Ein gefährlicher Ausrutscher

Anekdote zum Thema Lebensweg

von  Bluebird

Illustration zum Text
(von Bluebird)

"Aber diese Art fährt nicht aus, ausser durch Gebet und Fasten." (Matthäus 17,21)
Eines frühen Abends kam ich auf einem meiner missionarischen Streifzüge durch Bremen in eine Kneipe, wo zu ich Jens, einen jungen freikirchlichen Christen, am Tresen vor einem Glas Bier stehen sah.
    Sogleich ging ich zu ihm hin und fragte auch sogleich etwas scherzhaft nach: „Du hier? Ich bin überrascht! Für einen guten Christen ist das ja nicht gerade der ideale Aufenthaltort, oder?“
  Matt lächelnd, nicht auf meinen scherzhaften Ton eingehend, antwortete er mir „Ich habe im Moment etwas Abstand vom Glauben genommen, und gehe auch nicht mehr in die Gemeinde!“ 
  Ich war leicht geschockt: „Echt jetzt, was ist passiert?“

Und dann erzählte er mir, dass er eines Abends einen „Spiegelzauber“ gemacht, seinen Körper verlassen habe und in eine anderen räumlichen Dimension gelandet wäre.
  Dort habe er dann Personen getroffen und ihnen dann Anteile seiner Seele verkauft.
  Im Gegenzug wäre ihm „Glück an Spielautomaten“ versprochen worden. Jetzt wäre er seit Tagen abends in Kneipen unterwegs und leerte die Spielautomaten. „Aber vorsichtig, sonst werfen mich die Wirte raus!“
   
Ich muss gestehen, dass ich nicht so recht wußte, was ich zu dieser Geschichte. Verstohlen betrachtete ich ihn. Er sah etwas ungepflegt aus, hatte einen etwas trüben, unruhigen Blick, war aber bei klarem Verstand.
    „Eine ziemlich abgefahrene Geschichte, die du mir da erzählt hast,“ sagte ich vorsichtig.
„Irgendwie schwer zu glauben!“ 
Er nickte und sagte dann: „Verstehe ich, aber es ist wirklich so. Ich gewinne seitdem permanent!“
    Dann zog er ein Zweimarkstück aus seiner Hosentasche. „Wir wäre es mit einer Probe auf´s Exempel.? Ich habe hier heute noch t nicht gespielt!" Ohne eine Antwort abzuwarten, warf er die Münze in den Schlitz eines hinter uns postierten Spielautomaten.
    Was soll ich sagen? Es geschah genauso wie angekündigt. Noch ehe das Geld aufgebraucht war, kam die Serie.

Während es hinter uns blinkte und bimmelte, bestellte er zwei Bier und sagte dann: „Und, habe ich zu viel versprochen?“
  Ich blickte ihm ernst ins Gesicht. „Nein, das hast du nicht! Aber du weisst schon, dass das das nicht in Ordnung ist und du dich mit dämonischen Geistern eingelassen hast, oder?“
  Er nickte: „Ja, natürlich! Aber ich kann da auch nicht zurück. Es ist wie ein Zwang oder eine Sucht. Ich muss einfach spielen!“ 
  „Jens“, sagte ich, „du brauchst Befreiung von diesen Geistern. Du weißt, dass Jesus das machen kann. Aber du mußt es auch wollen!“
  „Ja, ich weiß, aber im Moment bin ich noch nicht bereit dazu!“
Als ich wenig später mich von ihm verabschiedete, tat ich es mit einem unguten Gefühl: „Jens, guck, dass du die Kurve bekommst!“

Die Geschichte nahm dann aber ein gutes Ende. Ich sah ihn zwei Monate später, gut gepflegt und mit einem ruhigen klaren Blick, vor einer Gemeinde. Freundestrahlend verkündete er mir: „Ich bin wieder Christ! Jesus hat mich befreit!“
    Dann erzählte er mir, dass er sich irgendwann hilfesuchend an seine freikirchliche Heimatgemeinde in Hannover gewandt hätte. Die hätten extra für ihn eine Gebets- und Fastennacht arrangiert, und am frühen Morgen hätten der Pastor und die Ältesten die Dämonen aus ihm ausgetrieben. Die Einzelheiten ersparte er mir glücklicherweise.
  „Jens“, sagte ich, „ich freue mich für dich. Aber schau, das es dabei jetzt auch bleibt! Halte dich von diesen okkulten Sachen fern!“ „Ganz sicher“, entgegnete er, „das war ein einmaliger Ausrutscher!“


Anmerkung von Bluebird:

Bremen 1994

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Frühere bzw. ältere Kommentare zu diesem Text


 DanceWith1Life (17.04.21)
Wie wärs, wenn Du die Jungs überredest, mal für die Waffenindustrie eine Gebets- und Fastennacht zu arrangieren. Die sind deutlich gefährlicher ausgerutscht.

 Soshura meinte dazu am 17.04.21:
Mich würde interessieren, ob Jens jemals wieder ins okkulte Hannover zurückgekehrt ist.

 Bluebird antwortete darauf am 17.04.21:
@Soshura

Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Wir haben uns danach nie wieder gesehen!

 FrankReich (17.04.21)
... jetzt aber mal im Klartext für die Muggel unter uns: Wie funktionieren Spiegelzauber? 😂😂

Ciao, Frank

 nadir schrieb daraufhin am 17.04.21:
und wie verkauft man "anteile" seiner seele? hier, die linke seite kannste haben, die rechte behalt ich aber

ach ja ... und wer verkauft seine seele für glück am spielautomaten?? also mir fallen da bessere sachen ein ...

 nadir äußerte darauf am 17.04.21:
aso ... eine seele ist doch so geistige substanz, die sich dementsprechen anders als materie unendlich oft zerlegen lässt. heißt das ... ich kann meine seele unendlich oft verkaufen? ich frage für einen freund ...

 LottaManguetti ergänzte dazu am 17.04.21:
😂😂😂

 Bluebird meinte dazu am 17.04.21:
Ich muss ehrlich sagen, dass ich aus der Schilderung von Jens auch nicht so ganz schlau geworden bin. Aber aus der Nahtodforschung wissen wir, dass die Seele offensichtlich in der Lage zu sein scheint, den Körper zu verlassen und andere Welten zu bereisen ... Stichwort: Astralreisen  hier
(persönlich hätte ich vor viel zu viel Muffe, um so etwas aktiv zu forcieren ... das mal nur so nebenbei)

Wie der "Seelenhandel" da nun abgelaufen ist, ist für mich schwer nachvollziehbar. Er hat mir das alles zwar recht detailliert erzählt, aber das waren und sind für mich wirklich unbekannte Welten.
Wahrscheinlich hätte ich das Ganze irgendwie unter "seltsames Zeug" archiviert, wenn da nicht - mit Ansage - der Spielautomatengewinn gekommen wäre.

Übrigens ist mir später noch eine ähnliche Geschichte mal zu Ohren gekommen:  hier

Antwort geändert am 17.04.2021 um 17:05 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 17.04.21:
soviel vom "Faustversteher"

 FrankReich meinte dazu am 17.04.21:
@bluebird
Hast Du denn die Adresse von Jens noch? Meine Fresse, was sind schon 21 g gegen ewige Jugend, Gesundheit, Ruhm und Reichtum, dafür würde ich nämlich glatt meine ganze Seele verkaufen.
😂😂

Ciao, Frank

 Bluebird meinte dazu am 17.04.21:
@Frank

Ich denke nicht, dass du das wirklich wollen würdest. "Die Geister, die ich rief , die werde ich nicht mehr los, " lautete der entsetzte Hilferuf von Goethes "Zauberlehlings", uns (vielleicht) zur Warnung geschrieben

 loslosch meinte dazu am 17.04.21:
seelenhandel? warum nicht. es gibt ja auch ablasshandel.

Antwort geändert am 17.04.2021 um 18:14 Uhr

 FrankReich meinte dazu am 17.04.21:
@bluebird

Klar, her mit der Adresse, allerdings bin ich mir gar nicht so sicher, ob meine Seele jemand haben will, die ist voll schwarz und tropfen tut sie auch schon.

Ciao, Frank

 DanceWith1Life meinte dazu am 17.04.21:
brauchst du`n Taschentuch?
Das gehörte Whoodini, vielleicht, befreist du dich einfach und verkaufst sie nochmal, aber ich will Prozente, was ist jetzt mit der Waffenindustrie, würde mich wundern, wenn die noch ne Seele haben.

 Bluebird meinte dazu am 17.04.21:
@nadir
wie das mit den "Anteilen der Seele" gemeint war, möchte ich offenlassen. Er hatte mir etwas dazu gesagt ("Die Rechte auf seine biografischen Erfahrungen aus den ersten 20 Lebensjahren"), aber es wirkte auf mich unverständlich, Ich konnte damit nicht viel anfangen!

Entscheidend war für mich der Effekt ( Gewinn am Spielautomaten), was auch immer zuvor auf der "Astralebene" gelaufen sein mag.

Antwort geändert am 17.04.2021 um 19:54 Uhr

 DanceWith1Life meinte dazu am 18.04.21:
btw, was führt die hier beteiligten Diskussionsteilnehmer eigentlich zu der Annahme, dass wir nicht längst unsere "Seele" verkauft haben, was glaubt ihr denn, warum es auf der Erde so auschaut.
Spirit oder Geisteshaltung, Gespensterschnickschnack oder Alltag, der Teufel macht da sicher keinen unterschied, ausserdem is er im Urlaub, er versucht rauszufinden, warum wir das jetzt ohne ihn alles versauen.
Lach, ewige Jugend, die Werbepsychologen haben ganze Arbeit geleistet.

Antwort geändert am 18.04.2021 um 18:11 Uhr

 Bluebird meinte dazu am 18.04.21:
Menschliches Fehlverhalten und deren globale Auswirkungen sind sicherlich auch ein großes Thema ... da hätte ich auch so meine "Thesen"

 Dieter Wal meinte dazu am 18.04.21:
Ralf_Renkking: "allerdings bin ich mir gar nicht so sicher, ob meine Seele jemand haben will, die ist voll schwarz und tropfen tut sie auch schon."

Hier ein (unverbindlicher?), immerhin kostenloser Tipp vom OBE-Experten: Wenn Deine Seele nicht derart verweslich müffelte, solltest Du sie in die Kühltruhe legen. Erst einmal den Seelenschoner anlegen und darauf in aller Ruhe den besten Seelen-Café des Universums schlürfen. Magst Du nicht vielleicht lieber Deiner Anima begegnen? Das mit Amor und Psyche hat noch Zeit.

 Dieter Wal (18.04.21)
Bluebird: It's not only a little bit reading idiotic. Do you agree?

 Willibald (30.12.21, 20:48)
Eines frühen Abends kam ich auf einem meiner missionarischen Streifzüge durch Bremen in eine Kneipe, wo  ich Jens, einen jungen freikirchlichen Christen, am Tresen vor einem Glas Bier stehen sah.

    Sogleich ging ich zu ihm hin und fragte auch sogleich etwas scherzhaft nach: „Du hier? Ich bin überrascht! Für einen guten Christen ist das ja nicht gerade der ideale Aufenthaltsort, oder?“
  Matt lächelnd, nicht auf meinen scherzhaften Ton eingehend, antwortete er mir „Ich habe im Moment etwas Abstand vom Glauben genommen, und gehe auch nicht mehr in die Gemeinde!“ 


  Ich war leicht geschockt: „Echt jetzt, was ist passiert?“

„Nun, der Priester hatte seine Erweckungspredigt gerade beendet, erhebend, schwungvoll, mitreißend. Über das Leben, den Tod, das Himmelreich. 

Er schritt langsam vom Altar aus zu den Bänken und langsam durch den Mittelgang, er  sprach  einzelne  Gemeindemitglieder an. "Wir haben keine Angst vor dem Tod, wir wissen um die Gnade Gottes, nicht wahr. Wenn Du, lieber Horst, eines Tages im Sarg liegst, was würdest du gerne hören? Wenn wir an deinem Sarg vorbeigehen und dir ein letztes Wort sprechen und uns von Dir verabschieden?“ Horst  sagte: "Ich möchte, dass sie sagen, dass ich ein harter Arbeiter war, dass ich ein guter Vater war, dass ich für meine Familie gesorgt habe." "Danke", sagte der Priester. Er deutete auf ein anderes Gemeindemitglied. "Und Du, Hermann, was würdest Du gerne hören, wenn die Trauernden an Deinem Sarg vorbeigehen?" "Ich möchte, dass sie sagen, dass ich ein guter Vater, ein guter Ehemann und ein guter Bruder war und dass ich zu einem lebendigen  Kirchenleben beigetragen habe." "Danke", sagte der Priester.  "Und Du, Jens, was würdest Du gerne hören, wenn die Leute an Deinem  Sarg vorbeigehen?" Ich sagte oder irgendetwas, Höheres, Niedriges, ich weiß es nicht,  in mir sagte laut "Ich glaube, ich würde gerne hören: 'Hey! Guckt! Er bewegt sich!' " 

Der Priester hat mich daraufhin gebeten, für drei Wochen den Gottesdienst zu meiden und in mich zu gehen. Ich könne ihn aber in dieser Zeit auch besuchen, wenn ich das von Herzen wolle."


Kommentar geändert am 30.12.2021 um 20:54 Uhr
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