Without a trace - War Schopenhauer in Wirklichkeit Außendienstmitarbeiter eines Leverkusener Pharma-Konzerns?

Essay zum Thema Musik

von  LotharAtzert

Großspurig nannte man früher den eher extravertierten Typus von Mensch. Heute, wo das Großspurige zum Standart modernen Lebensgefühls gehört - höher, weiter, schneller, besser - greift der Begriff nicht mehr.
Es ist ein bekanntes Phänomen: solange Einzelne ein abweichendes Verhalten bezüglich gesellschaftlicher Vorkommnisse an den Tag legen, gelten diese als krank. In dem Moment jedoch, wo es alle (- oder doch fast alle) haben, ist es aus dem Bewußtsein verschwunden. Sobald alle grobschlächtig sind zB., ist da kein Bewußtsein von Grobheit mehr vorhanden. Das Grobe, ins Unbewußte verdrängt, geht in die Physis über und wird später als Geschwulst o.ä. vom Chirurgen rausgeschnippelt.

Dazwischen gibt es Kurioses - als Genie werden jene bezeichnet, die sich gegen alle Widrigkeiten mit ihrem Eigenwille durchsetzten, dann gilt das Entborgene natürlich nicht länger als Krankheit, nein, sondern als außerordentliche Leistung. Der massiven Verfolgung folgt dann zwangsläufig die ähnlich massive Verehrung, die Aufname in den Geistesolymp. Dann kommt der übergriffige Großspurler und erklärt, daß es zwischen Genie und Wahnsinn ... ja, der kennt sich aus ...

"Schopenhauer hingegen vertritt eine philosophische Aufwertung des Unbewußten." hieß es diesen Freitag in Graeculus’ Epikurgartenkolumne. Eine Aufwertung - der Wert des Unbewußten wird dem Dax angepasst - Pharma statt Dharma, Bayer statt Eier. ...
Er vertritt - welches Vertreterhonorar er wohl empfangen hat?

Das Unbewußte ist das, was wir aus dem Bewußtsein verdrängten. Es steigt zurück, sobald der Verdrängungsvorgang aufhört, ähnlich wie Holz an die Oberfläche des Wassers zurück kommt, wenn das, was es runter drückt, diesen Druck vermindert. Der Vergleich ist nicht willkürlich - schon immer wird das Wassererlement mit dem Unbewußten assoziiert. (Das Meer mit dem Unbewußten Aller; der See und die Wälder mit dem persönlichen Unterbewußtsein.)
Für gewöhnlich tritt man mit den Füßen und nicht mit anderen Körperteilen. Während Atzert und andere sich nur die Füße vertreten, vertritt Schopenhauer  - schenkt man Graeculus Worten Glaube - eine philosophische Aufwertung des Unbewußten. G. schreibt dann weiter: "Daher gilt ihm die Musik als höchste Form der Kunst als dessen unmittelbarste Darstellung."

Es gilt ihm - was kümmert mich seine persönliche Geltung? Ohne ins Detail gehen zu wollen, beruht Geltung auf Vorstellung: Gold (und Geld) gilt als wertvoll, weil es selten vorkommt, nicht weil es an sich einen Wert hätte. Wären wir König Midas, erkennten wir den Fluch der Gelterei. Aber gut ...
Musik, was ist Musik jenseits von Menschengeltung? Was ist ein Ton, was Schwingung, das bleibt alles im Sumpfe des Geltungsgedankens stecken, die dem Philosophen Schopenhauer durch Graeculus’ Vorstellung angedichtet wird.

Musik ist die höchste Form der Kunst. Weil ihre Töne immerzu flüchtig sind, aber ihr Schwingen sich organisch verdichtet. Sobald sie in die Hörbarkeit gelangen, verklingen sie (- der Bewußtheit des Hörens). Das ganze Universum ist ein einziges Schwingen von Tönen, die ihrerseits Oktavtöne wohlgeordnet und allesdurchdringend mitschwingen lassen, Organe wie Herz und Hirn auf- und abbauen, Sphären, Welten, Weltzeitalter, Wellen, Intervalle aus Zeit, die heraus zieht ...
Zeit, die Füße  zu vertreten ...


Anmerkung von LotharAtzert:

Nur das Licht, welches einer sich selber angezündet hat, leuchtet manchmal auch andern. - Für dich mußt du denken, wenn du für alle gedacht haben willst.
Arthur Schopenhauer

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Kommentare zu diesem Text


 Dieter_Rotmund (25.02.17)
"extravertierten"?

 LotharAtzert meinte dazu am 25.02.17:
... ist zugegebenermaßen ein Fehler. Aber das extra-vertierte ist ex-orbitant aussagekräftig und könnte eine atzertsche Richtigstellung (-statt freudscher Fehlleistung) sein, findest Du nicht?
(Antwort korrigiert am 25.02.2017)

 Dieter_Rotmund antwortete darauf am 25.02.17:
Nee, komm’, so Ausreden haste nicht nötig, oder?

 Oskar schrieb daraufhin am 25.02.17:
Alles gut.

http://www.duden.de/rechtschreibung/extravertiert

 Dieter_Rotmund äußerte darauf am 25.02.17:
Klugsch...! Plötzlich soll der Kontext gar nichts mehr gelten???

 Oskar ergänzte dazu am 25.02.17:
Was kann ich dafür, dass du Os lieber magst.

 LotharAtzert meinte dazu am 25.02.17:
Alles ganz nett. Aber habt ihr auch Alexander Scriabin gehört?

 toltec-head (25.02.17)
Das müsste mal jemand herausarbeiten, warum der Buddha aus Frankfurt kein Schriftsteller sondern Blogger war. Aber Leute, die auf Kongresse gehen, haben nun einmal andere Sorgen.

 Dieter_Rotmund meinte dazu am 25.02.17:
Schon Houllebesqs Schopenhauer-Essay gelesen? Parlez-vous francais?

 LotharAtzert meinte dazu am 11.08.17:
Die Frage ist doch: hat "Houllebesq" schon mein Essay gelesen?
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