Blaues Wunder

Sonett

von  monalisa

Gebeugt, auf den Kirchturm als Krückstock gestützt,
so zeigt sich der Himmel bei spärlichem Licht
als alternder Griesgram mit Narbengesicht.
Die Ohren nur dürftig vor Kälte geschützt,

mit Wolken, wie gräuliche Kappen, bemützt,
verheißt er nichts Gutes, das jüngste Gericht,
den Weltuntergang, vielleicht diesmal noch nicht.
Der tattrige Greis ist senil, doch gewitzt

verbirgt er sein Manko: Er ist nicht ganz dicht!
Denn Treibgas hat seine Ozonschicht geschlitzt.
Wir tun so, als sei nichts, auf Wachstum erpicht,

ignorieren wir stur, dass die Welt sich erhitzt.
Die Masse der Menschen denkt nicht an Verzicht
solange sie warm unterm Weihnachtsbaum sitzt.

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Kommentare zu diesem Text


 niemand (10.12.14)
Inklusive Titel, sehr gut! Mit herzlichen Grüßen, Irene

 monalisa meinte dazu am 11.12.14:
Liebe Irene, ich bedanke mich herzlich und grüße ebenso zurück :), mona
Sätzer (77)
(10.12.14)
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 monalisa antwortete darauf am 11.12.14:
Dankeschön, das freut mich:)
Liebe Grüße,
mona

 Didi.Costaire (10.12.14)
Eine interessante Idee, Mona, das, was nach Weltuntergang aussieht, mit dem, was ihn real befürchten lässt, in ein Sonett zu bringen. Zwar besteht zwischen beidem nicht unbedingt ein kausaler Zusammenhang, aber durch den Rhythmus und das Versschema mit durchgängigen Reimen samt versiert eingebautem Hoppler beim Ignorieren klingt es einleuchtend.
Liebe Grüße, Dirk

 monalisa schrieb daraufhin am 11.12.14:
Naja, Dirk, streng kausal ist der Zusammenhang vielleicht nicht, aber angesichts der Weltuntergangsstimmung am Himmel kann man schon ins Grübeln kommen, und es regt sich die Ahnung, dass wir nicht ewig so weitermachen können.
Vielen herzlichen Dank für deinen versierten Kommi und die positive Einschätzung.

Liebe Grüße,
mona

 EkkehartMittelberg (10.12.14)
Liebe Mona,
nach der Lektüre der ersten Strophe mit zwei sehr schönen Metaphern dachte ich, es handle sich um Naturlyrik und war dann überrascht, dass es sich zu einem auch formal sehr gelungenen gesellschaftskritischen Gedicht weiter entwickelt.

Liebe Grüße
Ekki

 monalisa äußerte darauf am 11.12.14:
Ja, lieber Ekki, der Versuch einer Verflechtung von Natur und Gesellschaft, auch ein Versuch mit außergewöhnlichen Metaphern, nach Aufmerksamkeit für ein Thema zu heischen, das wir allzu gern immer wieder verdrängen.
Ich danke dir herzlich für dein positives Feedback.

Liebe Grüße,
mona
(Antwort korrigiert am 11.12.2014)
janna (66)
(10.12.14)
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 monalisa ergänzte dazu am 11.12.14:
Wenn due Freude am Lesen hattest, dann freut mich das ganz besonders, liebe Janna! Auch die Attribute 'witzig' und 'fantasievoll' stimmen mich froh, genau das war beabsichtigt :)

Vielen Dank und liebe Grüße,
mona
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