Alle 380 Texte von Moja

Ich stecke eine Münze in einen Fahrkartenautomaten, drücke eine Taste – nichts passiert. Eine junge Frau drängelt sich vor und drückt eine andere Taste. Blitzschnell greift sie den Fahrschein. „Das ist meiner!“, sage ich....

Eine Küstenstraße entlangschlendernd, vorbei am Krawattenstand eines Freundes, gelange ich zu einer verkehrsreichen Kreuzung, an der Kirschen angeboten werden. Korb: 50 Mark, lese ich erstaunt. Ein junger Mann spricht mich von der Seite an....

Hellbeleuchtet der Bahnhofseingang, die Tür offen, Gaststättenlärm. Wir treten ein. Kellner eilen vorüber, Tabletts auf den Armen, Geschirr und Speisen. Da sitzen wir nun, wo wir nicht sitzen wollten und lesen uns vor. Nichts als Zeichen und...

allerdings / weder ziemlich / noch ungefähr / vermutlich möglich / zweifellos desto mehr / nahezu überdies zuweilen / tatsächlich täglich vorderhand / allenfalls zumindest irgendwie / weitaus vielmehr obzwar weniger / vielleicht...

Kurz vor Ladenschluss betritt eine britische Familie das Geschäft. Sie wollen einen Leichenwagen bestellen. „Wie bitte?“, frage ich höflich zurück, ohne mir meine Entgeisterung anmerken zu lassen. Habe ich mich verhört oder sollte ich...

Vor dem Haus steht ein Paar abgetretener herrenloser Schnürstiefel, U-Bootgröße. Das braune Leder ist fleckig, rissig, die Schuhspitzen wölben sich nach oben. / Als ich heute vorbeikomme, stehen die Schuhe, ein Stück vorgerückt, auf dem...

Wie gewohnt machte ich mich auf den Weg zur Badestelle. Am Strand tummelte sich eine große Gruppe Pinguine. Einige hechteten vom Hang kopfüber in den See und tauchten gleich darauf wieder auf, andere watschelten am Ufer hintereinander her oder...

Nie zuvor war ich in Ägypten gewesen. Das Stadtviertel war mir völlig fremd. Hier lebte er, in dieser lichtüberfluteten Straße mit ebenerdigen pastellfarbenen Häusern, von jungen Bäumen gesäumt. Einige Blätter waren goldorange. Ein Blatt...

Verwundert nehme ich wahr, wie ein Mann beiläufig im Vorübergehen eine Jacke auf einem Bügel an die Sonne hängt. Genau diese Jacke brauche ich! Ohne zu zögern, steige ich auf eine sehr hohe Leiter. Sonnenlicht blendet mich. Auf der obersten...

Dämmerlicht vorm Fenster in die Stille wehen warme Herzworte im Garten ist Versuchung und Versprechen und du bist wieder ein Mädchen aus rosa Kreide auf einer Mauer mit einem lindgrünen Regenschirm und einem winzigen Anker am Hals Goldstaub...

In meiner alten Registrierkasse finde ich Bargeld und außerdem ein paar Münzen im abgenutzten Kellnerportemonnaie, summa summarum 2000 Mark. Um ganz sicher zu gehen, schlage ich im Gesetzbuch nach: Unschuldig ist, wer Geld entnimmt und die...

Hohläugig weint die Frau kippt den Nachmittag ins Glas ertränkt ihren Atem Wörter quellen undeutlich auf durch lange Sätze stolpert sie gegen die Küchenwand dahinter dreißig dünne Sommer in Sackgassen, stöhnt sie die durch diese Küche...

Seit diesem Tag hatte Elke merkwürdige Zweifel, sie spürte, dass irgendetwas nicht stimmte. Sie dachte darüber nach, kam jedoch zu dem Schluss, dass es nicht nur an Tariq lag. Sie fragte sich ernsthaft, warum sie sich im Ausland besser fühlte...

Einmal öffnete ich im Traum ein Einweckglas, darin lag ein wichtiges Buch. Ein eingewecktes Buch! Schade, dass ich vor dem Lesen erwachte! Ein anderes Mal befüllte ich einen Pfandautomaten mit Büchern und zog einen Bon für Leergut heraus, den...

„Der Style ist jetzt angesagt!“, prahlte Axel Prahl. Endlich legte er die Schere aus der Hand. Ich traute mich kaum in den Spiegel zu schauen. Da sah ich die Bescherung: ein Hahnenkamm, raspelkurz an den Seiten, die Kopfhaut schimmerte durch,...

An allen Orten, die meine Mutter mit mir als Kind aufsuchte, suchte sie nach Menschen aus früheren Zeiten ihres Lebens. Wenn ihre Unruhe überhandnahm, gingen wir los. Am frühen Morgen, wenn es noch dunkel war, die Stadt kalt und leer, fragte...

ES geht wie es geht so oder anders / droht herr ANDERSCH / ehe es sich bewegt / auflöst / zerlegt in eene meene muh / summ summ / / es trägt einen hut / geht es ihm gut / / ANDERSCH macht einen langen hals / immer sollen...

Schweigen in der Telefonleitung, verklungen die einsilbigen Antworten, nur noch konzentriertes Schweigen zwischen ihnen. Tariq saß da, rauchte nervös. Würdest du mir helfen, hatte er Elke gefragt, ich bin auch Afrikaner. Warum kannst du das...

Ida zieht den Riegel aus dem ausgehöhlten Mauerwerk, tritt kräftig mit dem Fuß gegen die Metalltür und stößt sie auf. Im selben Moment läutet das Telefon. Sie geht hin und nimmt ab. Karin meldet sich. Ihre Stimme klingt bedrückt. „Was...

Ich bin ein sehr langer Krankenhausflur ständig könnte jemand sterben und alle rufen manchmal bin ich ein Fenster und alles ist offen

Auf dem Weg ins Krankenhaus, um einen Freund zu besuchen, kam ich an einer Bio-Bäckerei vorbei. Kurzentschlossen ging ich hinein, um ihm ein paar Stücke Kuchen mitzubringen. Die Bäckersfrau stemmte die Arme in die Hüften und rief mir zu:...

Tariq lehnte am Küchenschrank, während Elke das Geschirr abtrocknete. Sie drehte sich zu ihm um. „Warum bleibst du hier?“, fragte sie unvermittelt. Sein Gesicht wurde schmal, Tränen traten ihm in die Augen. „Ich möchte meine Kinder...

Um den schmalen See fließt ein schnelles Band der Pfad stöhnt & schnauft unter joggenden Alltagsstühledrückern alle in gleicher Verpackung der See liegt da wie ausgehaucht, Leute laufen emsig & ernst an Stöcken noch vor der Zeit am Zaun...

Auf einem Gehsteig Kinderball, Gully & Kreide sie sind mehr als ein Haufen – Gedächtnissprünge. In Gesellschaft eines Straßenengels gehe ich jetzt darüber. Die Sonne scheint.

Im leeren Abteil einer Bahnlinie, unterwegs zwischen Berlin und dem Buch, das ich lese. Kornfelder ziehen vorbei, buschiges Grün, ein Waldstück mit schattigen Seitenwegen, Rehe springen hervor, die ich vom Zug aus betrachte. Die Gleise...

In der Tram, Frau mit quengelndem Jungen im Kinderwagen. / „Wünsch dir das zum Geburtstag“, sagt die Frau unwirsch. / Der Junge mault. / „Wann hast du denn Geburtstag?“ / Keine Antwort. / „Weißt du es nicht?“, fragt sie...

Vögel verharren regungslos auf dem Eis, ihre Körper werfen flüchtige Schatten – gefrorene Zeichen, unlesbar die Textur des Sees. Mittagslicht bewegt die schimmernden Schatten der Vogelkörper. Stillstand bewegt mich.

Unter der Parkbank, neben einem zerbeulten Hut, finde ich eine Kastanie, die erste in diesem Jahr. Sie ist recht groß und schwer. Unweit davon liegt eine mir unbekannte Baumfrucht, faustgroß, smaragdgrün und glasig, und so saftig prall wie ein...

Der Tag an dem Aziz unterm Mangobaum den springenden PUMA in Ahmeds Kraushaar scharf rasierte & in den staubigen Straßen Serekundas sich helle Hunde durch die hungrige Nacht bissen, der Strom ausfiel, dann wiederkam, als Regen hochmütig auf...

Worthülsen weitertreibend wie ausufernde Barden samt seeweichen Limonaden. Flussläufer egalisieren in Pomaden als Remouladen. Rettiche bei Tischgeraden, anderswo sonderbar verbockte Hechte, aalglatte Heringe & Lachse, immer Lachs, lackiert &...

Die Schranktüren stehen sperrangelweit offen, gähnend leer der Kleiderschrank, bis auf ein paar Bügel, die noch wippen. Nicht einmal einen Wintermantel haben sie mir gelassen, alle warmen Sachen haben die beiden fortgeschafft. Der frühere...

Die Einladung zum Essen nehme ich zurück, meine Zeit ist sowieso knapp bemessen, außerdem will Gerd plötzlich Yve, eine Französin, mitbringen. Eilig fahre ich zum Supermarkt. Mit einem kleinen dünnen Abwaschlappen beginne ich den riesigen...

Der Sommer ging dem Ende entgegen. Elkes Situation hatte sich grundlegend verändert. Als in ihrer Firma über Entlassungen gemunkelt wurde, war sie zwar skeptisch gewesen, doch hoffte sie auf eine Weiterbeschäftigung. Dann wurde das Firmenkonto...

Gerd liegt krank im Bett. Hat er die Masern? Ich lüfte, überziehe das Bett neu und gebe ihm eine Tablette. Beim Aufräumen entdecke ich unter dem Bett meinen Lippenstift, nur meinen rechten blauen Hausschuh finde ich nicht. Dann brühe ich...

Dieser Traum schleudert mich unvorhersehbar irgendwo heraus – vielleicht habe ich Glück, als ich an einem Regentag mit der Familie einer Freundin im Auto durch eine unbekannte Stadt fahre. Vereinzelt gehen Leute durch regennasse...

Als wir, meine Geschwister Norbert, Dietmar, Sabine und ich, mit Mutter zusammen in der Küche saßen, machten sie mir Vorwürfe, weil ich ihnen nie Kosenamen gegeben hatte. Ich hatte sie immer bei ihren Namen gerufen. Woher sollte ich ihre...

Mein Mann gesteht stolz, dass er sechs Kinder hat mit seiner Frau, vier davon vor unserer Zeit. Lügen, denke ich, nichts als Lügen! Mein Mann hat seinen Ehering verloren. Beim Suchen findet er zwei Eheringe, verschämt steckt er beide an. Mit...

Das Wäschereigebäude befindet sich auf einem Grundstück außerhalb der Hotelanlage. Schweigend gehen sie über den Vorplatz. Die Tür zum Geschäft der chemischen Reinigung steht offen. Ida bleibt im Türrahmen stehen, betrachtet gespannt den...

Sie geht noch nicht zur Schule, 1960 muss es sein. Täglich fährt sie mit der Mutter früh am Morgen über eine große Eisenbahnbrücke. Vom Fenster aus sieht sie die Spree. Dann schließt die Mutter eine Eckkneipe an einem Kreuzberger Ufer auf....

Am nächsten Tag reiht sie sich in die Schlange vor der Einwanderungsbehörde ein. Die Antragsteller vor ihr sind Afrikaner, Geflüchtete aus Rebellengebieten, Kriegs-flüchtlinge, darunter ein paar Libanesen. Sie wirken angespannt und nervös....

Provisorisch stecke ich die Stoffteile mit Nadeln an mir fest. In diesem Aufzug besuche ich ein befreundetes Paar. Ausgiebig bewundern sie mein neues schwarzweiß gemustertes Kleid. Plötzlich fällt mein Blick auf die Mauer zwischen Afrika und...

Leben im Traum, heißt das Aufsatzthema. Was bedeutet das? Ich lebe im Traum. Aber morgen Abend gehe ich ins Theater. * Aus Hals und Ohren sprießen mir grüne Zweige und kleine Blätter, ein Affenbrotbaum. Ich wachse ein in das Grün. Ein...

Mit nassen Haaren, ein Handtuch um den Kopf geschlungen, spaziere ich durch einen Bahnhof, vorbei an leeren Regionalzügen. „Schöne Frau!“, ruft mir jemand nach. Aber ich suche den richtigen Zug. Hinterland, zeigt die Anzeige. Da fährt die...

In einer fremden Stadt, kurz vor Feierabend eile ich durch ein Kaufhaus. Vor mir beginnt sich die Tür zu schließen. Ich drücke dagegen und renne so schnell wie möglich einen Gang entlang, schon schließt sich vor mir die nächste Tür....

Überrascht stellte ich fest, dass eine Überführung zum gegenüberliegenden Gleis fehlte. Wie verlassen stand ich da und sah, wie die Züge drüben in die HEIMAT fuhren.

Neu bin ich ein bildschönes Bilderbuch bunt und glänzend meine gefalteten Seiten sind ständig aufgeklappt und alle staunen und raunen über den pfiffigen Kniff bisweilen bin ich pappsatt und falle um – bumm!

Dunkle Wolken ziehen auf über der Stadt, dann ein Blitz. Donner. Platzregen. Ein vollkommenes Blitzgewitter! Wind schlägt mir den Regen ins Gesicht. Eilig stelle ich mich unter ein Vordach und schaue. Jäh und heftig entlädt es sich über dem...

Im Discounter frisch gestrichene weiße Wände und Regale, auch die Kasse und der Käsestand sind weiß, sogar die Rückseite meines Zehn-Euro-Scheins. * Die Bankkassiererin lehnt ab, meine zerrissenen Hundert-Euro-Scheine zu ersetzen. Wir...

Das Haus aus Lehm gestampft bröcklige Kreidechiffren auf roter Wand erzählen vom Kommen und Weggehen im dunklen Winkel ein Wassertopf auf Beinen das Telefon in der Holzschatulle verstummt meine Erinnerung hält Türen offen für Wind der...

Hinter dem Leerraum des Traums nehme ich ein Wesen wahr – nähernd oder entfernend, nicht weiß nicht schwarz oder auf allen Vieren – noch bin ich nicht soweit das vertraute Bild einer Katze, pechschwarz, wohin soll das führen – ins...