Alle 498 Texte von BeBa

Heute Morgen wachte ich auf mit dem dringenden Bedürfnis, mir eine Fahrkarte nach einem Ort namens Sullern zu kaufen und den nächsten Zug dorthin zu nehmen. Ich ging zunächst wie immer intensiv in mich und als ich mir sicher war, gestern nicht...

Der Barkeeper schiebt mir meinen Drink zu und meint, er würde jetzt schließen. Ich verkneife mir jeglichen Protest, obwohl ich gerade gekommen bin. Als ich den ersten Schluck nehme, holt er ein Tablet hervor und beginnt mit der Tagesinventur....

Man fragt sich, sagt er. Und das stimmt, zumindest im gewissen Sinn. Aber so ist das ja häufig: irgendwie stimmt alles, und sei es nur im gewissen Sinn. Wobei niemand weiß, was dieser Sinn (der gewisse!) überhaupt sein soll. Plötzlich ist er...

Ich gehe gern ins Theater. Setze mich immer in die erste Reihe, sozusagen Auge in Auge mit den Akteuren. Manchmal schaut mich einer an. Ich weiß dann nicht ... schaue weg, und wenn ich wieder hinschaue, ist er nicht mehr da, dieser Blick. Du...

Als ich heute Morgen wieder einmal eine Todesanzeige zum eigenen Ableben las, rief ich sofort meinen Sohn an, erreichte jedoch nur die Schwiegertochter. Es ist wahr, klagte sie. Ich sei am Sonntagmorgen nicht mehr aufgewacht. Das Herz! Hätte mir...

Irgendwann ist jeder dran! Die Worte meines Vermieters, als er mir beim Einzug die Mietbedingungen erklärte. Mich kümmerte es damals wenig. Jung genoss ich das Glück, diese vier Wände gefunden zu haben und kam dann meist erst nachts heim. Von...

Kennen Sie diesen Moment? Sie haben im Hotel Ihrer Wahl eingecheckt. Nach einem Mehrstundenflug in der Holzklasse bei null Beinfreiheit konnten Sie sich nur vage an Ihren Namen erinnern, haben diesen und dazu den Ihrer Begleiterin mühevoll in...

Jetzt gehen wir, sagt er. Ob wir wirklich jetzt gehen müssen? Ich bin mir gar nicht so sicher. Er schaut mich an, meint nur „Was?“. Dazu weiß ich nichts zu sagen. Ich könnte mit den Schultern zucken, aber das wäre so etwas wie ein...

Den alten Mann hatte keiner im Visier. Seine Wohnung verließ er unbemerkt und Besuch bekam er nicht. Er spielte keine laute Musik, feierte an Wochenenden keine Parties. Kurzum, er war der perfekte Mieter. Aber einen Haken hat jede Sache, und...

„Geh da lieber nicht rein!" / Gerade bin ich dabei, die Rolltreppe hinunter zur Metro zu nehmen. / Ich schaue mich um und da steht er hinter mir. Einer von denen, die man nicht sieht, wenn man durch die Straßen bummelt. Ich bin den...

Als ich um die Ecke bog, war ich unversehens verschwunden. Ich rannte die Straße geradeaus weiter, die Augen offen, auf der Suche nach mir. Ich musste mich wiederfinden und beschleunigte meinen Schritt. Eilte, hetzte, stand … vor dem Bahnhof....

In der Stadt. Jemand läuft vor mir. Ich hasse es, andere Menschen zu überholen. Passe den Schritt an. Halte den Abstand und hoffe, dass er abbiegt. Das fällt ihm nicht ein, er bewegt sich in gleichmäßigem Tempo geradeaus, auf meinem Weg....

Ich bin eingeladen. Alle, glaube ich, sind vor mir gekommen. Sie mustern mich, als ich eintrete. Ihren Blicken weiche ich aus, jemand reicht mir Sekt. Sagt dazu etwas, das ich nicht verstehe oder gleich vergesse. Gern würde ich ihm erklären,...

Die Geschäfte des Familienbetriebs Storch gehen immer schlechter. Man muss sich mittlerweile ernsthaft Sorgen machen. Oft wartet Storch allein in seinem Laden auf Käufer. Da die Kundschaft meist ausbleibt, hätte er eigentlich genug Zeit, über...

Da bleibt etwas. Und anders war es auch nicht zu erwarten gewesen. Ob sie es geplant hatten? Wir wissen es nicht, und jetzt, da es nicht mehr zu ändern ist, sieht die Welt anders aus. Es hat eine Zeit gegeben, aber war nicht immer Zeit? Keine...

Man hatte mir eine Vorladung geschickt. Auf dem Weg durch die Gänge hin zum Büro Nr. 10 die Blicke: Wieder einer von denen, die es nicht besser wissen. Ich klopfte an. Nichts. Klopfte erneut. Schaute mich um. Nr. 10 stand auf dem Schild. Keine...

Ich müsste wieder mal unter Leute gehen. Ich war schon ewig nicht mehr draußen. Wie lang ist es her? Vielleicht drei, vier Wochen … Nun, ich habe viel zu tun im Moment, da kommt man zu nichts. Es werden auch wieder andere Zeiten kommen! Aber...

Als Kind habe ich Wochenmärkte geliebt. Ich bin mit meinen Eltern an jedem Wochenende auf den Markt gegangen. Ja, man hat es früher einfach Markt genannt. Kurz und bündig. Von Wochenmarkt hat damals niemand gesprochen. Und so etwas wie...

Stunden sind sie schon unterwegs, nur eine kurze Pause hat er eingelegt zum Tanken. Ansonsten sitzt er am Steuer, fährt stur geradeaus und sagt kein Wort.Sie schaut aus dem Fenster. Die Landschaft wird immer einsamer.Er setzt den Blinker, zieht...

Sie schaut aus dem Fenster, hinaus auf die Straße. Ein dunkler Novembernachmittag, Regen peitscht an die Scheiben. Hinter sich hört sie die Wanduhr die Stunde schlagen. Siebzehn Uhr. Er würde jetzt gleich nach Hause kommen. Rennen würde er,...

Er steht am Fenster. Alles ist ihm zu viel. Er ist gesättigt vom Leben, von der Welt, von denen, die er die da nennt. Dieses Problem muss er angehen. Nicht heute, nicht hier, nicht an diesem Fenster. Festlegen will er sich nicht, denn Planen ist...

Wir stehen auf dem Bahnsteig. Ewig lang, kein Ende in Sicht. Gerade sagst du etwas, als ein Zug vorbeirauscht. Ich verstehe dich nicht. / Ein weiterer Zug rast durch. Wie du ihm hinterherschaust! Ich will dir erklären, dass hier nichts mehr...

Zukünftig fährt ein Zug durch meine Wohnung. Die Bauarbeiten haben bereits begonnen. Erfahren habe ich von diesem Vorhaben vor wenigen Wochen. Das Tempo, in dem das Ganze umgesetzt wird, ist erstaunlich. Vor ein paar Tagen hatte ich mich...

Ich bitte Sie! Wir haben uns lange genug drum herum gedrückt. Oder hatten Sie die Hoffnung, dass das Thema nicht mehr aufs Tapet kommen würde? Oh nein, so schnell vergesse ich nicht. Gibt es Neues von Ihrer Seite? Bisher haben Sie stets mit dem...

An anderen Tagen geht es dir besser erwachst nicht am Morgen mit solchem Schädel grübelst nicht vergebens nach der vergangenen Nacht und wer die Rote neben dir ist An anderen Tagen gehst du geradeaus mit der Tasche unterm Arm an deinen...

stille im raumdie maschinen im off modeund du lächelst / für Tante Ilse (* 1.7.1925, † 24.3.2022) /

dein adieu – es duftet immer noch in den gassen

die alte dame in ihrem stuhl am fenster tage schon

wieder dein anrufan unserem lieblingsstranddrücke ich dich weg /

neben dem pc vaters alter henkelmann

aschermittwoch / eine rote rose welkt / auf dem tresen /

sperrmüllabfuhrein koffer voller aufkleberbleibt stehen /

bürostadt durchs offene fenster vogelstimmen

eine berührung wie sie den lauf der welt an die hand nimmt

last summer blues - nach dieser Kürbissuppe ist er von gestern

der bus fährt ab / jetzt ist jeder schritt / einer ohne dich /

frühsommerabend - aus irgendeinem fenster dieses cello

auf dem dachboden leben neben tauben erinnerungen

endlich frühling - mit rollstuhl in der sonne lächelt sie noch mal / © BeBa 2021

friedhofsglocken fern der heimat vaters lächeln © Bernd Balder

punkt zwölf mit dem feuerwerk starten die guten vorsätze

jeden morgenlächelt sie ihm zu –dem bild vom flohmarkt /

in meinen träumen dunkle wolken, blitze und zwei frauen mit schirm

g2 im kinodoch jemand hustetden film weg /

im morgenspiegel den mut für den tag finden

wie sie daliegen / die großen schiffe im hafen / kommen und gehen /

tanzender clochard – der straßenmusiker teilt seinen hut mit ihm

heimkehr in' pott -die tür unserer kneipeist zubetoniert / Bild zum Text /

an meinem fenster wandern regentropfen - wenigstens etwas

herbstmorgen – der tag schält sich aus dem nebel

herbstzeitin meiner alten sandkisteunsere tochter /

ton abgeschaltetdoch der wahnsinn sendetstumme bilder /

kirchturmglocken - / sie läuten in der sprache / meiner kindheit /

liebe ist sagst du und schweigst

mai 2020 - die schaukel spielt mit dem wind

still das meerden neubeginn am horizontatmet sie tief ein /

dieser blick als sie hochkommt aus der metro

aus dem nachbarhaus / das schreien einer frau / verhallt im nichts /

blick aus dem nachtzug hinter so vielen fenstern noch licht und leben

heiliger abend in den armen der amme ein neues leben

neujahrskonzertdie erste geige spieltwieder mal für sie /

Im Schneegestöber allein ein schwarzer Hut © Bernd Balder

ohne ziel dem flieger am himmel folgen

mein großvater - von ihm blieb mir die brille und das buch dazu

nach der party / jeder geht mit sich selbst / durch die nacht /

post ist pünktlich - wir haben jetzt viel zeit für ein dankeschön (April 2020, entschleunigte Zeit)

der taxifahrer / lächelt in den rückspiegel / und zurück /

Winternebel – doch die Tempelglocke schlägt mit meinem Herzen © Bernd Balder

mit ihrem stift malt sie Figuren aus bis sie leben

blick aus dem café - im herbst schaut niemand rein

dauerregen - das kind in nachbars garten lärmt immer noch

rotwein und die fotos von dir

ernste zeiten – die dichten masken filtern auch unser lächeln

der schnee heute morgen und deine spuren

winternacht das knirschen des schnees weckt die erwartung