Ciceronische Ethik

Erörterung zum Thema Weltanschauung

von  loslosch

Nec enim, dum ero, angar ulla re, cum omni vacem culpa, et, si non ero, sensu omnio carebo (Cicero, 106 v. Chr. bis 43 v. Chr.; Ad familiares). Denn solange ich leben werde, werde ich mich wegen keiner Sache ängstigen, sofern ich frei  von jeglicher Schuld bin, und wenn ich nicht mehr sein werde, werde ich aller Wahrnehmung entbehren. Oder: Denn solange ich lebe, brauche ich mich nicht zu ängstigen, da ich frei von jeglicher Schuld bin, und wenn ich nicht mehr lebe, fühle ich gar nichts mehr.

Ein Kontrast zur späteren christlichen Botschaft, die (eher etwas unfroh) verkündet:
Wenn du Christenmensch (ihr anderen aber auch, denen wir es predigen konnten) schwerste persönliche Schuld auf dich lädst, so wirst du der ewigen Verdammnis anheimfallen. Cicero dagegen sagt: Du lebst nur einmal. Warum sollst du in dieser kurz bemessenen Zeitspanne Schuld auf dich laden? Lebe sittlich und angstfrei. Spätere Belohnungen sind ausgeschlossen. Hier wird ein ethischer Anspruch formuliert.

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (15.05.13)
"Denn solange ich lebe, brauche ich mich nicht zu ängstigen, da ich frei von jeglicher Schuld bin(...)"
Der gute Cicero kannte eben die Gestapo oder ähnliche Organisationen nicht. Allerdings lebte er auch in einer zivilisierten Welt...

"(...)und wenn ich nicht mehr lebe, fühle ich gar nichts mehr."
Und selbst wenn dem nicht so ist, können wir, die wir am Leben sind, nicht beurteilen und damit wird es irrelevant. Recht hat er. Es leben die Kichererbsen!

 loslosch meinte dazu am 15.05.13:
die zivilisierte welt des cicero ... blanke ironie:

"Der Leichnam wurde verstümmelt durch die Straßen Roms geschleift, Kopf und Hände wurden auf den Rostra am Forum Romanum ausgestellt. Fulvia, die nacheinander mit seinen Feinden Clodius und Antonius verheiratet gewesen war, soll nach Cassius Dio seine Zunge mit ihrer Haarnadel durchbohrt haben." (wikipedia.) cicero hat die haarnadel nicht mehr spüren können ... lo
(Antwort korrigiert am 15.05.2013)

 TrekanBelluvitsh antwortete darauf am 15.05.13:
Das kann ihm ja eigentlich nichts mehr ausgemacht haben.

"(...) und wenn ich nicht mehr lebe, fühle ich gar nichts mehr." :-D

 EkkehartMittelberg (16.05.13)
Ja, Cicero formuliert einen hohen ethischen Anspruch, da er mit keinerlei Belohnung im Jenseits winkt und für das Diesseits nur Angstfreiheit durch gutes Gewissen in Aussicht stellt.

 loslosch schrieb daraufhin am 16.05.13:
der text war schon länger gespeichert, ekki. erst kürzlich las ich, dass albert einstein ähnlich argumentiert! t.t. lo
Graeculus (69) äußerte darauf am 30.05.13:
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 loslosch ergänzte dazu am 30.05.13:
cicero war zwar keine epigone, aber von epikur hat er philosophisch manches übernommen. ähnlich hätte wohl auch lukrez argumentiert. epikur wurde uns im griechisch-unterricht damals als kleiner lustmolch vermittelt, leider.
Graeculus (69) meinte dazu am 30.05.13:
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