Dass es dich gibt

Innerer Monolog zum Thema Freundschaft

von  monalisa

Ich möchte dich anrufen, deine Stimme hören, dich um den Sinn des Lebens fragen oder – noch besser – dich um ein Fitzelchen von deinem bitten, weil mir der meine gerade wieder abhanden gekommen ist. Aber wie soll ich anfangen, was soll ich sagen? Ich weiß, du steckst wie ich in der Tretmühle, so viel, das getan werden muss, dass kaum noch etwas übrig bleibt, zu hoffen, zu träumen, zu wünschen.
Ich wünschte, du würdest nebenan wohnen. Wir zwei Kaffeeschwestern könnten uns schon hin und wieder eine Stunde abzwacken, um miteinander zu klönen (ein Wort, das ich von dir gelernt habe) oder einmütig zu schweigen; zu lachen, einander zu bedauern und aufzurichten. 
Was hab ich dir schon zu sagen: dass die Tage wie im Flug vergehen, immer schneller, die Wochen, die Monate; dass die Restzeit immer kürzer wird, mir dennoch lang erscheint bei dem Gedanken, womit ich sie füllen soll, füllen möchte. Liebe Freundin, ich vermisse etwas, etwas tief in mir drin. Die Augenblicke sind selten, in denen meine Lebensfreude Auferstehung feiert. Sie ist alt und krank geworden, besonders im Herbst dämmert sie im schwindenden Licht. Aber das kann ich dir doch nicht sagen, so am Telefon.
Wir würden über unsre Familien reden, die Kinder, die uns entwachsen, die Eltern, die, alt und hinfällig, immer mehr unsere Fürsorge und praktische Hilfe brauchen, die besten Ehemänner von allen, die noch immer nicht gut genug sind. Wir würden von unseren Aufgaben und Pflichten, von neuen und alten Projekten erzählen, von Prognosen und Ergebnissen, von Ärgernissen und kleinen Freuden, von zu viel Rummel und zu viel Stille.
All das denke ich in diesen seltenen Moment hinein und weiß, du weißt es. Wozu darüber reden? Ich denke mir deine Stimme, dein Gesicht und spüre: Es hilft, dass du da draußen bist, dass es dich gibt.

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Kommentare zu diesem Text


 Sternenpferd (19.11.14)
sehr gefühlsbetont geschrieben und sehr gerne gelesen :)

lg dir
m.

 monalisa meinte dazu am 20.11.14:
Das freut mich. Ich danke dir :)
Liebe Grüße,
mona
Allerleirauh (44)
(19.11.14)
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 monalisa antwortete darauf am 20.11.14:
Wie schön, Eva! Wieder eine Seelenverwandte gefunden :)
Vielen dank und liebe Grüße,
mona

 franky (19.11.14)
Hallo liebe Mona,

Nachdenkliches, melancholisches, wehmütiges und noch vieles mehr klingt aus deinen Worten. Hast es ergreifend monologiert.

Herzliche Grüße

Von Franky

 monalisa schrieb daraufhin am 20.11.14:
Ja, Franky, ein bisschen was von allem. Wie das Leben halt so spielt.
Herzlichen Dank und liebe Grüße,
mona
ues (34)
(19.11.14)
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 monalisa äußerte darauf am 20.11.14:
Wie schön, dass du dich hast berühren lassen, lieber ues.
Herzlichen Dank für Kommi und Sternchen,
liebe Grüße,
mona
fragilfluegelig (49) ergänzte dazu am 21.11.14:
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 monalisa meinte dazu am 22.11.14:
Vielen herzlichen Dank, fragilfluegelig, deine Rückmeldung beflügelt mich ;).

Liebe Grüße,
mona

 EkkehartMittelberg (19.11.14)
Das gemeinsame Verstehen von Alltäglichem und Träumen, von Banalem und Hochfliegendem, das ist der Kern von Freundschaft.
Man kann nicht immer darüber sprechen, aber das Bewusstsein, dass man es kann, wenn es darauf ankommt, erhält sie.

Liebe Grüße
Ekki

 monalisa meinte dazu am 20.11.14:
Herzlichen Dank, Ekki, für die perfekte Zusammenfassung. Ja, genau so empfinde ich es auch.

Liebe Grüße,
mona

 Nachtpoet (20.11.14)
Obwohl dein Text sehr schön und optimistisch ist, klingt er in keinster Weise kitschig oder nach Schönwetterrederei. Ein Umstand, der gar nicht so leicht zu meistern ist bei dem Thema. Manche unterschätzen das vielleicht, ich nicht! Deswegen: Klasse gemacht Mona!

Liebe Grüße
Ralf
(Kommentar korrigiert am 20.11.2014)

 monalisa meinte dazu am 22.11.14:
Ich danke dir herzlich, Ralf, für das große Lob und freue mich sehr, dass dus nicht kitschig findest.

Liebe Grüße,
mona
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