Endlich die Erleuchtung!

Text

von  Mondscheinsonate

Es ist doch schön, wenn man um Punkt eins kapiert, was man stundenlang nicht kapiert hat, aber diesen AHA-Effekt nimmt einem keiner mehr weg, denn - wissenschaftlich erwiesen - dieser Mini-Orgasmus (dasselbe!) speichert sich sofort im Langzeitgedächtnis, bleibt also. 

Dieser Orgasmus, bleiben wir bei mini, ist so ein tolles Gefühl, jeder Muskel entspannt sich, am meisten das Gehirn: "Jetzt versteh ich's!" Für die Eingerosteten empfehle ich, etwas nicht zu verstehen, jedoch dran zu bleiben. 

Im Übrigen, dazwischen gewann ich heute das erste Schach auf der Meisterstufe, dies konnte ich nicht mehr wiederholen, das war allerdings ein großer. Man versteht mich. Übung macht den Meister. Ich gebe aber zu, dass ich mir die letzten Tage sämtliche Meisterpartien angesehen habe, wunderbar auf YouTube, und verinnerlichte. So schaffte ich übrigens auch die Matura, ich rechnete keine einzige Rechnung, sondern sah mir nur Mathevideos an. Ich bin ein absolut visueller Mensch. Das ist der Grund, warum ich keine Geschichten - nein, falsch, die Mordfälle waren erfunden, ich kann's schon, aber die Spezialität liegt im Beobachten und darüber schreiben. Im Grunde ist das Schreibenkönnen auch nur ein Produkt des Lesens und der eigenen Emotion. Was nützt es, wenn man das Handwerk perfekt beherrscht und null Gefühl hat? Dann ist das ein leerer Topf, der den Leser nicht satt machen kann. Ich bin überhaupt auch der Meinung, dass man nicht mehr alles schreiben kann im Alter. Walsers Sexualität, ab einem gewissen Alter, war nur noch peinlich, ich gab das Lesen seiner Bücher irgendwann auf. Hingegen Gide entzückte mich, als er von Liebe zu seiner Frau schrieb. Liebe im Alter ist so reizend. Ich sah im Spital zwei ältere Herrschaften händchenhaltend gehen. Sie erzählten mir, sie wären erst eine Woche zusammen. Er war 92, sie 86. So entzückend! Wie glücklich beide waren, aber nur kurz, sie starb an Lungenkrebs, ein paar Wochen später, allerdings verliebt, der einzige Trost. 

Wie komme ich vom Europarecht zum Orgasmus, dann zum Schach, über die Mathematik zum Schreiben hin zur Liebe? Der rote Faden IST die Liebe. Wenn man mäandert, darf man nicht das Thema verlieren, so schrieb ich gestern von Leo, und den liebte ich wie einen Bruder, so innig ohne Verlangen, der einzige Mann, wo ich so empfand, nun, außer meinen Bruder, der erst kam als ich 17 wurde. 

Ja, das Leben trennt, auch der Tod. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie schrecklich das ist, wenn der Sarg hinuntergefahren wird und eine Blasmusikkapelle verspielt sich permanent, man steht da und sieht in die rotbackigen besoffenen Bluthochdruckgesichter der Frühschoppler und weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll, das lenkte vom Moment ab, das war schon fast ärgerlich und geregnet hat es in Schaffeln. Situationen gibt es im Leben, da fragt man sich, ob man im falschen Film ist. Genauso öffnete der Ex die Türe, die Hl. Drei Könige wollten gerade singen, da sagte er streng:"Nicht (!) singen!" und schloss die Türe wieder. Ich sah ihn auf der Couch liegend entgeistert an, dann lachte ich, fragte:"Hast du jetzt gesagt:"Nicht singen?" Da sagte er:"Ja." Er lachte, weil ich lachte. Ich stand auf, sagte:"Das können wir nicht machen!" Holte Geld und öffnete die Türe, gab den Königen Geld. Sie sangen mich dann an. Er wusste, dass ich das nicht mag. Da sagte er:"War's schön?" Ich lachte. 

Im Ernst, er hatte Recht, wenn man etwas nicht will, dann muss man es sagen. 

Aber, Schach hat einen Suchtfaktor. Manche spielen mit Menschen Schach, das sieht man ganz genau, sie machen einen Angriffszug, aber nur, wenn sie gedeckt werden, dann fahren sie zurück und überlassen dem Gefolge den Rest.

Mit dem Opa hab ich immer Mensch ärgere dich nicht! gespielt. Ich denke, da hat sich noch nie jemand geärgert oder doch? 

Manche Sachen sind schon so lange her, die vergisst man einfach. Im Trivial Pursuit war ich unschlagbar, ich lernte alle Fragen und Antworten auswendig, gut, das ging, ich war auch viel alleine, die Mutter ging schließlich mit einer Regelmässigkeit "kurz Zigaretten holen", kam Tage später wieder. Da hatte ich Zeit, während ich wartete. Dazwischen Hunger.

Nun, das Wort zum Sonntag: Ausschlafen, danach den ganzen Tag lernen. Und ja, ich habe das Thema verloren, ich weiß. Schach matt.


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Kommentare zu diesem Text


 Verlo (03.12.23, 02:40)
Grandios!

Liest du den Text, wie du ihn geschrieben hast? 

Oder liest du mit Dialekt?

Du spielst Klavier, kannst bestimmt Noten lesen: ist die Pause bei einem Komma immer etwas kürzer als bei einem Punkt, also liest du den Text von den Pausen her, wie du ihn geschrieben hast, einschließlich Absatz länger als nur ein Schlußppunkt? (Ich denke schon.)

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Mondscheinsonate, wenn die Fragen, wie du es liest, zu persönlich sind, beantwortest du sie nicht.

Kommentar geändert am 03.12.2023 um 02:42 Uhr

 Mondscheinsonate meinte dazu am 03.12.23 um 12:02:
Ich spiele Klavier auf der Tastatur, meine Gedanken leiten. Ich improvisiere, brauche den Fluss, setze ich ab, verliere ich die Gedanken, die wie ein Film im Kopf mitlaufen, plastisch.

Antwort geändert am 03.12.2023 um 12:27 Uhr

 Verlo antwortete darauf am 03.12.23 um 21:46:
Danke, Mondscheinsonate, ich glaube, ich habe verstanden.

 uwesch (03.12.23, 08:22)
Ein ewiger Kampf um Fortschritte im Leben. LG Uwe

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 03.12.23 um 12:04:
Stimmt. Manchmal sehr anstrengend.

 franky (03.12.23, 09:42)
Hi liebe Cori
 
Großartig, wie Du Dich durch so vielen Themen schlängelst und stets wieder auf den Punkt kommst.
Geärgert habe ich mich schon beim Spiel. z.B. habe ich mit meinem damaligen Schlagzeuger Fritz oft kartengespielt. Als meine Pechsträhne nicht abbrechen wollte, warf ich frustriert das Kartenbündel, als Fritz bei der Türe draußen war in den Ofen.   
 
Grüße fliegen zu Dir nach Wien aus dem letzten, westlichsten  Zipfel von Austria
Von Franky

 Mondscheinsonate äußerte darauf am 03.12.23 um 12:05:
Das tat ich beim Magic Würfel, ich klebte die Pickerl um. :D
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