Laudanum

Kurzprosa zum Thema Andere Welten

von  mondenkind

Der Docht meines Rauchwerks penetrierte die dämmrige Luft, die sich mir so willig anpries, und schwängerte sie mit der schweren Süße des Opiats. Die Zunge klebte zäh am Gaumen, so dass das überdrüssige Glucksen aus meinem Hals eher wie ein staubiges Schmatzen klang.
Nur unmerklich bewegte ich mich auf dem weichen Laken, denn jeder Fingerstrich war mir eine Odyssee durch die Zeit.
Zur Unendlichkeit langsam beugte sich ein Wesen in mein Blickfeld. Es lachte so lustvoll und die Nacht spreizte ihre Beine. Bevor ich etwas erwarten konnte, wurde ich übermannt von Händen, tauchte in eine pralle Brust, schmeckte Schlafmohn, Schlafmohn. Biß ihn mir lechzend von den Lippen, erschauerte im Echo meines einzigen Atemzuges.
Und über allem lag ein tiefrotes Seidentuch.
Gurrend schmiegte sich ein warmer Mund an mein Ohr. Sprach leise singend - und mein Arm sackte durch dickflüssige Luft -  wurde lauter, dann zweizüngig in unstimmigen Worten. Mein Blick sank trunken in ihr Gesicht. Gerade noch recht, um Zeuge zu werden, wie die Rosen plötzlich auf ihren Wangen verblühten. Wie sie auf der Haut zerfielen, bevor auch diese riss und eine bleckende Fratze preisgab.
Ich erstarrte.
Ihre Worte, Verse aus der Hölle, ihre Augen fraßen Brandwunden in meinen Körper. Klauen bohrten, hornige Knie, zerstoßener Schwefel in ihrem dichten, viel zu nahen Atem.
Das Grauen, der Schrecken ließen meine opiate Lethargie vergessen, ich bäumte mich auf. Kämpfte! Spürte die dämonische Übermacht in ihren schlagenden Armen. Stunden, so schien es mir, rang ich im erbitterten Kampf, ich, der Gute in diesem unmenschlichen Übergriff. Spürte ihren Widerstand, hörte -
Doch schließlich sank sie nieder. Mein Blick war rotumspült. So sah ich ihr teuflisches Antlitz nicht mehr. Ihren sehnigen Hals, meine Hände darum. Fest. Fest genug. Fest genug! Fest genug.
Mir war, als hörte ich ihre verdammten Seelen in die Hölle fahren. Es kreischte um mich herum, es schrie hysterisch gen Boden, gen Himmel. Und ich. Ich schrie mit. Mein Grauen rief ich wild in ihr Gesicht. Mein Grauen. -
Das größer nicht sein konnte, als ich ihre zarte Haut so kalt erspürte. Ihre entsetzten, starren, leblosen Augen, als die meinen sich langsam klarten. Meine unseligen Hände.
Und kalter Opiumrauch, der sich leise davonstahl.

Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren

Kommentare zu diesem Text

fragilfluegelig (49)
(11.11.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 mondenkind meinte dazu am 14.11.11:
ohwow! das freut mich sehr. :) vielen dank, fluegelige!
KoKa (43)
(11.11.11)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 mondenkind antwortete darauf am 14.11.11:
oh vielen dank, dir. :)

 EkkehartMittelberg (11.11.11)
Grauen pur. Meisterhaft gestaltet.
LG
Ekki

 mondenkind schrieb daraufhin am 14.11.11:
danke!! *knicksmach*

 RainerMScholz (02.01.13)
Der warme Hauch der Droge - der kalte der Realität.
Grüße,
R.
Möchtest Du einen Kommentar abgeben?
Diesen Text kommentieren
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram