Osho in Heiligenstadt und der Nazichor in Quedlinburg

Erzählung zum Thema Andere Welten

von  toltec-head

In uns, in uns und außer uns, sodann das Äußere aber auch das Innere lassen. Es ist ganz nah, du hast es schon und bekommst es dennoch nie zu fassen: Was nützt das dem, der auf der Stelle tappt? Ich möcht haben, was ich niemals hat: Gleich Morgen, die Sonne wird ja scheinen, ein Sexdate in Thüringen, Heiligenstadt.
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Mangels Kommunikation, nicht Gebet blieben die Alten hinter ihren Möglichkeiten zurück. Statt zu beten bevorzugen wir den spirituellen Snack, denn es gibt ja das Internet zum Glück. Zehntausend Tattooszenefressen in Köln oder Berlin vorzuziehen ist ein Kind, das ich geschwind in der Provinz mittels Filter, Eingabetaste und Taps mir find.
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Warum aber im Osten? Zu teuer erkauft, die Einheit, war sie nicht für den schwulen Ästhet,
nicht nur wegen den Domen sondern auch den Ariern slawischen Typs, auf die unsereiner so steht. Besuchbar so ab abends 8, in Halberstadt können wir uns kathartisch reinigen vor dem Fick, aber Oh Weh!, es ist Sonntag und eine protestantische Messe im Sanktuarium gar nicht schick.
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"Die Zöllner und Huren kommen eher in das Himmelreich als ihr!", ein Hutzelmann auf der Kanzel tut stehen, die Gemeinde strikt sexlos und auf Hartz-4, ein Zöllner und eine Hure in Personalunion mitten unter ihnen hat selbst Jesus nicht gesehen. In Quedlinburg haben wir den Nazichor und den kleinen Dionysus auf einem Retabel mit Propheten im Hintergrund bestaunt, über den Harz herb-frische Luft bei Ouvertüre zum Freischütz atmend gings mit halber Erektion bestens gelaunt.
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Ankommend öffnet mir ein unartikuliertes Arbeiterkind in einer Plattenbauwohnung die Tür, er ist nur beinah schön aber es reichte. Die Nacht lang erweist er sich als ausgehungert und sehr nett, morgens noch keine 7 erfolgt sodann eine Beichte: seinen Freund auf Nachtschicht, den hat er zum ersten Mal betrogen, ich muss nun leider gehen, er schmeisst mich raus, um diese Zeit im Ossiland trinkbaren Kaffee und ein Croissant zu finden immer noch ein Graus.
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Egal, vom Sex gedopt, auf einer Bank von Thüringen nach Hessen schauend. Osho auf meinem iPod: "Drop all!". Die Augen schließend, die Landschaft in mir, ich noch in ihm, Lob dem, der Kanzler meiner Jugend war - das war Kohl.


Anmerkung von toltec-head:

Reliquienkasten Otto I. mit kleinem Dionysus aus der Quedlinburger Domschatzkammer:

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Kommentare zu diesem Text

EikeFalk (60)
(16.07.13)
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 toltec-head meinte dazu am 16.07.13:
Keine "essbaren" Croissants, das ist ein Unterschied!

Die Nazis hatten den gotischen Chor des Quedlinburger Domes zugemauert und durch einen romanischen ersetzt. Das Romanische wurde von ihnen als deutscher empfunden, als die aus Frankreich stammende Gotik. Den Nazi-Chor kann man heute noch so bestaunen, der gotische Original-Chor ist immer noch zugemauert.

 Dieter Wal (16.07.13)
Die Reime nervten etwas, doch die Erzählung, Sodom und Gomorra, hat was. Besonders der reißerische Titel. Woran die die Nazis im Chor erkannt haben willst, hab ich mich auch gefragt. Was meint "ein unartikuliertes Arbeiterkind"?

 toltec-head antwortete darauf am 16.07.13:
Keine Nazis im Chor, Dieter, sondern der Chor ist von den Nazis selbst, siehe meine Antwort auf Eike oben.

"Unartikuliertes Arbeiterkind" soll ein Arbeiterkind sein, das sich nicht so gut artikulieren kann. Ich versuche so das Englische "he is an unarticulated person" einzudeutschen. Vielleicht nicht ganz korrekt.

 Dieter Wal schrieb daraufhin am 16.07.13:
Wie wärs mit "ein weniger sprachgewandtes Arbeiterkind"? Ganz p. i. ist der Osho-Bildschirmschoner. Aber irgendwie passt er (zumindest in Sachen Manipulation von Menschenmassen) zum Nazichor.

Die Geschichte von dir kam mir sehr bekannt vor. In welchem deiner Texte erzähltest du sie bereits?
(Antwort korrigiert am 16.07.2013)

 toltec-head äußerte darauf am 16.07.13:
Quatsch! Der Mann war wirklich erleuchtet. Wenn immer möglich hör ich auf meinem I-Phone eine seiner Reden. Baby, my whole work is to confuse you:  Klick.

 Dieter Wal ergänzte dazu am 16.07.13:
Seine Autobiog. find ich ganz nett. Mich beeindruckt seine passiv-aggressive Sprechweise, auch seine virtuose Fähigkeit von Sprechpausen, die immer so klingen, als würde er stundenlang vorher meditiert haben.

Besonders virtuoser Guru als ehem. Philosophiedozent. Mit Krishnamurti kann man mich eher begeistern. O. ist für mich ein Brechmittel.

Personenkult kann ich eh nicht ab.
(Antwort korrigiert am 17.07.2013)

 toltec-head meinte dazu am 17.07.13:
Krishnamurtis Vorträge sind aber vergleichsweise langweilig. Kennst du lebende Meister? Gibt's deine Kabbala-Lehrerin noch?

 Dieter Wal meinte dazu am 17.07.13:
Osho verkaufte sich noch als "James Bond" der Populärreligionsphilosophie. Kein Wunder, das galt als modern.

Klar gibts die noch. Aber nicht als Lehrerin, sondern Gastgeberin und Initiatorin der Gruppe. Wir lernten miteinander best. kabbal. Schriften. Zeitweise nahmen wir zusätzlich Unterricht bei einem Rabbi. Aber nicht in Kabbala.
(Antwort korrigiert am 17.07.2013)
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