren, guckten die Beiden auf den kleinen Anzug, der da auf seinem schönen, blauen Bügel an Sofies Kleiderschrank hing, drückten sich ganz fest und erinnerten sich an den gemeinsamen, wunderschönen Traum... ihren Bärentraum.

Der Mond schien durchs Fenster und sah ein kleines Mädchen mit seinem Teddy im Arm, auf dessen Gesicht ein zauberhaftes Lächeln lag.
Sofie war endlich glücklich. Alles hatte sein gutes Ende gefunden!

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Kommentare zu diesem Text


 Sonnenaufgang (13.03.07)
liebe gaby, allerliebst ist dein bärentraum und ich fühle mich, immer wenn ich so etwas schönes lese, in meine kindheit zurückversetzt, wo mein vater uns kindern märchen vorlas.
in deinem märchen freut es mich besonders, wie glücklich sich die kleine sofie am ende fühlte. ganz liebe grüsse, sendet dir deine freundin feli

 tastifix meinte dazu am 13.03.07:
Liebe Feli!

Du ahnst gar nicht, wie sehr ich mich darüber freue, dass Dir dieses so gaannz kurzes Geschichtchen so gut gefällt und danke Dir für die Empfehlung des Textes. Sofie und ihre Bärenbande sagen übrigens auch ganz stolz "dankeschön!".

Ich hatte sogar noch mehr Ideen für diesen kleinen Roman. mal sehen, vielleicht kann ich ja doch nicht widerstehen, grins, und lasse Sofie noch etwas total Tolles anstellen.


Ganz lieben Gruß von Deiner Freundin Gaby

 Dieter_Rotmund (26.02.18)
Hallo (und hallo 2007!).

(Habe das erste Kapitel gelesen)

Der Erzähler nimmt einen etwas seltsamen Standpunkt ein, nennt die Protagonistin despektierlich "Kleine" und beschreibt ein extrem determiniertes Schicksal. Da kommt kaum Spannung auf, zumal Wortwahl das Ganze zu einem ziemlich Rührstück werden läßt. Finde ich.
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