Forelle blau

Sonett zum Thema Ausbrechen

von  Irma

Glaub nicht, du könntest einfach so verschwinden!
Ich kenne dich genau, weiß, was du brauchst.
Die Flucht ist sinnlos, denn ich werd‘ dich finden,
wo du dich auch versteckst und untertauchst.

Der Haken ist, du bist äußerst bemüht,
dass Aussehen und Name nicht mehr stimmen,
im Grunde aber gar nicht abgebrüht,
nicht ausgekocht genug, dich freizuschwimmen.

Ich suche dich im Netz. Die Wellen schlagen,
brechen deinen Willen. - Wirst du wagen,
dich aufgabeln zu lassen? - Du beißt besser
an und lieferst dich mir selbst ans Messer.

Ganz gleich, ob dir das schmeckt: Wir teilen Tisch
und Bett, und du musst still sein.

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Kommentare zu diesem Text

Falstaff (76)
(09.04.18)
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LottaManguetti (59) meinte dazu am 09.04.18:
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 Irma antwortete darauf am 05.12.18:
Ja, solche Typen haben oft kein Selbstbewusstsein und gewinnen es nur, indem sie Macht über einen anderen, wehrlosen Menschen ausüben können. Einen sehr verspäteten Dank an euch zwei! LG Irma
LottaManguetti (59)
(09.04.18)
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 Irma schrieb daraufhin am 05.12.18:
Auch hier noch mal ein spätes, aber liebes Dankeschön, Lotta! Und "schlechterzogen" bin in diesem Falle ich. Ein dickes *sorry*!

Liebe Grüße in deinen Advent, Irma

 Isaban (10.04.18)
Huah, ein Stalker.
Das liest sich hier, wie ein amerikanischer Krimi: Der Exmann oder Ex-Lebensgefährte kann die Frau nicht loslassen, die ihn - vielleicht weil er sie ständig verprügelt hat, verlassen hatte. In den Thrillern sind es meist Cops oder ähnlich bewaffnete Kerle, die ihre geflohenen Frauen verfolgen und diese lieber tot sehen möchten, als ihnen ein Leben ohne die gewohnte prügelnde Faust zu gestatten. Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt - und wenn ich dich nicht haben kann, soll dich keiner haben. Hier scheint es eine Art Cyber-Stalker zu sein, jemand, der seine Beute im Netz auskundschaftet, ihr auflauert und ...

Halb witzig, halb gruselig, dass der gesamte Text so aufgebaut ist, dass er gleichzeitig von einer Mahlzeit handeln könnte (Flucht, untergetaucht, Haken, abgebrüht, ausgekocht, freischwimmen, Netz, gegen die Wellen ankämpfen, anbeißen, aufgabeln, Messer, schmeckt, Tisch...). Diese Frau auf der Flucht wird nicht als Frau, nicht als gleichwertiger Mensch mit Rechten und freiem Willen betrachtet, sondern als (hilfloses) Tier, als Beute, die man - komme was da wolle - jagt, erlegt und frisst.

Das Ende empfinde ich als besonders gelungen, der verkürzte letzte Vers ohne Endreim - da kann man sich umso besser einen eigenen Reim drauf machen.


Der Haken ist, du bist äußerst bemüht

x Xx X x X Xx xX

So würde ich den Vers normalerweise betonen, da hoppelt es aber gewaltig - und ganz gleich, wie man die Betonungen verschiebt, einen Wohlklang wird man hier nie erreichen. Das LI scheint sich gewaltig daran zu stören, dass das LD die Gefahr erkannt hat und wirklich und wahrhaftig versucht, wegzutauchen.

Ebenso kantig schlägt der Wellenbrecher beim Lesen durch, der Trochäus haut passen zum Gebrochenwerden des LD so richtig rein, zwischen den ganzen Jamben.

Ein bisschen ungelenk empfinde ich allerdings das gleich darauffolgende "Wirst du wagen, dich aufgabeln zu lassen?", das auf mich ein bisschen sehr verkrampft und gezwungen wirkt - aber vielleicht soll es das auch, hier wird schließlich das LD bedroht/gezwungen. Hm. Geschmackssache vermutlich.

Ein spannender Text, der eine Realität wiedergibt, die ich nicht erleben möchte.

Liebe Grüße

Sabine

 Irma äußerte darauf am 05.12.18:
Liebe Sabine, ich sehe gerade, dass ich die Kommentare zu diesem Sonett nie gewürdigt habe (*schäm*). Und dabei hast dich so intensiv damit beschäftigt und so irre viel rausgeholt. Also noch einmal ein super verspätetes, aber sehr liebes Dankeschön an dich!

Ja, es geht hier um eine misshandelte Frau, die mittels einer neuen Identität versucht unterzutauchen. Aber so etwas ist gar nicht so einfach, weil fast jeder heutzutage Spuren hinterlässt. Auch und gerade im Netz ist das gefährlich. Ich fürchte, ihr Mann wird ihr auf den Fersen bleiben und sie früher oder später finden. In den letzten beiden Versen werden Tisch und Bett hart geteilt durch den Zeilensprung. Und den verkürzten letzten Vers ergänzt man unwillkürlich mit "still sein - wie ein Fisch".

Das mit der Hebungsverschiebung von "äußerst" in V.5 ist mir gar nicht aufgefallen (peinlich). Bin mir im Nachhinein auch nicht sicher, ob mir das wirklich so gut gefällt, oder ob ich nicht lieber stattdessen "zwar sehr" schreiben sollte. Was meinst du?

Für V.10/V.11 habe ich keine andere Lösung bzw. gefällt mir die Stelle so trotzdem ganz gut. Aufgegabelt zu werden ist ja, wenn man es wörtlich nimmt, eine schmerzhafte Sache (viele Einstiche).

Also, nochmal danke und einen lieben, adventlichen Gruß zu dir, Irma
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