Zum Kuckuck!

Sonett zum Thema Aufmerksamkeit

von  Isaban

Satt sitzt die Sonne am Roggenfeldrain.
Flink, zwischen Heumahd und Jungrebenhang,
flimmert der Sommer die Straße entlang.
Cuculus singt und er klingt stets allein.

Staub liegt auf allem und flirrt in der Luft,
hängt sich an Trecker und legt sich aufs Bein,
klebt an den Schuhen und trägt sich herein,
gräbt sich in Hauswinkel und Arbeitskluft.

Horch nur, wie stetig der Cuculus ruft,
nennt seinen Namen und ruft immerzu,
unkt uns per Singsang das Ende herbei:

Asche zu Asche und ab in die Gruft,
ruft er dich pfiffig und gibt keine Ruh,
legt in die Nester der andern sein Ei.

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Kommentare zu diesem Text


 Lluviagata (17.06.13)
Ein tolles, bildreiches Sonett, bei dem mir nur das Ende ein wenig unklar ist, liebe Isaban.

Der Schluss kommt mir mit dem "im Grunde rufen" ein wenig wie voreilig beendet vor. Ich verstehe, dass du das Leben dem Tod gegenübestellen willst, aber ich verstehe nicht, warum gerade der Kuckuck so etwas 'im Grunde' ruft. Natürlich kannst du einen Grund an sich meinen, einen Wiesengrund, einen Waldgrund oder so etwas. Ich les dies aber so, als wenn er uns mit seinem Kuckuck verulken will. Ich würde dazu anstatt "im Grunde" einfach ein Adjektiv wählen, was die eigentlich Schlitzohrigkeit des Viechterls unterstreicht! Vielleicht "durchtrieben, gerissen, verschlagen, uns pfiffig ..."

Wie immer - gerne gelesen!

Liebe Grüße
Llu ♥

 Isaban meinte dazu am 17.06.13:
Recht hast du, liebe Llu, herzlichen Dank für Rückmeldung und Anregung und ganz besonders für das pfiffige Rufen, das nehm ich doch glatt!

Liebe Grüße


Sabine
AronManfeld (43) antwortete darauf am 17.06.13:
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 Isaban schrieb daraufhin am 17.06.13:
Werter Aron, das mehrfach wiederholte "ruft" ergibt nicht umsonst einen unreinen Reim zu Luft, Kluft und Gruft. Das hat mit der stilistischen Unterstreichung des Inhalts zu tun und soll andeuten, dass da etwas nicht stimmt. Zudem: Sag mal 3 x "Kuckuck" - auch in diesem Wort klingt die eine Silbe lang wie bei "ruft", die andere kurz wie bei "Gruft" etc. Sowas nennt man Stilmittel.

Liebe Grüße

Sabine

 Irma (17.06.13)
Hier ist es nicht das Käuzchen, das in der Nacht mit seinem unheimlichen Ruf den nahenden Tod verkündet. Es ist helllichter Tag, es ist warm. Und dennoch liegt über allem der Tod. Im bekannten Kinderlied taucht der Kuckuck als fröhlicher Frühlingsbote auf: „Lasset uns singen, tanzen uns springen!“ Aber wie soll man Tanzen und Springen, wenn dieses ‚Staub zu Staub‘ bereits schwer (wie der auftaktlose Daktylus) auf den Gebeinen lastet?

Der Staub haftet an den Schuhen. Er wird tatsächlich - wie frevelhaft für ein ‚anständiges Sonett‘ ) - zusammen mit dem Reim des zweiten Quartetts (Luft, Kluft) in die Terzette (ruft, Gruft) hinein getragen, wo er zu Asche wird. Das „Kuck-kuck“ wird damit zum mahnenden: ‚Guck doch mal genauer hin!‘ Dort wo du ihn am wenigsten erwartest, in der Jugend („Jungrebenhang“) und in der Zeit, wo du auf die reiche Ernte („Heumahd“) wartest, dort hat er sich längst breit gemacht, der Tod. Der Sommer ist nichts als eine schöne Luftspiegelung, trügerisch wie der „Singsang“ des Vogels.

Der Kuckuck sitzt (wie die Sonne in Z1) satt und zufrieden im Nest, keinerlei Leben neben sich duldend. Ein Nestparasit, ein Todesbringer! Er verhöhnt mit seinem Rufen die unwissenden Wirtsvögel, die sich für nichts und wieder nichts mit der Brutpflege abplagen. Insofern würde meiner Ansicht nach eine Betonungsverschiebung in Z8 von „und“ auf „Arbeit“ die Aussage noch unterstützen („gräbt sich in Hauswinkel und Arbeitskluft“ -> „gräbt sich in Hauswinkel, Arbeiterkluft“). Während wir uns noch vorgaukeln lassen, dass all unser Rackern und Streben irgendeinen Sinn macht, hat sich der Tod bereits unbemerkt mitten unter uns platziert. Oder mitten in uns, so wie ein böser Tumor, der langsam immer mehr Raum für sich beansprucht.

Sehr gerne hier vorbei gekuckuckt! LG BirmchenIrmchen
(Kommentar korrigiert am 17.06.2013)

 Isaban äußerte darauf am 19.06.13:
Hach, was für eine herrliche Interpretation, liebes Irmachen! Die lasse ich mal einfach so stehen. Zur Betonung der Arbeit: Das muss ich erstmal sacken lassen. Beim Hauswinkel (Xxx) hatte ich drauf geachtet, diesen auch klangtechnisch darzustellen, bei der Arbeitskluft (ist leider was anderes als Arbeiterkluft, hat im Gegensatz zu ebendieser mehr mit Alltag zu tun als mit einem ganz bestimmten Outfit) ging es mir darum, stilistisch das "nebenher", also das Alltägliche, Unmerkliche, Unbetonte darzustellen - vermutlich von mir zu sehr um die Ecke gedacht oder ganz schlicht zu wenig auffällig, um so zu wirken, wie ich es erhofft hatte - Schitte aber auch! Wie gesagt, ich lass es noch mal sacken und denke drüber nach, wie ich den Staub da richtig anbringe.
Hab herzlichen Dank für deine Rückmeldung.

Liebe Grüße
Sabine
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