Flusslauf

Skizze zum Thema Abschied

von  AvaLiam



nur ein paar Schritte
vom Haus bis zu dir
nur ein paar Schritte
- zuviel -
alt und müde

der Stock am Haken
neben der Tür
mit dem ich gestern
noch angelte
nach Früchten

der Arm
mir heut zu schwer
und auch das Herz
seit ein paar Tagen
liege neben dir

ich kann dich fühlen
ahne Libellen
höre Enten
die ich als Kind schon
fütterte und jagte

später saß ich
mit meinem zweiten Herz
am Ufer und wir
gaben Enten-Paaren
unsere Namen

unsere Bank zerfällt
in Erinnerungen
doch unsere Initialen
konnte man
im Herbst noch sehen

kann SIE
schon wieder spüren
unter meiner 
dünnen Haut
- von Sehnsucht gefaltet -

Vorfreude fließt
durch meine Adern
fließt der Abschied
durchs letzte Bild
von dir

taucht ein
und unter
verschwimmt
von Ufer zu Ufer
unsichtbar...

...legt  sich
Vergangenheit
zwischen die Steine



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Kommentare zu diesem Text


 EkkehartMittelberg (11.08.20)
Liebe Andrea, ich lasse mich von diesem wundervollen Fluss aus Melancholie, Vorfreude und Abschied tragen und hoffe als Libelle möglichst lange über ihm zu schweben.
Summertime-Grüße
Ekki

Kommentar geändert am 11.08.2020 um 23:44 Uhr

Kommentar geändert am 11.08.2020 um 23:46 Uhr

 AvaLiam meinte dazu am 13.08.20:
Lieber Ekki,

schön, dass du diesem Fluss nachgespürt hast.
Ja, die Libellen - ich liebe sie.
So schillernd-bunt und flink - und so ganz anders, als das andere Geflatter am Fluss oder See, wie Mücken und Schnaken.
Libellen tragen für mich das pure Leben auf ihren Flügeln.

Welche Farbe hättest du als Libelle? :D

Liebe Grüße - Andrea

 hei43 (11.08.20)
Sehr schöne Beschreibung,
voller Erinnerung und Sehnsucht , die Gedanken gefallen mir sehr, LG Heidrun

 AvaLiam antwortete darauf am 13.08.20:
Vielen Dank - Heidrun - für deinen Besuch und deine Worte.

Liebe Grüße - Ava

 BeBa (11.08.20)
Hallo Avaliam,

ein wunderschöner Text, in den man sich hineinbegibt und in dem man mitfließt, wenn man sich darauf einlässt.

Gefällt mir sehr gut.

LG
BeBa

 AvaLiam schrieb daraufhin am 13.08.20:
Danke BeBa

Ja, darauf einlassen - mit den Gedanken mitgehen und eintauchen in das letzte - aber glückliche Bild.

Schön, dass du diese Gedanken und dieses Bild mit mir geteilt hast.

Herzlich - Ava

 Artname (11.08.20)
Ein selten altjunges Paar. Hat mich wirklich stark berührt!

lg

 AvaLiam äußerte darauf am 13.08.20:
das freut mich

lieben Dank und herzliche Grüße - Ava
Al-Badri_Sigrun (61)
(11.08.20)
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 AchterZwerg ergänzte dazu am 11.08.20:
Mich auch.
Das ist eine ganz wunderbare Stelle. :)

 AvaLiam meinte dazu am 13.08.20:
Ihr Lieben...


...ich fürchte, ich muss euch dieses Mal enttäuschen.... ganz sooo poetisch und romantisch ist es gar nicht....
Da der Text nur eine Skizze ist, die ich aber trotzdem schon mal "loswerden" wollte, werd ich mich da vielleicht doch noch hinweisgebender formulieren müssen...
Das "du" ist ausnahmsweise mal keine Person - sondern der Fluss, an dem der Mann schon als Kind lebte und mit dem er sich tief verbunden fühlt - "SIE" soll seine verstorbene Frau/Liebe bezeichnen, mit der eben auch Zeit an diesem Fluss verbracht hat - auf die er sich freut, spürt er doch den Abschied.
In diesem "Einschlafen" fühlt er sich noch einmal dem Fluss ganz nah (obwohl er selbst schon seit ein paar Tagen nicht mehr zu ihm laufen kann) und breitet sich in den Bildern der Erinnerung ganz in diesem letzten Bild aus und "wechselt die Seite".

Natürlich ist das nur ein Bild - ein Gerüst...wie so oft gingen noch viele Gedanken parallel dazu durch den Kopf.
So finden auch euer beider Sichtweisen Platz in den Zeilen - nur das Lob war zuviel.

Herzliche Grüße - Andrea

PS: wie gern wäre ich jetzt an diesem Fluss.... ich hoffe, ihr fühlt euch bei diesen Temperaturen einigermaßen wohl

 AchterZwerg (11.08.20)
Liebe Ava,

für mich liest sich das Gedicht als (schwerer) Gang zum Grab eines geliebten Menschen, mit dem sich das LyrIch zu vereinen wünscht.
Erinnerungen spannen Fäden nach "drüben" und ziehen in ein letztes Bild, das es zu durchqueren gilt.

Anrührend-schön
Der8.

 DanceWith1Life (11.08.20)
ob das Sterben als letzter Gang oder nur eine erneute Illusion,
was macht das für einen Unterschied?
als Jahreszeit verkleidet
klopft es jedes Jahr an meine Tür

Ufer zu Ufer
legt sich
(als wäre Sie jemand fremder?)
Vergangenheit
wo eigentlich das Wasser fließen sollte?
zwischen die Steine

oh, Augenblick
auch du vergänglich?
taucht ein und unter
das letzte Bild
(von mir?)
als wollte ich mir das Gegenteil beweisen.

auch Abschied ist nur ein Wort dafür
nur ein paar Schritte zuviel
soll das heissen die Enten fliegen ohne mich?
es ist so kühl dort oben
so unglaublich efrischend kühl
und jede Landung bringt es mit

und ich weiß das
wir alle wissen das

 AvaLiam meinte dazu am 13.08.20:
Hallo dance

Danke fürs Lesen und die Auseinandersetzung mit dem Text.
So sehr ich sich verschlingende Gedanken mag, muss ich einräumen, dass diese hier, in meinen Zeilen, gar nicht so kompliziert gemeint/gedacht waren.

"Ufer zu Ufer
legt sich
(als wäre Sie jemand fremder?)
Vergangenheit
wo eigentlich das Wasser fließen sollte?
zwischen die Steine"

von Ufer zu Ufer bedeutet einfach nur, dass sich die Vorfreude über die gesamte Breite des Flusses, über den hier geschrieben u.a. geschrieben wird, ausbreitet...verschwimmt....eintaucht...
untertaucht...der ganze Fluss besteht in dem Moment aus Vorfreue - SIE wiederzusehen... jedenfalls sofern man von dem christlichen Glauben ausgeht, der da das Wiedersehen nach dem Tod mit den Lieben verspricht....
die Vergangenheit legt sich zwischen die Steine...oder zu den STeinen...wird selbst einer?
Jedenfalls bleibt sie am Grund/am Ufer des Flusses ruhen....

"oh, Augenblick
auch du vergänglich?
taucht ein und unter
das letzte Bild
(von mir?)
als wollte ich mir das Gegenteil beweisen."

Das letzte Bild bezieht sich lediglich auf die letzte Erinnerung, die der alte Mann an den Fluss hat und in die er eintaucht - ein letztes Mal, bevor er einschläft.

"auch Abschied ist nur ein Wort dafür
nur ein paar Schritte zuviel
soll das heissen die Enten fliegen ohne mich?
es ist so kühl dort oben
so unglaublich efrischend kühl
und jede Landung bringt es mit"

Ein paar Schritte zuviel soll einfach nur heißen, dass er es nicht mehr schafft bis zum Fluss. Und obwohl es nur ein paar Schritte sind, hat er nicht mehr genug Kraft, diese zu gehen. Zu alt und zu müde. Eben im Abschied von allem Irdischen.


Das nur kurz. Ich hätte es gern besser formuliert, umschrieben...aber mir ist einfach definitiv zu warm.
Es ist einfach nicht mein Wetter. Ich bin auch am besten am See oder Fluss aufgehoben. :D

Hab lieben Dank für deine Sicht, die ich durchaus sehr interessant fand.

Herzliche Grüße - Ava

 TassoTuwas (19.08.20)
Liebe Ava,
das Leben hält für jeden Freude und Trauer, Gutes und Böses, Beginn und Ende bereit. Das wissen wir, und trotzdem trifft uns jede dieser Normalitäten unerwartet.
Aber das trifft auch auf die Zukunft zu und so gibt dieses wunderbares Gedicht neuen Mut.
Herzliche Grüße
TT

 AvaLiam meinte dazu am 29.08.20:
Danke, mein lieber Tasso...
...ja - Mut...
Ein ganz wichtiger Motor.

Danke für deine Zeilen - liebe Grüße
Ava

 Perry (08.10.20)
Hallo Ava,
gern bin ich mit am Fluss des Lebens gesessen und habe den
Erinnerungen an eine unvergessene Liebe beim Vorbeifließen zugesehen.
LG
Manfred

 AvaLiam meinte dazu am 13.10.20:
Dankeschön fürs Verweilen in meinen Zeilen.

LG - Ava
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