Wie kam der Präfekt ins Glaubensbekenntnis?

Satire zum Thema Urteilsvermögen

von  loslosch

Intrat quo modo Pilatus nescio credo (aus dem frühen Mittellater). Ich weiß nicht, wie Pilatus in das (katholische) Glaubensbekenntnis (= Credo) hineinkommt.

Eine alte Wendung, die kritisch darauf abzielt, dass im Konzil von Konstantinopel  (381 n. Chr.) in einem zentralen Glaubensdokument mit allen theologischen Essentials zu allem Überfluss Pontius Pilatus erwähnt wird (... Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus ...).

Vermutlich war diese ehrenwerte Erwähnung an herausgehobener Stelle ein diskreter Hinweis auf das zunächst erfolgreiche Hinhalten und Lavieren des historischen Pontius Pilatus, das bei den Konzilsvätern einen starken Eindruck hinterlassen haben könnte. Andererseits: Hätte Pilatus Erfolg gehabt, wären die Worte der Schrift womöglich nicht in Erfüllung gegangen.

Heute rennt der/die Antragsteller(in) von Pontius zu Pilatus (eigentlich ein und dieselbe Person; Pilatus hatte die "Strafsache" ja mehrfach auf dem Tisch) und erkennt erst sehr spät, dass sich dahinter der uralte negative Kompetenzkonflikt verbirgt: Keiner fühlt sich zuständig.

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Kommentare zu diesem Text

Graeculus (69)
(19.09.15)
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 loslosch meinte dazu am 19.09.15:
ich spekuliere, warum. der wiki-artikel wurde am 15.8.15 zuletzt überarbeitet. nicht von mir. pardon, am 7.8.15.

 hier.
(Antwort korrigiert am 19.09.2015)

 Dieter Wal antwortete darauf am 19.09.15:
Im Ev. Joh. dient Pilatus der näheren Stilisierung des Leidenden Gerechten. Sein "Was ist Wahrheit?" ist, finde ich, eine sehr starke Stelle. Damit wurde Pilatus zum Sinnbild des kritisch Suchenden und vielleicht sogar der menschlichen Intelligenz an sich.
Graeculus (69) schrieb daraufhin am 20.09.15:
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 loslosch äußerte darauf am 20.09.15:
im prinzip ja. heute weiß man mehr über pilatus. er war ein judenhasser, was der röm. zentrale in diesem ausmaß missfiel. er wurde abberufen. sicher kannte er die griechischen philosophen rudimentär.
Aron Manfeld (46)
(19.09.15)
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 loslosch ergänzte dazu am 19.09.15:
er ließ ihn nageln. von juden. die quelle des antisemitismus.

 TrekanBelluvitsh (19.09.15)
Der Name soll historisch verorten. Darum auch die Erwähnung von Augustus (und Tiberius als Statthalter? wenn ich mich nicht irre)in der Weihnachtsgeschichte.

Das Problem an der Kreuzigungsgeschichte: Sie ist, was den Anteil der Juden an der Verurteilung von Jesus angeht, von vorn bis hinten gelogen. Man weiß heute, dass das nur auf Pilatus' Mist gewachsen ist. In heutiger Sprache: Pilatus war ein Sadist, wahrscheinlich hasste er auch die Juden grundsätzlich. Später wurde er wegen seiner Grausamkeit seiner Posten enthoben.

Aber das Christentum wollte sich ja gegenüber dem Judentum absetzen, nicht gegenüber der römischen Kultur.

 loslosch meinte dazu am 19.09.15:
dass PP wegen seiner grausamkeit abgesetzt wurde, habe ich auch gelesen.

zur historischen verortung: das behaupten die katholiken mit fleiß. sie erklären aber nicht, warum PP zu den glaubensessentials zählt.

"... geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten (unter Pontius Pilatus),
gekreuzigt, gestorben und begraben, ..."

aus sprachlichen gründen bietet sich an, auch "gelitten" (wegen wohlgelitten) zu streichen.

"Es geschah aber in jenen Tagen, dass eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben. Diese Einschreibung geschah als erste, als Cyrenius Statthalter von Syrien war. Und alle gingen hin, um sich einschreiben zu lassen, ein jeder in seine Stadt."

diese und andere historische verortungen in den evangelien zeigen doch, dass PP im CREDO eigentlich nichts zu suchen hat!
Graeculus (69) meinte dazu am 19.09.15:
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 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 19.09.15:
Hab mich im Namen geirrt:

" Es begab sich aber zu der Zeit, daß ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, daß alle Welt geschätzt würde. 2 Und diese Schätzung war die allererste und geschah zu der Zeit, da Cyrenius Landpfleger von Syrien war."
 hier.

Um das einordnen zu können, muss man aber auch den literaturhistorischen Zusammenhang beachten. Es fällt heute vielen schwer, aber die Antike kannte den "allwissenden Erzähler" nicht, bzw. hätte das auch nie anerkannt. Das Minimum war also so Sätze wie "die Muse hat mir erzählt" - was nicht heißt das solche Äußerungen der Wahrheit entsprechen.

Ein interessantes Beispiel ist dabei der Atlantis-Monolog von Platon. Dort ist ja die rede davon, dass er diese Geschichte aus Ägypten kennt, was viel Atlantisjünger bei ihrer Suche nach der vorgeblich versunkenen Stadt beeinflusst. Das muss aber nicht heißen, dass diese Geschichte ursprünglich au Ägypten stammt. Vielleicht hielt sich Platin dabei auch einfach nur an die literarischen Gepflogenheiten der Zeit.

Und auch die Bibel benutzt dieses Stilmittel. Auch darum ist z.B. Bibelarchäologie kritisch zu betrachten - mal abgesehen davon, dass die Bibel gar kein historisches Buch sein will.

 loslosch meinte dazu am 19.09.15:
übrigens hatte PP den titel procurator, wie die evangelien zutreffend berichten. später erst folgte der röm. titel praefectus. hier wiederum versuchen die frommen bibelforscher zu punkten.

 EkkehartMittelberg (19.09.15)
Vielleicht gibt Pontius Pilatus dem Glaubensbekenntnis die Aura des Unschuldigen.
Ist nur ein Scherz.

 loslosch meinte dazu am 19.09.15:
der seine hände in unschuld wusch, hatte es faustdick hinter den ohren.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 19.09.15:
Deine Assoziation entspricht meiner Intention.
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