Wenn ich ...

Text

von  Mondscheinsonate

... lese, dann leide ich stets mit, so wie letztens bei "Cécile" von Fontane. Aber, schön ist doch, dass die Liebe noch gestanden wurde, bevor das Ende nahte. So hoffte ich, durch "Papillon" von Henri Charrière wegzukommen vom Seufzen und kam ins pure Grauen. Leide bei jedem Schlag unendlich mit. 

So, wie damals bei "Krieg und Frieden", die Schlachtszenen, das Leid, wurden genau, ja, präzise beschrieben, sodass der Krieg in meinem Kopf regelrecht tobte. Nein, keine Einschlafliteratur, wahrlich nicht und zu sehr durfte man sich an Charaktere nicht gewöhnen, denn irgendwann waren sie dann tot, schrecklich, das ist überhaupt das Schlimmste, wenn man einen Protagonisten verfolgt und der stirbt plötzlich, fast nebenbei, ganz normal, dass es so ist. Da spüre ich extremen Schmerz, der tief geht. 

Und, so werden er, Papillon, und die anderen Gefangenen getreten, geschlagen, verbrüht, fast umgebracht, dies nur auf wenigen Seiten, weit bin ich noch nicht und es geht tief in mein Mitgefühl.

Natürlich gibt es auch das Gegenteil, ich lese Zeilen, empfinde gar nichts, weil der Autor, geschlechtsneutral, einfach nichts transportieren kann, nicht fähig ist, Gefühl zu erzeugen. Ob das gute Literatur ist, sei dahingestellt, handwerklich vielleicht, mehr schon nicht. Nicht zu verwechseln mit denen, die das gar nicht wollen, die nur auf den Denkapparat zielen, die sind nicht gemeint, sondern die, die denken, dass nur das Handwerk zu beherrschen reicht. Vergeudete Lebenszeit, das denke ich dann. Ich wüsste ein berühmtes Beispiel, verbrenne mir aber nicht meine Finger, es gibt zu viele glühende Verehrer, ich gehöre nicht dazu. Der Herr löst in mir gar nichts aus, wenngleich, man sagt, er sei "begnadet" gewesen und ja, das war er, erzähltechnisch auf jeden Fall, an der Oberfläche bleibend. Auch unbekannte Beispiele gibt es genug, die einfach nichts hergeben, außer gediegenes Handwerk. 

Nein, meine Lebenszeit ist zu schade für sowas, ich lebe und leide gerne mit. Wenn ein Buch zum großen Teil mitlebenswert ist, am Schluss langweilig und öd wird, verzeihe ich es dennoch, so wie "Der Mann ohne Eigenschaften" von Musil, es bleibt ein gutes Buch für mich oder der "unantastbare" Proust, der hat auch langweilige Passagen, die aber verzeihbar sind, er bleibt großartig im Gesamtwerk. Aber, niemand wühlte mich so auf wie Dostojewski oder Tolstoj. 



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