Ein junger Hindu im religiösen Zwiespalt

Erzählung zum Thema Lebensweg

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)
Die drei Jahre auf dem College in Port du Spain (Trinidad) führten bei dem jungen Rabi zu einem tiefen inneren Konflikt. Nur in Trance und Meditation war seine hinduistische Welt noch in Ordnung. Da fühlte er sich mit Brahman und allen Wesen auf der Welt verbunden. Aber zurück in der Alltagswirklichkeit blieb davon nicht allzu viel übrig.
  Und die bohrende Frage seiner Mitschüler: „Wenn doch alles von Brahman durchdrungen ist, wieso gibt es dann so viel Not und Elend auf der Welt?“ nagte auch an ihm:

War alles Seiende Gott – oder konnte Er auch etwas erschaffen, ohne selber Bestandteil davon zu sein?
Für uns Mitteleuropäer mag dies eher eine theoretische Frage ohne allzu große praktische Bedeutung sein. Für den gläubigen Rabi wurde die Frage existentiell wichtig:
Ich begann an den Schöpfer als den wahren Gott zu denken, im Gegensatz zu den vielen Hindugöttern, denen ich in Trance begegnete. Die Hindugötter flößten mir Furcht und Schrecken ein, dagegen war ich innerlich gewiss, dass der wahre Gott liebevoll und gütig sei …. Mein Hunger nach dem Schöpfer wuchs, aber ich kannte kein Mantras an ihn.
Erläuterung: Normalerweise leben wir alle – sei es durch Erziehung oder Erfahrung - in einem Glaubens- oder Überzeugungssystem, welches wir nicht groß hinterfragen, solange es halbwegs funktioniert.
  Erst wenn wir mit Dingen konfrontiert werden, die nicht mehr in unser Überzeugungssystem hineinpassen, ja dem sogar widersprechen, geraten wir ins Grübeln. Und manchmal nehmen die Zweifel derart überhand, dass wir unsere bisherige Weltsicht korrigieren.
  Der junge Rabi war durch den permanenten Kontakt mit nichtgläubigen Mitschülern auf gewisse Widersprüche in seiner Religion aufmerksam gemacht worden. Und zu der intuitiven Gewissheit gelangt, dass da ein Schöpfer getrennt von ihm existieren müsse. Er aber nicht wusste, wie er zu Ihm finden konnte.
  Sein bisheriges hinduistisches Überzeugungssystem war ins Wanken geraten, aber er hatte noch kein neues gefunden, wo er sich hätte hineinbegeben können.


Anmerkung von Bluebird:

Folge 9 des  nacherzählten Lebensweges von Rabi Maharaj ... die Zitate entstammen aus seiner Autobiografie: Der Tod eines Guru

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