Krummes Ding

Sonett zum Thema Apokalypse

von  Isaban

Es liegt ein Schweigen in der Nacht,
das ringsum alles schweigen macht:
Ein Nichts mit Vogelkrallen

frisst Finsternisse in die Nacht;
treibt Lichtfraß, bis kein Stern mehr lacht;
was leuchtete, muss fallen.

Das Nichts, das Dunkelheit entfacht,
dealt mit Lunarkristallen
und Erdtrabantmetallen,
stiehlt Nacht um Nacht mehr Mondspanpracht.

Schwarz schwären Wolkenquallen.
Der Mondschwächling in Sicheltracht
ertrinkt mit Mann und Maus und Macht
in steten Intervallen.

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Kommentare zu diesem Text

NimbusII (42)
(28.01.18)
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 Lala meinte dazu am 28.01.18:
Moin,
warum gehst Du das Teil so komplex an? Was wächst und schwindet denn in Intervallen? Na, der Mond und der kommt je nun nicht selten vor in diesen Zeilen. Und dunkel ist es, ganz besonders auf dem Lande, wenn Neumond ist und Nichts mehr von ihm zu sehen ist. Kurz vorher ist er nur noch eine schwache Sichel. Aber nach der dunkelsten Nacht, wächst er ja wieder. Gottseidank. Die "Apokalypsen" kommen und gehen in Intervallen.

Allerdings kannte und kenne ich auch Mondspäne nicht. Die Googletreffer waren spärlich. Aber gefunden habe ich die vermuteten Lichtreflexionen vom Mondlicht zum Beispiel auf Gewässern. Bei Neumond kann es die nicht geben.

Mit dem Mondzyklus und dem Neumond hätten wir doch schon mal eine textnahe, wenn auch einfache Ebene von der wir jetzt anfangen könnten zu versuchen, ob es da noch tiefere Schichten und Ebenen gibt. Aber da heute noch Sonntag ist, ist mein Gehirn noch runtergefahren.

 Lluviagata antwortete darauf am 28.01.18:
Nicht so gradlinig denken ...

 Irma schrieb daraufhin am 28.01.18:
Ja, das "Krumme Ding" ist wechselhaft. Der Übergang in die Neumondphase ist die Umkehr, die sich im Umkehrsonett (Terzette vor den Quartetten) gut verbildlicht. LG Irma

 Isaban äußerte darauf am 29.01.18:
@ NimbusII:
Hallo Heike,

vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und das Brainstorming, an dem du uns teilhaben lässt.
Nein, ich bin ganz gewiss nicht frustriert, ich freue mich, dass mein Text dich zum Nachdenken anregen konnte und dich dazu inspirierte, ein wenig zwischen die Zeilen zu tauchen. Und die Interpretation obliegt immer dem einzelnen Leser, jeder darf bei jedem Text seine eigene, manchmal sogar mehrere oder bei anderen eben gar keine finden, da gibt es kein richtig oder falsch.

Liebe Grüße

Sabine

@ Lala:
Jep. Wenn ich mich einem Text nähere, fange ich auch immer mit dem Offensichtlichsten an und grabe dann lngsam tiefer, um mich zuletzt mit den stilistischen Mitteln auseinanderzusetzen, die die Textinhalte unterstreichen und meine Interpretation eventuell bestätigen können.
Vielen Dank für deine Rückmeldung und den fundierten Interpretationsansatz.

Liebe Grüße

Sabine

@ Llu:
Manchmal ist aber das gradlinige Denken eine gute Ausgangposition, gelle?

Liebe Grüße

Sabine

@ Irma:
Ja. Merci beaucoup!

Liebe Grüße

Sabine

 Lluviagata (28.01.18)
Hallo Sabine,

ich liebe den Mond, und ihn zu besingen ist toll, wie ich finde. Du beschreibst hier u. a. ein Naturereignis, das uns jeden Mond ereilt. Ich genieße die ausufernden Gedanken, die guten Beobachtungen, deine Phantasie, wenn die Nacht allzu schwarz ist, das Nichts, das Altern, das Lichtlose, das uns Angst macht ...

Liebe Grüße
Llu ♥
fdöobsah (54)
(29.01.18)
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Marjanna (68) ergänzte dazu am 29.01.18:
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 Isaban meinte dazu am 29.01.18:
@ fdöobsah:

Hallo fdöobsah,

eigentlich stecke ich mitten in viel zu viel Arbeit und dürfte mich hier gar nicht rumtreiben, aber dein Kommentar lockte mich natürlich unwiderstehlich an - vielleicht wird meine Antwort nur mal wieder leider nicht so ausführlich, wie du es verdienst hättest, ich bitte im Voraus um Verzeihung.

Ja, ein Sonett travers, ein krummes Ding für ein krummes Ding.

Wenn ich deine Rückmeldung richtig verstanden habe - und ich bin sicher, das habe ich - bescheinigst du mir gutes Handwerk und inhaltlichen Murks.

PMS. Hm. Ein ungemein wirksames (Er)Schlagwort, das man von Zeit zu Zeit in Rückmeldungen unter Texten liest, die von Frauen geschrieben wurde und höchst selten unter Texten männlicher Autoren und das auf jeden Fall wundervoll dazu geeignet ist, Diskussionen auszulösen. Und - schitte aber auch und nicht etwa, dass es mich in diesem Falle freuen würde - du hast eindeutig Recht, hier geht es um stete/gleichbleibende Intervalle, also um Zyklen, das legt natürlich auch den weibliche Zyklus nahe. Daran angelehnt also auch PMS.

Das piekt zwar grad gewaltig, aber warum auch nicht, die Interpretation ist am Text belegbar und in sich stimmig - und sie zeigt mir sehr deutlich, dass ich, entweder mein Werk unter WWN (war wohl nix) ablegen oder, zumindest was die Bebilderung meiner Verse betrifft, noch ein-, zwei oder dreimal sehr gründlich nachfeilen sollte,

Hab aufrichtigen Dank für deine ehrliche und fundierte Rückmeldung. Jetzt geh ich mal kurz den Tampon wechseln, mich vom Boden abkratzen, mein Krönchen zurechtrücken und überleg dann in Ruhe, ob der Text noch irgendwie zu retten ist.

Geerdete Grüße

Sabine

@ Marjo:

Liebe Marjo,

ja, ganz gleich, wie sie ausfallen, fdöobsahs Kommentare sind das Warten wert.

Liebe Grüße

Sabine

Antwort geändert am 29.01.2018 um 15:12 Uhr

 Mullenlulle (29.01.18)
Zunächst mal möchte ich mich als Fan von Neologismen outen und sagen, dass mich "Lichtfraß" und "Wolkenquallen" voll getroffen haben! Allein dieser beiden Worte wegen habe ich das Sonett gern gelesen.
Des Weiteren gefällt mir die Umkehr der Form - die dreizeiler zuerst und die Vierzeiler zuletzt. Spaßes halber habe ich die Reihenfolge trotzdem abgewandelt:

Das Nichts, das Dunkelheit entfacht,
dealt mit Lunarkristallen
und Erdtrabantmetallen,
stiehlt Nacht für Nacht mehr Mondspanpracht.

Schwarz schwären Wolkenquallen.
Der Mondschwächling in Sicheltracht
ertrinkt mit Mann und Maus und Macht
in steten Intervallen.

Es liegt ein Schweigen in der Nacht,
das ringsum alles schweigen macht:
Ein Nichts mit Vogelkrallen

frisst Finsternisse in die Nacht;
treibt Lichtfraß, bis kein Sternlein lacht;
was leuchtete, muss fallen.


S2 ist bereits so ausdrucksstark, dass es meiner Meinung nach gut als Schlussstrophe funktionieren könnte, denn die Apokalypse, welche auch immer es ist, endet immer mit dem Fall von allem.

Ich holpere noch über ein paar kleine Dinge:

Ein wenig störe ich mich an der Wiederholung von "Nacht" in S2, V1. Die Nacht steht ja sinnbildlich für die Dunkelheit. Zu Beginn wird die Nacht schon als übergeordneter Platz definiert und muss deshalb nicht noch einmal bestärkt werden.Zudem ist es, meines Erachtens, die Nacht selbst, die Lichtfraß betreibt - gerade, wenn die Apokalypse als Metapher für eine alles verschlingende Nacht dient. Natürlich weiß ich nicht, wie Du es gemeint hast - es bleibt eine Wahrnehmung / ein Hinweis aus Fremdperspektive ;).
Nachdem das Nichts in S1 und S2 schon Lichtfraß begangen hat, wirkt "Das Nichts, das Dunkelheit entfacht" in S3 V1 für mich wie eine Doppelung, die nicht noch einmal gesagt werden muss, weil sie schon hinlänglich beschrieben wurde.
Die Erdtrabantmetalle kann ich nicht recht nachvollziehen, es sei denn, es handelt sich dabei um ein anderes Wort für Satelliten oder Raumstationen. Asche auf mein fantasieloses und dingbehaftetes Haupt.
Der "Mondschwächling" passt nicht so recht hinein, denke ich. Sicher, er steht als Gegenpart zur alles verschlingenden Dunkelheit - so gesehen ist allerdings selbst das stärkste Ding machtlos gegen den Lichtfraß des Nichts und der Mond könnte als dieses stärkste Ding stehen, das den schwarzen Wolkenquallen nichts entgegenzusetzen hat, hinter / unter / in denen er in steten Intervallen ertrinkt.

Die "Sternlein" widersprechen durch ihre Verniedlichung dem bedrohlichen Bild, das das Gedicht insgesamt erzeugt. Vielleicht könnte es heißen:

"treibt Lichtfraß, bis kein Stern mehr lacht".

Nichtsdestrotz habe ich Dein Sonett gern gelesen und Gefallen gefunden an der Atmopshäre, die von ihm ausgeht. ;) Bestes. Mull

Kommentar geändert am 29.01.2018 um 16:04 Uhr

 Isaban meinte dazu am 29.01.18:
Hallo Mullenlulle,

schön, dich hier zu lesen!
Herzlichen Dank für deine konstruktive Kritik.

Das Entfernen des Sternendiminutivs übernehm ich gern, liest sich wirklich besser.
Zum Rest: Wie ich schon fdöobsahs Kommentar entnehmen konnte, kommt anscheinend nicht wirklich das rüber, was ich bebildern wollte.
Die vierfache Nacht war als wiederkehrender Angriff derselben gedacht, das Nichts mit Vogelkrallen frisst ein paar, mehrere, viele Finsternisse in die Nacht und entfacht so nach und nach überall Dunkelheit - wie gesagt, da scheine ich Murks gebaut zu haben, es bebildert sich offensichtlich nicht wie erhofft.

Der Mond ist per Definition ein Erdtrabant, ein orbitaler Begleiter der Erde und, da wir Menschen auf letztgenanntem Planeten daheim sind, auchunser ein Begleiter, der Begleiter jedes einzelnen. Erdtrabantmetalle sind seine Schätze, Bodenschätze, Edelmetalle, alles, was glänzt und glitzert, sein Reichtum also, sein Hab und Gut, das ihm immer wieder geraubt wird. Mondspanpracht: Es wird immer wieder etwas abgehobelt, immer mehr schwindet, Span für Span. Vermutlich habe ich hier insgesamt zu sehr um die Ecke gedacht, so dass der Leser nicht mehr folgen konnte.

Wie gesagt, ich muss mich noch einmal dransetzen und schauen, ob und was da noch zu retten ist.

Vielen Dank noch einmal für die Rückmeldung, deine Interpretation und deine Anregungen.

Liebe Grüße

Sabine
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