Laufen

Text

von  Mondscheinsonate

Während ich also lief, dachte ich, jetzt hat mich die Midlife-Crisis voll erwischt, habe ich mich zuvor für den Halbmarathon, ein Ganzer wäre mir zu viel, angemeldet, also, ich dachte also, dass ich Training und Unis (Mehrzahl), sowie Arbeit schön unter einen Hut kriegen muss, das wird ein lustiges Spiel, aber ich bin viel zu schnell, das dachte ich tatsächlich, mein Pace liegt bei 9 km bei 5:59 min, was weit unter den 6:66 liegt, ich muss mit meinen Kräften haushalten, denn 9 km sind keine 20 km. Und, während ich so lief, dachte ich, dass ich mir nichts rausschwitzen kann, lachte, während ich lief, dachte, doch, kann man, danach bin ich viel zu müde, um an Sex zu denken oder sonstwas, man kann also, überhaupt, wenn man viel zu schnell läuft, das schrie mir auch eine Frau auf der Strecke nach, sie schrie: "Brennt's irgendwo?" 

Also, während ich lief, in Bewegung kann man viel besser denken, als träge und fett in einem Stuhl, dachte ich über das Leben nach, mein Leben, dachte, dass ich gerade ausgeglichener bin, überhaupt, seit wieder die Uni angefangen haben, ich habe keine Zeit jemanden nachzulaufen, nein, ich laufe davon, laufe vorwärts, ziehe mein Ding durch. Überhaupt dachte ich dann, dass ich heute Blau machen werde, obwohl ich keine Zeit für das Blaumachen habe, keine freie Sekunde habe, aber dennoch mir Zeit für mich nehmen werde, einfach nichts tun werde, außer vielleicht Schachspielen und dumm durch die Wäsche sehen werde, jedoch machte mich der Gedanke wieder nervös, so gar nichts tun, das geht überhaupt nicht, schon gar nicht, wenn der Schreibtisch sich biegt, ich hörte Aerosmith während ich dachte, was mich schneller werden ließ, nämlich auf 5:48, komplett vertrottelt, aber vor dem Leben davonlaufen, das ist manchmal nicht schlecht, hie und da schon. 

Und, da sagte mein Trainer, dachte ich, dass sich meine Fitness sehr verbessert hätte, aber er muss das sagen, er bekommt 80 Euro die Stunde, ich lachte. 

Und, gestern war ich gleich nach der Arbeit eine Stunde schwimmen, obwohl ich schwimmen immer gehasst habe, denn das Schwimmen war immer ein Contest unter den Damen, da machte ich nie mit, ich hatte auch keine pubertären Reize, warum also ER sich für mich interessierte, das ist mir eher unklar, tatsächlich, bis heute, aber ihn sah ich gerne an, überhaupt, wenn er aus dem Wasser stieg und die Wassertropfen abperlten, sagte niemanden etwas, nie, manches muss man nicht erzählen. 

Aber jetzt bin ich schon groß und schwimme konsequent meine geraden Bahnen, kreise nicht um ein Thema, wiederhole es höchstens, hin und her, Freistil Kraul und Brust ohne Style. 

Während ich also lief, dachte ich, dass ich gestern wirklich brav war, danach lief ich noch 50 Min am Laufband, da sagte der Trainer im Vorbeigehen, "Langsamer!", er schrie es, weil ich Kopfhörer aufhatte. Ich hörte Amy Winehouse, die Unglückliche. Das Laufen gibt mir Kraft, hält mich stabil, das dachte ich, auch letztens, als ich um den Schotterteich lief.

Aber, rein gar nichts tun, das macht depressiv, das dachte ich, überhaupt jetzt, wo ich 14 Tage Antibiotika nehmen muss, Mehrzahl, der Magen hat Helicobacter, das dachte ich, ich darf nicht so viel Sport machen währenddessen und überhaupt keinen Kaffee trinken, Atmen darf ich schon, obwohl sonst nichts, da kam eine Ampel, die bremste mich, da beugte ich mich runter, atmete schwer, tatsächlich erschöpft, dachte, man wird immer gebremst, von irgendwas und irgendwem immer, Autos fuhren vorbei. 

Und, dann bog ich wieder in die Natur ein, lief auf dem Schotterweg, sah Frauen und Kinder, andere Läufer, wir grüßten uns, kannten uns, da dachte ich, was für ein herrliches Laufwetter, das Leben ist schön. 



Hinweis: Der Verfasser wünscht generell keine Kommentare von Verlo.

Hinweis: Du kannst diesen Text leider nicht kommentieren, da der Verfasser keine Kommentare von nicht angemeldeten Nutzern erlaubt.

Kommentare zu diesem Text


 franky (21.10.23, 14:33)
Hi liebe Cory 

Das Leben ist schön! 
Du hast das Toll beschrieben. 

Grüße nach Wien von Franky

 Mondscheinsonate meinte dazu am 21.10.23 um 17:06:
Danke, Franky!

 AchterZwerg (21.10.23, 15:55)
Das kann ich sehr gut nachempfinden.Auch für mich ist eine Leben ohne zu laufen, kaum denkbar.
Das Tempo ist mit den Jahren natürlich ruhiger geworden; das ändert aber im Grunde gar nichts.

Wenn ich mir meine Altersgenossinenen so anschaue, bin ich doppelt froh, niemals damit aufgehört zu haben!

Kommentar geändert am 21.10.2023 um 15:56 Uhr

 Mondscheinsonate antwortete darauf am 21.10.23 um 17:06:
Es ist einfach herrlich, fühle mich erst wohler, seit ich wieder laufe.

 uwesch (21.10.23, 17:16)
Ha, erinnert mich an meine Zeit als aktiver Leichtathlet. Auf längeren Strecken immer wieder die Frage: Wie teile ich meine Kräfte ein, welche Taktik wähle ich zu den Konkurrenten?
LG Uwe

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 21.10.23 um 17:19:
Genauso...das ist ja die Crux mit der Energie.
Zur Zeit online:
keinVerlag.de auf Facebook keinVerlag.de auf Twitter keinVerlag.de auf Instagram