Mauern sind keine Mauern

 Mauern sind der Stein in Stein verfugte Anreiz, dieselben zu überwinden.

Ein Maurer hatte 15 Jahre abzusitzen im alten Gefängnis, draußen vor der Stadt. Da die Knast-Mauern stellenweise einzustürzen drohten, befahl man ihm, diese auszubessern. Der Maurer tat dies äußerst sorgfältig und mit seinem ganzen Können. Natürlich wurde er dabei gut bewacht. Die für ihn abgestellten Wärter fanden es witzig, dass ein Häftling so emsig half, das eigene Gefängnis wieder ausbruchssicher zu machen.
„Wo wäre der Reiz, aus einem total maroden Gefängnisbau zu entfliehen?, erklärte ihnen darauf der Maurer verschmitzt.

Die Geschichte dieses so fleißigen Maurers machte die Runde, und der Pfarrer beschloss, jenen interessanten Menschen einmal zu besuchen.  Er wurde zu ihm vorgelassen, abends, nach der Arbeit. Und der Pfarrer hatte ein langes Gespräch mit dem Maurer, ein sehr langes. Es war schon dunkel, als der Maurer das Gefängnis verließ, sauber gekleidet in der schwarzen Soutane, und munteren Schrittes in die Freiheit entschwand.