Kurz innehalten

Text

von  Mondscheinsonate

Da fragte er, ob ich Zeit hätte und ich meinte, nein, da sitze ich im Zug nach Linz und dann lächelte ich, weil ich den Zug sausen lassen könnte, später fahren, auf die 40 Euro pfeifen, eben nochmals bezahlen, ja, das könnte ich, wollte ich aber nicht, denn ich habe Pläne und die ziehe ich durch und auch ja, ihn zu sehen, endlich, wäre das höchste der Gefühle, überhaupt das Schönste auf der Welt, jedoch habe ich mir geschworen, Pläne umzusetzen, tatsächlich "straight", nicht abweichen, ich bin im Endspurt, so muss ich dort ankommen und mich sofort hinsetzen und alles nochmals durchlesen, konzentriert arbeiten und hätte ich ihn getroffen, hätte ich keinen Kopf mehr gehabt, nicht einmal mehr im Ansatz, die Endorphine hätten mich zu Fall gebracht, definitiv. Vor einer Fachprüfung wäre das nicht so gut gewesen. Ich entschied mich also für die Arbeit, die Kopfarbeit, meine Zukunft und gegen meine Emotionen. 

Und, während es wieder schneit, denke ich nur, hoffentlich kann ich morgen in Linz, also in der Früh, im Zeitplan bleiben, rechtzeitig an die Stadtgrenze kommen, die Universität liegt außerhalb, ich schreibe bereits um neun Uhr Früh die schriftliche Fachprüfung und während ich das denke, kommt wieder das Glücksgefühl hoch, gepaart mit der üblichen Angst vor Prüfungen, aber diesmal fühle ich, dass es gut wird, alles gut wird, denn ich habe viel gelernt und überhaupt, die Freude, weil ich dann wieder einen Schritt näher zum Ziel komme. Er ist kein Ziel, er ist eine angenehme Begleiterscheinung in meinem Leben, die bereits dazugehört, aber er ist schon angekommen, ich muss noch ankommen, er versteht mich, gerade er tut es am meisten. 

Dennoch gibt es mir einen Stich in der Bauchgegend, einen extremen Stich, vernüftigsein war nie mein Ding, ein Novum, das allerdings spannend ist. 

Aber, so eine Umarmung, die warm ist, mein Herz wärmt, bräuchte ich schon dringend, muss aber noch warten, ein bisschen noch, hoffentlich nur noch ein bisschen. 

Und, so stehe ich jetzt auf, in vier Stunden geht mein Zug nach Linz, wo ich so gerne bin, mich wohl fühle, dann bin ich wieder auf der Universität, die mich so glücklich macht, werde den Weg um den Ententeich nehmen, den, zum Ziel. Katharina v. Siena schrieb:"Nicht der Beginn wird belohnt, sondern einzig und alleine das Durchhalten."

Ja, das Glücklichsein muss deshalb noch warten.


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Kommentare zu diesem Text


 franky (06.12.23, 10:27)
Hi liebe Cori
 
Ein sehr besinnlicher Text, kann Deine Gefühle Nachempfinden. 
Habe im Zug links hinter Dir platzgenommen.
 
Grüße nach Wien von Franky

 Mondscheinsonate meinte dazu am 06.12.23 um 10:30:
Gute Fahrt.

 eiskimo (06.12.23, 19:12)
Du lässt einen sehr eng an dem Dilemma teilhaben. Man spürt den Kampf und kann Dich nur loben.
Was "ihn" angeht: Wieso hatte er nicht die Größe, Dich zu begleiten, Dir den Rücken zu stärken bei dieser schweren Fahrt?
LG
Eiskimo

 Mondscheinsonate antwortete darauf am 06.12.23 um 19:23:
Tja, auf DEN wart ich.
amalfi00 (70) schrieb daraufhin am 07.12.23 um 18:48:
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 Mondscheinsonate äußerte darauf am 07.12.23 um 18:57:
Tja, Oskar Wilde schrieb:"Ich kann allem widerstehen, nur nicht der Versuchung." - Lang genug praktiziert.
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