Alle 455 Texte von Irma

Ich hab dich längst zu meinen Akten gelegt, die Kammern leergefegt, mich umgestellt. Und nun bewegt mich nichts mehr als die nackten Fakten. Das Saldo zählt auf meinen Konten. Wo nichts mehr kommt, wird nichts mehr sein. Wir glichen uns, und...

Mein Auge, das weidet sich stets an euch Schätzchen, so seidig-weich seid ihr und weiß, Weidenkätzchen.

Schweigend stehe ich vor dir, Gänseblümchen in der Hand, und Herr Fuchs, dein Kuscheltier, reist mit dir ins Märchenland. Sorgsam löse ich das Band von dem feingewebten Leinen- säckchen, streue Sommerstrand in den Wind. Ich kann nicht...

Die Nacht durchdringt der Lockruf ihrer Lieder. Sie lauert listig auf den Netzstrumpfhüpfer, fängt faden Biedermann mit ihrem Mieder, umgarnt den zugeknöpften Maschenschlüpfer. Kaum naht er saumselig und kommt ihr näher,...

Zwei Damen färben beim Friseur, da fällt das Haar aus: „Quel malheur!“ Der einen „Glatze“ auch gefällt, die andre zahlt für nichts kein Geld.

Knecht Specht klopft beim Gastwirt in Kucken der Holzkopf. Er schreit: „Was zu schlucken!“ Hat erst nach zehn Runden den Drehwurm gefunden. Nun hält er den Schnabel beim Spucken.

Ich seh ein Gespinst dort im Eck der Wände, dich am Fadenende hängen. Du beginnst meinen Blick zu fangen, näherst dich behände, krabbelst beinah über meine Füße rüber. Zitternd, doch gespannt, greift dich...

Ich strahle gelb, du zeigst dich nett, erscheinst für mich in Violett. Bist du mir nicht mehr grün? Sogleich erröte ich - und werde bleich. Ich trau mich kaum, dich anzuschau‘n, denn mir wird klar: Du magst kein Braun. Orange-getönt komm...

Ein kleines Elfchen, nachts leise gekommen, heimlich mitgenommen das milchweiße Zehnchen.

Die Jungfer Charlotte aus Bracken kennt drei alte Männer mit Macken. Verdreht seit der Zopf- zeit allen den Kopf und will sich den Richtigen backen.

Ich schau in den Spiegel, das Bild scheint ver-kehrt. Weil alles sich sträubt! Weil alles sich wehrt! Klar wirken die Augen auch sehr mitgenommen. Die Träume entschwunden, seh’ alles verschwommen. Die Arme so stark gebeutelt vom...

1) Um den Methan-Gas-Ausstoß zu vermindern, versucht man übereifrig in einer Nacht-und-Nebel-Operation die furzenden Rindviecher in der Nähe des „Berliner Tempodroms“ operativ zu beseitigen. Das Schlachtfest löst...

Es wettert auf windschiefer Leiter ein Frosch und verspricht: „Alles heiter!“ Der „Springer“ will zwingen mit messerscharf’ Klingen. Das Schenkel-Gericht kocht noch weiter.

Lange laufe ich in den Loipen, die sich kilometerweit durch das Deckweiß ziehen. Ich male mir aus, wie es wäre, alle Zweifel wegwischend quer durch dieses Winterbild zu streichen und - abseits der vorgezeichneten Linien - mit sanften...

Die scharfe Charlotte aus Herne, die reitet gern weit in die Ferne. Weich gleitet der Schimmel, sie blickt steif gen Himmel. Zum Höhepunkt schweifen die Sterne.

Die schneebedeckten Tannen neigen die Zweige unter ihrer Last. Zwei Krähen sitzen auf dem Ast. Aus spitzen Zapfen tropft das Schweigen ins Wolle-Tuch. In seiner weißen Mitte klafft ein tiefes Loch. - Ich will zu dir, nur einmal noch! Und doch:...

Ich hänge in den Seilen und komme nicht ein Stück voran. Der Weg ist steinig, doch gibt es kein Zurück. Die weißen Gipfel glühen im abendroten Schein. Ein Eiswind weht, ich fühle mich ohne dich allein. Mein Mut verlässt mich. Schwindelt...

Mühsam schichte ich Wort- brocken, um die augenblickliche Stille zu überbrücken, als sich unsere Blicke treffen. Mehr graublau? Mehr grüngrau? Durch den Spiegel schaue ich versunken in die unergründlichen Tiefen deiner...

Unzählige weiße Punkte, durch zarte Fäden verbunden, auf dem Nachthimmel deiner Katzendecke. Frisch gewaschen, ein letztes Mal.

In Bern haart der Bernd, Dalmatiner. Harrt aus, macht für Wiener brav Diener. Doch gibt ’s nur a Bürschtl anstelle der Würschtl, dann dient er nicht hart, der Schlawiner.

Zwei Diebe fürchten sich zu rauben. Den einen lässt man gleich dran glauben: Der andere wird nicht mehr kommen, ward ausnahmsweise ausgenommen.

Zwei Schränke stören auf der Stelle, den einen schiebt man auf die Schnelle zum Trödler noch, dort steht er jetzt. Der andre wurde gleich versetzt.

Im dunklen Rahmen schimmern Flügelschuppen von Schillerfaltern, spannt sich imposant die Schwalbenschwanz-Imago ganz am Rand. Museumskäferlarve schwärmt für Puppen, ein Trauermantelfetzen zeugt vom Fraß. Der Argus-Bläuling ist bereits...

Es saß und passte viele Jahre gut und war für mich wie eine zweite Haut. Wahrscheinlich hätte ich mich nie getraut es abzulegen, denn das kostet Mut. Doch plötzlich sehe ich das schöne Seiden- Dress - will es spüren und probieren, bleibe...

Wir waren noch Kinder. Ein Zauber verband uns eng miteinander. Ein Märchen, wie wahr! Wir gingen zusammen durch jede Gefahr und hielten das Glück scheinbar fest in der Hand. Die Spur leuchtet hinter uns mondhell im Wald, doch finden wir...

1) Ein besoffenes Kamel spuckt die Weisheit aus, sich doch ruhig auf eine Eheschließung einzulassen. Denn wer sich ordentlich einschleimt und der lästigen Familie forsch in den Hintern kriecht, setzt diese völlig außer...

Zwei Drohnen wollten gern verkehren. Doch ließ die eine nie aufklären die andere, die flugs verschwand beim Jungfernflug, ganz unbemannt.

Mit erhobenem Zeigefinger macht er ihr Vorhaltungen. Sie erklärt ihm nachhaltig, er hätte bei ihr gar nichts mehr zu melden. Frist verstrichen!

Mein Winterkleid hab ich gestrickt mit viel zu dicker Nadel. Der Faden schien perfekt zu sein, er wirkte edel, haltbar, fein, ganz ohne Fehl und Tadel. Ich wickelte ihn recht geschickt um meinen kleinen Finger. Der Anschlag schien mir glatt...

Der gelbe Ball fällt auf die grünen Matten, im letzten Schein erstrahlt ein Feld voll Korn. Die Häuser spielen Weitwurf mit den Schatten, der alte Kirchturm hat die Nase vorn. Er zählt die Stunden. Eine Amsel pfeift ihr Abendlied. Schon bald...

Du lenkst mich auf den unbekannten Wegen und leitest mich an jedem fremden Ort in fernen Gegenden, weit abgelegen. Du kennst dich aus, ich folge deinem Wort und fühl mich sicher, nachts bei Sturm und Regen. Will ich zurück, dann führst du mich...

Die Tage werden langsam heller und länger. Ich steh still und seh’: Die Zeit rennt schnell. Ein Feuerball steigt blutrot auf am Horizont. Schon bald verbrennen Mut und Wagen zu Asche in der Sonnenglut, und Feuerräder rollen lodernd ins Tal...

Zwei Bullen warten vor der Türe, dass man sie zu den Kühen führe. Der eine geht vermehrt hinein, der andre kommt, vermehrt allein.

„Du armes Schwein, du!“, sagte er, und Mitleid tropfte aus seinen Augen. Dann drehte er den Spieß um, ging in sich und holte wirklich alles aus seinem Inneren. Die Worte quollen aus seinem Herzen, sprudelten ihm nur so aus dem Mund, flossen...

Zwei Tische stehen noch im Garten, sie sollen auf den Laster warten. Der eine merkt, er ward betrogen, der andre ist lang' ausgezogen.

Es mag schon sein, es ist wohl nicht gelogen, dass Eltern oftmals viel zu viel erlauben. Mein Sohnemann, so sagt man, sei verzogen! Die steten Worte wurden aufgesogen, ich schenkte ihnen bald Gehör und Glauben. Es mag schon sein, es ist wohl...

Er liegt auf der Palliativ, Zimmer 7. Das Bett steht am Fenster, weit links in der Ecke. Sein Blick bohrt ein Loch in die schlickgraue Decke. Frühmorgens, da kommen die Pfleger und schieben ihn ab und an raus ins ’flurierende Treiben’...

Du versteckst dich hinter dicken Mauern und verschließt dich, denn sie ist böse und bezwingt dich mehr und mehr: „Lass dein Haar!“ Weine nicht, wenn es fällt, meine Schöne! Blind vor Liebe werde ich dich nie aus den Augen verlieren.

ich hörte Kinderschreie und lief vorbei - tagein, tagaus. Verschrien war das Reihenhaus. Ringel, Ringel, Reihe, es sind der Kinder dreie. Sie liegen unterm Hurlebusch. „Geht weiter Leute: Husch, husch, husch!“ Ringel, Rangel, Rosenkranz, ich...

Eine wärmende Leere erfüllt meinen Kopf. Die Glieder werden schwer und schwerer, und ich tauche ab in den abendroten Wein sinke tiefer, bis mein Sehnen zwischen müden Liedern verschwimmt, koste die Nachtmelodie aus bis zur Neige.

Zwei Reiter folgen sich, ganz dicht der eine hält, der andre nicht. Und weil er allzu nötig muss, bereitet er dem Ross Verdruss.

Ungerüstet steh ich hier und beobachte, wie ihr zwei euch küsst. Verwundert kann ich nicht wegsehn. Spürst du nicht: Es versetzt mir einen Stich und verletzt mich. - Aber ich werde mich jetzt wappnen. Dann treffe ich dich irgendwann, frage...

Meine Finger streichen über das blasse Papier, legen sich beidseitig auf gefaltete Flächen und ziehen um Mund und Augen herum die Linien eines verblichenen Lächelns nach, das langsam wieder sichtbar wird. Wortlos beschreiben will ich es dir,...

Am Boden liegst du nun durchnässt beim Mälzen. Die Stärke wandelt sich. Willst du verharren, im heißen Luftzug dich noch weiter wälzen? Wie süß du wirst! - Was keimte, stoppt beim Darren. Du lässt dich...

Sie fühlte sich zu dick, am Twiggy-Chic gemessen, hat mit verzerrtem Blick diätet wie besessen. Sie sah sich selber fett, verzichtete aufs Essen, hat niemals das Klosett vergessen. Heimlich fressen, und gleich darauf den Magen entleeren:...

Im Chatroom haben sie sich oft getroffen. Sie flirten schon seit Wochen: ‚Ladybird‘ scheint ziemlich lebensfroh zu sein und offen. Er wirkt hingegen schüchtern (typisch Nerd mit runder Brille, Rolli-Shirt). Doch hoffent- lich werden sie sich...

Zwei Räder rollen hinterher, vorn dran zu bleiben, das fällt schwer. Dem einen ist es noch gelungen, das andere ist abgesprungen.

Der Herbststurm liest die Zeitungsblätter vom Asphalt auf, bläst sie geschwind nach nebenan. Das graue Wetter wühlt tief in mir das Nachbarskind vom Boden. Alte Bilder liegen verstreut auf meinem Teppich aus, und Augen, die Jahrzehnte...

Wir schaufeln uns den Schnee von gestern auf die Haut, voll altem Winterweh, durch das ein Morgen graut mit dem, was nicht verwunden und noch verletzend ist. In langen Dunkelstunden dringt Frost ins Herz und frisst dort Wörterspalten. - Eis...

Sie steht ganz vorn um acht, und alles tuschelt, schwätzt. Man buht und johlt und lacht sie aus. Sie ist verletzt. Der Metzger hat die Macht, er stichelt und zerfetzt. Die Beutegier erwacht, die Meute folgt ihr, setzt gleich noch eins drauf. Sie...