Alle 197 Texte von Möllerkies

Am Großen Belt bellt nachts ein Hund, den hört man bis zum Öresund. In einem Spind spinnt sie ihr Netz, die Spinne kennt kein Baugesetz. In kurzer Frist frisst er den Herrn, der Hai hat ihn zum Fressen gern. Mit frohem Mut muht eine Kuh, der...

Der Abend fließt wie aus Amphoren, der See versinkt in blauem Schatten. Am fernen Ufer, schon verloren, strahlt letzte Sonne auf die Matten. Da träumt ein Tisch in hellem Garten und lehnt an sonnenwarmer Mauer, er scheint der Dämmerung zu...

Die Steppe ziert, nach altem Brauch, gelegentlich ein dürrer Strauch. Und was, wenn nicht?, hör’ ich euch fragen. Dann hat der Strauchdieb zugeschlagen. Zitronentee schmeckt gut, doch passen Zitronen meistens nicht in Tassen. Drum braucht der...

Wer Käse isst beim Brief / �lecken, / verschickt die Post mit Brie / �flecken. / Das gute alte Ramm / �schwert / hat heute nur noch Ramsch / �wert. / Nur Meister können Top / �flö / �ten / aus einem alten Topf löten. / Die freie Sicht aufs...

Der Samurai spricht zu dem Knappen: Ich leite lasch den lauen Lappen. Der Knappe blickt entnervt gen Himmel: Du hast vom Leiten keinen Schimmel.

Wenn vierzig Winter deine Stirn umnachten und Furchen in das Feld der Schönheit treiben, wird von den jetzt so viel bestaunten Trachten nur ausgefranster Lumpen übrig bleiben. Dann auf die Frage, wohin du befohlen die Schönheit und den Glanz...

Uns scheint sie leicht, für ihn war sie die schwerste: die Erste. Aufsteigt sie zu großer Höhe und Weite: die Zweite. Als ob ein junger Held zum Kampfe schritte: die Dritte. Ein Edelstein, der schöner keine Krone zierte: die Vierte. Triumph...

Niveauvolle Akrostichen erkennen Banausen erst nachträglich.

Jesus mahnte seine Jünger: / �Dreht mir keine krummen Dünger! / � Einer fragte ihn beim Weine, ob er denn nicht Dinger meine. Dünger – ob er dabei bleibe? / �Ja / �, sprach er, / �dem Reim zuleibe. / �

Stets verfügbar sein ist trendy. Als ich dusche, summt das Handy. Ich steh da und hab nichts an; ist egal, der Chef ist dran. Meine Hände sind voll Seife, als ich nach dem Laptop greife. Aus der Dusche, rein ins Web, starte schon die...

Nackte Frau auf gelbem Grund sitzt, die Arme hoch im Nacken, auf dem Hintern prall und rund. Dieses Bild hat ein paar Macken, denn wo vorn das Schamhaar quillt, prangen auch die Hinterbacken, während für die Brüste gilt: eine sieht man von der...

Es war einmal ein junges Paar, das fuhr von Homburg an der Saar per Intercity über Leer nach Norddeich Mole bis ans Meer. Genießt des Zugabteils Komfort! Es geht durch Heide, Wald und Moor, durch fette Marschen, trock’ne Geest, derweil ihr...

Eine Altphilologin aus Frankfurt, die beschwört ihren Sohn: Keinen Zank, Kurt! ___Doch ich muss insistieren, ___dass wir / �aes / � deklinieren – worauf Kurt nur / �O Mann, ist das krank! / � knurrt.

Gesichter malen fällt mir schwer, mit Augen, Lippen, Nasen. Drum mal ich keine Menschen mehr und widme mich den Hasen.

Es ist das Gelbe und das Gelbe nicht in jedem Fall dasselbe: Gelb ist einerseits die Pampel‐ muse, aber auch die Ampel, falls sie nicht, was unvermeidbar ist, auf Rot springt oder Grün – dadurch ist sie unterscheidbar von der Südfrucht ohne...

Aus halb verfaulten Strunken wächst keck ein Trieb empor. Das Alte, kaum versunken, bringt neuen Spross hervor. Ach, wie der Trieb nach oben durch morsche Rinde bricht! Das zarte Haupt erhoben, strebt er zum Sonnenlicht. Ein Windstoß lässt ihn...

Im Wellenflansch die Freundschaft kennt: Er überträgt das Drehmoment wohl auf der Welle ehern Reif, verlässlich, dreh- und biegesteif. Doch öffnet man des Flansches Ösen, lässt sich die Bindung wieder lösen – was eigentlich nur...

Was die wohl von den Ahnen ahnen, die sich den Weg durch Bahnen bahnen und die im Speisewagen wagen, was schon die alten Sagen sagen? Wir werden hinter Essen essen und in Köln‐Deutz die Messen messen, Kartoffeln in die Stippen stippen, ein...

empfehlen nicht befehlen anbieten nicht verbieten schreiben nicht vorschreiben lassen nicht verlassen vorschlagen nicht schlagen anstoßen nicht abstoßen entwerfen nicht verwerfen aufbrechen nicht abbrechen klären nicht verklären beilegen...

Ich schreibe Verse ohne Makel, das teile ich mit Georg Trakl. Wenn ich es wollte, überböte ich sogar Johann Wolfgang Goethe. Er schrieb wie ich, nur etwas schriller: Ich bin der neue Friedrich Schiller. Auf Augenhöhe seh ich ihn, den großen...

Einst entzweist du dreist die Fürsten von den treuen Untertanen, scharst die, die nach Freiheit dürsten, unter blutigrote Fahnen. Königstreue schlagen zünftig dir die Schneidezähne ein, dein Appell / �Feid foch verfünftig! / � rettet nicht...

Wenn die Wahrheit ich verbiege, ob ich damit richtig liege? / � / � / � / � Wenn die Wahrheit ich verbog, / � / � / � / � ob ich damit richtig log? Wenn ich Reh servieren lasse, ist es, weil ich Hase hasse. / � / � / � / � Wenn ich Reh...

Verliebt bin ich, verliebt seit ein paar Tagen, Ein Tierarzt hat mein Herz im Sturm erobert. Total verliebt bin ich, und er heißt Robert. Es rast mein Puls, es kribbelt mir im Magen. Ruft er mich an, dann spricht er oft vom Kriege, An dem er...

Wachtberg biete ich mein Leben: Ihr könnt mir die Kugel geben. Schon verrät mir das Gekicher: Mein Gedicht ist kugelsicher. Schätzt die Jury meinen Witz, trifft mich glatt der Kugelblitz. Meine Werke sind der Schlager! Bald hab’ ich ein...

Gedichte sind wie Streichhölzer bei Stromausfall. Gedichte sind das Schlagen einer Nachtigall. Gedichte sind nach langem Marsch ein kühles Bad. Gedichte sind wie eine Biwakschachtel auf vereistem Grat. Gedichte sind ein warmer Hauch am...

Zähler der Stunden, Nenner der Sehnsucht, Bruch meiner Schwüre. Steigung des Verlangens, Körper der Lockung, Kurven der Lust. Schnittpunkt der Begierde, Gleichschenkligkeit, Maximum der Leidenschaft. Wurzel der Liebe, Summe meiner Gefühle,...

Gestehe, es war Hölderlin, den du versteckt bedichtet hast, sporadisch nur entdeckt: Ein Rätselvers verschlüsselt ihn, in eigner Art von dir verfasst, mit Liebe ausgeheckt.

Durch Deutschlands Mitte fließt ein Strom, der nennt sich Efze oder Ohm. Der Strom bewässert Gras und Halm und bricht durch Felsgestein sich Bahn, er mündet schließlich in die Schwalm bzw. in die Lahn. Und nächtens scheint ein fahler Mond...

Ein heil’ger Zorn erfasst Achilles: / �Ich kann nicht dichten, doch ich will es. / � / �Dann dichte halt / �, erwidert Hektor, / �du brauchst nur einen guten Lektor. / � Achilles kämpft an vielen Fronten, zum Beispiel mit gesperrten Konten....

Dieser Muskel, der am Becken Meinem Körper anvertraut, Will geheimen Sinn erwecken, Wie’s den Wissenden erbaut. Ist er Ein lebendig Wesen, Das sich in sich selbst getrennt? Sind es zwei, die sich erlesen, Dass man sie als Einen kennt? Solche...

Der Mensch, er ist ein nacktes Tier, er komponiert Sonaten, er sieht gern fern bei Chips und Bier und zählt zu den Primaten. Des Menschen Dummheit ist immens, da hilft ihm auch kein Beten. Er nennt sich Homo sapiens und schießt gern mit...

Einstein sitzt beim Nadeldrucker wartend auf dem Kanapee und gibt zwei Stück Würfelzucker in den dampfend heißen Tee. Schlürfend trinkt er aus der Tasse, blickt aufs Teelicht vis-à-vis – kaum löst sich des Zuckers Masse, fühlt er sich...

Verspottet man die Weihnachtszeit, dann fährt die Polizei nachts weit, mit Blaulicht und es eilig habend, im Ernstfall auch am Heiligabend. Packt dich die Blödelei nachts wieder, verballhornst du die Weihnachtslieder, besingst Marie, die reine...

Jetzt zieht ins Land der holde Lenz – nur eines stört: die Inzidenz. Den Winter zwingt er in die Knie wie wir (vielleicht) die Pandemie. Mit Tulpen und mit Osterglocken will er uns aus den Daunen locken. Da jubeln Balten, Bayern, Basken, so...

Herr v. Morgenstund geht ohne Furcht zum Zahnarzt. Eine Krone wird gebraucht, so der Befund. Krone fertig, sie sitzt klasse, das Dentallabor macht Kasse, Morgenstund hat Gold im Mund.

Du schreibst sie auf in Worten fein, die sprudelnden Ideen. Und stellt sich einmal keine ein, dann wird’s auch ohne gehen.

Das letzte Jahr war echt das Letzte – vorbei, jetzt öffnen wir ein Fass! Wenn auch der Tod das Messer wetzte, wir leben noch – das ist doch was. Das alte Jahr war voll daneben – jetzt ist es rum, wir trinken drauf. Das neue Jahr, hoch soll...

Wenn die Leser Sehnsucht haben, wird das Dichterwort sie laben. Denn was Dichter kunstvoll weben, lässt den Leser froher leben. Was die Dichter aufgeschrieben, Leser werden’s innig lieben. Dichter thronen einsam oben, lassen sich vom Leser...

Wie wär’s, wenn wir uns freimachten? Das machen wir, mein Bester! Ich schenk mich dir zu Weihnachten, schenk du dich mir Silvester.

Hätt’ ich viel Geld, ich würde es verprassen, Erfreute mich am dolce far niente. Ruckzuck erstände ich für dich Präsente: Brillanten, Pelze, was du willst, in Massen. So richtig würde ich es krachen lassen: Tristesse adieu, was kümmert...

Schon wieder habt ihr mich gepackt, ihr Worte: Chaotisch geht ihr um in meinem Kopfe. Hurra, pack die Gelegenheit beim Schopfe – Wer weiß, pocht da das Schicksal an die Pforte? Ein wilder Tanz, es rasen die Gedanken In zügellosem Taumel auf...

Dem Jungen, der zur Tat gedungen, wär’ das Verbrechen fast gelungen: Ins Haus des Opfers eingedrungen, hat er mit diesem kurz gerungen und hat es in die Knie gezwungen. Dann ist im Kampfe, engumschlungen, das Messer, das er wild geschwungen,...

Aus den schönen Glocken der Heide / � / � / �Einen Trank einst brauten sie fein, Der war viel süßer als Honig / � / � / �Und war viel stärker als Wein. Sie brauten ihn und tranken / � / � / �Und lagen in seligem Traum Von Tag zu Tag...

Was, so brüllt der alte Goethe, reimt sich bloß auf / �Morgenröte / �? Nimm / �Prophete / �, rät ihm Schiller. Goethe dankt, und es wird stiller. Ist kein guter Tipp gewesen: Wenn wir heut’ im / �Diwan / � lesen, was Suleika sagt (zu...

Ja, die Pop-Musik ist flach, ordinär kommt sie mir vor: haftend wie ein Wurm im Ohr, abba musikalisch schwach. Na, und Rock-Musik? Der Krach nervt gewaltig, sag ich dir. Strom, ob wechselnd oder gleich – ehrlich, der ist nicht mein Bier. Bald...

Kompressen her! Und leg sie auf die Stirne! Am Gaumen klebt die Zunge. Ich brauch’ Wasser. Tret’ vor den Spiegel: War ich jemals blasser? Es pocht in meinem Kopf. Mir platzt die Birne. Reich mir das Aspirin! O diese Schmerzen! Für mich...

Am heut’gen Tag steht wieder mal der deutsche Bundestag zur Wahl. Dem Bürger ist dies Lust und Qual, er prüft Programm und Personal. Ob christlich oder liberal, ob grün, ob Linke, ob sozial, gemäßigt oder radikal – ist es am Ende nicht...

Im kalten Nass der Beringsee sieht man den Hering furchtbar frieren. Doch schreibt man vor den Hering E, um ihn zu elektrifizieren, entsteht daraus ein neues Ding: der sogenannte Ehering. Man kann an diesem Beispiel sehen: Wer unter Strom steht,...

Ein kühner Gedanke, wie leicht fliegt er fort, drum halte ihn fest im geschriebenen Wort! Geschriebenes Wort wird nicht schwanken noch wanken. Das klappt sogar ohne den kühnen Gedanken.