Vortrag

Text

von  Mondscheinsonate

Ich frage mich gerade, wie ich die Vorlesung "Personal der Verwaltung" aushalten soll, da spricht ein Beamter, wohl fehlerfrei, aber ohne Punkt und Komma, sehr leise, in einer Wurst durch und nach fünf Minuten hat man schon genug, die Vorlesung dauert aber vier Stunden. Es ist eine Katastrophe, aber immerhin, ich merkte mir, dass Finnland den aufgeblähtesten Verwalltungsapparat hat, Deutschland den Schlankesten und Österreich gegen Finnland ziemlich moderat ist, mit seinen 135.000 Verwaltungsangestellten. Bei 2010 Gemeinden, wobei manche nur 500 Einwohner haben, dementsprechend wenig Personal der Verwaltung haben, ist das nicht viel. Ein Drittel macht das Gesundheitswesen aus und nur 10% die Polizei. Immerhin, ich habe versucht, diesem Menschen zuzuhören, der Wille war da, zumindest fünf Minuten, die Schlimmsten meines Lebens. Und, überhaupt, dieses "spannende Thema" macht es nicht besser. 

Aber, ich erinnere mich noch, auch ich war Vertragsbedienstete, musste einen Tag zu einem Zwangsseminar, das war ähnlich gestaltet, also doch nicht die Schlimmsten meines Lebens, die waren schon. Es gibt nichts Schlimmeres als Vertragsbedienstete zu sein, nein, alles muss dokumentiert werden, alles niedergeschrieben, wollte man einen Kugelschreiber haben, so musste man einen Antrag (!) stellen, der erst bewilligt werden musste. 

Natürlich, war man einmal drinnen im System, so musste man sich nicht mehr um seinen Job fürchten, was viele ausnützten und die arbeiten ließen, die noch um einen festen Vertrag bangten. Humorlosigkeit war an der Tagesordnung, es staubte aus allen Ecken. Gehalt bekam jeder gleich niedrig, wehe man veränderte seinen Bildungsstatus, dann durfte man nicht mehr auf seinem Platz arbeiten, denn es gab strenge Kategorien. Ich ging, verdiente einen 1000er mehr und hatte weniger Bürokratie, nämlich gar keine. Spannend war die Vertragsgestaltung, 200 Seiten "Wenn du das und jenes tust, dann...!" Natürlich, Datenschutz und so. Interessanterweise stand bei den Kanzleien nur ein Satz zur Verschwiegenheitspflicht, einer, das reichte. 

Ich werde mir das jetzt weiter ansehen, vielleicht macht er ja einen Punkt oder hebt einmal die Stimme, das wird dann mein Highlight des Tages.


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Kommentare zu diesem Text


 Quoth (11.11.23, 19:32)
dass Finnland den aufgeblähtesten Verwaltungsapparat hat, Deutschland den Schlankesten
Na, das sag mal dem Verteidigungsminister, in dessen Beschaffungsamt allein fast 7000 Bedienstete rumkrauchen! Könnte es sein, dass Dein Referent keine Ahnung hat? Oder mit Statistiken aus den 50er Jahren arbeitet? Was musst Du bloß alles über Dich ergehen lassen! Gruß Quoth

 Mondscheinsonate meinte dazu am 11.11.23 um 19:58:
Angeblich, in der Relation zur Bevölkerungszahl ist es der schlankeste Apparat. 
 Infografik: Deutsche Verwaltung - schlank oder unterbesetzt? | Statista
Stimmt sogar. Nur Finnland stimmt nicht, es ist Norwegen. Vielleicht hab ich mich verhört, muss ich mir nochmal anhören. BÄH!

Antwort geändert am 11.11.2023 um 19:59 Uhr

 Quoth antwortete darauf am 12.11.23 um 08:52:
STATISTA setzt die Beschäftigten im öff. Dienst zur Gesamtzahl der Beschäftigten ins Verhältnis, nicht zur Bevölkerungszahl. Da schneidet ein Industrieland wie Deutschland mit seinen vielen Beschäftigten in der Industrie natürlich viel "schlanker" ab als ein Agrar- und Fischereistaat wie Norwegen! Bauern und Fischer sind keine Beschäftigten, sondern selbständige Unternehmer, müssen aber natürlich trotzdem verwaltet werden (Gesundheits-, Finanzämter u.a.). 
Mein Lieblingsbeispiel für Statistik: Ein Mann isst zwei Hähnchen, seine Frau isst keins. Dann haben sie statistisch im Durchschnitt jede(r) eins gegessen. Da kann die _Frau doch ganz zufrieden sein, oder?

Antwort geändert am 12.11.2023 um 08:53 Uhr

 Mondscheinsonate schrieb daraufhin am 12.11.23 um 09:03:
Guck da: https://service.destatis.de/DE/WirtschaftJahrtausendwendeEuropa/bloc-4d.html
Deutschland ist dennoch sehr sehr brav. Durch die Verlagerung ins E-Government wurde viel Personal nicht mehr nachbesetzt.

 Quoth äußerte darauf am 12.11.23 um 10:15:
Es ist wieder das selbe: Links die industriearmen, rechts die industriereichen Länder und Norwegen (ganz rechts) an der Spitze, denn es wird zu den Gesamtbeschäftigten ins Verhältnis gesetzt. Weil sich bei uns alle Parteien einig sind, dass Entbürokratisierung das Gebot der Stunde ist, lasse ich mich von solchem (faulen) Statistikzauber nicht blenden. Er dient nur dazu, ein weiteres Aufblähen der Staatsapparate gerechtfertigt erscheinen zu lassen - es gibt ja noch so viele Cousinen und Cousins, die abgesichert werden müssen!  :devil:

 Mondscheinsonate ergänzte dazu am 12.11.23 um 10:17:
Nochmals, es geht um den europäischen Vergleich. Deutschland ist nicht aufgebläht. Hat sich bereits zusammengerissen, das ist ein Fakt. Die Justiz gehört nicht zur Verwaltung.

 Quoth meinte dazu am 12.11.23 um 11:16:
Mögest Du Recht haben. Zurück zur Literatur!

 TassoTuwas (12.11.23, 13:33)
Wenn ich mir vorstelle, dass Beamte mal als ganz normale Menschen auf die Welt gekommen sind, was ist da passiert?
Übrigens dein Vortragender hatte, was die Bürokratie in Deutschland betrifft, keine Ahnung. Allein in der Zeit, wo ich das schreibe, werden unzählige neue Schapsideen ausgebrütet!
LG TT
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