Ganna wurde 1953 geboren. Sie ist von Beruf Malerin/Grafikerin und z.Zt. tätig als Gaertnerin. Ganna kommt aus Berlin (Deutschland). Ihre Muttersprache ist Deutsch. Über sich selbst schreibt Ganna:
Ich bin Wandlung.
Was ich gestern war, bin ich nicht mehr.
Was ich morgen sein werde, noch nicht.
Heute transformiere ich das Gestern zum Morgen.
Jeden Tag anders, jede Stunde verschieden von der vorherigen.
Jeden Moment neu.
Ich bin eine Überraschung.
Ich bin.
Mit dem Fall der Mauer verlor ich meine Arbeit und bekam mein drittes Kind. Die Chancen in dieser Situation einen Job zu finden waren gleich Null.
Um die neu gewonnene Freiheit zu probieren, lang gehegte Sehnsüchte zu erfüllen, meinen Wurzeln näher zu kommen und, weil innerhalb der Gesellschaft nur schwerlich ein Platz für mich blieb, begann ich ein gänzlich neues, anderes Leben. Ich zog mit meinen Kindern nach Südfrankreich in den Wald. Dort baute ich mir mit einfachsten Mitteln eine Hütte. Alle Arbeiten führte ich selber aus ohne sie jemals gelernt zu haben, nur beim Dach legten Freunde mit Hand an.
Nachbarn, die ich um Rat und Hilfe bat, lehnten jede Beteiligung mit der Begründung ab, keine Frau könne allein eine Hütte bauen. Später kamen sie gucken und suchten nach möglichen Löchern, durch die es hereinregnen könnte.
Die Hütte ist regendicht, beheizbar und steht heute noch. Ich schreibe das hier, um gemäß Seymour zu behaupten, jeder Mensch kann an jedem Ort der Welt eine Behausung bauen, wenn er Kreativität und ein bisschen Fleiß besitzt.
Durch die Erzählungen meiner Großmutter über Hunger während des Krieges und danach, hatte sich mir fest verinnerlicht, dass in Krisenzeiten das Überleben auf dem Land wesentlich größere Chancen bietet. Der Traum von einem eigenen Garten wurde umgesetzt.
Der Boden erwies sich als tonhaltiger Lehm, der sich während der trockenen Sommerhitze zu einem festen betonartigen Untergrund wandelt. Im Laufe der Zeit verbesserte ich ihn zu einem fruchtbaren Gartenboden, der mich heute zu einem großen Teil ernährt.
Die ersten Jahre verbrachten wir ohne Strom, das heißt, wir nutzten weder Radio, noch Fernsehen, besaßen weder Telefon noch Internet, aber auch keinen Kühlschrank, keine Waschmaschine usw. Im Winter saßen wir abends bei Kerzenlicht, ansonsten ging man früh schlafen. Eine solche Lebensweise passt sich von selbst dem Rhythmus der Natur an.
Wir sammelten Esskastanien und Pilze und kochten aus Brombeeren auf dem offenen Feuer Konfitüre. Der Umgang mit Feuer wurde selbstverständlich, gleich, ob man früh Kaffee kochte, das Essen bereitet, Wasser für die Wäsche wärmt oder sich einfach neben die wärmenden Flammen setzte und seinen Gedanken nachging.
Während der warmen Jahreszeit wuschen wir uns im Fluss. Hatte man sich einmal an das kalte Wasser gewöhnt, kann man dies bei schönem Wetter bis in den Winter hinein fortsetzen.
Die erste Zeit empfand ich als sehr schwer. Viele Ängste, die aus der Abhängigkeit von der Gesellschaft hervorgiingen, wollten bewältigt werden. Jedoch, je länger ich so lebte, umso zufriedener wurde ich. Die Erfahrung der eigenen Kraft führte zu einer großen inneren Sicherheit. Die Natur wurde zu meiner Heimat. Ich kam mir selber näher, je mehr Unnötiges von mir abfiel.
Durch den völligen Wegfall der Medien tauchten bei mir Erinnerungen aus frühester Kindheit auf. Vieles, was verschüttet war, trat an die Oberfläche. Das ist nicht nur angenehm, aber es klärt das Verhältnis zu einem selbst. Es kam auch vor selten dass Stimmen in meinem Kopf erschienen, die mir Ratschläge gaben oder auf künftiges Geschehen hinwiesen. Solche Erscheinungen werden oft mit Verrücktheit gleichgesetzt. Meine Erfahrungen besagen, dass diese Stimmen sinnvolle Äußerungen sind, die mich ohne Ausnahme gut berieten.
Obwohl ich mir in meinem früheren Leben völlig sicher war, dass es keine immateriellen Erscheinungen gibt, belehrten mich die Geister des Waldes eines Besseren. So manches Mal erwies es sich als nützlich, die Bücher Castanedas gelesen zu haben. Sie gaben eine gute Grundlage, die Erlebnisse zu verarbeiten.
Eine solche Lebensweise ändert die Art zu denken. Weitgehend unabhängig, wird man sich der eigenen Kraft und der eigenen Fähigkeiten bewusst. Man schöpft aus den gemachten Erfahrungen und lernt, sich selber zu vertrauen. Gleichzeitig stellt man vieles, was man vorher für selbstverständlich hielt, in Frage.
Man kommt nicht umhin, sich mit seinen Ängsten auseinandersetzen zu müssen. Ein Leben ohne Krankenversicherung stellt die Frage nach der Verantwortung neu, umso mehr, als man für Kinder zu sorgen hat. Es bildet sich ein ganz anderes Verhältnis dazu heraus. Aber man bekommt nicht nur ein anderes Verhältnis zu Fragen der Versicherung, man bekommt ein anderes Verhältnis zur Welt, zum Leben.
Das Fazit heute, nach über 20 Jahren: Es war das Beste, was ich im Leben hatte machen können. |
Ganna hat bei uns bereits 88 Texte veröffentlicht. In ihren Texten aus 12 verschiedenen Genres (u.a. Kurzprosatexte (21), Kurzgeschichten (13), Geschichten (6), Aphorismen (5) und Innere Monologe (3)) beschäftigt sie sich mit den Themen Kinder/ Kindheit (7), Natur (7), Alles und Nichts... (4), Leben (3) und Aufbruch (3) (um nur die häufigsten zu nennen) sowie vielen weiteren Themen.
Möchtest Du wissen, was Ganna gerne liest? Dann schau doch mal in ihre Favoriten oder in die Liste ihrer Lieblingsbücher! Oder wirf mal einen Blick in die Liste der von Ganna abgegebenen Kommentare oder ihre Beiträge zu bzw. Antworten auf Kommentare anderer! Übrigens: Zuletzt (also am 24.08.2015) hat Ganna Wohlstandszahl von Hoehlenkind gelesen und kommentiert... |