Ich habe mich verzockt, streiktechnisch

Lehrstück zum Thema Abhängigkeit

von  eiskimo

Hatte für den 90. meines Schwiegervaters Lufthansa gebucht.

Widerwillig. Nach München fahre ich normalerweise per Bahn.

Aber ich war mir sicher: Die GDL würde streiken. Da ginge gar nichts.

Mist. Jetzt ist Verdi schneller gewesen. Die blockieren Lufthansa.

Tja. Warum muss der doofe Schwiegervater auch den 90. feiern.

In Zeiten, wo wir gefälligst solidarisch zu sein haben. Zu Hause.




Anmerkung von eiskimo:

Schwiegervater hat es gelassen genommen, als ich vorhin abgesagt habe.
Das sei mittlerweile so. "Früher haben wir gefragt: Was kann ich für das Gemeinwesen tun? Heute," so erklärte er mir, "lautet die Frage: Was hat das Gemeinwesen für mich zu tun?"

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Kommentare zu diesem Text


 Verlo (04.03.24, 11:43)
Bei dem Titel hatte ich mehr erwartet.

Ich wäre mit dem Auto gefahren.

Vielleicht bißchen mehr Zeit eingeplant und noch schöne Orte besucht.

 eiskimo meinte dazu am 04.03.24 um 11:51:
Ja, 650 Kilometer auf deutschen Autobahnen, und Anfag März zwischendurch schöne Orte besuchen, bei 6 Grad und Nieselregen....
Nee, entweder Bahn oder Flugzeug. Aber gerade lese ich, dass auch die GDL wieder streiken wird, "in Wellen".....
Da bin ich ja beruhigt.

 Verlo antwortete darauf am 06.03.24 um 15:57:
Hört sich für mich so an, als wenn es der Ex-Schwiegervater ist, und beide auf ein Treffen zum 90. Geburtstag verzichten können.

 Graeculus (04.03.24, 15:04)
Fast könnte ich Dir in die Arme sinken, Leidensgenosse. So, die GDL kündigt Streiks in Wellen an? Der ÖPNV streikt eh.
Den Hinweis Deines Schwiegervaters kann man gerne auch an die Gewerkschaften weitergeben, oder? Mit einem Streik pro Jahr könnte man ja leben bei der Bahn, aber ...

 eiskimo schrieb daraufhin am 04.03.24 um 19:18:
Für mich ist das Missbrauch des Streikechts, was die GDL da ankündigt. Das wird ihr mehr schaden als nutzen.
Ich bin gespannt, wie Herr Wissing sich da äußert.

 AchterZwerg (04.03.24, 17:57)
Mich nervt es auch ohne Ende!
Insbesondere deswegen, weil ich seit Anfang des Jahres ein Deutschlandticket mein eigen nenne - und es fast nie benutzen kann.

Bei wem kann ich mich nun beschweren?

BEI DIR!

 eiskimo äußerte darauf am 04.03.24 um 19:26:
Nee!
Ich fühle mich als Streitschlichter schon länger nicht mehr wertgeschätzt. Meine Honorare schreien nach einem Inflationsausgleich; ich denke da an 18 Prozent plus eine satte Einmal-Zahlung und ....  den längst überfälligen Einstieg in die Vier-Tage-Woche!
Achso: und ich streike (in Dauerwellen!)
flach liegend(e) Grüße
Eiskimo

 Fridolin (05.03.24, 03:53)
Wie kriegen das die Herrn im Nadelstreifen nur immer hin, dass sie vollkommen ungeschoren bleiben? Sie haben doch die Fäden, sprich die Entscheidungsgewalt in der Hand. Sie nehmen doch die Streiks mindestens ebenso ungerührt in Kauf, mauern, brechen Verhandlungen ab, rühren sich erst auf Druck, sind erfahrene, ausgebildete Manager, haben keinen direkten Kontakt mit unzufriedenen Kunden zu fürchten, streichen dicke Boni ein und haben, wenn sie reisen müssen, ihren Dienstwagen im Hintergrund. Und doch schaffen sie es immer, dass sie wie völlig unschuldige Opfer aussehen, die armen, ach so unterbezahlten Nadelstreifenträger, die nicht in der Lage sind, ihren Betrieb so zu führen, dass alle zufrieden sein können.
Keiner wäscht ihnen den Kopf dafür, dass sie den Karren immer wieder so in den Dreck fahren lassen, dass alle darunter leiden müssen, schon gar kein Herr Wissing (FDP).

 eiskimo ergänzte dazu am 05.03.24 um 07:47:
So ganz ungeschoren kommen sie nicht weg, die "Herren in den Nadelstreifen". Noch vor wenigen Wochen ging ihr Versagen durch die Presse, als die Bahn ihre Defizite an Service und Pünktlichkeit offenlegte und die Öffentlichkeit erfuhr, dass dennoch satte Boni bezahlt wurden - ungerechtfertigte Boni! Diese Empörung mussten sie sich dann schon gefallen lassen, die Herren. Klar, die fallen weich....
Das alles kann aber nicht von der akuten Blockade der Bahn ablenken - Blockade durch eine m.E. maßlose GDL-Strategie, die zu Lasten der DB-Nutzer geht.

 Fridolin meinte dazu am 05.03.24 um 16:43:
Es tut mir leid, aber:
Der Abbruch der zuletzt laufenden Gespräche kann mit "maßlosen" Forderungen der GDL nichts zu tun haben, denn diese haben sich in den letzten Tagen ja nicht geändert, da muss also an einer anderen Schraube gedreht worden sein. Die Bahnspitze spekuliert aber - offenbar zu recht - darauf, dass nichtsdestoweniger, sozusagen grundsätzlich, ein Scheitern der Gespräche der GDL angelastet wird. Sie kann es sich leisten, die Gespräche platzen zu lassen. Der Lieblingsfeind der Presse ist nun mal der Polterer Weselsky, nicht die  ungerechtfertigte Boni einstreichenden Bahnchefs.

 Graeculus meinte dazu am 05.03.24 um 16:54:
Was haben denn die bösen Boni mit der Frage zu tun, ob die Forderungen der GDL und die Art ihrer Durchsetzung gerechtfertigt sind? Lenken sie nicht nur von dieser Frage ab?

Selbstverständlich haben sich die Forderungen der GDL nicht geändert, aber herausgestellt hat sich, daß sie unter Verhandlungskompromiß nichts anderes versteht als die Durchsetzung ihrer Forderungen - und das nun mit einer Methode (Streiks ohne Vorankündigung), die den Bahnfahrern richtig wehtun soll. Den Bahnfahrern, nicht den Herren (und Damen) mit den Boni.

Antwort geändert am 05.03.2024 um 16:57 Uhr

 eiskimo meinte dazu am 06.03.24 um 19:26:
Deine Eingangsfrage trifft es! 
So skandalös diese Boni sein mögen  - die Strategie der GDL ist und bleibt maßlos. Für mich ein Missbrauch des Streikrechts...

 Fridolin meinte dazu am 07.03.24 um 00:28:
Gegenfrage:  Wie maßvoll waren wohl diese Boni? Muss man sie nicht genauso maßlos nennen? Das soll keinen Einfluss auf die Streikbereitschaft der abhängig Beschäftigten haben?

 Fridolin meinte dazu am 08.03.24 um 01:35:
Im Übrigen: Ich weiß ja nicht, wie sozialpolitisch beschlagen ihr seid, ich bin es selbst nicht besonders, aber eins scheint mir doch gesichert zu sein: Die Schere zwischen arm und reich geht seit langem auseinander, eine Trendumkehr ist weit und breit nicht in Sicht, noch nicht einmal das Bewusstsein, dass das ein ernstes Problem ist - von einigen wenigen Fachleuten abgesehen, die niemand ernst nimmt. Solange das nicht der Fall ist, solange der Trend die Richtung nicht gewechselt hat, tue ich mich schwer damit, eine Gewerkschaftsforderung als maßlos zu bezeichnen. Es mag ja sein, dass die GDL eine Speerspitze ist, aber irgendjemand muss da voran gehen. Wir wollen doch nicht in einer Oligarchie enden, oder?  Ist das amerikanische Beispiel nicht schlimm genug, wo nur noch Geldleute eine echte Chance in der Politik haben?

Antwort geändert am 08.03.2024 um 01:40 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 08.03.24 um 18:05:
Wiederum begreife ich nicht, was die aufklaffende Schere zwischen Arm und Reich oder gar die Oligarchie in Amerika (nicht die in Rußland!) mit dem GDL-Streik zu tun haben, speziell damit, daß Weselsky den Vorschlag der externen Vermittler falsch, nämlich ungünstig, dargestellt hat.

Notabene: Die Lokführer klagen nicht über Armut, sondern über den belastenden Schichtdienst.
Auch spricht das Argument der Bahnführung, bei einer 35-Stunden-Woche hätte man nicht mehr genug Lokführer, eher für etwas Bedenkenswertes als für eine Oligarchie à la USA. Darüber kann man doch verhandeln, und die Bahn ist der Gewerkschaft, richtig und nicht wie von Weselsky dargestellt, bis auf eine Stunde, also 36, entgegengekommen!

Antwort geändert am 08.03.2024 um 18:06 Uhr

 Graeculus meinte dazu am 08.03.24 um 18:07:
Und wenn wir übers Wetter reden ... bei Fridolin müssen die USA als Schreckgespenst auftauchen.

 Fridolin meinte dazu am 09.03.24 um 07:41:
Mir ist nicht erfindlich, was daran schwer zu begreifen wäre. Die taktischen Details halte ich für nebensächlich.
Und richtig; ich halte im Gegensatz zu Dir nicht Russland, sondern die USA im derzeitigen Zustand für besonders beobachtungsbedürftig, was für Dich aber so abwegig ist, dass es wenig Sinn macht, das hier zu vertiefen.
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