Zwei aufmerksame Kinder und ein Engel

Anekdote zum Thema Kinder/ Kindheit

von  Graeculus

Als meine Kinder – nennen wir sie Jonas und Albert – acht und neun Jahre alt waren, habe ich mir mit ihnen den Mammutfilm „Ben Hur“ angeschaut. Anschließend kamen wir auch auf die Kreuzigung Jesu zu sprechen, wozu sie meinten: „Das ist ja nicht so schlimm mit der Hinrichtung, Jesus ist ja wieder auferstanden von den Toten.“

„Ach ja?“, fragte ich halb überrascht, halb skeptisch.
„Ja“, bestätigten sie, „das hat uns der Pfarrer in der Schule gesagt.“

Ich meldete Zweifel an: „Die Berichte in der Bibel über die Auferstehung sind aber unbestimmt und vor allem widersprüchlich.“
Das wollten Jonas und Albert nun genauer wissen, weshalb ich eine Bibel geholt und ihnen die Auferstehungsberichte der vier Evangelien vorgelesen habe: zwei Frauen, eine Frau, zwei Frauen und ein Mann, der Stein mal vor dem Grab liegend, mal beiseite gerollt ...

Nach dem zweiten Evangelium hatten die Kinder verstanden, worauf es ankam, und achteten sehr genau auf die Details. Als ich den letzten Bericht, den des Johannes-Evangeliums, vorgelesen hatte, sagte Albert blitzschnell und trocken: „Null Engel!“

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (28.12.19)
Vielleicht hatten die Kompilatoren da schon zu viel Wasser/Wein getrunken?

 Graeculus meinte dazu am 28.12.19:
Es waren sicherlich viele Mythen im Umlauf; aber man hätte sie besser koordinieren können. Nach beweiskräftigen Aussagen über Tatsachen sieht das alles nicht aus.
Und viele Menschen berauschen sich ja ganz ohne Alkohol an Religion.

 AchterZwerg (28.12.19)
"Null Engel?" Voll krass!
Hoffentlich sind den lieben Kleinen wenigsten ihre Schutzengel geblieben - in angesagter Kleidung natürlich und mit Tablet, falls mal eine Verkündigung abgelesen werden muss ..

Schmunzelnde Grüße
der8.

 Graeculus antwortete darauf am 28.12.19:
Eher nicht. Von Schutzengeln war in unserem Haus nicht die Rede, und anscheinend ist auch der Pfarrer nicht darauf zu sprechen gekommen.
Deine Vorstellungen wären aber bei ihnen als witzig gut angekommen.

 EkkehartMittelberg (28.12.19)
hallo Graeculus, du hast deine Kinder früh gelehrt, dass Engel nur selten existent sind. Mit diesem Wissen muss man sich auf sich selbst besinnen.
Engelfreie Grüße
Ekki

 Graeculus schrieb daraufhin am 28.12.19:
Eigentlich war das Thema die Auferstehung bzw. die Berichte darüber. Was ich vermitteln wollte, war das kritische Denken, wo der Pfarrer Mythen wie Tatsachen behandelt hatte.
In diesem Zusammenhang ist Albert, hellwach, aufgefallen, daß die drei anderen Evangelisten von einem bzw. mehreren Engeln am Grab berichteten, Johannes jedoch nicht.
So kamen wir auf die Engel; darüber hinaus waren sie nach meiner Erinnerung kein Thema.

Wichtig aber war für mich, wie gesagt, das, was man das Prinzip der Aufklärung nennen könnte. In dieser Frage sind wir uns ja, wenn ich es recht sehe, weitgehend einig; Ich weiß aber nicht, wie Du es da mit Deinen Kindern (sofern Du welches hast) gehalten hast. Ab wann beginnt man in der Erziehung damit?

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 29.12.19:
Ich habe meine Tochter radikal früh aufgeklärt. Sie hat sich deswegen später nie beschwert. Bei meinen Schülern bin ich vorsichtiger gewesen.

 Graeculus ergänzte dazu am 29.12.19:
Aufgeklärt. Bestimmte 'Mythen' haben wir gar nicht erst vermittelt. Vermutlich auch Du nicht. Ein Unterschied zu Schülern? Ja, da ist größere Vorsicht angesagt, denn andere Kinder haben anderes gelernt, und als Lehrer weiß man nicht, was man da zerstört und welche Folgen das hat. Vor allem in der Sek I.

 Regina (28.12.19)
Meine Tante erzählte mir als Kind immer von Engeln. Als ich dann am Fenster saß und draußen welche fliegen sah, glaubte sie mir das nicht. Engelsgrüße Gina

 AchterZwerg meinte dazu am 28.12.19:
Warum soll man Kindern eigentlich den Glauben an Engel nehmen? Und den an die Jungfrau Maria (die Ex-Isis) in ihrem schönen blauen Mantel?
Warum nicht ewas so Poetisches zulassen?
Der real existierende Spätkapitalismus meldet sich noch früh genug zu Wort,

ahnt
der8.

 Graeculus meinte dazu am 28.12.19:
Wie ich schon bei Ekkehart geschrieben habe, waren nicht die Engel das Thema unserer kleinen Szene, sondern die (Berichte über die) Auferstehung.
Zudem hatten unsere Kinder keinen Glauben an Engel, den ich ihn hätte nehmen können, und auch der Pfarrer in der Grundschule ist darauf nicht zu sprechen gekommen.

Kinder brauchen Märchen, aber die findet man auch anderswo. Ich habe sie ihnen durch Vorlesen vermittelt.
Mein eigenes Gefühl für die Mythen des Christentums ist sicherlich schwach entwickelt. Was soll ich machen? Ich bin Heide und erfreue mich an anderen Mythen.

 TassoTuwas (28.12.19)
Das sollte man nicht so eng sehen. Die Evangelisten waren ja nicht dabei, haben aufgeschrieben, was sie gehört hatten, von Einem der Einen kannte, dessen Schwager...
Manches ändert sich auf der Welt auch über Jahrtausende nicht
TT

 Graeculus meinte dazu am 28.12.19:
So ist es. Ob man den Pfarrern dieser Welt davon Kenntnis geben sollte? "Die gesamte Predigtpraxis beruht darauf, daß sie die Ergebnisse der kritischen Leben-Jesu-Forschung ignoriert", sagte kürzlich ein Theologe.
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