Es wird still um einen Großen

Sonett zum Thema Ruhm

von  EkkehartMittelberg

„Die Weber“ brachten Elend auf die Bühnen,
Tabubruch mit der Kunst als schönem Schein,
du wolltest Dichter aller Menschen sein,
der Kaiser kündigte voll Zorn dem Kühnen.

„Vor Sonnenaufgang“ war ein Skandalon,
geschockte Bürger, schonungslose Kunst,
„Die Ratten“, hässlicher Proletendunst,
„Der Biberpelz“, vergessen der Salon.

Man überhäufte dich mit höchsten Ehren,
warum nicht Bürgerschreck und Liebling sein?
Drum lenktest du mit deinen Werken ein.

Dein Ruhm verblasste, konnte der Kritik nicht wehren,
am Ende dientest du der Tradition,
doch kannte man Romantik und Antike schon.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (27.03.19)
Es ist eben nicht jedem gegeben, als "der arme Poet" zu leben, besonders, wenn man von Ruhm und Geld gekostet hat.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.03.19:
Merci, Trekan. Es ging ihm weniger um Geld als um die Reputation beim Bürgertum.
Trainee (71)
(27.03.19)
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 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 27.03.19:
Liebe Heidrun,
grazie, du hast mich richtig charakterisiert. Mein Bemühen um Verstehen geht oft zu weit. Bei Hauptmann reicht es nicht, denn sein Ansehen allgemein und bei den Nazis war so groß, dass er mehr hätte riskieren können. Aber wir reden hier von Charakter. Vor seinem Lebenswerk habe ich hohe Achtung und meine, dass der Naturalismus leider in der Schublade des Vergessens zu verschwinden droht.
Herzliche Grüße
Ekki

 monalisa (27.03.19)
Hallo Ekki,
wer hätte gedacht, dass einer der als junger Schriftsteller mutig die sozialen Brennpunkte seiner Zeit und deren Missstände aufgriff, im Alter so handzahm die Augen verschließen würde. Der Anspruch ‘Bürgerschreck und Liebling‘ zu sein, lässt sich wohl auf lange Sicht nicht durchhalten. Ich denke, dass hier die Korrumpierbarkeit bereits grundgelegt ist. Es ist traurig, wie er sich mit den Nazis arrangierte, aber auch nachvollziehbar. Sein Werk jedenfalls bleibt unerreicht.
Es freut mich, dass du ihn auf diese Weise in Erinnerung rufst.

Liebe Grüße
mona

Kommentar geändert am 27.03.2019 um 09:12 Uhr

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 27.03.19:
Vielen dank, liebe Mona. Es ist bemerkenswert, dass die DDR Hauptmanns Stillhalten während des Nationalsozialismus fast totgeschwiegen hat und dass es dazu bis in die 70er Jahre auch in der BRD relativ wenig Kritik gab. Ich vermute, dass der Respekt vor einem großen Teil seiner Werke zu groß war. Ich habe als junger Mann Verfilmungen von "Rose Bernd" und "Fuhrmann Henschel" gesehen und war sehr beeindruckt. Damals sahen alle nur den Sozialkritiker Hauptmann und kaum einer den Opportunisten.
Liebe Grüße
Ekki
Sin (55)
(27.03.19)
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 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 27.03.19:
Lieber Lance,, dies habe ich als Begründung für die Verleihung des Nobelpreises an Hauptmann gefunden: "In seinen sozialen Dramen behandelte Hauptmann, so der Generalsekretär der Schwedischen Akademie, Hans Hildebrand, in seiner Laudatio "die Lebensbedingungen des kleinen Mannes, die er an vielen Orten, besonders aber in seiner schlesischen Heimat, studieren konnte. Seine Darstellung beruht auf sehr genauen Beobachtungen der Umstände und der Menschen. Jede seiner Figuren stellt eine ganz aus dem Individuellen charakterisierte Persönlichkeit dar; nirgends findet man lebensferne Typen, nirgends auch nur die Spur eines abgestempelten Charakters. [...] Der Realismus seiner Beschreibungen zwingt uns, neue und bessere Lebensbedingungen anzustreben und deren Verwirklichung zu wünschen." Aus meiner Sicht stimmt die Begründung. Wenn es dir möglich ist, schau dir mal die Verfilmung der "Weber" an. Danach kannst du immer noch entscheiden, ob es bei dem unbeschriebenen Blatt bleiben soll.
Beste Grüße
Ekki

 GastIltis (27.03.19)
Hallo Ekki, der „kV-Ehrenpreis“ fur dein kulturelles Schaffen ist dir gewiss. Sicher gibt neben mir es einige, die sein Haus in Kloster auf Hiddensee kennen. Sein Werk weniger. Allein schon die „Schlesichen Weber“ Heines und das Drama Hauptmanns verleiten förmlich zu Verwechslungen, obwohl sie das gleiche Thema, die grenzenlose Ausbeutung eines Berufszweiges durch den Fabrikanten Zwanziger speziell, im Drama Dreißiger, aber eigentlich generell, die eben zum Aufstand mit Toten und den dann eingesperrten Webern führten. Wieder ein Beispiel, in dem der Staat sich auf die Seite der Reichen stellte und die Schwachen verkommen ließ. Dass die Nazis ihn NICHT in ihre Partei aufnahmen, deutet darauf hin, dass ein Rest menschlichen Anstandes verblieben sein musste, mit dem sie offenbar nichts anzufangen wussten.
Apropos Hiddensee: als ich das este Mal dort war, hatte ich mir vorgenommen, jährlich wenigstens einmal diese wunderschöne Insel zu besuchen. Leider sind die Jahre darüber hinweg gegangen. Fast! LG von Gil.

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 27.03.19:
Gracias, Gil. Ich kenne wie du die wunderschöne Insel Hiddensee, das Hauptmann-Haus und den größten Teil des Werks dieses Dichters. Ich finde es wichtig, dass du noch einmal daran erinnerst, dass das Verhältnis zwischen Hauptmann und dem Nationalsozialismus nicht spannungsfrei war: ".In seinem Selbstverständnis war Hauptmann ein überparteilicher Dichter,[10] die nationalsozialistische Ideologie floss auch nicht in sein Werk ein.[11] Die Distanz zwischen Hauptmann und dem Nationalsozialismus geht auch aus einer Stellungnahme des Amts Rosenberg aus dem Jahr 1942 hervor: „Bei aller Anerkennung der künstlerischen Gestaltungskraft Hauptmanns ist die weltanschauliche Haltung der meisten seiner Werke vom nationalsozialistischen Standpunkt aus kritisch zu betrachten.“ (Wikipedia) Diese Feststellung soll ihn nicht reinwaschen. Aber glücklich alle, die sich nicht in einer Diktatur bewähren mussten.
LG
Ekki

 Habakuk (27.03.19)
Allemal lesenswert und informativ zudem. Gekonnt in die Form eines Sonetts gebracht.

BG
H.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.03.19:
Lieber Habakuk,
ich habe bisher alle Würdigungen von Dichtern als Sonette gebracht. Das wäre in Freien Rhythmen leichter gewesen. Aber jetzt versuche ich auf dem eingeschlagenen Wege zu bleiben und danke dir für die Anerkennung.
BG
Ekki

 TassoTuwas (27.03.19)
Hallo Ekki,
es wagt sich heute kaum noch ein Intendant an sein Werk, ist das eine Aussage über den Wert seine Dramen?
Ich sehe ihn in seiner Zeit, und da stand das Eintreten für die Unterprivilegierten nicht auf der Tagesordnung.
Seinen Lebenslauf halte ich für sehr spannend und nebenbei liebe ich den Dialekt.
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.03.19:
Lieber Tasso, viele, mich eingeschlossen, haben Hauptmann Arrangement mit dem Nationalsozialismus kritisch gesehen. Da ist es nur gerecht, dass du mit seinem Eintreten für die Unterprivilegierten noch einmal die andere Seite der Medaille erwähnst. ---- Die Rolle des Dialekts in Hauptmanns Werk wird zu wenig gewürdigt. Merci.
Herzliche Grüße
Ekki
Jo-W. (83)
(27.03.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.03.19:
Lieber Jo,
es ist interessant, wie sich die politischen Strömungen auf die Schullektüre auswirken. Während meiner Schulzeit in den 50er Jahren war Hauptmann noch sehr beliebt. Wir haben die wirklich gelungene bedeutende Novelle "Bahnwärter Thiel" gelesen. Aber es ist schön, dass du auf Hiddensee noch den Anschluss gefunden hast.
Danke und LG
Ekki
wa Bash (47)
(27.03.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.03.19:
Merci, wa Bash, es geht mir mit Hauptmann so, wie dir mit Ungaretti, freilich mit dem Unterschied, dass Hauptmann sich nie ideologisch zum Nationalsozialismus bekannt hat. Aber die Tatsche, dass er sich nicht deutlich distanziert hat, ist verstörend.
und da kann man nichts beschönigen.
Cora (29)
(29.03.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.03.19:
Merci, Cora, ich finde es wichtig, dass du noch einmal die Ambivalenz Hauptmanns gegenüber dem Nationalsozialismus unterstrichen hast.
LG
Ekki
Cora (29) meinte dazu am 30.03.19:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 30.03.19:
ja, das freut mich sehr.
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