Inversion

Gedicht zum Thema Freiheit/ Unfreiheit

von  EkkehartMittelberg

Wenn es Lyrer einmal packt
und die Leidenschaft ihn zwackt,
gibt er Raum der Inversion,
spricht der braven Regel Hohn.

„Dich sah ich“ (1); und milde Freude
floss per Inversion auf mich,
weiß wohl, mancher ärgert sich,
dass ich Worte hier vergeude.

Lyrik lässt sich nicht dressieren.
Geht es manchem auf die Nieren,
sag ich hier und bleib dabei:
              Zwanglos stell ich Worte frei.

© Ekkehart Mittelberg, März 2012


Anmerkung von EkkehartMittelberg:

(1) Ich denke, das Zitat wird schnell erraten.

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Kommentare zu diesem Text


 loslosch (13.03.12)
dich sah ich ... beim googeln die seite 2, glaub ich. friderike brion war die inversion wurscht!

in der aufregung ist dir eine zeile verrutscht. ach, es passt ja! lothar

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Vielen Dank, Lothar, vielleicht nennt ja noch jemand den Titel des Gedichts.

 tigujo (13.03.12)
Ja, endlich etwas zur lyrischen Schwerstarbeit!

Ich denk mir:

Ohne kühne Inversion
kriegt ein Reim oft keinen Sohn.

oder - Tribut an CF Meyer -

Aufsteigt der Reim und fallend gießt
er voll der Inversionen Rund ...

Dank an den Denkmal-Skulpteur
lg tigujo

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 13.03.12:
Vielen Dank, Tigujo, besonders für das eindrucksvolle Beispiel von C. F. Meyer.
LG
Ekki

 HerrSonnenschein (13.03.12)
"Lyrik lässt sich nicht dressieren" ist klasse. Da bekommt die Metapher von der Freiheit des Wortes einen guten Hintersinn.
LG Jörg

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 13.03.12:
Vielen Dank für die Akzentuierung, Jörg.
LG
Ekki
Steyk (61)
(13.03.12)
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 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 13.03.12:
Lieber Stefan, du hast es gefunden. Es ist interessant, dass Goethe in der ersten 1775 abgedruckten Fassung schrieb:"Ich sah dich" und sich in der späteren von 1789, als der Sturm und Drang schon Geschichte war, für die bessere inversive Wortstellung entschied.
Ich denke auch, dass es darauf ankommt, ob Inversionen Sinn ergeben und klingen.
Liebe Grüße
Ekki
Gruszka (62) ergänzte dazu am 13.03.12:
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Caty (71)
(13.03.12)
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 Rothenfels meinte dazu am 14.03.12:
Ich verstehe dein Beispiel nicht so recht. Dieses "Schreibe ich heute" ist einfach eine Wortstellung, die einen Nebensatz verlangt oder eine Frage impliziert. In jedem anderen Falle ist es weniger eine Inversion als vielmehr eine falsche Syntax.

Ekkis Beispiel ist da durchaus sehr passend und eine reine Inversion, da man problemlos beide Wörter "inversieren" kann, ohne dass der Sinn dahinter verloren geht. Ob du "Dich sah ich" als Inversion empfindest oder nicht ist recht unerheblich, aber gerade "Dich sah ich" ist wohl das Lehrstück an dem Inversion (nicht nur bei Ekki) erklärt wird (fast schon ein bisschen platt, gerade dieses Zitat zu benutzen - wenn man mal auch ein wenig Kritik anbringen will).

Ich finde die "Binsenweisheit" (das Gedicht ganz allgemein) also sehr gelungen und ich mag vor allem die "Freistellung" des letzten Verses.

Schöne Idee! :)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.03.12:
Danke für die Richtigstellung, Rothenfels.

 Rothenfels meinte dazu am 14.03.12:
Jan. :) Und... gern geschehen.
magenta (65)
(13.03.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Inversionen werden zu den rhetorischen Stilmitteln gezählt. Im Übermaß verwendet wirken sie maniriert und hergeholt.
Manuel Schölles : "Die Inversion" beschreibt in der Zeitschrift Phainomena vom 5. März 2010 http://phainomena.de/2010/03/05/die-inversion die stilistische Wirkung von Inversionen anhand einprägsamer Beispiele besonders sorgfältig.
Vielen Dank, Heidrun

 loslosch meinte dazu am 13.03.12:
leider werde ich nie erfahren, wer unter den kv-autoren diesen link geöffnet und die eine seite von schölles verständig gelesen hat.
janna (66)
(13.03.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Ich stimme zu, Janna, dass vereinzelte Inversionen ein geschicktes Stilmittel sein können, gehäufte dagegen den natürlichen Sprachfluss stören.
Vielen Dank
Ekki
(Antwort korrigiert am 13.03.2012)

 Georg Maria Wilke (13.03.12)
Ein interessantes Zitat von Ludwig Reiners aus "Deutsche Stilkunst"
"Es gibt in der deutschen Wortstellung kein Schema: Subjekt - Prädikat - Objekt. Es ist daher auch verfehlt, von Inversionen zu sprechen, wenn das Subjekt hinter dem Prädikat steht. Es gibt im Deutschen keine feste Version der Wortestellung, es kann also auch keine Inversion geben. Gerade in guter lebendiger Prosa stehen oft mehr "invertierte " Sätze als normale. Die Stellung eines Wortes hängt nicht ab von seinem grammatischen Charakter, sondern von seinem inhaltlichen Gewicht .... Das Sinnwort gehört an eine Stelle, die den Redeton hat, also an den Anfang oder Schluß des Satzes. In das Vorfeld kommt das Sinnwort, wenn es gefühlsbetont oder aufschlußgebend ist, in das Nachfeld, wenn es vorbereitet oder in gedanklichen Sätzen besonders unterstrichen werden soll. In erzählenden Sätzen schwankt die Stellung. Trotzdem spricht man auch in der dt. Stilkinde von ungewöhnlicher, gekünstelter und falscher Umstellung."
Mein morgendlicher Beitrag, liebe Grüße, Georg

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Lieber Georg, die "Deutsche Stilkunst" von Ludwig Reiners befindet sich mit der Ablehnung einer schematischen Wortstellung im Deutschen und mit der Toleranz gegenüber invertierten Wortstellungen in Übereinstimmung mit wissenschaftlichen Grammatiken.
Vielen Dank für diesen Hinweis.
Liebe Grüße
Ekki

 tigujo meinte dazu am 13.03.12:
Mir dünkelt, es ist die Ablehnung jedwegen Schemas, die erst erlaubt, über etwas hinauszuwachsen - solange nicht das Abschematische selbst zu einem Schema erstarrt
So dünkelt es mir, lg Gerhard
Scheester (80)
(13.03.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Vielen Dank, Detlef, das Thema ist hoffentlich nicht martialisch.-)))
Gruß
Ekki
chichi† (80)
(13.03.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Es scheint so Gerda, das Thema findet Interesse.
Vielen Dank und LG
Ekki

 Didi.Costaire (13.03.12)
Hallo Ekki,
die Frage, die sich mir stellt, ist, was man bzw. du hier mit den Inversionen gewinnst, und komme nicht zu der Überzeugung, dass sie dem Gedicht etwas bringen.
Zwanglos stell ich Worte frei.
ist zwar etwas nach rechts eingerückt, hört sich aber eher erzwungen an.
dass ich Worte hier vergeude.
demonstriert, dass man durch die Inversion auch noch ein Füllwort einbauen muss. Besser gefiele mir ein Beispiel, bei dem man das gerade nicht tun müsste.
Im Schatten der Inversionen fällt mir noch der "Lyrer" auf. Eine Kombination aus LyrEr und Lehrer?
Liebe Grüße, Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Besten Dank, Didi, es war so, ist so und wird so bleiben: Inversionen sind Geschmacksache.
Liebe Grüße
Ekki

 AZU20 (13.03.12)
Zwanglos muss es einfach bleiben. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Vielen Dank, Armin, mein Reden.
LG
Ekki

 gitano (13.03.12)
Hallo Ekki!
Mit Deinem Text gelang Dir eine rege Diskussion in Gang zu bringen:)
Nach meinem Eindruck ist er eine kleine "Posse" die nett mit dem Thema kokettiert.:)
Zu Inversionen ein einfachens Beispiel:

Ich möchte Dich heute sehen.
Dich möchte ich heute sehen
Heute möchte ich Dich sehen

Es gibt also immer eine Bedeutungsverschiebung -genau wie in PHAINOMENA auch angesprochen -also einen gewollten Effekt. Insofern also nicht zu vergleichen mit handwerklich schlechten Geschicke wo Wortfehlstellungen zur metrischen Glättung und zur "Reimerzwingung" benutzt werden.
und
In der satirischen Überhöhung darf man fast alles ;)
und
Inversionen gehören teilweise auch zum Lokalcolorit eines Dialektes ...in meiner Heimat ebenso wie z.B. im Berliner Dialekt (siehe Zille, Busch etc.).

Inversionen persé zu verteufeln erscheint mir genauso gedankenlos wie ihr Einsatz zu Reimzwang und Metrikglättung...der SINN macht den Unterschied.

UND bei Tranströmer und anderen Lyrikern die Sprache extrem verdichten und auch verknappen, würden Wortfehlstellung viel mehr ins Gewicht fallen...

Die eigentlich Frage ist nicht Inversion an sich sondern wozu ich sie einsetze...
z.B. zum Schmunzeln - wie Du in Deinem Text.
Liebe Grüße
gitano

 tigujo meinte dazu am 13.03.12:
Sehen, Dich, das möchte ich!
ist meine Lieblings(in)version
lg tigujo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Lieber Gitano, ich danke dir vor allem für zwei Klarstellungen, 1. dass es unsinnig ist, Inversionen per se zu verteufeln und 2. dass sie unschön sind, um Reime und Metrik zu glätten.
Liebe Grüße
Ekki

 tigujo meinte dazu am 13.03.12:
.

Die Inversion ist eine Droge:
Ein bisserl macht nix und macht high.
Etwas zu viel, und aus dem Troge
starrt an den Leser Stotterbrei

lg tigujo, high

 loslosch meinte dazu am 13.03.12:
... zu viel davon, und aus dem Troge ...

wir müssen ja nicht alles falsch machen. lo

 Fuchsiberlin (13.03.12)
Eine Lyrikdressur wirkt künstlich, und die Kunst wird zum streitbaren Objekt. Erzwungenes schafft es nicht, eine Botschaft zu transportieren, reimen um des Reims Willen bewirkt weniger als wenig. Dies fällt mir zu Deinem nachdenkenswürdigem Gedicht ein.

GlG
Jörg

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Wer wollte dir widersprechen, Jörg?
GLG
Ekki

 ViktorVanHynthersin (13.03.12)
So lange aus einer Inversion keine Invasion wird… mag der Dichter dichten, wie ihm der Griffel gebogen und der Schnabel gewachsen ist. Dein Gedicht, lieber Ekkehart, ist nicht nur gelungen und lesenswert, es ist auch dem passenden Thema zugeordnet.
Herzliche Grüße
Viktor

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Lieber Viktor,
ich freue mich immer, wenn unter Freunden der Kunst die Toleranz eine starke Stimme hat.
Besten Dank und herzliche Grüße
Ekki

 irakulani (13.03.12)
Lieber Ekki, mancher Dichter (be-)nutzt die Inversion ohne je davon gehört zuhaben, dass es eine solche gibt. Die Diskussion, die ich in diesem Fall recht anregend finde, weil sie die verschiedenen Meinungen dazu widerspiegelt, bestärkt mich in meiner Überzeugung, dass es in erster Linie eine Frage der bedeutung sein sollte, aber in der Lyrik auch manchmal als sprachliches Wekzeig genutzt werden darf.

"Zwanglos stell ich Worte frei" gefällt mir besonders. Doch auch hier kann man nach Regeln zwanglos dichten (Ich denke hier zum Beispiel an Oulipoten, deren Werke manchmal recht willkürlich erscheinen, tatsächlich aber nach strengen Regeln entstanden sind).

Herzliche Grüße
Ira

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Ich freue mich besonders, liebe Ira, dass du den Vers "Zwanglos stell ich Worte frei" nicht verwirfst. Er gefällt mir selbst. Aber das ist natürlich kein Argument.
Herzliche Grüße und besten Dank
Ekki

 Irma (13.03.12)
Oh, das ist ja eine wahre Invasion von Inversionen heute! LG BirmchenIrmchen

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Vielen Dank, Yvonne. Das ist so lange okay, wie es keine unbegründeten Aversionen gibt.
LG
Ekki
SigrunAl-Badri (52)
(13.03.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 13.03.12:
Besten Dank, Sigrun. Wer dein Beispiel nicht erfühlt, der wird es nicht erjagen.
Liebe Grüße
Ekki

 FloravonBistram (14.03.12)
Unterschrieben, unterstrichen, danke, so sehe ich es auch.

Abendgrüße Flo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 14.03.12:
Liebe Flora,
vielen Dank, da sind wir sich einig, wie der Oberhesse sagt.
LG
Ekki

 FloravonBistram meinte dazu am 14.03.12:
rischdisch
JowennaHolunder (59)
(17.03.12)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.03.12:
Vielen Dank, Wally. Wir stimmen überein. Ich wünsche dir ein heiteres Wochenende und grüße dich herzlich
Ekki
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