Das Comeback

Anekdote zum Thema Wertschätzung

von  EkkehartMittelberg

Ein aus der Mode gekommener Künstler redete mit einem Freund über sein Comeback.
„Wie willst du es anstellen?“ fragte jener: „Ich werde für einen Skandal sorgen“, antwortete der Künstler. „Und dann?“ wollte der Freund wissen, „Dann bin ich wieder im Gespräch“ erwiderte der Künstler. „Aber wie willst du die Aufmerksamkeit erhalten?“ zweifelte der skeptische Freund. „Ich werde solange den Geschmack des Mainstream bedienen“, entgegnete der Künstler, „bis man mir Qualität verzeiht.“

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Kommentare zu diesem Text


 Graeculus (06.05.20)
Der Geschmack des Mainstream fängt wohl schon beim Skandal an.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.05.20:
Merci, das ist die Erkenntnis des Künstlers, mein Freund. Er hat begriffen, dass er an dem Geschmack des Mainstreams nicht vorbeikommt, Nur nachdem er sich angepasst hat, ist dieser bereit, sich mit seinen qualitativ besseren Werken auseinanderzusetzen, an denen ihm wirklich liegt,

 susidie (06.05.20)
Lieber Ekki, Qualität scheint vielerorts aus der Mode gekommen, was das Thema Wertschätzung gut beschreibt. Ein Rufer in der Wüste, der also erstmal Perlen vor die Säue wirft....hier ist der Weg das Ziel. Der Weg deines Künstlers gefällt mir. Obwohl er traurig ist, lässt er mich schmunzeln. Liebe Grüße, Su :)

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 06.05.20:
Merci, liebe Suswi, du hast elegant gesagt, was ich ein wenig ironisch ausdrücken wollte. Ein Künstler kann im Elfenbeinturm seiner hohen Ansprüche verhungern. Warum soll immer nur das Publikum den Künstler ernst nehmen, es möchte auch seinerseits verstanden werden.
Liebe Grüße
Ekki

 IngeWrobel (06.05.20)
Ich fürchte, die Rechnung geht nicht auf.
Wenn der Künstler den Mainstream bedient, verrät er seine Kunst und erntet Beifall von den falschen Leuten. Oberflächlich betrachtet hat er vielleicht sogar Erfolg, aber mag er sich dann noch leiden, wenn er in den Spiegel schaut?
Zu diesem Thema schrieb ich mein Sonett "Draußen rauschen die Trends vorbei". Diesen Satz lieh ich mir aus einem Interview mit Manfred Maurenbrecher. Er ist ein anspruchsvoller Musiker, ein Geheimtipp trotz etlicher Auszeichnungen, der sich treu bleibt und nicht einer Mode folgt.
Ich selbst habe mich von vielen Musikern abgewandt, wenn sie für meinen Geschmack zu populär wurden, und sich unter Niveau "verkauften". Da fühlte ich mich als Fan verraten. Andererseits weiß ich sehr wohl, dass es schwer ist, von anspruchsvoller Kunst zu leben. Ein Dilemma.
Ich finde es interessant, dass Du dieses Thema aufgegriffen hast.
Liebe Grüße in die Nacht
Inge

 EkkehartMittelberg schrieb daraufhin am 06.05.20:
Grazie, liebe Inge, vielleicht liege ich ganz daneben und verrate die Tradition großer Künstler, keine Zugeständnisse zu machen. Ich sage mal, was mich auf die Idee gebracht hat. Zur Zeit der Romantik war ein gewisser Herr Tieck sehr geschätzt und er gilt heute noch unter Kennern als Geheimtipp. Dieser Dichter war sich nicht zu schade, schon als hochbegabter Schüler die Literaturfabrik zu bedienen, wie es Rüdiger Safranski in seinem Romantik-Buch ausdrückt. So schuf er sich eine Gemeinde von Fans. Als er seinen ernst gemeinten Roman "Franz Sternbald" auf hohem Niveau schrieb, dankten sie es ihm. Ich gebe zu bedenken, ob literarisch gebildete Deutsche nicht immer noch auf einem zu hohen Roß sitzen, was die U-literatur betrifft.
Für Kritik immer offen
mit lieben Grüßen
Ekki

 ViktorVanHynthersin (06.05.20)
Lieber Ekki,
wenn jemand nach einem Skandal "nur noch" den Mainstream bedient, wird es einen neuen Skandal brauchen, um sich wieder vom Zeitgeist zu befreien. Dieses Spiel lässt sich beliebig lange spielen, es bleibt die Frage, ob es den Künstler dauerhaft befriedigt.
Herzlichst
Viktor

 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 06.05.20:
Merci, Viktor, ich betrachte mein Textchen als Denkspiel und ich denke auch, dass Anpassung auf Dauer einen Künstler nicht befriedigen kaann. Ich bin mir freilich sicher, dass in der modernen Kunstgeschichte die Bereitschaft zu Skandalen und zur Anpassung an Trends zunimmt. Der Kapitalismus verschont keinen Bereich.
Herzliche Grüße
Ekki
Jo-W. (83)
(06.05.20)
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 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 06.05.20:
Lieber Jo,
ja, auch auf literarischen Internetforen findet sich die Lust an Provokation und Skandal, manchmal um ihrer selbst willen. Ich habe mit meinem Text freilich mehr daran gedacht, was sich in der Profi-Szene abgespielt hat und weiter abspielen wird. Dazu gibt es einen ausgezeichneten Text im Donaukurier, dessen Anfang ich hier als Anreiz zum Weiterlesen zitiere:

Die Lust am Kunstskandal
erstellt am 11.04.2019 um 20:49 Uhr
aktualisiert am 05.08.2019 um 03:33 Uhr
"Ohne Skandale wäre der Kulturbetrieb fade. Aber wie weit dürfen Künstler gehen? Und was sagen Tabuzonen über die Gesellschaft aus? Am 17. April soll darüber in einer Podiumsdiskussion gesprochen werden - inmitten der provokativen Kunst Hermann Nitschs."
[...]
"Édouard Manets Gemälde ?Olympia? verursachte den größten Kunstskandal des 19. Jahrhunderts ? heute lässt sich die Wut über die neuartige Malweise kaum mehr nachvollziehen. So ist es mit vielen Skandalen der Vergangenheit. Der Vatikan verlangte etwa, dass bei Michelangelos ?Jüngstem Gericht? die Geschlechtsteile übermalt werden. Das Loos-Haus in Wien markiert die Abkehr vom reich verzierten Historismus. Noch vor Fertigstellung des Baus kam es zum Skandal.
Édouard Manets Gemälde "Olympia" verursachte den größten Kunstskandal des 19. Jahrhunderts - heute lässt sich die Wut über die neuartige Malweise kaum mehr nachvollziehen. So ist es mit vielen Skandalen der Vergangenheit. Der Vatikan verlangte etwa, dass bei Michelangelos "Jüngstem Gericht" die Geschlechtsteile übermalt werden. Das Loos-Haus in Wien markiert die Abkehr vom reich verzierten Historismus. Noch vor Fertigstellung des Baus kam es zum Skandal."
Onari/Wikipedia/dpa
[...]

"Die Zeiten haben sich geändert. Seit dem 20. Jahrhundert sind Skandale fast schon eine Auszeichnung für Künstler, das Salz im sonst allzu faden Kulturbetrieb. Sammler reißen sich um Skandalkunst. Denn die Geschichte hat erwiesen: Der Skandal ist für Maler wie Bildhauer, Komponisten wie Dichter, Theaterregisseure wie Modemacher fast schon ein Qualitätssiegel. " [...]
https://www.donaukurier.de/nachrichten/kultur/Stadtidentitaet-Die-Lust-am-Kunstskandal;art598,4148605
Es lohnt sich auf jeden Fall weiterzulesen.
LG
Ekki

 AZU20 (06.05.20)
Das kann ganz schnell gehen. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.05.20:
Merci, Armin. Vielleicht. Wenn am Ende stünde, dass Qualität verziehen wird, wäre das ja wunderbar. :)
LG
Ekki

 eiskimo (06.05.20)
Willkommen im Dschungel-Camp! Da ist diese Nummer Programm.
LG
Eiskimo

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.05.20:
Danke, Eiskimo. Ich frage mal ironiefrei und neugierig: Gibt es im Dschungel-Camp auch Qualität?
LG
Ekki

 eiskimo meinte dazu am 06.05.20:
Klar! Die hinter der Kamera und die Sales-Manager, die machen da einen guten Job. Beweis: Sie finden tatsächlich Aufmerksamkeit.
ciao
Eiskimo

 TassoTuwas (06.05.20)
Hallo Ekki,
dem Mainstream bewusst folgen, dieser Gedanke kommt einem leidenschaftlichen Kunstschaffenden nie und nimmer in den Sinn.
Die Inge hat es heute geschrieben, "Draußen rauschen die Trends vorbei".
Wie passend!
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.05.20:
Hallo Tasso,
ich sehe, dass du die ironische Färbung meines Textes gespürt hast. Gute Künstler sind Individualisten und meiden auch von daher den Mainstream. Aber mancher "arme Teufel" kommt in Versuchung, wenn er Not leidet. Merci-
Herzliche Grüße
Ekki
Sätzer (77)
(06.05.20)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 06.05.20:
Danke, Uwe, wenn du den kenntnisreichen Artikel "Die Lust am Kunstskandal" im Donaukurier (siehe hier weiter oben bie Jo) nachliest, erhältst du gute Tipps. für einen zünftigen Skandal.
LG
Ekki

 AvaLiam (06.05.20)
Mein lieber Ekki...

...jeder Trend hat seinen Trendsetter...

Vielleicht schafft es der Künstler mit seiner Philosophie, einen Trend zu setzen.
Wobei - so neu ist das ja nicht, sich über die Skandalpresse zu publizieren :D .

Denn nichts anderes als skandalös wäre es, den Mainstream zu bedienen.

Individualität kostet.

Dafür hat sie treue und ehrliche Fans.

So wie ich ein Fan von dir bin.

Herzlich - Andrea

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 07.05.20:
Grazie, Andrea, egal, was ich schreibe und wie ich es verklausuliere, du erkennst meine Intention.. Ich bin sehr dankbar, in dir eine verlässliche Kommentatorin gefunden zu haben.
Herzliche Grüße
Ekki
Al-Badri_Sigrun (61)
(07.05.20)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 07.05.20:
Liebe Freundin, wir sind uns alle einig, dass ein Künstler seine Grundsätze nicht verraten darf. Ich hoffe mit dir, dass ihm hilfreiche Freunde den schnöden Verrat ersparen, wenn er mitellos ist. Merci.
Herzliche Grüße
Ekki

 Cathleen (07.06.20)
Das wird wohl ein Wunschtraum bleiben. Qualität und Mainstream - das geht nicht zusammen. :)
LG Cathleen

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 08.06.20:
Merci, Cathleen,da hast du recht. Dem entsprechend verstehe ich meinen Text ironisch.
Liebe Grüße
Ekki

 harzgebirgler (26.10.20)
wer gern sein fähnchen nach dem winde hängt
verschwindet sehr viel eher als er denkt.

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.10.20:
Merci, Henning, dieser Kommentar ist wieder einmal typisch für dich: kurz, knackig, zutreffend.
LG
Ekki

 Quoth (26.10.20)
Hallo EkkehardMittelberg, für einen Skandal kann ein Künstler (wenn er einer ist und nicht nur eine Skandalnudel) nicht sorgen, er kann ihm vielleicht einmal in den Schoß fallen, weil sein ganz eigener Aussagewille unabsichtlich mit äußeren gesellschaftlichen Normen kollidiert. Zum Bedienen des Mainstream hat Harzgebirgler gesagt, was zu sagen ist. Ein Künstler, der plötzlich entdeckt, dass er im Mainstream mitschwimmt, wird furchtbar erschrecken. Gruß Quoth

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.10.20:
Vielen Dank, Quoth, auch ein echter Künstler kann einen Skandal auslösen. Lies mal bitte weiter oben im Thread " Die Lust am Kunstskandal".
Ich denke auch, dass ein Künstler, der unabsichtlich im Mainstream mitschwimmt , furchtbar erschickt. Ich hatte aber an einen gedacht, der den Geschmack des Mainstream aus Protest bedient, weil man ihm Qualität nicht verzeiht..
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