Alle 493 Texte von BeBa

die alte dame in ihrem stuhl am fenster tage schon

mit ihrem stift malt sie Figuren aus bis sie leben

er grüßt mich nachts / augenzwinkernd im treppenhaus / der verstorbene nachbar /

highnoon in der stadt / zwei suv’s warten / auf grün /

was von mir bleibt:das tagebuch und eine uhrohne zeiger /

nachts / stellt sie es ans fenster / das foto von ihm /

Winternebel – doch die Tempelglocke schlägt mit meinem Herzen © Bernd Balder

punkt zwölf mit dem feuerwerk starten die guten vorsätze

der bettler mit dem hut vor sich ich weiß ja nicht

man hielt sich bedeckt schloss die sinne was blieb war morgen

sie und ihr blick aus der abfahrenden tram vorbei ist vorbei

alter mann - stumm wie ein fisch sitzt er vor dem aquarium

heute morgen im spiegel ein anderer als hätte ich mich verlassen

in meinen träumen dunkle wolken, blitze und zwei frauen mit schirm

gerade jetzt das foto: wir im eiscafé und wie du lächelst

sein lächeln von irgendwo noch worte und der gang zum kühlschrank

central park tower auf neunzig steigt einer zu mit diesem lächeln

der bus fährt ab / jetzt ist jeder schritt / einer ohne dich /

kalendergeschichtesilvester 2021alles kommt wiedersagt opa undholt das jahr 1955aus dem keller /

wie sie daliegen / die großen schiffe im hafen / kommen und gehen /

heimkehr in' pott -die tür unserer kneipeist zubetoniert / Bild zum Text /

von muttis grab nun / noch einmal zum sandkasten / wie sie lächelt /

nach der party / jeder geht mit sich selbst / durch die nacht /

was soll ich sagen / mein verstorbener vater sitzt / auf meiner parkbank /

dein gesicht ganz alt / es hat sein lächeln verloren / bei tageslicht /

du bist gegangen / in meinem traum / hast du dich / nochmal umgeschaut /

das gesicht im spiegel / es nimmt mir das lächeln / nicht ab /

Die alten Zeiten und wir sitzen im Schatten des gefällten Baums

leer läuft sie durch fremde Straßen unerkannt ihr Wunsch nach einem Augenblick

eine berührung wie sie den lauf der welt an die hand nimmt

alles in ordnung meint sie, nur dass ihre uhren so asynchron ticken

manchmal führt sie noch gespräche auf der straße meistens mit ihrem hund

morgens um sieben das mädchen mit dem lächeln auf dem ersten bus

war uns bewusst dass wir zwei sprachen sprachen oder schwiegen wir darüber

blick aus dem nachtzug hinter so vielen fenstern noch licht und leben

mein großvater - von ihm blieb mir die brille und das buch dazu

herrlich still heute / und nein – ich vermisse nichts / vielleicht bin ich tot /

das meer kommt und gehtwie die erinnerungen -wir beide auf dem deich /

blick aus dem fenster / eine krähe schaut mir zu / winter felder blues /

auf unserer bankmeine liebehockt ein rabeund er schaut mich anmit deinen augen /

du und der koffer / ganz allein am bahnsteig / das macht mich traurig /

der prager vollmond / er wischt uns eins aus in / den dunklen gassen /

haiku, hanami - / ja leckt’s mich, ich habe ein / ticket nach tokio /

ein einsamer stern / blinzelt schon die ganze nacht / vielleicht bist du es /

blick aus dem fenster / auf laternen im vollmond / hinter mir dein atmen /

die uhr / sie jagt mich tag und nacht / ich weiß nicht wohin /

ankunft der sonntag schon im vollmondsand wellenchillen und zeigefingerwolken pst! in dieser nacht

wieder ein tag der ihr entgleitet stunde um stunde  verliert sie sich mehr

schweigen diese unendliche landschaft du verlierst dich und bist doch in dir geborgen

am klaren himmel meine kindheit durch hitzeflirren tauche ich ein in erfrischendes azur

die ganze welt vertreibt sich die zeit als schlampe getarnt in meinem herzen

da ist ein wort gefühlt als wir uns liebten ein wort nur noch

manchmal streicht der wind sanft über deine gefühle dann lächelst du und verzeihst

es ist still drüben in der wohnung des alten seitdem er tot ist

am tag flüstert mir / jemand was ins ohr und nachts / träume ich davon /

irgendwo eintelefon und ihmist es egalnach all demwhiskeywartet er nur nochauf ihren anruf /

die suche mit k / in meinen prager träumen / auf dem weg zum schloss /

sie sieht ihn kommen / steht in der letzten s-bahn / die türen schließen /

graben wieder graben sie in asche liegen die träume der vergessenen © Bernd Balder

Morgen riecht nach morschem Holz Atem nebelt und im Bach schwimmt endlich ein Kastanienblatt

durchs offene fenster lärmt die autobahn mein blick stiehlt sich mit den scheinwerfern davon

sommerregen spülte fort was wir gefühl und liebe nannten nun wird es wieder kühler

das datum auf seinem kalender ist fünf tage alt noch hat es niemand bemerkt

endlich frühling - mit rollstuhl in der sonne lächelt sie noch mal / © BeBa 2021

seine hände liegen auf den knien darin ihr foto er kennt sie nicht mehr

die villadank professionellbeschnittenener heckekeine unliebsamen blickeauf den poolund seinen besitzerder seit tagen darin schwimmt /

verpasstmanche momentezum beispielals wir unsauf der rolltreppebegegnendu dir lächelnddurchs haarstreichst undich vergessemich umzudrehenwegen dir /

stille im raumdie maschinen im off modeund du lächelst / für Tante Ilse (* 1.7.1925, † 24.3.2022) /

sie öffnet seinen kofferschmutzige wäscheein paar bücherdazwischen der briefich liebe dichvon ihr selbst verfasst /

blick in den fluss selbst sein spiegelbild treibt davon er erwägt ihm hinterher zu schwimmen

ich mag nackte tage solche die sich nicht zieren die sich willig in nacht verwandeln

post ist pünktlich - wir haben jetzt viel zeit für ein dankeschön (April 2020, entschleunigte Zeit)

als du aufstehst dich umdrehst und gehst bringt der kellner mir einen cafe solo gratis

was bleibt wenn nichts mehr ist fragt er und bleibt ganz was er ist ein nichts

still ist es geworden und dunkel um uns herum doch unsere hände finden sich immer noch