Später Sommer

Alltagsgedicht zum Thema Jahreszeiten

von  EkkehartMittelberg

Wenn die prallen Rosen prächtig blühen,
farbig im Gelände Brände glühen,
zur Vollendung reift der schwere Wein,
fährt später Sommer reiche Ernte ein.

Wenn schwerelose Schmetterlinge gaukeln,
Ähren voll im Sommerwinde schaukeln,
sanfte Lüfte um die Früchte schweben,
künden Düfte von erfülltem Leben.

Siehst die volle Schale mählich sinken,
schaust Dionysos dir freundlich winken,
willenlos, ein Lächeln auf dem Munde,
tauchst du ein in die Erfüllungsstunde.

Überarbeitet, August 2011

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Kommentare zu diesem Text

SoraAutumn (29)
(25.08.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
Merci, das freut mich.

 Dieter Wal (25.08.21)
"letzte Süße steigt in schweren Wein,"

Ditte Plagiat, Ekki.

Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

https://de.wikipedia.org/wiki/Herbsttag

Tituliere es HERBSTTAG 2011 (Herbsttag 2(?)) und es ist (wie auch der Titel) ein nicht näher gekennzeichnetes Rilkezitat.

Sehr schön, übrigens.

Kommentar geändert am 25.08.2021 um 07:06 Uhr

 EkkehartMittelberg antwortete darauf am 25.08.21:
Hallo Dieter, ich freue mich über deine Entdeckung. Solche Anspielungen, die Kennern besonderen Genuss bereiten, sind meines Erachtens legitim.
Agnete (66) schrieb daraufhin am 26.08.21:
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 EkkehartMittelberg äußerte darauf am 26.08.21:
Einen anderen Geschmack akzeptiere ich immer.
LG
Ekki

 monalisa (25.08.21)
Lieber Ekki,
in deinen Zeilen ist alles prall und voll und süß und reif, auch klanglich angereichert durch Aliterationen, Asonanzen und Binnenreime - sodass sich ein taumelnder Sog zur Erfüllungsstunde hin ergibt und in der Ahnung des baldigen Endes all dieser Pracht ausklingt. Eine Hommage an den Spätsommer und die Dichtkunst, die in Überfülle schwelgt.

Liebe Grüße
mona

 EkkehartMittelberg ergänzte dazu am 25.08.21:
Grazie, Mona, das Schwelgen ist hier natürlich Absicht. Man kann sich als LeserIn wohlwollende darauf einlassen oder nicht. Die Meisten werden wohl gerne mit machen, solange es bei Ausnahmen bleibt.

Liebe Grüße
Ekki

 Létranger (25.08.21)
Hallo Ekki,

ein gelungener Sommervollrausch, sehr klassisch im Stil .

Was kommt eigentlich nach der Erfüllung? Geht's mit einem Kater weiter, oder zieht das LI weiter zu neuen Gefilden und Bewährungen?

LG Lé.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
Gracias Le. Vielleicht antwortet mir das LyrIch, dass nach dem Kater neue Gefilde und Bewährungen warten.

LG
Ekki

Antwort geändert am 25.08.2021 um 09:36 Uhr

 Quoth (25.08.21)
Für mein Gefühl zu harmonieselig und konventionell. Es fehlt ein Gegenlager, Kontrast, eine Fallhöhe - auch wenn man die Erfüllungsstunde als Sterbestunde deutet - was möglich, aber nicht zwingend ist. Gruß Quoth

 Dieter Wal meinte dazu am 25.08.21:
Hallo, lieber Quoth,

Wein ist ein Symbol für Weisheit und Leben wie Tod (Rausch, Nacht, Tod, Wiedergeburt etc.). Daher ist Wein auch in sehr lebenszugewandten Gedichten immer mit eine Metapher für Liebe, Leben, Licht und damit indirekt eben auch für Hass, Tod, Dunkelheit, weil die Welt aus Dualitäten besteht, die sich wechselseitig bedingen.

Ekki ist Atheist, doch er ist kein Dummkopf, sondern hochgebildet wie hochintelligent. Daher ist sein Atheismus höchst spirituell und er hat nicht weniger von Leben und Tod verstanden als tief Religiöse.

(Du scheinst im Lauf der Jahre ebenso in besagte Kategorie gelangt zu sein, was mich sehr für Dich freut.)

Gruß
Dieter

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
Hallo Quoth, deine Kritik ist nachvollziehbar und ich lasse sie einfach stehen in der Hoffnung, dir bald eine"Acerbo" bieten zu können, mit dem du die Süße hinunterspülst.
Verbindliche Grüße
Ekki

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
Hallo Dieter, deine großartige Interpretation macht mich ganz verlegen. Grazie.

 Quoth meinte dazu am 25.08.21:
Hallo Dieter Wal, ich habe mich an Létrangers Dogma zu halten versucht, nur den Text und nicht auch den Autor zu betrachten (formuliert in "halt" https://www.keinverlag.de/450064.text). An EMs Bildung und Intelligenz zu zweifeln, wäre mir nicht in den Sinn gekommen.
Hallo Ekkehart Mittelberg, es mag ein Vorurteil von mir sein: Aber ein nur düsteres/bitteres Gedicht (meinst Du das mit eine "Acerbo?" Ist das die italienische Entsprechung z.B. für Talcid?) wäre für mich ebenso langweilig wie ein nur süßes. Ein Minimum an Dialektik kann der Lyrik nie schaden! Gruß Quoth

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
hallo Quoth,
ich meinte ein herbes Gedicht. Ich verstehe, was du mit Dialektik in der Lyrik meinst. Aber die muss nicht immer in einem Gedicht stecken, sondern kann sich auch auf mehrere verteilen. Ich denke zum Beispiel an Goethes "Ganymed", "Prometheus" und "Grenzen der Menschheit".
Die Dialektik, die dir vorschwebt, hast du paradigmatisch in Gottfried Benns Gedicht "Einsamer nie als im August", an das ich bei der Entstehung von "Später Sommer" gedacht habe. Ich wollte die Erfüllungsstunde gestalten ohne das Gegenglück, den Geist. Der Lyriker kann nach deinem Gusto gestalten, muss es aber nicht.

 Regina (25.08.21)
Rosenrausch und Süßwein im letzten Sommerduft, zum Schwelgen, aber ja, konventionell-romantisch eingetaucht, und das kennen wir.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
Merci, Gina,

manchmal möchte man die Begegnung mit dem Bekannten.

LG
Ekki

 AZU20 (25.08.21)
Dein Gedicht ist besser und erfüllter als der Sommer in diesem Jahr. LG

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
Gracias, Armin, noch ist es nicht zu spät. Vielleicht wartet er noch mit einem besonderen Nachsommer auf.

LG
Ekki
Rita (56)
(25.08.21)
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 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
Grazie, Rita, das freut mich.
LG
Ekki

 harzgebirgler (25.08.21)
wer's liest kann das was kommt kaum so sehr leiden -
oh sommer ungern sehe ich dich scheiden!

lg
henning

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 25.08.21:
Merci, Henning,
es geht alles vorüber, es geht alles vorbei,
auf jeden Dezember folgt wieder ein Mai.

LG
Ekki

 Didi.Costaire (25.08.21)
Wenn der Ekkehart die fruchtbarn Äcker
lyrisch leben lässt, gibt's kein Gemecker.
Kraftvoll wirkt das volle Dutzend Zeilen
und der späte Sommer soll nicht eilen.

Schöne Grüße,
Dirk

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.08.21:
Merci, Didi
lassen wir noch
die sanften Lüfte um die Früchte schweben,
bald ernten wir den Saft der Reben.

Beste Grüße
Ekki

 AchterZwerg (26.08.21)
Lieber Ekki,

besonders gelungen finde ich hier den angedeuteten Abschied aus der Fülle: Ist die Ernte eingefahren, nahen unwiderruflich Herbst und Winter.
Dies ist dir mit nur einem Wort ("mählich") gelungen, einem schönen alten Wort.

Sehr angetan
Piccola

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.08.21:
Vielen Dank für deine anspornenden Worte, Piccola.

Liebe Grüße
Ekki

 TassoTuwas (26.08.21)
Hallo Ekki,
diese Zeilen sind ein wahre Wohltat in dieser besonderen Zeit!
Herzliche Grüße
TT

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 26.08.21:
Ja, mein Freund, Kunst ist bestimmt nicht zur Harmonie verpflichtet, aber sie darf auch mal eine Ausnahme machen und Trost spenden.

Herzliche Grüße
Ekki

 TrekanBelluvitsh (01.09.21)
Sehr melancholisch.

 EkkehartMittelberg meinte dazu am 02.09.21:
Merci, Trekan. Melancholie und Poesie vertragen sich gut.
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