Ode auf das Alter

Gedicht zum Thema Alter

von  EkkehartMittelberg

Meistens wird das Alter beklagt,

bringt es uns doch dem Tode näher, vermindert unsere Fähigkeiten

und schafft Gebrechen und Schmerzen.


Dennoch möchte ich dich, hohes Alter, preisen.

Du schenkst uns Muße für die schönen Künste,

Zeit, Freundschaften zu pflegen,

dämpfst heftige Affekte,

die uns Feindschaften bereiten,

gibst uns Zeit zur Ruhe,

wenn wir müde sind,

Zeit zur Zuwendung für die,

die uns brauchen.


Du lässt uns auch Zeit, über den Tod nachzudenken.

Je mehr wir dies tun, umso mehr verliert er seinen Schrecken.

Wenn du uns von schweren Krankheiten verschonst,

die uns die Denkkraft rauben,

sind wir niemals im Leben so frei.





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Kommentare zu diesem Text


 Rosalinde (08.08.23, 06:03)
Hallo Ekki,

ich würde sagen, das ist eine Halb-Ode. Ja, du preist das Alter, zeigst seine Vorteile gegenüber der jugendlichen Unreife auf, denkst über dies und jenes nach, kommst zur Erkenntnis, das ist das Zeichen einer Ode. 

Was ich aber zu bemängeln habe, ist das Fehlen der "gehobenen Sprache", du schreibst im wesentlichen Alltagssprache. Ich weiß, es ist schwierig, sich daraus zu lösen. Es fehlen vor allem Vergleiche und Bilder, die die Sprache vom Alltag abheben kann. Schiller hat zum Beispiel Oden geschrieben, ein Blick ins Buch würde sich lohnen.

Herzlich, Rosalinde

 Dieter Wal meinte dazu am 08.08.23 um 08:17:
Schrieb eine Ode auf den Schnürsenkel. Ich glaube, das war ein Wunsch unserer damals 5-jähriger Tochter, die eine Schlümpfe-Episode darauf brachte. Es wurde trotz gehobener Sprache von Schnürsenkeln ausgehend eine Ode über Korruption daraus. Wenn man wie Ekki eine Ode in moderatem Ton schreibt, was ich mag, ist hier relativ gehobene Alltagssprache meisterhaft. Oder nicht?

 Verlo antwortete darauf am 08.08.23 um 08:24:
Rosalinde:

Schiller hat zum Beispiel Oden geschrieben, ein Blick ins Buch würde sich lohnen.
So alt ist Ekki noch nicht.

 Dieter Wal schrieb daraufhin am 08.08.23 um 08:27:
Von Ekkis Ode abgesehn, ein Blick in Schillers Werke ist immer ergiebig.

 Verlo äußerte darauf am 08.08.23 um 08:37:
Dieter, du hast mich schon wieder nicht verstanden und unterstellst ...

So tötest du das letzte bißchen Gefühl für dich in mir.

 Verlo ergänzte dazu am 08.08.23 um 09:25:
Dieter, damit du dir den Tag nicht mit Grübeln verdirbst: Mein Kommentar richtet sich nicht gegen Ekki oder Schiller oder dich.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 11:36:
@Rosalinde: Merci für deinen guten Rat, aber die klassische Ode mit ihrer gehobenen Sprache würde der Realität des hohen Alters, in dem sich auch banale Alltagsmolesten häufen, nicht gerecht und erschiene als Schönfärbung. Man muss die Ode, wie jedes andere Genre auch, dem jeweiligen Thema und der Zeit anpassen.
LG
Ekki
Taina (39)
(08.08.23, 06:06)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 11:49:
Grazie, Taina, du hast meine Intention genau erfasst.

LG
Ekki

 AZU20 meinte dazu am 08.08.23 um 14:29:
Da gebe ich Taina absolut Recht. So ähnlich sehe ich das auch LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 14:47:
Merci, Armin das akzeptiere ich gerne.

LG
Ekki

 AchterZwerg (08.08.23, 07:02)
Lieber Ekki,

mich (!) freut es, dass du dem antiken lyrischen Strophengedicht ein modernes Gewand verleihst und ihm das sog. Erhabene nimmst, ohne seine Form recht eigentlich zu verändern.
Inhaltlich stimme ich dir zu. Auch ich emfinde das Alter als Befreiung von vielen ungeliebten Pflichten.

Herzliche Grüße
Piccola
Teolein (70) meinte dazu am 08.08.23 um 07:27:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 12:03:
@Piccola: Grazie, Piccola, so ist es. Die Ode unserer Tage preist in gemäßigtem Ton, es sei denn, das alte Pathos wird ironisch verwendet.
Herzliche Grüße
Ekki

@Teo: Ich war in meinem Berufsleben zu sehr Preuße und habe die Pflichten zu ernst genommen. Umso mehr schätze ich jetzt die Befreiung von Pflichten. Gracias und beste Grüße, Teo.

 Janna (08.08.23, 08:33)
Hallo Ekki,

stimmt, viele klagen über das Alter. dabei ist es im Grunde genommen eine Gnade, alt werden zu dürfen, sofern man einigermaßen fit bleibt.
Mit der Zeit verhält sich das bei mir etwas anders. Die Tage und Wochen fliegen dahin und keiner ist lang genug, um das zu erledigen, was ich alles im Kopf habe. Aber das ist sicher meiner Situation geschuldet, bei anderen mag es zutreffen.

Liebe Grüße und einen schönen Tag wünscht dir 

Janna

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 12:14:
Ja, danke Janna, das stimmt. Trotz des Gefühls der Befreiung wünschte ich mir an manchem Tag, dass er 24 Stunden hätte.
Liebe Grüße
Ekki

 Verlo (08.08.23, 08:33)
Mit 64 bin ich jünger, aber ich sehe mehr Vor- als Nachteile. (Vielleicht sehe ich das in zehn Jahren anders.)

Die Erfahrung zB erleichtert viel und ist durch nichts zu ersetzen.  

Bestimmte Dinge schafft man als Junger nicht, egal wieviel Talent und Intelligenz man hat.

Daß man dem Ende näher kommt – wenn es am schönsten ist, soll man aufhören.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 12:17:
Gracias Verlo. Du bringst die Erfahrung ins Spiel. Sie macht in der Tat viele andere Nachteile des Alters wett.
LG
Ekki

 Dieter Wal (08.08.23, 08:37)
Spielte man Ode auf dem Klavier, wäre diese Ode sehr schöne moderate Musik auf der Klaviatur im mittleren Tonbereich. Erbaulicher Wohlklang. Diese erfreuliche Ode ist das exakte Gegenteil der Texte toltec-heads, die durch intelligente Provokation Denkgewohnheiten sprengen und Horizonte erweitern wollen. Ich schätze beide Stile sehr.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 12:21:
Merci für den interessanten Vergleich, Dieter. Unter den noten für die Ode stünde wahrscheinlich andante continuo.

 Beislschmidt (08.08.23, 09:00)
Meistens wird das Alter beklagt,
bringt es uns doch dem Tode näher, vermindert unsere Fähigkeiten
und schafft Gebrechen und Schmerzen.
Durfte ich gestern hautnah erleben. Es wird nicht mehr so wie früher, tröstlich geht anders.

Beislgrüße

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 12:25:
Gracias, Beisl, das tut mir leid. Deine Texte wirken dennoch verhalten optimistisch auf mich. Sie enthalten die unausgesprochene Forderung, sich durchzubeisln.
Beste Grüße
Ekki

 Beislschmidt meinte dazu am 08.08.23 um 12:51:
Durchbeisln ist ein guter Ausdruck Ekki, fast wie .... wenn's nicht geht, geht's irgendwie doch. 
Beislgrüße

 harzgebirgler (08.08.23, 13:01)
der tod ist zwar im alter sehr präsent
und oft so dass er off'ne tür'n einrennt
du bringst jedoch ein licht in seine macht
das gleicht dem mondenschein um mitternacht.

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 14:46:
Danke für den schönen poetischen Kommentar, Henning.

LG
Ekki

 GastIltis (08.08.23, 16:40)
Wenn die Morgensonne mit noch mattem Glanz über den Horizont gestiegen ist, waschen wir uns Haar und Gesicht, wickeln uns einen Turban um den Kopf und stärken uns mit einem kleinen Frühstück. Danach erledigen wir dieses und jenes. Sind wir damit fertig, starren wir einen Augenblick ins Leere und fragen: „Ist noch nicht Mittag?“ Dabei ist die Mittagsstunde längst angebrochen. So vergehen die Vormittagsstunden. Daraus lässt sich ersehen, wie die Nachmittagsstunden vergehen. Und schließlich ist ein Tag zu Ende. Wie unterscheiden sich hundert Jahre von diesem einen Tag? Darüber nachzudenken stimmt einen nur traurig. Wo ist Freude zu finden? Ich wundere mich immer, wenn ich Leute fragen höre: „Wie alt ist derundder in diesem Jahr?“ oder „Wieviel Jahre hat er schon hinter sich gebracht?“ Kann man die Jahre hervorholen und aufzählen? Nein. Denn sie sind unwiederbringlich dahin. Selbst die eben noch vor mir liegende Zeit, während ich diesen Satz zu Papier bringe, ist entschwunden. Welch ein Kummer für unsere Herzen!

Lieber Ekki, ich will diesen Text, den ich hier ausnahmsweise auch nicht benenne, nicht weiter führen. Und auch an der Diskussion nicht teilnehmen. Die Zeit bröckelt. Unsere Zeit.
Sei herzlich gegrüßt wie immer von Gil.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 18:57:
Grazie, lieber Freund, alles ist eine Frage der Perspektive und die ist auch nicht jeden Tag gleich.Vielleicht hast du auch Tage, an denen du dich auf die erste Tasse Kaffee freust und auf das ungestörte Lesen der Morgenzeitung.
Herzliche Grüße
Ekki

Antwort geändert am 08.08.2023 um 18:58 Uhr
Agnete (66)
(08.08.23, 20:12)
Dieser Kommentar ist nur für eingeloggte Benutzer lesbar.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 20:37:
Merci, Monika, das ist der Kern der Aussage.
LG
Ekki

 Didi.Costaire (08.08.23, 20:28)
Alter, wo du recht hast, hast du recht. Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und Freude an deinem Tun.

Beste Grüße,
Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.08.23 um 20:39:
Vielen Dank, Dirk, an der Freude wird es mir nicht mangeln. Ich hoffe, dass meine Gesundheit noch ein bisschen standhält.

Liebe Grüße
Ekki

 Terminator (09.08.23, 05:41)
Trotz Lebensüberdrusses (weil schon so lange auf der Welt) war ich noch nie so glücklich wie jetzt im Alter. Ich weiß, 40 klingt nicht nach Alter, aber biologisches Alter mal meine Sensibilität mal meine Phantasie ergibt mehrere 1000 Jahre.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.08.23 um 09:41:
Danke, Terminator, wie schön, dass du den Begriff Alter nicht auf das Greisenalter verengst.

 uwesch (09.08.23, 10:20)
Ich finde, dass jedes Alter seinen Sinn hat. Was der/die  Einzelne daraus macht liegt im Wesentlichen bei Ihr/ihm, wobei natürlich die Start-Chancen qua Geburt sehr unterschiedlich sein können. LG Uwe

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 09.08.23 um 10:45:
Gracias, Uwe. Dass jedes Alter seinen Sinn hat, steht außer Frage. Die Pointe meines Gedichts ist, dass das hohe Alter neben Beschwerden und Schmerzen mehr Freiheit gewährt.

LG
Ekki

 uwesch meinte dazu am 09.08.23 um 11:09:
Das ist die Frage mit der sog. Freiheit. Einerseits stimmt das, wenn der Gesundheitszustand noch einigermaßen o.K. ist, doch wenn Du ins Alters- oder Pflegeheim musst, könnte es auch umgekehrt sein.
Na ja auf jeden Fall eine schwierige Zeit. Aber jede Alters-Periode hat ihre eigenen Möglichkeiten und "Fallen".
Ich bin jedenfalls froh, dass ich die Sinne mit meinen 80 Jahren beisammen habe, noch Tennis spielen kann und einigermaßen alleine klar komme.
Genießen wir, was noch geht :) LG Uwe

Antwort geändert am 09.08.2023 um 11:09 Uhr

Antwort geändert am 09.08.2023 um 11:11 Uhr

 Verlo meinte dazu am 09.08.23 um 11:20:
uwesch:

Was der Einzelne daraus macht liegt im Wesentlichen bei ihm, wobei natürlich die Start-Chancen qua Geburt sehr unterschiedlich sein können.
Die Start-Chancen sind entscheidet.

Deshalb war dein Vater Chirurg und du Berufsschullehrer.

Kann mir nicht vorstellen, daß du nicht davon geträumt hast, so angesehen wie dein Vater zu sein, so viel Geld zu verdienen, (fast) jeder Frau zu bekommen ...

 uwesch meinte dazu am 09.08.23 um 15:11:
Das machst du Dir zu einfach mit der Erklärung. Mein Vater hat - frisch ausgebildet -  sieben Jahren Chirurg hinter der Front einen sehr harten Einstieg gehabt. Natürlich hat er Schlimmes gesehen, wo er gleich nach seiner Ausbildung hinmusste. Improvisation war nötig, um Menschenleben zu retten - eine sehr harte Zeit.
Nach dem Krieg war es dann schwer eine Stellung zu finden, weil sehr viele Ärzte den Krieg überlebt haben (HINTER der Front, nicht direkt im Kriegsgetümmel). Er hat dann endlich nach sieben Jahren Krieg eine Stellung in der Flensburger Diakonissenanstalt mit sehr viel Arbeit und geringem Einkommen gefunden. Der Chef kassierte, der Chirurg machte die Arbeit.
Du kannst das nicht mit heute vergleichen, wo händeringend gute Ärzte gesucht werden.

 Saira (17.08.23, 10:58)
Lieber Ekki,
 
deine letzten fünf Verse sind für mich die Voraussetzung, um deiner Ode auf das Alter zuzustimmen.
 
I mog dei Gedicht!
 
Herzlichst
Sigi

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 17.08.23 um 20:41:
Vielen Dank, Sigi, ich freue mich sehr darüber.
Herzlichst
Ekki
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