Österreich wird zur Weltmacht, in zwei Versionen

Historisches Drama zum Thema Politik

von  Graeculus

A-E-I-O-U: AUSTRIAE EST IMPERARE ORBI UNIVERSO
Zeit: 1477 bis 1558

Version 1:
Friedrich III. von Habsburg, Erzherzog von Österreich, deutscher König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, gelang es, seinen Sohn Maximilian mit Maria von Burgund, der Tochter Karls des Kühnen und reichsten Frau Europas, zu verheiraten. Dadurch wurde Maximilian Herrscher Burgunds und der Generalstaaten (heute: Belgien, Niederlande), obendrein der Nachfolger seines Vaters im Deutschen Reich.
Ihr Sohn, Philipp der Schöne, heiratete Johanna, die Erbin von Kastilien. Dadurch wiederum wurde deren Sohn Karl als Karl V. von Habsburg deutscher König und Kaiser, obendrein König von Spanien und Herrscher über dessen weltweites Kolonialreich, „in dem die Sonne nie unterging“.

Version 2:
Friedrich III. von Habsburg, Erzherzog von Österreich, deutscher König und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation, war bankrott und heillos in einen Krieg mit Ungarn und Türken verstrickt. Für ihn gab es nur einen Ausweg: seinen Sohn Maximilian mit Maria von Burgund zu verheiraten - nach dem Tod ihres Vaters, Karls des Kühnen, die reichste Frau Europas. Maria hätte allerdings lieber selbst regiert und sich ihren Gatten frei ausgewählt. Nun stand sie aber unter dem Druck Frankreichs und seines Königs Ludwig XI., der Burgund und dessen Besitzungen mangels eines männlichen Erben dort gerne als Lehen einkassiert hätte. Er konnte sich eine Heirat Marias mit seinem Sohn, der freilich noch ein Kind war, vorstellen. Seinen Erwartungen verlieh er durch militärische Maßnahmen Nachdruck. Erst unter diesen Umständen erklärte sich Maria zur Ehe mit Maximilian von Habsburg bereit, der ihr als Mann eine Unterstützung sein konnte. Ein Kind heiraten, und dann auch noch ein französisches, das wollte sie auf keinen Fall.

Offenbar ist diese Ehe dann harmonisch verlaufen, und in der Tat konnte Maximilian seiner Frau und sich einen Großteil des burgundischen Erbes sichern. Zwei Kinder entstammten dieser Ehe: Philipp der Schöne und Margarete. Maria ist allerdings bereits mit 25 Jahren als Folge eines Sturzes vom Pferd gestorben.

Philipp der Schöne wurde mit Johanna von Kastilien verheiratet, seine Schwester Margarete mit deren Bruder Johann, der König von Kastilien und Aragon geworden wäre, wäre er nicht früh gestorben. Von Johannas Seite aus war es die große Liebe, von Philipps Seite aus eine politische Ehe. Die Liebe holte er sich andernorts. Reichlich.

Als König von Kastilien konnte Philipp sich als Gemahl Johannas nach dem Tod Johanns durchsetzen. Zwei Söhne, Karl und Ferdinand, schienen seinen Erfolg vollständig zu machen. Aber auch Philipp starb jung an einem Fieber. Endlich hatte Johanna ihn nur für sich. Sie ließ ihn in einen Sarg legen, den sie über längere Zeit überallhin mit sich nahm. Kein weibliches Wesen durfte sich ihm nähern. Sie wurde psychisch schwierig und ist als Johanna die Wahnsinnige, Juana la Loca, in Erinnerung geblieben.

Ihr älterer Sohn aber trat die Herrschaft in vollem Umfang an: als Karl V., deutscher König, Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Spanien (dort nach längerer Auseinandersetzung mit Johannas Vater Ferdinand), damit Herr des gesamten, weltweiten spanischen Kolonialbesitzes.
In andauernden Kämpfen gegen die durch Luther ausgelöste Reformation einerseits und den Papst seines eigenen katholischen Glaubens andererseits rieb er sich auf. Die deutsche Sprache hat er nie erlernt.

1556 legte er seine Ämter nieder und ließ sich in einem spanischen Kloster nieder. Man sagt, daß er sich am Ende seines Lebens in einen Sarg gelegt und seiner eigenen Totenmesse (probeweise, sozusagen) beigewohnt habe. 1558 ist er dann tatsächlich gestorben. Das Habsburgerreich wurde zwischen einer spanischen und einer österreichischen Linie aufgeteilt.

Geschichte ist manchmal lang interessanter als kurz.


Z


Philipp der Schöne von Habsburg

(mit dem Orden vom Goldenen Vlies)



Anmerkung von Graeculus:

Auf dem österreichisch-deutschen Kulturkanal 3sat wird derzeit ein Dreiteiler über Maria und Maximilian gesendet: "Maximilian - Das Spiel von Macht und Liebe."
Das war für mich die Anregung.

Für das berühmte Akrostichon A-E-I-O-U Kaiser Friedrichs III. gibt es mehrere, sogar viele mögliche Deutungen.

Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Verlo.

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Kommentare zu diesem Text


 Quoth (05.01.24, 17:39)
"Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube!" Wer hat diesen (sprichwörtlichen) Hexameter gedichtet? Er stammt doch aus dieser Zeit, oder?

 Graeculus meinte dazu am 05.01.24 um 18:29:
Als Verfasser wird Matthias Corvinus genannt, und ja, dieser Ungar stammt aus der fraglichen Zeit.
Zweierlei ist dazu noch zu sagen:

1. Vollständig lautet das Distichon:
"Bella gerant alii, tu, felix Austria, nube!
Nam quae Mars aliis, dat tibi diva Venus."

2. Als Quellen gelten:
- Ovid, Heroides 17 (Helena an Paris), Vers 253:
"apta magis Veneri; quam sunt tua corpora Marti."
- Ovid, Heroides 13 (Laodamia an Protesilaus), Vers 84:
"bella gerant alii; Protesilaus amet!"

Antwort geändert am 05.01.2024 um 18:31 Uhr

Antwort geändert am 05.01.2024 um 18:36 Uhr

 Graeculus antwortete darauf am 06.01.24 um 13:21:
Mir wurde andernorts mitgeteilt:

Ein paar Worte mehr lassen sich dazu schon noch sagen. Dass die Zuschreibung an Matthias Corvinus wohl falsch ist, haben bereits der Büchmann im 19. Jh. und die Historikerin Elisabeth Klecker in einer Untersuchung von 1997 festgestellt. Der bekannte Kuckuckszitatenjäger Gerald Krieghofer* kann das Distichon bis ins Jahr 1718 zurückverfolgen. Für den Hexameter gibt er 1654 als Jahr des frühesten Belegs an. Tatsächlich kommt man noch etwas weiter zurück: Das vollständige Distichon findet sich (mit kleinen Abweichungen) in gedruckter Form mindestens seit 1645**. Ein inhaltlich verwandtes Distichon existiert aber schon 1605***:

Bella gerens perdis, nubens capis, Austria, regna.
Austria, nube: duces bella gerant alii.


* https://falschzitate.blogspot.com/2017/10/bella-gerant-alii-tu-felix-austria-nube.html
** https://books.google.de/books?id=MHDahYJCuUAC&pg=PA736
***  https://books.google.de/books?id=fnVoAAAAcAAJ&&pg=PA78

 Graeculus schrieb daraufhin am 09.01.24 um 12:45:
Besser noch Heriodes 17, Vers 254:
"bella gerant fortes, tu, Pari, semper ama."
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