Bücher, die vielleicht doch interessieren könnten und sollten (oder auch nicht!)

Text

von  Mondscheinsonate

Der lange in Russland verbotene "Dr.Schiwago" von Pasternak blieb mir als Leserin lange fern, obwohl er immer in Familienbesitz war, zunächst im Eigentum meines Großvaters in deutscher Originalausgabe, nach seinem Tod erwarb ich seine Bibliothek derivativ im Erbgang, darunter hundert Bücher, die ich "zur freien Entnahme" im Haus auflegte, die auch schnell weg waren, da ich keine Bücher im Regal stehen haben wollte, die von den Nazis "durchgesehen und als unbedenklich" betrachtet wurden. Solche Stempel haben in Literatur nichts verloren und schon gar nichts bei mir zuhause. 

Nun, den Film "Dr.Schiwago" liebte ich als junges Mädchen und auch heute noch habe ich die alten, monumentalen Schinken äußerst gerne. Daher stand das Buch ewig bei mir, ich rührte es nicht an, dachte, dass ich den Inhalt sowieso kennen würde. Irgendwann las ich es dann doch und hier eine Triggerwarnung: "Es bedarf Geduld!" 

Ich habe noch nie so schöne Beschreibungen über Schnee gelesen, noch nie in meinem Leben, phantastisch, aber sonst zieht sich die Erzählung ins Unendliche. Vergleicht man den Film, was die Schneebeschreibungen angehen, mit dem Buch, so kann man sagen, der Film ist phänomenal umgesetzt worden. David Lean war wirklich ein Meister, der dann natürlich nur den Hollywoodkitsch herrlich hervorhob, das, was die breite Masse interessierte. Obwohl, eigentlich ist es gar nicht kitschig, wenn man genau hinsieht. Auf jeden Fall, das Buch bedarf Geduld und hier ein harter Schnitt in die Südstaaten zu "Vom Winde verweht", das man nicht sofort als Kitsch abtun sollte, sondern genauer mit der Lupe betrachten muss, um herauszufiltern, wie grausam es eigentlich ist. Natürlich, Magret Mitchell schrieb blumig, mit tausenden Dialogen für die breite Masse, was mich normalerweise nicht anspricht und quälte mich auch wahrlich durch, jedoch muss man sich einmal überlegen, was da eigentlich zerstört wurde, wie selbstverständlich die Gesellschaft mit Sklaverei umging und dass man sogar darum kämpfte, wie krank und rückständig das eigentlich war. Liest man also um die feine Gesellschaft herum, dann ist es das Grauen. Ich gebe zu, ich liebe den Film überalles, Vivian Leigh ist hinreißend gewesen. Ich denke also, das Buch sollte man einmal gelesen haben. 

Schinken der Weltliteratur Ende, grundsätzlich lese ich ungerne Bücher, die fürchterlich gehypt werden, da bin ich immer sehr skeptisch, jedoch als Reich-Ranicki Monika Marons "Animal Triste" besprach und in den Himmel lobte, wurde ich neugierig. In Wahrheit war das der erste richtige Streit zwischen Löffler, Karasek und ihm, denn Löffler sah das Buch als banal und trivial, einfach schlecht, was Ranicki empörte. 
Das Buch ist sprachlich einfach gehalten, die Liebesgeschichte, eigentlich nur Obsession, banal und birgt nichts Neues. Aber, man darf ruhig auch über mich herfallen, Maron langweilt mich zu Tode. Aber, auch seine "Gefährliche Geliebte" von Murakami fand ich grottenschlecht. Löffler nannte es "Fast Food", so sah ich es auch. Keine Ahnung warum, Murakami spricht mich niemals an, doch, mit "Kafka am Strand", hier ein dicker Punkt und ich las alles von ihm, denn ich war auf der Suche nach der breiten Faszination, verbuchte es als verlorene Lebenszeit und nein, so abgeneigt bin ich bei abgefahrenen Geschichten nicht, denn neben Thomas Bernhard, bin ich seit zweieinhalb Jahrzehnten ein absoluter Paul Auster-Fan, sah ihn sogar im Ronacher lesen, fand ihn faszinierend. Und, was Liebe angeht, so war ich entzückt über das Buch "Über Liebe und Magie" - I PUT A SPELL ON YOU, Freunde von Burnside kommen hier auf ihre Kosten. Es ist autobiografisch, jedoch auch nicht so lesbar, bleibt so oder so ein Buch, das man von A bis Z durchliest und sich manchmal fragt: "Um Himmels Willen, will ich wieder lieben?" Das Buch ist auf dem höchsten Niveau geschrieben. 

Aber, das schönste, rührenste am Schluss, drei Bücher, die mich zutiefst berührten, zum einen, von Gorz "Brief an D.", ich will nichts verraten, es ist ein Büchlein und dann von Hesse "Brief einer Unbekannten" sowie die Novelle "Weiße Nächte" von Dostojewski, wunderschön geschrieben, ein Traum. 


Vielleicht sei noch gesagt, dass es wirklich Autoren gibt, denen man entwächst, mir passierte das bei T.C.Boyle, John Irving, wie bereits erwähnt, zum Teil Hesse, Bret Easton Ellis. Bei anderen wächst man erst hinein, so für mich Clemens Setz entdeckt, ein Ausnahmetalent, auch Eugenides' "Middlesex" lernte ich erst jetzt lieben.


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Kommentare zu diesem Text

Daniel (50)
(11.11.23, 00:01)
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 Mondscheinsonate meinte dazu am 11.11.23 um 00:05:
Viel Vergnügen, manches ist halt anders als man es kennt und anderes äußerst überraschend.

 EkkehartMittelberg (11.11.23, 18:49)
Hallo Cori,
ich fühle mich durch deine Leseerfahrungen oft bestätigt.
Die besten Besprechungen von Literatur habe ich in diesem Büchlein gefunden: ZEIT-Bibliothek der 100 Bücher, hrsg. von Fritz Raddatz, Suhrkamp Taschenbuch, 1. Auflage 1980

Liebe Grüße
Ekki

 Mondscheinsonate antwortete darauf am 11.11.23 um 18:55:
Oh, Danke für den Tipp!

 Graeculus schrieb daraufhin am 11.11.23 um 22:53:
Man kann das noch ergänzen:

Fritz J. Raddatz (Hrsg.): ZEIT-Bibliothek der 100 Sachbücher. Frankfurt/Main 1984 (suhrkamp taschenbuch 1074)

 Mondscheinsonate äußerte darauf am 11.11.23 um 22:57:
Auch spannend. Sachbücher habe ich sehr gerne.

 Graeculus ergänzte dazu am 11.11.23 um 23:00:
Noch älter, viel älter, aber mir am liebsten:

John Carter/Percy H. Muir (Hrsg.): Bücher, die die Welt verändern. Darmstadt 1969. (Wissenschaftliche Buchgesellschaft)

Ca. 800 Seiten und damit viel umfangreicher als die beiden anderen Genannten.

 Mondscheinsonate meinte dazu am 11.11.23 um 23:20:
Ich bilde mir ein, aber ich denke, es ist nur eine Einbildung, dass ich das Buch schon einmal gelesen habe. Keine Ahnung wieso.
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