Alle 197 Texte von Möllerkies

Am Abend, wenn in weichem Dunst die Sonne sich auflöst und die letzten Strahlen sendet, beschirmt ein Purpurhimmel, der nicht endet, das Land, das Schleier trägt wie eine Nonne. Und während Dämmerschatten niedersinken, bewegt sich müd ein...

Leben heißt – wirken und weben, trachten und streben, nehmen und geben, mal einen heben, sich übergeben vom Saft der Reben, mal holprig, mal eben, manchmal daneben, mal ruhen, mal beben, mal stolpern, mal schweben, sich niemals ergeben,...

Einstein sitzt beim Nadeldrucker wartend auf dem Kanapee und gibt zwei Stück Würfelzucker in den dampfend heißen Tee. Schlürfend trinkt er aus der Tasse, blickt aufs Teelicht vis-à-vis – kaum löst sich des Zuckers Masse, fühlt er sich...

Solange er am Staudamm schafft, malocht der Biber biberhaft. / � Der Biber, der nachts Bäume fällte, der bibert jetzt vor Eiseskälte. / � Am Sonntag gibt’s beim Biber Torte und dazu reichlich Biberworte. / � Der Biber mustert voll...

Ein Altphilologe aus Emden, der redete gerne mit Fremden. ___Er sprach nur Latein. ___Sie riefen: Halt ein! Wir machen uns gleich in die Hemden!

Löwen liegen auf der Lauer, Fräuleins Handschuh fällt hernieder. Ritter wagt’s und bringt ihn wieder: Fräulein glücklich, Ritter sauer.

Winterfreuden! Auf dem Schlitten sind wir kühn zu Tal geglitten. Wunderbar begann das Jahr – waren wir ein schönes Paar! Frühlingsblumen, ganz geschwollen sind die Augen mir, ich schnäuz mich gequält. Mit eurem Pollen ist es doch ein...

Wie der Haifisch ohne Flügel, wie die Ziege ohne Zügel, so wie Frankreich ohne Rom, wie die Kerze ohne Strom, wie die Orgel ohne Saiten, so wie Tennis ohne Reiten, so wie Ungarn ohne Wien, so wie Irland ohne Queen, so wie Tarzan ohne Socke, so...

Am heut’gen Tag steht wieder mal der deutsche Bundestag zur Wahl. Dem Bürger ist dies Lust und Qual, er prüft Programm und Personal. Ob christlich oder liberal, ob grün, ob Linke, ob sozial, gemäßigt oder radikal – ist es am Ende nicht...

Astern – schwälende Tage – Moment mal, ich hab da ’ne Frage: Was wollen Sie uns da erzählen? Dass Tage schwälen können? Schwälen? Wie kann man solche Wörter wählen? Das Wort, das gibt’s doch gar nicht: schwälen! Sie sollten Leser...

Gedichte sind wie Streichhölzer bei Stromausfall. Gedichte sind das Schlagen einer Nachtigall. Gedichte sind nach langem Marsch ein kühles Bad. Gedichte sind wie eine Biwakschachtel auf vereistem Grat. Gedichte sind ein warmer Hauch am...

Ein frischer Brie bereitet Wonne, zu Brei zerläuft er an der Sonne. In Wien besucht man gern den Prater, der Wein verursacht einen Kater. Die Biene sticht rein prophylaktisch, die Beine sind zum Gehen praktisch. Das Siel führt Wasser aus der...

Schon wieder habt ihr mich gepackt, ihr Worte: Chaotisch geht ihr um in meinem Kopfe. Hurra, pack die Gelegenheit beim Schopfe – Wer weiß, pocht da das Schicksal an die Pforte? Ein wilder Tanz, es rasen die Gedanken In zügellosem Taumel auf...

Der Funke sprang, das Pulver dampfte, die Kugel flog, verließ den Lauf, sie fand ihr Ziel, das sie zerstampfte – nichts hielt den Flug der Kugel auf. Das weckt doch Assoziationen: der Mensch als Kugel, Welt als Lauf und Gott als Ziel – wird...

Durch Deutschlands Mitte fließt ein Strom, der nennt sich Efze oder Ohm. Der Strom bewässert Gras und Halm und bricht durch Felsgestein sich Bahn, er mündet schließlich in die Schwalm bzw. in die Lahn. Und nächtens scheint ein fahler Mond...

In kreativen Stunden hab ich mich selbst erfunden – / � / � / � / � / � / � / � / �ich schwöre Stein und Bein. Und lasse ich das Schreiben, wird nichts mehr von mir bleiben, / � / � / � / � / � / � / � / �dann hör ich auf

Das letzte Jahr war echt das Letzte – vorbei, jetzt öffnen wir ein Fass! Wenn auch der Tod das Messer wetzte, wir leben noch – das ist doch was. Das alte Jahr war voll daneben – jetzt ist es rum, wir trinken drauf. Das neue Jahr, hoch soll...

Im kalten Nass der Beringsee sieht man den Hering furchtbar frieren. Doch schreibt man vor den Hering E, um ihn zu elektrifizieren, entsteht daraus ein neues Ding: der sogenannte Ehering. Man kann an diesem Beispiel sehen: Wer unter Strom steht,...

Mein Freund, du lebst in Saus und Braus, du schüttest Wasserkübel aus, du spritzt mit Farbe, wirfst mit Obst, wenn du durch meinen Garten tobst. Du reißt die Blätter von den Bäumen und mich aus meinen Sommerträumen. Du pfeifst darauf –...

Deine knorke, morsche Borke hüllt dich, alter Eichenbaum, ist verwittert und zersplittert, Borkenkäfers Lebensraum. Tote Äste, kahle Reste längst vergangner Blätterpracht, keine holden Blütendolden zittern in der Frühlingsnacht. Jene...

Jetzt zieht ins Land der holde Lenz – nur eines stört: die Inzidenz. Den Winter zwingt er in die Knie wie wir (vielleicht) die Pandemie. Mit Tulpen und mit Osterglocken will er uns aus den Daunen locken. Da jubeln Balten, Bayern, Basken, so...

Ach, πάντα ῥεῖ, auch Großes kann nicht ewig währen: Vergangen sind der Griechen und der Römer Ären, doch ihre reiche Ernte kann uns heut’ noch nähren, wenn man’s versteht und drischt die Körner aus den Ähren. Gesättigt...

Man wünscht sich / �Bonu (gutes) annu (Jahr) / � – und zwar auf Sardisch und im Januar. Das ist, was uns der Februar verheißt: Behüte dich, weil sonst dein Haar vereist. Das Ehepaar hat jeden Scherz gemieden, und schließlich wurde es im...

Ach Saskia, ach Saskia, wie bin ich dir verbunden, hast ohne Unterlass Lia‐ nen mir ums Herz gewunden. Ach Saskia, ach Saskia, ach deinen Sang zu h��ren. Im Alt, Tenor und Bass pia‐ no, um ihn nicht zu stören! Ach Saskia, ach Saskia, du...

Wir haben gestern Nacht zu viert den neuen Messwein degustiert. Jetzt haben alle einen Kater. Mit müdem Gruß __________________ Der Heil’ge Vater Beim Hochamt frag ich mich verdutzt: Wer hat die Hostien verputzt? Bestimmt der Küster von St....

Uns scheint sie leicht, für ihn war sie die schwerste: die Erste. Aufsteigt sie zu großer Höhe und Weite: die Zweite. Als ob ein junger Held zum Kampfe schritte: die Dritte. Ein Edelstein, der schöner keine Krone zierte: die Vierte. Triumph...

Ein kühner Gedanke, wie leicht fliegt er fort, drum halte ihn fest im geschriebenen Wort! Geschriebenes Wort wird nicht schwanken noch wanken. Das klappt sogar ohne den kühnen Gedanken.

Die Hand hält einen Bleistift. Hier berührt der Bleistift das Papier, auf das er einen Ärmel bannt. Der Ärmel führt zur andren Hand. Die Hand hält einen Bleistift. Hier berührt der Bleistift das Papier, auf das er einen Ärmel bannt. Der...

Man sang dir an der Wiege, Kant, / du würdest einst – und wie! – gekannt. / Wer deine Fantasie gekannt, / bejubelt ihre Siege, Kant. / Wie hoch man dich auch höbe, Kant, / dir wäre jede Höh’ bekannt. / Wer liegt vor dir im Staube, Kant?...

Die Schafe grasen friedlich auf den Deichen, als existierte noch der Garten Eden. Septembermorgen, keine Lust zu reden – auch aufgeräumte Keller bergen Leichen. Karierte Forstbeamte fällen Eichen, reflexhaft wölbt der Himmel sich nach innen....

Hätt’ ich viel Geld, ich würde es verprassen, Erfreute mich am dolce far niente. Ruckzuck erstände ich für dich Präsente: Brillanten, Pelze, was du willst, in Massen. So richtig würde ich es krachen lassen: Tristesse adieu, was kümmert...

Der dürrste der Dürste vom Weine gestillt, die engste der Ängste verweht. Der dünnste der Dünste entweicht schon dem Bild – der herbste der Herbste, er geht.

Der Aal, der aalt sich erst am Strand und flucht dann auf den Sonnenbrand. Der Butt, er buttert kräftig rein, er will beim Skat Gewinner sein. Der Hecht, er hechtet durch sein Reich. Sein Reich, das ist der Karpfenteich. Den Stör, den stört...

Gestehe, es war Hölderlin, den du versteckt bedichtet hast, sporadisch nur entdeckt: Ein Rätselvers verschlüsselt ihn, in eigner Art von dir verfasst, mit Liebe ausgeheckt.

Buchstabe ist ein Wort, einsilbig und zweisilbig sind dreisilbig, Jambus ist ein Trochäus, lang ist kurz, Verb und Adjektiv sind Substantive, großgeschrieben wird kleingeschrieben, untrennbar ist trennbar, ungebeugt ist gebeugt, englisch ist...

Banger Blick aufs Thermometer: Kommt der Sommer oder geht er? Schläft der Südwind oder weht er, bläst er weiter oder dreht er? Sag mal, alter Wackelpeter, fragen selbst die frömmsten Beter Christi ersten Stellvertreter, kommt der Sommer oder...

Am Großen Belt bellt nachts ein Hund, den hört man bis zum Öresund. In einem Spind spinnt sie ihr Netz, die Spinne kennt kein Baugesetz. In kurzer Frist frisst er den Herrn, der Hai hat ihn zum Fressen gern. Mit frohem Mut muht eine Kuh, der...

Jesus mahnte seine Jünger: / �Dreht mir keine krummen Dünger! / � Einer fragte ihn beim Weine, ob er denn nicht Dinger meine. Dünger – ob er dabei bleibe? / �Ja / �, sprach er, / �dem Reim zuleibe. / �

Die Blätter färben sich zinnober, die Ernte ist verstaut im Schober, den jungen Wein serviert der Ober – willkommen, goldener Oktober!

Gabis Mannschaft saß am läng’ren Hebel, denn sie nutzte konsequent den Nebel: Anja beispielsweise spielte eine ganze Halbzeit lang für sich alleine, weil man sie im Nebel nicht mehr sah. Nach der Pause war sie wieder da. In der...

Die Fischer auf den Wogen wogen den Fang, den sie an Bord gezogen, und frisch gegrillte Rochen rochen, noch eh der Morgen angebrochen. Matrosen sich zu Wanten wandten, die sich vom Mast zur Bordwand spannten. Die Bilder kleiner Pinten pinnten sie...

Der Wecker klingelt früh um vier, man sieht den Wurm sich strecken. Willst du was schaffen, sagt er dir, dann lass dich zeitig wecken. Er scheut nicht Regen und nicht Sturm und kriecht aus seinem Haufen. Der frühe Vogel fängt den Wurm. Ich sag...

Noch niemals ist, so will mir scheinen, / ein Leser so bekloppt gewesen, / sich einen Schwachsinnstext wie meinen / von vorn bis hinten durchzulesen. /

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