Fragend bleibt ein Ich zurück

Gedicht zum Thema Mystik

von  GastIltis

(nach Eduard Mörikes Peregrina)

Die Liebe steht am Pfahl so unbeschuht,
verläuft zerrüttet sich, geht unbestrumpft.
Was sie auch tun mag, es ist immer gut,
es sei denn, sie entschwebt in Unvernunft.

Mit einem Schritt ist sie schon unbehost;
ein Flüstern aus dem Nichts hat sie erfasst.
Als sie der Meeresschaum wie wild umtost,
scheint sie wie Schaumwein rosaweiß erblasst.

Wenn  Liebe sich entspannt, entflammt, enthemmt,
vergisst man Pfahl und Fuß und Bein und Leib.
Es werden Spiegel, Herz und Schweigen fremd,
und keine Stimme bettelt flehend: Bleib!

Sie schüttelt ihre Träume in den Wind.
Verbleibt der Liebe nur ein Hauch von Glück?
Ihr Kommen, Gehen macht so taub und blind,
und zweifelnd fragend bleibt ein Ich zurück.


Anmerkung von GastIltis:

Empfohlen von: AlmaMarieSchneider.(danke!), AvaLiam, plotzn, Al-Badri_Sigrun, AchterZwerg, Sätzer, Moja, DanceWith1Life, Jo-W., TassoTuwas, una, EkkehartMittelberg, Bella, AZU20, Graeculus, TrekanBelluvitsh.
Lieblingstext von: AvaLiam, Al-Badri_Sigrun, una, EkkehartMittelberg, Graeculus.
Bleib!

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Kommentare zu diesem Text

Jo-W. (83)
(08.12.19)
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 GastIltis meinte dazu am 08.12.19:
Lieber Jo, ich grüße dich hezlich zurück. Danke, dass du deine Zeilen so freundlich wie möglich und so knapp wie immer gehalten hast. Was will man mehr? Genieße den Abend des zweiten Advent, sagt dein Freund Gil.

 TassoTuwas (08.12.19)
Wenn das Wir zerfällt, lässt es zwei Ichs zurück!
Weil Sonntag ist
LG TT

 GastIltis antwortete darauf am 08.12.19:
So ist es, mein lieber TT, und zwei Ichs dürfen schon mal über Regionen hinweg in Gedanken anstoßen. Dem Sonntag zuliebe. Danke und bleib zuverlässig. Es ist immer gut. Gil.

 EkkehartMittelberg (08.12.19)
Lieber Gil,
Mörikes "Peregrina" lässt grüßen. Wenn er dein Gedicht gekannt hätte, wäre er bestimmt über die Fortführung des Motivs begeistert gewesen.
Herzliche Grüße
Ekki

 AZU20 schrieb daraufhin am 08.12.19:
Das denke ich doch auch. LG

 GastIltis äußerte darauf am 08.12.19:
Danke Ekki,
das ziemlich lange Gedicht Mörikes hat mir schon immer behagt. Doch einen Ansatz hatte ich bisher nie gefunden. Woran es lag, mag ich nicht entscheiden. Ich bin froh, dass es bei dir nicht durchgefallen ist. Dein Wort wiegt für mich schwer.
Nun bleibt mir, dich herzlich zu grüßen. Gil.

Hallo Armin, es gilt für dich auch. Dir ebenfalls herzliche Grüße zum zweiten Advent von Gil.

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 09.12.19:
Lieber Gil. es ist nicht nur nicht durchgefallen. Es hat mit Bravour bestanden.

 GastIltis meinte dazu am 09.12.19:
Herrlich zu lesen, dass ab und zu noch der ehemalige Berufsstand mit jemand durchgeht. Ich erinnere an meinen Beitrag von vor einigen Tagen.

 Graeculus (08.12.19)
Die letzte Strophe ist für mich der sprachliche Höhepunkt. Mörikes Gedicht muß ich noch nachlesen.

 GastIltis meinte dazu am 08.12.19:
Lieber Graecu,
obwohl ich kein Freund von unterschiedlichen Wertungen einzelner Verse oder Zeilen bin, in diesem Fall stimme ich mit dir überein. Das wird einem aber erst bewusst, wenn der Hinweis wenigstens ein Merkmal, das „sprachlich“ enthält.
Danke dafür und viele herzliche Grüße von Gil.

 TrekanBelluvitsh (08.12.19)
Ein sehr romantischer Text. Das ist jedoch kein Wunder, will er auch romantisch sein. Und das ohne einen Hauch Kitsch.

 GastIltis meinte dazu am 08.12.19:
Danke Trekan, es ist richtig. Ich hatte auch überlegt, ob ich als Thema Romantik oder Mystik wähle. Dass meine Zeilen mehr in deine Richtung tendieren, während das Thema sich mehr an den Stoff und den Autor Mörike anlehnt, ist dabei eigentlich unwesentlich. Aber erfreulich, dass du es so siehst und mit einem * verschönst. Viele herzliche Grüße von Gil.

 AchterZwerg (09.12.19)
Hallo Gil,
erinnert mich nicht nur an Möricke, sondern auch an das sog. Ehegattensplitting. Später gern mal umgekehrt.
Aus eins mach zwei: "Und zweifelnd fragend bleibt ein Ich zurück."

Im Grunde trotzdem romantisch
der8.

 GastIltis meinte dazu am 09.12.19:
Liebes Achtel,
danke zunächst einmal. Ich habe mich in einer Menge Sportarten versucht, Tischtennis, Schwimmen, Basketball, Handball, Fußball, Schach, Volleyball sowieso, weniger Radfahren und Leichtathletik, obwohl ich zu Fuß schon hundert Kilometer an einem Tag gegangen bin, aber im Denksport habe ich mich noch nicht versucht. Will sagen, auch wenn mir mein Enkel mit seinen sechs Jahren schon Aufgaben stellt, die die Größenordnung des BlackRock-Vermögens weit überschreiten, und die ich locker zu lösen in der Lage bin, mit diesen deinen kleinen Zahlen komme ich leider nicht zurecht. Obwohl ich meine als auch die Steuererklärung für meinen Sohn jährlich noch erarbeite und pünktlich liefere. Indes, die Welt hat außer Romantik und Rechenaufgaben noch mehr Erkenntnisse zu bieten.
Herzlich grüßt dich wie immer Gil.

 juttavon (09.12.19)
Schön!

Nur mit diesen zwei Zeilen gehen ich in dem Kontext nicht mit: "Was sie auch tun mag, es ist immer gut,
es sei denn, sie entschwebt in Unvernunft."
Vernunft ist in der Liebe zweitrangig, oder?

HG Jutta

 GastIltis meinte dazu am 09.12.19:
Danke, liebe Jutta,
nun ist es ja so, dass ich mich nicht umsonst an Mörike angelehnt habe. Da sein offensichtliches Vorbild für die spätere Figur der „Peregrina“, auch in der Ableitung von Peregrinus (Fremder, Reisender, Pilger), in der erfahreneren Maria Meyer, einer geheimnisvollen, zigeunerhaften Frau liegt, ist offenbar. Dass sich Mörike als unerfahrener junger Mann wohl unsterblich in sie verliebte, zieht sich durch sein ganzes Schaffen. Ob nun die schöne Geheimnisvolle, die mit im Gefolge der Juliane von Krüdener unterwegs war, die sich ja mit einigem Unfug befasst hat, dort den Weg der Vernunft verlassen hat, ist wohl offen geblieben. Und: fremd zu sein, zu reisen oder zu pilgern, hat ja mit Unvernunft durchaus nichts zu tun. Also, wenn man Mörikes Peregrina liest, bleiben viele Fragen offen, dass die Frage der Vernunft in der Liebe von dir gestellt wird, ist ein Zeichen, wie vielfältig interpretierbar Texte doch sein können.
Dennoch, meine Zeilen behandeln die Liebe: die Liebe!
Danke Jutta, und sei herzlichst gegrüßt von Gil.

 plotzn (10.12.19)
Lieber Gil,

das ist ja ein ganz heißer Strip, den du da hingelegt hast: Von unbeschuht über unbestrumpft und unbehost bis enthemd,

Völlig nackt und hilflos entlässt einen das Gedicht am Ende in die Wirren der Liebe...

Ebensolche Grüße!
Stefan

 GastIltis meinte dazu am 10.12.19:
Hallo Stefan,
als hätte ich es geahnt. Aber mir ist so, als wären wir uns beim Thema FKK schon einmal (in einem anderen Forum) in die Quere gekommen. Nicht handgreiflich, aber deutlich. Aber dass du die Wirren der Liebe erwähnst, ehrt dich. Und: in Strophe zwei wird mit Deutlichkeit darauf verwiesen, dass sie, also die Liebe, um die es schließlich geht, was du zum Glück nicht bestreitest, von Meeresschaum wild umtost wird. War da nicht auch etwas bei der Geburt der Aphrodite? Na, ich kenne mich nicht so aus.
Danke und sei herzlich gegrüßt von Gil.
Al-Badri_Sigrun (61)
(10.12.19)
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 GastIltis meinte dazu am 10.12.19:
Fein Sigrun,
dass du mir ansagst, dass mir gelegentlich solche kleinen Tupfer gelingen, die zwar nicht beabsichtigt sind, aber doch die Aufmerksamkeit nicht gerade in den Keller sinken lassen. Deine Deutungen sind für mich sehr schmeichelhaft, weil ich oft viel nüchterner und sachlicher an die Themen herangehe. Zum Glück habe ich dich. Danke dafür und die schönen Grüße, die ich dir gern mit ein paar *** zurücksende.
Herzlich Gil.
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