Ich persönlich

Satire zum Thema Worte

von  loslosch

Mea parvitas (Valerius Maximus, 1. Jh. v. Chr.; Facta et dicta memorabilia). Meine Wenigkeit.

Eine pfiffige antike Wendung. Sich selbstironisch zurücknehmen können, das ist ein um Sympathie werbendes Understatement. Heutzutage führt diese Metapher ein Schattendasein, verdrängt vom marktschreierischen "ich persönlich". Ich, das wäre zu wenig. Berichtet man von einer Begegnung mit Dritten, so heißt es gleich: Ich habe ihn höchstpersönlich gesprochen. Dazu alles gesagt hat bereits Kurt Tucholsky (1890 bis 1935), nachzulesen in: Ignaz Wrobel, Die Weltbühne, 1925. Ich persönlich, wenn ich das mal so sagen darf, finde das alles zum ... Na, lassen wir das.

Neben der witzigen Umschreibung "meine Wenigkeit" hätten wir noch im Angebot: Mein Alter Ego (mein zweites Ich), nett verballhornt zu: mein alter Egon. Vielleicht ist es ja der Avatar. Dann noch das weitschweifige "ich für meinen Teil". Anmaßend wirkt heute der Pluralis Majestatis: Wir statt ich. Der Feudalismus kannte die formelhafte Dekretsprache: Wir von Gottes Gnaden. An KW Zwo (1859 bis 1941) sei erinnert.

Zum Schluss der Wortspieler Heinz Erhardt (1907 bis 1979): "Eigentlich wollte ich ja persönlich erscheinen, aber dann bin ich doch lieber selbst gekommen."

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Kommentare zu diesem Text


 Emotionsbündel (29.11.10)
Hehe, "ein um Sympathie werbendes Understatement".

Sehr schön, Lothar, meinereiner konnte schmunzeln, nicht zuletzt weil mir ein durchaus passender Text hierzu in den Sinn gekommen ist und ich mir einfach mal erlaube, ihn als Link einzufügen. Sollte "der flotte Egon" etwas dagegen einzuwenden haben, bitte meckern ,-)

  Link

Liebe Grüße
Judith

 loslosch meinte dazu am 29.11.10:
Meinereiner in konsequenter Zusammenschreibung, Judith. Da staunt unsereiner. Jetzt muss ich noch an der Eiche rütteln ... :) Lothar
Christianna (49)
(29.11.10)
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 loslosch antwortete darauf am 29.11.10:
Entweder wars ein netter Typ (ironisch) oder eine merkwürdige Type, komische Figur also. :) Lothar

 irakulani (29.11.10)
Ab und zu schadet es nicht, sich einmal bewußt zu machen, was man mit Sprache (manchmal für einen argen Schwachsinn) transportiert...

L.G.
Ira

 loslosch schrieb daraufhin am 29.11.10:
Tucholsky hab ich ideenmäßig einiges zu verdanken. Er hat so manches vor 80 Jahren schon aufgespießt. Lothar

 Didi.Costaire (29.11.10)
Moin Lothar,
der Herr Costaire redet heute nicht über sich. Dein Text jedoch gefällt ihm!
Beste Grüße

 loslosch äußerte darauf am 29.11.10:
Richte ihm einen Gruß von mir aus. Bei diesem Fehler hätte ich ihn noch nicht ertappt. Lothar
janna (61)
(29.11.10)
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 loslosch ergänzte dazu am 29.11.10:
Wir greifen ja nie, nie jemanden "persönlich" an. Lothar

 Bergmann (29.11.10)
Sehr gelungen!
(Satz mit "zum K..." würde ich weglassen.)
LG, Uli

 loslosch meinte dazu am 29.11.10:
Tja. Allenfalls könnte ich aus den 3 Pünktchen 5 machen, Uli. Du weißt ja: De gustibus ... :) Lothar

 EkkehartMittelberg (29.11.10)
Eine wissenswerte und zugleich amüsante Skizze.
LG von Ekkehart Mittelberg (Ekki)

 loslosch meinte dazu am 29.11.10:
Kein mir bekannter Politiker verwendet diese Formel (ich persönlich). Warum? Das wäre nicht wählergerecht, zu sehr abgehoben. Die Not scheint die Herren (und Damen) zur Tugend zu treiben. Lothar
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