Die Klage des Orpheus

Elegie zum Thema Tod

von  EkkehartMittelberg

ach, Persephone, Königin der Unterwelt, und Hades, ihr Herrscher, ich weiß, es ist vergeblich,noch einmal eure Herzen erweichen zu wollen, nachdem ihr mir die Gnade gewährt habt, Eurydike aus eurem Reich der Schatten zurück ins Licht zu bringen.
Meine Augen haben keine Tränen mehr und meine Hände zittern, wenn ich zur Lyra greife, so sehr habe ich gelitten, nachdem ihr mir Eurydike, mein Herzblut, das zweite Mal geraubt habt. Ich sammle noch einmal meine letzten Kräfte, um euch den Ozean des Unglücks, in dem ich täglich ertrinke, vor Augen zu führen.
Ich klage über eine Schöpfung, in der Gewalt und Gift am Anfang meines unendlichen Unglücks stehen.
Ich weiß, ihr könnt die Begierden nicht aus der Welt schaffen, unterliegt ihr ihnen doch selbst. Ihr konntet den ungeschlachten Aristaios nicht aufhalten, der meine liebreizende Eurydike, die Schönste unter der Sonne, vergewaltigen wollte, sodass ihr Blick angstvoll das Weite suchte und sie auf die todbringende Natter trat. Aber konntet ihr sie nicht warnen, die Blumen für mich pflücken wollte, diese verderbliche Aue aufzusuchen, in der der Tod lauerte?
Ihr habt es doch selbst erlebt, wie die ganze Schöpfung mit mir trauerte. Was rede ich von den Quellen, von den Tieren und den Bäumen, es weinten ja selbst die hartherzigen Felsen? Meine Lyra wäre verstaubt und die Trauer hätte meine Stimmer erstickt, wenn ich nicht den Beschluss gefasst hätte, in den grausigen Tartarus hinabzusteigen, um euch, die Unerbittlichen,umzustimmen, Geschehenes rückgängig zu machen und Eurydike aus eurem Schattenreich zu entlassen, was vorher noch nie einem Sterblichen gelungen war.
Könnt ihr, die ihr euch vor nichts fürchtet, ermessen, welches Grauen ich hinter jeder Wegbiegung in den finsteren Schluchten des Tartarus beim Anblick der jammervollen Schatten überwinden musste, könnt ihr ahnen, welchen Zauber ich in meine Stimme legen musste, um den Fährmann Charon mit einem Herzen aus Stein umzustimmen, könnt ihr nachfühlen, wie mir beim Anblick des schrecklichen Höllenhunds Cerberus beinahe der Schmelz meiner Stimmer erstarb, sodass er mich angefallen hätte. statt ihr zu erliegen? Könnt ihr, die der Anblick täglichen Jammers abstumpft, ermessen, was es heißt, dass meine Trauer selbst den Rachegöttinnen, den Eumeniden, Tränen entlockte. Ja, es geschah das Unvorstellbare, ihr, denen man zu Unrecht Unerbittlichkeit nachsagt, ihr habt euer Herz geöffnet und konntet gnädig sein. Ich durfte Eurydike zurückbringen in die Gestade des Lichts. Ach, wenn ihr wüsstet, welche Dankbarkeit mich durchströmte, als ihr das verkündigt habt.
Doch heute – die Lyra ist verstimmt und meine Stimme gebrochen – packen mich Zweifel, ob eure Bedingung für Eurydikes Rückkehr nicht die Kräfte eines Sterblichen überstieg. Vielleicht denkt ihr, dass mir Disziplin fehlte. Ich hätte ja nur bis zum Tor des Tartarus ausharren müssen und mich nicht nach Eurydike umsehen dürfen. Ich beklage, dass die Schicksalsgöttinnen nicht eure Herzen für meine grenzenlose Liebe öffnen, dann könntet ihr nachvollziehen, weshalb ich mich umschaute.
Ihr haltet euch täglich in dem Grauen des Tartarus auf und merkt nicht mehr, welche Qualen um mein geliebtes Weib ich bei der Rückkehr litt, bevor ich mich umblickte. Könnt ihr euch vorstellen, welche Ängste ich ausgestanden habe, dass missgünstige Schatten nach Eurydike gegriffen haben könnten, als ich ihre Tritte in der Finsternis nicht mehr hörte, die Lautlosigkeit des Tartarus das Rauschen ihres Kleides verschluckte, als ich ihre Stimme nicht vernahm. Ich habe ja nicht für mich gefürchtet, sondern darum, dass Eurydike, die ich mehr liebe als mein Leben, ein zweites Mal sterben würde.
Ich weiß, ich kann euch nicht mehr umstimmen. Machtet ihr eure Entscheidung noch einmal rückgängig, würde aufgehoben, was uns Menschen von den Göttern unterscheidet, die Unumkehrbarkeit des Todes.
So vegetiere ich dahin und mit Eurydike und meiner Stimme, die Tiere, Pflanzen, Steine, Menschen und Götter verzaubert hat, ist das Schöne gestorben.

Quellen: Gustav Schwab: Sagen des klassischen Altertums, Kapitel 232; Die Sage von Orpheus und Eurydike. In https://sites.google.com/site/orpheusliebteurydike/sage

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Kommentare zu diesem Text


 TrekanBelluvitsh (26.01.19)
In der Antike entstandene Gottheiten sind immer ein zweischneidiges Schwert. Besonders wenn sie schenken. Denn das tun sie niemals aus Herzensgüte. Wie bei dem grimmigen alten Deutschlehrer, den - völlig zurecht - niemand leiden konnte, ist bei ihnen alles "Prüfung" klassifiziert. Und das ist nur der beste Fall. Odin versprach schon mal gerne den Sieg in der Schlacht für die Seite des Fragenden und "vergaß" zu erwähnen, dass er ihm das Leben dabei nehmen würde.

Es ist eben kein Zufall, dass Gottheiten niemals lachen. Tatsächlich ist herzliches Gelächter ihr größter Feind. Denn wer braucht Götter, wenn er sich köstlich amüsiert?

Sind wir ehrlich: diese Götter sind bösartige Feiglinge. (Denn anstatt sich mit ihresgleichen anzulegen, piesacken sie die Schwachen.) Solche Götter braucht niemand!

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.19:
Danke, Trekan, ich habe wenig Ahnung von den germanischen Göttern, kann aber bestätigen, dass die griechischen es den Menschen meistens schwer machen.
Cora (29) antwortete darauf am 26.01.19:
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 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 26.01.19:
Danke für den Anstoß, Cora. Du hast mich neugierig gemacht. Ich werde mich bald damit befassen.

 TrekanBelluvitsh äußerte darauf am 26.01.19:
Zur Einordnung:

Bitte nicht von germanischen Göttern sprechen. Der Begriff ist im besten Fall irreführend. Odin & Co. sind keine genuin germanische - ein Begriff, der an sich problematisch ist - Götter. Der Schwerpunkt ihrer Verehrung lag in Skandinavien, von wo auch die meisten Fundstücke stammen. Und die "Lieder-Edda" und "Prosa-Edda", jene Überlieferungen, aus denen wir die meisten Geschichten kennen, stammen von Island. Ist auch kein Zufall. Darum spricht man in der Geschichtsschreibung auch von nordischen Gottheiten.

Des weiteren sind Odin & Co. die Gottheiten der Oberschicht/Kriegerklasse. Naturgottheiten spielten für den größten Teil der Bevölkerung eine viel größere Rolle. Da es sich bei jenen Gesellschaften im Norden Europas um nichtschriftliche Gesellschaften handelte und die Objekte, mit denen jene Naturgottheiten verehrt wurden, naturgemäß aus Holz waren, d.h. sich nicht erhalten haben, wissen wir sehr wenig über diese Richtung des Glaubens.

Das jene Gesellschaften nichtschriftlich waren, hat noch andere Auswirkungen. Die Götter sind extrem veränderlich. So war z.B. Odin zunächst nur ein Gott unter anderen. Erst nach dem Zusammentreffen mit dem Christentum wurde er zum Hauptgott entwickelt, damit dem einen Gott der Christen eine ähnlich starke Figur entgegentreten kann. Auch das Zusammentreffen mit den Römern und ihrer Götterwelt hat starken Einfluss auf die Ausgestaltung der nordischen Gottheiten.

Und das meiste über die nordischen Götter - durch ihre Geschichten - wissen wir eben durch die beiden Eddas. Diese entstanden im 13. Jahrhundert (sic!). Sie haben auch klar christliche Einflüsse. Ob und was sie Verlässliches über die Götterwelt der Völker östlich des Rheines aussagen, auf die z.B. die Römer trafen, bedarf einer vorsichtigen Einordnung. Die Aussagen die Tacitus in seiner "Germania" gemacht hat, darf man auch nicht eins zu eins übernehmen. Er hat die nordischen Götter in ihren Funktionen den römischen Göttern gegenübergestellt. Aus historischer Sicht verstellt das den Blick und verfälscht ihn teilweise auch.

Noch eine Anmerkung zur Rezeptionsgeschichte der nordischen Götter: Wagners "Der Ring der Nibelungen" ist inhaltlich nichts anderes als Germanentümelei.

Antwort geändert am 26.01.2019 um 13:24 Uhr
Cora (29) ergänzte dazu am 26.01.19:
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 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 26.01.19:
Zunächst einmal unterscheiden sich die nordischen Götter von jenen, die in "Germanien" verehrt wurden dadurch, dass man etwas über sie weiß. Darum sind Namen wie Ragnarok oder Naglfar auch nordischen Ursprungs. Des weiteren haben wir, wie ich bereits schon andeutete, das Problem mit den nordischen Göttern, dass unsere Sicht auf sie durch die Vergleiche der Römer geprägt ist. Odin=Jupiter=Hauptgott etc. Diese Vergleiche stimmen aber so nicht.

Auf der anderen Seite übernahmen die "Germanen" seit dem Aufeinandertreffen mit den Römern viel von ihrer Götterwelt. In der Eifel gibt es einen Ablageplatz für Bitt- und Danksteine der Bewohner aus dem Raum Köln. Auf diesen Steinen sind römische und germanische Namen von Göttern bunt gemischt und zusammengewürfelt..

Unsere Sicht auf die nordischen Götter stammt zum größten Teil aus dem Mittelalter, nämlich aus den beiden Eddas. Das man diese Bilder auf die Antike 1:1 übertragen kann, ist sehr fraglich, auch wenn es genug Hinweise gibt, dass viele Geschichten der Eddas sehr alt und mündlich tradiert sind. Dazu: Die Prosa-Edda des Snorri Sturlurson ist gar kein historisches oder gar religiöses Werl. Es ist ein Skalden-Lehrbuch. Die Geschichten sind also Beispiele. Im besten Fall ist das Buch eine Edition. Was Snorri Sturlurson weggelassen hat, weiß kein Mensch.



"Germania" ist eine Bezeichnung die auf Tacitus zurückgeht. Dabei hat er selbst geschrieben, dass ein großer Teil der Völker, die er "Germanen" nennt (in seinem Werk "Germania") sich selbst gar nicht als "Germanen" bezeichnen. "Germania" ist ein römischer Begriff. Es ist ein Ausschlussbegriff, der die Völker bezeichnet, die (grob) zwischen Rhein, Elbe und Donau leben und keine Gallier oder Skythen sind.

Dabei sind archäologisch betrachtet die "Germanen" von den Galliern zumeist gar nicht zu unterscheiden. Beide Gruppen gehen auf die "Hallstatt-Kultur" zurück. Auch mit den skythischen Kultur, die sich unterschied, gibt es Überschneidungen. Man denke nur an die im heutigen Russland zu findenden Kurgane. Hügelgräber kannten "Germanen" und Gallier ebenfalls. Aufgrund de großen Entfernungen war man vom Osten jedoch eher abgeschlossen. Die Wikinger trafen, als sie als Kaufleute, Räuber, Eroberer und Staatengründer über die Nordsee großen Flüsse Russlands in dessen Weiten vordrangen, wenig von ihrer eigenen Kultur.

Die "Germanen" hatten Verbindungen sowohl nach Westen - bis nach Spanien -, nach Norden und über den Balkan selbst bis Griechenland, Kleinasien und Indien. Eine härtere - wenn auch nicht undurchlässige - Grenze gab es nur zu den direkten Nachbarn im Süden auf der italischen Halbinsel. Die Alpen.

Isländer sind Wikinger, d.h. Einwanderer aus Norwegen. So lassen sie sich kulturell, politisch und sprachlich klar verorten. Auch bevor sie an das Königreich Norwegen angeschlossen wurden, blieben sie all das.

Die nordischen Völker unterschieden sich spätestens in der Spätantike von ihren südlichen Nachbarn, dass sie nicht zu jenen gehörten, die in der sogenannten "Völkerwanderung" loszogen, sondern blieben wo sie waren.



Ansonsten empfehle ich zur Einführung von Rudolf Simek  "Die Germanen". Überhaupt ist der Historiker und Nordist Simek immer eine gute Adresse für den Raum Westmittel- und Nordeuropa zur Zeit der Antike und des frühen Mittelalters.

Antwort geändert am 26.01.2019 um 16:52 Uhr
Cora (29) meinte dazu am 26.01.19:
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 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 26.01.19:
Zunächst einmal weiß man nicht, welche Sprachen die "Germanen" sprachen. Sie lassen sich auch für die Antike auch kaum rekonstruieren. Für frümittelalterlichen Sprachen geht das, aber das ist das Fränkisch etc.

Und Sprachverwandtschaften deuten natürlich auf kulturelle Ähnlichkeiten. Doch daraus abzuleiten, dass Gruppen mit vergleichbaren Sprachen automatisch das Gleiche sind, ist einfach falsch.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.19:
Danke, Trekan, ich habe deine Ausführungen zu den Germanen mit großem Interesse gelesen, bin aber leider kein guter Kommentator, weil ich vorläufig nur ein bisschen von der griechischen Mythologie verstehe.
Cora (29) meinte dazu am 26.01.19:
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 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 26.01.19:
@ Cora:

Es macht keine große Freude, mit dir zu diskutieren. Denn du verstehst wissenschaftliches Arbeiten und auch Begriffe nicht. Und drehst mir Worte im Mund um.
Zunächst einmal weiß man nicht, welche Sprachen die "Germanen" sprachen.
Das bedeutet, dass wir nicht wissen, welche Sprache die Menschen, die die Römer "Germanen" nannten sprachen. Da ist nicht die Rede davon, dass es keine germanische Sprachen gab.

Wenn ich deine "Argumentation" das "Isländer automatisch Germanen" sind aufgreife, sind Finne automatisch Ungarn. Denn das Finnische ähnelt dem Ungarischen.

Des weitern ist "germanische Sprachen" nur eine wissenschaftliche Bezeichnung der Linguistik. In der Anthropologie werden z.B. weiße Menschen als "kaukasisch" bezeichnet. Also sind wir alle Kaukasier, gell?

Dein Vergleiche überbrücken nicht nur hunderte von Kilometern, sie machen auch Menschen gleich, zwischen deren Lebensdaten zwischen 600 bis 1.500 Jahre liegen. Demnach wären wir heute alle Franken. Unfug!

Und zu-guter Letzt: Wenn du irgendeinen Homo Sapiens von Ort X der Erde und einen von Ort Y nimmst, beträgt die genetische Übereinstimmung im "schlechtesten Fall" 99,5 %. Isländer und Deutsche sind also ebenso verwandt wie Schweizer und Japaner.
Cora (29) meinte dazu am 26.01.19:
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Cora (29) meinte dazu am 28.01.19:
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 Dieter Wal meinte dazu am 28.01.19:
@ Trekan: "Zunächst einmal weiß man nicht, welche Sprachen die "Germanen" sprachen."

"Runen - Geschichte - Gebrauch- Bedeutung" 2017 von Arnulf Krause berichtet von einem Kamm, der 2003 im Erfurter Ortsteil Frienstedt aus einer germanischen Siedlung des 1.-5- Jh.s gefunden wurde. S. 57f Der Kamm trägt eine Runeninschrift des Wortes "Ka(m)ba". Sie heißt: Kamm. Das Außergewöhnliche daran sind zwei Dinge: 1. Der Kamm ist aus dem 2. Jh. Vorher galt, Runeninschriften südlich Skandiniaviens wurden ab dem 5. Jh. begonnen. 2. Es wird ein westgermanischer Dialekt und nicht etwa Skandinavisch verwendet. Das Alfabet wurde zu Transliterationszwecken für die Alltagssprache übernommen. Es galt bis dahin überwiegend, Runen wurden für Sakral-Inschriften und Widmungen verwendet. Nie vorher für Alltagsgegenstände.

In der Tat berichtet Tacitus wenig über die Sprache der Stämme. Götternamen teilweise. Tacitus' Germania finde ich dennoch total interessant.

Eine unglaubliche Fülle über Germanische Götter trug Jacob Grimm in "Deutsche Mythologie" spachwissenschaftlich zusammen. Sehr empfehlenswert.

 Dieter Wal meinte dazu am 28.01.19:
@ Trekan: "Zunächst einmal weiß man nicht, welche Sprachen die "Germanen" sprachen. Sie lassen sich auch für die Antike auch kaum rekonstruieren. Für frümittelalterlichen Sprachen geht das, aber das ist das Fränkisch etc.

Und Sprachverwandtschaften deuten natürlich auf kulturelle Ähnlichkeiten. Doch daraus abzuleiten, dass Gruppen mit vergleichbaren Sprachen automatisch das Gleiche sind, ist einfach falsch."

Sehe ich genauso. Germanen fungiert als Überbegriff für eine Gruppe, die als solche nie existierte. Sie unterscheiden sich von den Kelten, doch es wurden teilweise gemeinsame Siedlungen zB in Rumänien aus dem 4. Jh. ausgegraben. Im Raum des heutigen Deutschlands befanden zur Zeit der Römer fast ausschießlich Wälder. Es gab zu verschiedenen Zeiten Bewegungen der Bevölkerungen, was auch letztlich die Römer veranlasste, "Germanien" zu erkunden/besetzen. Die Stämme im Norden blieben, die südlicheren wanderten gelegentlich. Felix Dahns "Die Germanen" beschreibt es ausführlich. Das in dem anderen Kommentar von mir erwähnte Dorf verfügte über reichlich zB Kupfer-Material, das auf regen Tauschhandel auch mit Römern und anderen Kulturen schließen lässt. Heute so genannte "Germanen" lebten keinesfalls nur für sich und dürften daher wohl auch sprachlich viel von anderen Kulturen empfangen und weitergegeben haben. Schriftkultur entstand relativ spät wie auch unter Kelten. Die Mythen wurden von einer Bildungselite tradiert. Das Allermeiste ging dadurch leider verloren. Die Germanischen Mythen halte ich für wunderschön, was ich erst erkannte, als ich mich davon zu befreien begann, dass sie nun wirklich nichts mit Nazis zu tun hatten, sondern wie vieles anderes auch mit von ihnen missbraucht wurden. Coras Eindruck, dass diese Götter überaus menschlich zu sein schienen und keinesfalls unfehlbar, teile ich. Selbst die beiden Eddas und andere Überlieferungen tradieren lebhafte Beispiele enormer Schönheit, Fantasie und vereinzelt Formschönheit, die auch auf metrische und memotechnische Übungen der Bildungselite Rückschlüsse erlaubt.

Germanen als feste Vorstellung fungierten mit Beginn des dt. Nationalstaates als ideologischer Unterbau. Wer Gelegenheit findet, "Germanisch"-Mythologische Bücher dieser Zeit zu erwerben, ist zu beglückwünschen. Liebevoll gemacht. Wie durchaus vergleichbare Bemühungen in anderen Ländern. (ZB der Römer-Mythos für Rumänen als Staatsdoktrin, der mindestens ebenso großer Unsinn wie der "germanische" für Deutsche ist.)

Antwort geändert am 28.01.2019 um 17:02 Uhr

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 28.01.19:
@ Dieter Wal:

Tacitus' "Germania" ist als historische Quelle durchaus problematisch. Damit meine ich noch nicht einmal das, was aus der Zeit entspringt, in der sie entstand. (Quellenmäßig ist sie kaum zu belegen.) Die "Germania" ist selbst nach den Regeln der Zeit kein historiografisches oder in irgendeiner Form berichtendes Werk. Es ist eine Streitschrift. Tacitus hielt die römische Gesellschaft für "verweichlicht" und hielt ihnen die "gesunden und natürlichen" germanischen Barbaren gegenüber - Barbaren blieben die Germanen für Tacitus dennoch, soweit bleib er Römer.

Davon abgesehen, gibt es mittlerweile ja genug Hinweise, dass die römische Herrschaft über das Land zwischen Rhein und Elbe weiterging, als es jahrtausendelang angenommen wurde. Ein Beispiel sind die Funde am Harzhorn. Die operative Ausgangslage dieser Schlacht ähnelte sehr dem der Kämpfe von 9 n.d. Zw. Nur haben die Römer damals gewonnen. Und "damals" war im Jahre 235.

 Dieter Wal meinte dazu am 30.01.19:
@ Trekan:

"Odin versprach schon mal gerne den Sieg in der Schlacht für die Seite des Fragenden und "vergaß" zu erwähnen, dass er ihm das Leben dabei nehmen würde."

Dachte dabei an meinen Hebräischlehrer, der in einer seiner Veranstaltungen davon sprach, dass in der Antike der Hebräer ein menschliches Leben einen anderen Stellenwert besaß als in unserer Zeit. Ähnlich verhielt es sich bei Germanen und Kelten. Germanische Runen-Inschriften auf Schwertern dienten dazu, den Sieg über Feinde herbeizuführen durch Weihe-Inschriften. Diese Art Schriftmagie war bei Kelten in Form von gesprochener Sprachmagie ausgeprägter, die Filids ausbildeten, welche vor Schlachten rituelle Flüche gegen Feinde aussprachen (Super Zermürbungstaktik). Dass germanische Krieger in der Schlacht starben, dürfte viele wenig geschreckt haben. Insofern nehme ich an, dass sie für den Fall, der wahrsagende Odin-Barde hätte erwähnt, dass sie stürben, jedoch siegten, wären sie dennoch in die Schlacht gezogen.

Antwort geändert am 30.01.2019 um 10:05 Uhr

 TrekanBelluvitsh meinte dazu am 30.01.19:
@ Dieter Wal:

Ich weiß, dass es allgemeine Ansicht ist, dass ein Menschenleben in der Antike weniger wert hatte. Ich teile diese Meinung jedoch nicht.

Als Beispiele möchte ich Attila und die Hunnen nennen. In der christlichen Propaganda wurden diese zu einer reitenden Mörderbande gemacht. Das funktionierte so gut, dass der Begriff "Hunnen" bis heute noch negativ konnotiert ist. Demnach ist dieses Bild also sehr wirkmächtig. Allerdings frage ich mich, wie das geschehen konnte, wenn der Tod eines Menschen nicht die große Beachtung fand.

Alexander der Große ging mit Städten, die sich ihm ergaben nachgiebig um. Jene die sich ihm widersetzten, wurden niedergebrannt und die Einwohner versklavt (in den besten Fällen) oder getötet. Als abschreckendes Beispiel. Aber wie soll diese Beispiel abschrecken, wenn es nur um den Tod von Menschen geht und das ja eigentlich nichts besonderes ist.

Ein Hinweis hast du selbst geliefert, wenn du germanische und keltische Krieger ansprichst. Den jene Krieger waren ja nicht nur, wie heute, Soldaten, sondern gehörten zu den obersten Schichten. Denen möge Leibeigene, Sklaven und alle die unter ihnen standen sehr wohl gleichgültig gewesen sein. Ich will jetzt nicht den Vergleich zu heute ziehen, aber... Den Mächtigen ging es schon in der Antike immer (auch) um die Macht. Das die Mittel und Wege brutaler waren als heute - brutaler im Sinne einer unmittelbaren Gewalt - ist unbestritten. Aber auch das weißt nicht darauf hin, dass es ein anderes Menschenbild bzw. eine andere Sicht auf Recht und Unrecht gab, sondern dass es an Institutionen fehlte, die das Recht flächendeckend durchzusetzen vermochten.

Natürlich forderten Krankheiten und Verletzungen mehr Opfer als heute. Aber Krankheiten und Verletzungen werden kaum nach Kriterien wie Recht und Unrecht bemessen. Noch heute kommen wir bei ihrer Bewertung ja kaum ohne das "Schicksal" aus.

Letztlich gibt es noch einen anderen Punkt, den ich anführen möchte. Die allermeisten antiken Gesellschaften waren sehr viel kleinteiliger und zahlenmäßig schwächer, als wir es von der Menschheit heute kennen. So betrachtet trafen Verluste selbst einzelner Mitglieder die Gemeinschaft stärker. Dies würde sogar für einen höheren Schutz des Lebens (auf gesellschaftlicher Ebene) sprechen. Und tatsächlich berichtet ja die Bibel mit David und Goliath von einem ritualisierten Krieg. Ritualisierte Kriege sollten Opfer vermeiden. Der Haka der neuseeländischen Maoris wäre ein weiteres Beispiel. Dem möchte ich eine Zahl entgegenhalten. In den Monaten August bis November 1914. d.h. zu Beginn des 1. Weltkrieges kamen auf französischer Seite 500.000 Soldaten um Leben. Das blieb auch politisch nicht ohne Folgen. Aber Frankreich blieb bestehen. Das massenhafte Abschlachten von Menschen erscheint mir immer mehr ein Phänomen der Moderne - einfach weil wir es können und ertragen können (es gibt ja genug).


Zum Schluß:
Wenn ich mich recht erinnere, nennt man das Schmähen des Gegners vor der Schlacht in nordischen Sprachen "Senna" - ohne Ayrton.
;)

 Dieter Wal meinte dazu am 31.01.19:
Gradiose Aussagen wie "Artikel 1

Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.", oder

"Artikel 3

Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.


Artikel 4

Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten.


Artikel 5

Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden."

entstanden leider erst am 10. Dezember 1948 und die Welt wartet sehnsüchtig, dass die UN-Charta endlich nicht nur fast weltweit anerkannt, sondern vor allem angewandt wird.

https://www.menschenrechtserklaerung.de/die-allgemeine-erklaerung-der-menschenrechte-3157/

Ihre Entstehung durch Eleanor Roosevelt ist jeder Beachtung wert.

 Dieter Wal meinte dazu am 01.02.19:
Trekan: "Senna" klingt auf jeden Fall sehr schön. In meinen Ohren schwedisch.

 susidie (26.01.19)
Ekki, du schaffst es gerade, mich wieder für die griechische Mythologie zu begeistern. Eine wundervoller Elegie zum Thema Tod von so viel Liebe getragen. Gänsehautfeeling auf Neu-Deutsch. Da kann ich eintauchen. Danke dafür, Efcharisto. Su :)

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.19:
Grazie, Susi. Die Geschichte von Orpheus und Eurydike ist ja nicht im klassischen Sinne eine Tragödie, weil der Konflikt fehlt, aber sie löst dennoch nach der Definition des Aristoteles Furcht und Mitleid aus. Ich freue mich sehr, dass es mir gelungen ist, dich mit dieser Elegie zu fesseln.
Liebe Grüße
Ekki

 Dieter Wal meinte dazu am 01.02.19:
@ Ekki: "Die Geschichte von Orpheus und Eurydike ist ja nicht im klassischen Sinne eine Tragödie, weil der Konflikt fehlt, aber sie löst dennoch nach der Definition des Aristoteles Furcht und Mitleid aus."

Sorry auch an susidie, dass ich mich kommentarisch in diesem Thread viel zu oft mit an anderen beteilige. Ich finde so etwas an sich unhöflich und unangebracht. Doch, wie du weißt, interessieren mich gerade gr. Mythen. Bist du dir sicher, dass bei Orpheus und Eurydike der Konflikt fehlt? Dass Eurydikes Rettung misslingt, ist kein Konflikt? Das ist damit keine Tragödie? Du meintest vielleicht die mit der Klimax im dritten Akt?

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.02.19:
Nein, Dieter es ist im Sinne der klassischen Tragödiendefinitionen keine Tragödie. Dass Orpheus sich umsieht, ist unglücklich, aber nicht tragisch. Mein Deutschlehrer sagte immer, dass man tragisch und sehr traurig nicht verwechseln dürfe.

 Annabell (26.01.19)
Lieber Ekki, am frühen Morgen so ein langer Text. Aber ich versuche es ....
Ein schönes WE von Annabell

Kommentar geändert am 26.01.2019 um 09:57 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.19:
Merci, dass du es versuchst, Annabell. Konnte ich dich verführen, bis zum Ende zu lesen?
Auch dir ein schönes WE.
Ekki

 Annabell meinte dazu am 26.01.19:
Ja, Du hast mich verführt, Ekki. Text prima beschrieben.
LG Annabell und einen schönen Abend Dir!

 Moja (26.01.19)
Also, ich bin ganz hingerissen, Ekki, und finde nun kaum heraus, nachdenkend über die Unabwendbarkeit des Schicksals. Herzliches Dankeschön! Monika

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.19:
Grazie, Monika, das freut mich natürlich sehr.

 Habakuk (26.01.19)
Gefällt mir, Ekki. Ich sehe den Text einfach mal als elegischen Prosagesang an. Wehmütig, klagend, betrübt, melancholisch, voll Schwermut. Ich singe zwar nicht so gut wie Orpheus, aber ansonsten hast du mich trefflich beschrieben.
Ich bin mir nicht sicher, vermute aber, dass es kein Gedicht sein soll. Die äußere Form der Elegie ist mir zu anstrengend. Habe versucht, den Text darauf hin abzuklopfen, aber das gibt Kopfschmerzen. Lassen wir das.

HG
H.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.19:
Gracias, Habakuk, du hast es richtig verstanden. Es soll kein Gedicht sein, sondern ein "elegischer Prosagesang" Man spricht vom elegischen Ton, und deshalb habe ich mir die Freiheit für die Bezeichnung Elegie genommen.
HG
Ekki
Agneta (62) meinte dazu am 27.01.19:
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.01.19:
Merci, Agneta, das freut mich.
LG
Ekki
SchorschD (78)
(26.01.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.19:
Merci, Schorsch, ich bin ganz bei dir und Feuerbach. Die Götter, gleichgültig welcher Religion, sind nichts anderes als Projektionen menschlichen Denkens. Wir dürfen uns also nicht wundern, dass fast alle Götter mit Schwächen und sogar mit Bösartigkeit behaftet sind.

 Dieter Wal meinte dazu am 28.01.19:
@Ekki: "ich bin ganz bei dir und Feuerbach. Die Götter, gleichgültig welcher Religion, sind nichts anderes als Projektionen menschlichen Denkens."

Es gibt nicht nur bei Meister Ekkehard abstrakte Epiphanien. Soll sagen, vollkommen von menschlichen Vorstellungen entfernte. Vertritt man einen atheistischen Standpunkt, funktioniert die Feuerbach-These, die ich übrigens in ihrer gesamten Darstellung mit Abstand für die kultivierteste Form eines atheistischen Standpunktes halte. Schwieriger werden solche Betrachtungsweisen für Menschen, für die Götter nicht bloß Vorstellungen, sondern (auch physikalische) Erfahrungen sind. Dann funktioniert die überzeugend begründete Hypothese Feuerbachs nicht mehr.

Antwort geändert am 28.01.2019 um 17:37 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.01.19:
"Schwieriger werden solche Betrachtungsweisen für Menschen, für die Götter nicht bloß Vorstellungen, sondern (auch physikalische) Erfahrungen sind. Dann funktioniert die überzeugend begründete Hypothese Feuerbachs nicht mehr."
Es sei denn, man erklärt die physikalischen Erfahrungen für bloße Eibildungen, dann funktioniert die Hypothese Feuerbachs wieder.

 Dieter Wal meinte dazu am 28.01.19:
Wenn möglich, ergibt das wieder Sinn. Aber ist es immer möglich? Nö.

 TassoTuwas (26.01.19)
Und wieder stelle ich mir die Frage, was ist der Sinn sich Götter vorzustellen, die allen menschlichen Schwächen, Lastern und Unanständigkeiten unterliegen. Die griechische Götterwelt war, mit unseren Worten gesagt, eine kriminelle und sadistische Vereinigung voller Lug und Betrug, Ehebruch und Vergewaltigung, Quälerei und Sadismus. Ekki, du wirst die Antwort wissen.
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.01.19:
Danke Tasso, eine sehr gute Frage, die monotheistischen Götter kommen auch nicht viel besser weg, insofern auch sie strafende Götter sind. Man muss bedenken, worauf SchorschD hinweist, dass wir uns die Götter nach unserem Bilde formen und das zeigt überwiegend das Bedürfnis nach mächtigen und strafenden Göttern. Die Menschen haben es also selbst in der Hand, Liebe und Barmherzigkeit in ihrem Bild von Gott gegenüber der Strafe stärker zu akzentuieren.
Herzliche Grüße
Ekki

Antwort geändert am 26.01.2019 um 20:58 Uhr

 Dieter Wal meinte dazu am 28.01.19:
Tasso: "was ist der Sinn sich Götter vorzustellen, "

Der Sinn liegt in ihren Funktionen in Formen etablierter Religionen. Also strukturelle Formen (Götternamen, -geschichten, Tempel, Tempelpersonal; ritualisierte Lebensübergangsgestaltungen wie Geburt, Initiationsriten, Sterberiten, Bestattungen). Ob einem Details im Poly- oder Monotheismus widersprüchlich vorkommen, muss nicht gegen den tieferen Sinn von Religionen sprechen, es kann damit zusammenhängen, dass uns normalerweise mythologische Motive schwer verständlich erscheinen. Deshalb mag ich ein Kinderbuch von Ravensburger "Die Welt der Religionen". Die schönste mir zumindest bekannte Einführung jedoch ist von Joseph Campbell und heißt: "Die Kraft der Mythen".

Antwort geändert am 28.01.2019 um 18:20 Uhr

 TassoTuwas meinte dazu am 29.01.19:
D. W.
Formuliere ich meine Frage genauer.
Wenn ich mir einen Gott des Allwissen, der Gerechtigkeit, der Allgegenwärtigkeit, der Liebe etc. vorstelle, ist mir das verständlich.
Warum aber diese griechische (die römische ebenso) Bande von Kriminellen?

 Dieter Wal meinte dazu am 29.01.19:
Für Kriminelle ist allein Hermes zuständig. Oder Merkur.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 29.01.19:
Ich weiß es auch nicht genau, Tasso, aber vielleicht wurden unsere Vorstellungen von Gott durch das Christentum veredelt, sodass uns die urwüchsige Götterwelt der Antike heute in Teilen primitiv erscheint..

 TassoTuwas meinte dazu am 29.01.19:
So, könnte es sein, danke.

 Dieter Wal meinte dazu am 30.01.19:
Ich finde Hermes als Gott der Kaufleute und Diebe witzig in seiner Verbindung. Heute schon homerisch gelacht? Mit den gr. Göttern konnte auch gelacht werden. Über wäre zB in Athen nicht immer günstig für die Gesundheit gewesen. Es gibt außer Hermes für Händler und Diebe noch die mesopotamische Ischtar, die Göttin der Liebe und des Krieges. Nicht witzig, wenn auch vereinzelt leider durchaus sinnvoll.

Züge Ischtars beleben in der Zauberflöte die Sternflammende Königin der Nacht. Mit einem Kick Persephone.

Antwort geändert am 30.01.2019 um 22:55 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 31.01.19:
Das homerische Gelächter ist mir bekannt, aber es ist schon richtig, dass die griechischen Götter mehr dafür getan haben, dass Tränen flossen.

 Dieter Wal meinte dazu am 01.02.19:
Falls ich Walter F. Ottos "Theophania - Der Geist der Altgriechischen Religion" richtig verstand, ging es bei gr. Göttern weniger um Wunscherfüllung und Glückseligkeit der Menschen durch die Götter, sondern mehr um Glückseligkeit des Menschen durch Teilhabe an deren ewigem Sein. Die biblische Brille zeigt ein unklares Bild des Olymps. Lag Otto damit falsch?

Antwort geändert am 01.02.2019 um 15:39 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 01.02.19:
Nach meinem bescheidenen Wissen liegt Otto richtig.

 TassoTuwas (26.01.19)
Doppelklick!

Kommentar geändert am 26.01.2019 um 18:56 Uhr

Kommentar geändert am 29.01.2019 um 00:51 Uhr
MichaelBerger (44)
(27.01.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.01.19:
Ich freue mich, dass es dir gefallen hat, Michael.
LG
Ekki
Trainee (71)
(27.01.19)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.01.19:
Merci, Trainee, diese Arie von Gluck hat es mir auch angetan. So ein Lob von dir spornt mich an.
Liebe Grüße
Ekki

 GastIltis (27.01.19)
Hallo Ekki, und weil das nicht nur die Tragik von Orpheus und Eurydike war, sondern der ganzen Menschheit sein könnte, hatte ich am 14.11., damals noch unter anderem Namen, das nachfolgende Gedicht eingestellt und gehofft, dass wenigstens den Zeilen ein längerer Bestand als den Schicksalen der Betroffenen gewährt sein möge. Aber für den Inhalt könnte es zutreffen. Und da wäre dann ja Orpheus wenigstens erwähnt. Wie bei dir! LG von Gil.

Für Orpheus

Das letzte Lied wird irgendwann
einst auf dem Erdenrund verklingen.
Und was wird dann?
Dann werden Felsen für uns singen.

Für uns, die einst für diese Welt
die schönsten Lieder je erfunden,
o singt, ihr Felsen, und bestellt
den Sternen, welche tiefen Wunden

die Liebeslieder, Grabgesänge
dem Dies- und Jenseits hinterließen.
O Berge, singt die Zauberklänge,
bis den Gestirnen Tränen fließen.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 27.01.19:
Merci, Gil, ein wunderschönes Gedicht auf Orpheus. Vielleicht ist es kein Zufall, dass wir solche Themen lieben und dadurch gerührt sind, dass Orpheus die Felsen erweichen konnte.
LG
Ekki

 Dieter Wal (28.01.19)
harzgebirgler schrieb ein schönes Orpheus-Gedicht.  https://www.keinverlag.de/424211.text

 Dieter Wal meinte dazu am 28.01.19:
Sieht man sich Philosophiegeschichte an, veränderte sich im Lauf der Zeit das Lebensgefühl und die Wahrnehmungsweisen des Menschen erheblich. Die Zeiten der Mysterienreligionen entstanden nach wesentlichen kognitiven Weiterentwicklungen des Menschen, wofür Heraklit, Pythagoras, Epikur und Platon stehen könnten, meine gr. Lieblings-Philosophen. Platon fasste vieles zu einem "System" zusammen. Lange vorher jedoch wurde die Natur des Menschen, der Welt und Götter intensiv kritisch in Frage gestellt. Zahlreiche Mythen, auch jüdische und christliche, entstanden innerhalb einer Weltvorstellung und Wahrnehmung, die wenig reflektiert war. Bedeutende Philosophen des Atheismus wie Feuerbach oder meinetwegen Nietzsche, ich halte seine atheistischen Gedanken für wenig stringent, erblühten erst in einer Zeit, in der Atheismus nicht mehr mit dem Tod bestraft werden konnte. Überlegungen wie verschiedene Realitäten, Ich und Es, Überich, Distanzierung von innerem Erleben und kritische Reflektion wieder entstanden erst lange nach Feuerbach und Nietzsche. Selbst diese, Ausnahme Feuerbach selbst, waren noch mehr oder weniger innerhalb eines mythischen Weltbildes. Antike Menschen verstanden auch noch kaum die Natur des Traumes, die Funktionen des Schlafes und zB innere Organfunktionen.

Die Orpheus-Mythe gehört zum Thema Liebe-Partnerschaft/Tod und Leben, Leben und Tod. Ihren "Sitz im Leben" hatte sie ursprünglich innerhalb einer Mysterienreligion, deren für mich verblüffende Funktion sie erfüllte, den Initianten authentische Erfahrungen der jeweiligen Götter zu vermitteln, was, so man den Quellen Glauben schenken mag, tatsächlich gelang. Mysterienreligionen erfüllten damit die Funktion, das damals bröckelnde integrale mythische Weltbild ein letztes Mal für Eingeweihte wieder heil zu machen. Es galt als schick, sich in mehrere verschiedene einweihen zu lassen. Daher die Redensart "mit allen Wassern gewaschen".

Antwort geändert am 28.01.2019 um 18:58 Uhr

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 28.01.19:
Merci, lieber Dieter, es ist ein großer philosophisch-theologischer Bogen, den du da schlägst. Inwieweit er im Einzelnen zutrifft, kann ich nicht beurteilen, weil mir dazu die Kenntnisse fehlen. Aber ich halte deinen Befund zu der Funktion der Mysterienreligionen, das bröckelnde integrale mythische Weltbil zu heilen, für einleuchtend und richtig. Vielleicht wird meine Elegie mit diesem Hintergrund für manchen Leser interessanter. Ich wollte freilich nicht mehr, als das Leiden des Orpheus frei von philosophisch-theologischen Implikationen nachvollziehbar zu machen.

 Regina (21.02.21)
Ich muss bei diesem Thema an die Oper von Chr. W. Gluck denken. Der Orpheus wurde von einer Altistin, einem hohen Tenor oder einem Alt-Kastraten gesungen: "Ach, ich habe sie verloren, all mein Glück ist nun dahin, wär oh wär ich nie geboren, weh dass ich auf Erden bin." LG Gina

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 21.02.21:
Vielen Dank, Gina, ich werde die Oper von Gluck googeln.
Liebe Grüße
Ekki

 harzgebirgler (03.05.21)
sein rückblick hat ihr'n tod bedingt
der ihn dann zur verzweiflung bringt.

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 03.05.21:
Vielen Dank für die kurze Zusammenfassung des tragischen Geschehens, Henning.
LG
Ekki

 Roger-Bôtan (09.09.22, 13:50)
Es ist eben kein Zufall, dass Gottheiten niemals lachen. Tatsächlich ist herzliches Gelächter ihr größter Feind. Denn wer braucht Götter, wenn er sich köstlich amüsiert?
In der "Ilias" lachen die Götter schon. Über Hephaistos, wenn ich mich recht erinnere.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 10.09.22 um 11:32:
Merci, Roger, du erinnerst dich richtig. Doch es bleibt dabei, dass ihnen herzliches lachen fremd ist.

LG
Ekki
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