Sallys Haus (12)

Erzählung zum Thema Geister

von  Prinky

Kyle hatte die Nacht recht schlecht durch geschlafen. Mit dem ersten Sonnenstrahl stand er auf, nur um gleich darauf schon vom nächsten Telefon, welches sich im Wohnzimmer befand, anzurufen.
"Pater Francis, entschuldigen sie die frühe Störung, aber ich muss mit ihnen sprechen. Gleich! Können wir uns bald treffen?"
Er schien unglaublich aufgedreht, aber gleich darauf wurde ihm da schon der Wind aus den Segeln genommen.
"Es ist Sonntag!
Um halb neun halte ich meine Predigt. Haben sie das vergessen?"
Kyle wurde bewusst welcher Tag angebrochen war. "Wissen sie was? Ich komme zur Predigt, und danach unterhalten wir uns."
"Gut," meinte Pater Francis, so können wir es machen. Bis gleich!"

Kyle verließ das Haus. Unbemerkt von seiner Familie stieg er ins Auto und fuhr los. In seinen Gedanken kreiste ein großer Adler, der unentwegt vom Himmel nieder stieß, und ihn unentwegt in den Kopf hackte. Schmerzvoll wurde ihm seine und die seiner Familie bewusst. Doch endlich hatte er ein Präzisionsgewehr in seiner Hand, und endlich schien es ihm leicht diesen scheiß Vogel vom Himmel zu knallen. Hinweg, und alles wär gut.

Die Kirche war bei weitem nicht bis auf den letzten Mann gefüllt. Aber das war kein Wunder, hatte die christliche Kirche doch schon länger das Problem ihre von Gott geweihten Häuser zu füllen. Er nahm direkt links auf der hintersten Bank Platz und lauschte der nichtssagenden Predigt. Seine Gedanken waren einfach absolut nicht bei der Sache, was man durchaus verstehen konnte. Kyle roch das Weihwasser, das er sich auf die Stirn gestrichen hatte, und er richtete seine Augen auf das große Kreuz, das hoch über dem Altar an der Decke angebracht war.
In seinen Gedanken kniete er vor dem Herrn, der ihm sanft in die Augen blickte. Doch weder er noch Kyle sprachen ein Wort. Mit Gottes Blick floss ein unendlicher Frieden in seine Stimmung, und er ahnte das sich kein Geist dieser Welt dem göttlichen Exodus widersetzen könnte, eines Tages doch seinem persönlichen Frieden zu erliegen. Es war wie ein geistiges Auftanken, als ihm plötzlich jemand von hinten an seine rechte Schulter packte.

"Die Predigt ist um!"
Pater Francis stand hinter ihm. Die Kirche hatte sich bis auf jene zwei vollständig geleert.
Er setzte sich neben Kyle und schaute Richtung Altar.
"Wissen Sie, ich stelle mir vor wie es damals war," sprach Francis in ruhigem Ton.
"Vater Moidred musste handeln, und  vielleicht saß ihr Vorgänger auch hier, und vielleicht beschlich auch ihn eine Idee, jenem Spuk so zu begegnen, das er endlich endet. Aber das ist nur ein Gedanke.
Was wir erleben, wäre für die meisten nur eine coole Horrorgeschichte. Natürlich frei erfunden, so wie es auch in Amityville war, jedoch...ich maße mir nicht an zu urteilen, denn wer es nie erlebte, dem steht auch keine Beurteilung zu. Ich sehe noch immer das Bild des Mörders vor mir, und ich sehe doch nicht als einziger diese Besessenheit in seinen Augen, oder doch?"
Einen Moment lang schlich eine unendliche Stille durch das Kirchenschiff, und die hellen Lichter unzähliger Flammen strahlten in einen Frieden, der erst noch gefunden werden sollte.
"Wissen sie Kyle," fuhr Francis weiter, "jener Ronald DeFeo jr. war nicht plötzlich zu dem schlechten Menschen, zu dem Monster geworden, der da plötzlich seine ganze Familie umbrachte, nein, irgendetwas hat ihn dazu getrieben. Und wenn ich in seine Augen blicke, auf jene Fotos, die da existieren, dann glaube ich ganz sicher an das Böse. Und um das Böse zu vertreiben, muss Gott anwesend sein. Aber anwesend sein kann er nur, wenn man auch an ihn glaubt."

Kyle drehte sich zu ihm um. Seine Gedankenwelt erlosch für Sekunden, und dann schoss es aus ihm, gleich unzähliger Patronen aus einem Maschinengewehr;
"Hören sie, der Tod hat sich dem Haus genähert, er liebt es und bleibt. Aber nun hat er sich eine neue Spielwiese gesucht. Meine Familie.
Ich glaube das der Tod eine Ereigniswelle aufgebaut hat, und somit kann nur der erneute Tod sie ausrollen lassen, und somit verschwinden lassen!"

"Wie meinen sie das, " fuhr ihm Francis ins Wort.
"Was für ein Tod?"
"Haben sie nicht gesagt," fuhr Kyle weiter,
"das sich der Spuk, und vor allem Sally, sich nun nicht mehr prekär dem Haus widmet, sondern eher meinem Sohn Sam? Ist es nicht so?"
"Ja, das ist wohl wahr!
Doch, was wollen sie mir sagen Kyle? Doch nicht...etwa....das..."
"Genau das," meinte Kyle zu ihm.
"Sam muss nur sterben, und schon ist die Verbindung tot, und so der verdammte ganze Geisterspuk."
Pater Francis sah ihn entgeistert an.
"Kyle, das ist nicht ihr ernst! Das kann nicht ihr Ernst sein! Wollen sie ihren Sohn nun schützen oder töten? Was ist los mit ihnen?
Doch Kyle blieb merklich ruhig.
"Töten ja, aber nur kurz! Die Verbindung muss abbrechen, dann wird er wiederbelebt, und alles ist gut. Das ist der einzige Weg Pater!
Glauben sie mir! Wir müssen es tun!"
Doch Pater Francis schüttelte nur den Kopf. Das kann nicht sein, lassen sie ab von ihren abstrusen Gedanken. So retten sie ihren Sohn nicht, so töten sie ihn!"
Doch Kyle war schon aufgestanden und ging in Richtung der schweren hölzernen Tür.
"Glauben sie mir! Der Tod bringt den Frieden und somit das Leben."

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